Seher

Aus Yogawiki

Seher -

Seher – Bedeutung, Aufgaben und spirituelle Dimension

Ein Seher ist ein Mensch, der über die gewöhnliche Wahrnehmung hinausblicken kann. Seher verfügen über eine tiefe spirituelle Einsicht, verbunden mit Intuition, Visionen oder übernatürlicher Wahrnehmung. In vielen Kulturen gelten Seher als Mittler zwischen der sichtbaren und unsichtbaren Welt, die Zugang zu Wahrheiten, Energien und Dimensionen haben, die für andere verborgen bleiben.

Der Begriff „Seher“ wird in der Religion, Mythologie und Esoterik ebenso verwendet wie in moderner spiritueller Praxis. Im Sanskrit gibt es hierfür den Ausdruck Rishi, was „Weiser“ oder „Seher“ bedeutet.

Seher in verschiedenen Kulturen

1. Seher in der indischen Tradition

Im Hinduismus und in den Veden werden die Rishis als große Seher verehrt. Sie haben die vedischen Hymnen „geschaut“ – nicht erfunden, sondern in meditativer Versenkung wahrgenommen. Diese Schriften bilden bis heute das Fundament des Yoga und der vedischen Spiritualität.

2. Seher in der griechischen Antike

In der griechischen Mythologie gab es Orakel-Seher wie in Delphi, wo Priesterinnen (Pythia) als Seherinnen galten. Sie empfingen Botschaften der Götter und gaben sie den Menschen weiter.

3. Seher in der Bibel

Auch in der Bibel werden Propheten oft als Seher bezeichnet. Sie hatten Visionen, Weissagungen und tiefe Einsicht in den göttlichen Plan.

4. Seher im Schamanismus

In schamanischen Kulturen übernehmen Seher die Rolle des Heilers und Vermittlers zwischen den Welten. Durch Rituale, Trance oder Visionen erhalten sie Einsichten in das Karma, die Krankheiten oder die spirituelle Aufgabe eines Menschen.

Fähigkeiten und Eigenschaften eines Sehers

Ein Seher wird oft beschrieben als jemand mit einem erweiterten Bewusstsein. Typische Merkmale sind:

  • Intuition: Zugang zu verborgenen Informationen, ohne rationales Denken.
  • Hellsehen: Fähigkeit, Ereignisse, Energien oder Wesenheiten wahrzunehmen, die anderen verborgen bleiben.
  • Weisheit: Spirituelle Tiefe, die über bloßes Wissen hinausgeht.
  • Inspiration: Vermittlung von göttlicher Führung, Prophezeiungen oder Visionen.
  • Heilkraft: Viele Seher verbinden ihre Gabe mit spiritueller oder energetischer Heilung.

Spirituelle Bedeutung des Sehers

Der Seher erkennt das Unsichtbare im Sichtbaren. Er schaut hinter die äußeren Formen und erkennt das Göttliche in allem. Dadurch wird er zum Wegweiser für andere Menschen, die nach spiritueller Transformation, Sinnfindung oder Erleuchtung suchen.

Im Yoga heißt es, dass durch Meditation, Pranayama und Achtsamkeit jeder Mensch ein Seher werden kann. Mit geschärfter Wahrnehmung, innerer Stille und spiritueller Praxis öffnet sich das innere Auge (Ajna Chakra), das Zugang zu höheren Erkenntnissen ermöglicht.

Unterschied zwischen Seher und Hellseher

Obwohl beide Begriffe ähnlich klingen, gibt es einen feinen Unterschied:

Ein Seher vermittelt also weniger konkrete Vorhersagen, sondern tiefere Einsichten über den Lebensweg, das Karma und den Sinn des Daseins.

Zusammenfassung

Ein Seher ist ein spiritueller Wegweiser, ein Mensch mit der Gabe, hinter den Schleier der materiellen Welt zu blicken. Ob als Rishi in Indien, Prophet in der Bibel, Orakel in Griechenland oder Schamane in Naturreligionen – überall ist der Seher eine zentrale Gestalt der spirituellen Tradition.

In einer Zeit voller Ablenkung und Unruhe erinnert uns die Weisheit der Seher daran, nach innen zu schauen, das eigene Bewusstsein zu erweitern und das Göttliche in allen Dingen zu erkennen.

Der »Seher« und was er sieht

aus „Der Weg zum Selbst“ von Heinrich Zimmer

Das Auge gewahrt den Leib und andere äußere Dinge, das Sehzentrum gewahrt das Auge, das Gemüt gewahrt das Sehzentrum, das persönliche Selbst oder Ich gewahrt das Gemüt und das reine Innesein gewahrt das persönliche Selbst. Das wahre Selbst ist reines Innesein und wird alle Glieder dieser Reihe gewahr, die für einander jeweils »Scher« sind und was er sieht. Das Selbst ist der letztliche Seher. Alles übrige; Ich, Gemüt usw, sind lediglich Gegenstände seines Innewerdens. Was zunächst Subjekt des Gewahrwerdens ist, wird in der Folge Objekt; so kann kein Glied der Reihe außer dem Selbst, dem reinen Innesein, der wahre »Seher« sein; alles ist nur gestalthaft gewordener Gegenstand des Gewahrwerdens. Das Selbst kann nicht Gegenstand werden, denn es wird von nichts Anderem wahrgenommen, es ist der Seher, der alles Uebrige gewahrt. Trotzdem besteht die Beziehung Subjekt-Objekt für das Selbst, besteht für sein anscheinendes Subjekt-Sein nur auf der vordergründlichen Ebene wechselseitiger Beziehungen und schwindet hin im Unbedingten, denn in Wirklichkeit ist nichts Anderes da, als das Selbst oder reines Innesein. In Wahrheit ist das Selbst nicht Seher noch Gesehenes. Das Selbst allein ist nicht verstrickt als Subjekt oder Objekt, aber alle übrigen Glieder der Reihe fallen jeweils unter die eine oder andere der beiden Kategorien.

Siehe auch


Literatur

  • Der Weg Zum Selbst von Heinrich Zimmer, Rascher Verlag Zürich, 1944, 1. Auflage