4 Purusharthas
Die 4 Purusharthas sind die 4 Hauptbestrebungen des Menschen. 4 Purusharthas stellen die 4 Motivationskategorien dar. Dies 4 Purusharthas sind
- Kama - Sinnesbefriedigung wie Essen, Sex, jede Art von Genuss
- Artha - Wohlstand, Sicherheit, Macht
- Dharma - Selbstentfaltung, Ethik, Gutes tun, Pflicht, Verantwortung
- Moksha - Befreiung, spirituelle Entwicklung
Ein spiritueller Aspirant lernt all diese Bedürfnisse, Bestrebungen sattwig zu leben und zu transzendieren. Ausführliche Infos im Hauptartikel Purushartha.
Die vier Purusharthas – die Bestrebungen des Menschen
Artikel von Sukadev Bretz aus dem Yoga Vidya Journal Frühjahr 2010
Zu Selbstannahme und des glücklichen Lebens eines spirituellen Aspiranten nicht nur in der Zukunft sondern schon heute gehört auch das sattwige Leben der verschiedenen Bedürfnisse. Das ist wie eine Art Reihenfolge. In der ersten Inkarnation überwiegt Kama, in der nächsten Artha, in der nächsten Dharma und schließlich Moksha. Einerseits stimmt das. Auf der anderen Ebene darf man es nicht so starr sehen. Im gleichen Menschen kann man die eine und die andere Kategorie sehen und mal kann die eine Kategorie bei einem Menschen wichtiger sein und mal die andere. Auch als spiritueller Aspirant, wo Moksha eine große Rolle spielt, hat man Bedürfnisse auf allen Ebenen. Bei einigen Aspiranten ist Moksha zwar da, aber gleichzeitig auch eine der anderen Ebenen stark ausgeprägt. Einige haben außer Moksha mehr Bedürfnisse auf der Kama- Ebene. Sie sind nicht daran interessiert reich zu werden und die Welt zu verbessern, sie wollen ein einfaches, angenehmes, gemütliches Leben haben, aber auch zur Selbstverwirklichung kommen. Und andere wollen die Selbstverwirklichung, haben aber durchaus einen starken Ehrgeiz. Die Artha-Ebene ist also stark. Und bei vielen ist außer Moksha die Dharma- Ebene besonders stark. Es ist auch wichtig zu schauen, auf welcher Ebene die Bedürfnisse besonders stark sind. Und wenn sie irgendwo nicht besonders stark sind, braucht man auf dieser Ebene nicht besonders viel zu tun.
Artha
Ich will hier als Beispiel auf Artha (Wunsch nach Reichtum, Wohlstand, finanzieller Absicherung oder auch Ruhm und Macht) eingehen. Solche Wünsche zu haben, gehört zu den vier Purusharthas - den natürlichen Bestrebungen des Menschen. Eigentlich die Bestrebungen, die es wert sind, verfolgt zu werden. Angenommen, auf der Artha-Ebene ist ein starker Ehrgeiz da. Es spricht nichts dagegen, diesem nachzugeben. Wenn man nämlich diesem Ehrgeiz im Beruflichen keinen Ausdruck gibt, manifestiert er sich oft im Spirituellen. Dann will man vor anderen prahlen, wieviel Pranayama man macht, wie großartig man die Bhagavad Gita auswendig gelernt hat und wieviel Tage man gefastet hat. Wenn man also ein gewisses Bedürfnis nach Anerkennung hat, sollte das am besten im Beruflichen befriedigt werden und nicht in den spirituellen Praktiken. Jetzt gilt es auch, diese Bedürfnisse auf sattwige Weise zu befriedigen. Im Beruf heißt das auf ethische Weise. Tamasige Befriedigung von beruflichem Ehrgeiz würde heißen, über Leichen zu gehen und nach mir die Sintflut, Hauptsache ich komme hoch. Rajasig beinhaltet eine gewisse Rücksichtslosigkeit, bei der es nur um einen selbst geht. Es ist aber nicht zerstörerisch wie das Tamasige. Tamasig ist auch noch etwas anderes: Man bemüht sich auf alle möglichen Weisen, aber man ist gänzlich ungeschickt. Yoga heißt Geschick im Handeln, und so gilt es auch, im Beruflichen geschickt vorzugehen. Wenn man beruflichen Ehrgeiz hat, ist ein gewisses Rajas natürlich immer dabei. Und wenn man viel Rajas hat, ist es durchaus am besten, dies im Beruf auszuleben. Es wäre wünschenswert, wenn spirituelle Aspiranten mehr beruflichen Ehrgeiz hätten, wenn mehr spirituelle Menschen Vorstandsvorsitzende von internationalen Konzernen, Ministerpräsidenten, Bundeskanzler, Präsidenten, etc. wären. Allerdings braucht es dazu viel Ehrgeiz und man muss einiges an Schlägen aushalten können. Um Politiker zu sein, ist vermutlich ein dickes Fell eine der wichtigsten Eigenschaften - die Bereitschaft, getreten, geschlagen, geprügelt, ungerecht angeklagt zu werden, trotzdem freundlich zu lächeln, Kritik ernst zu nehmen, aber weder aggressiv zu reagieren noch deprimiert zu werden. Manche halten das nur aus, weil sie auf diese Weise ihre Machtbedürfnisse befriedigen. Sie nehmen viel dafür in Kauf. Und das ist oft das Problem bei spirituellen Aspiranten: Warum sollte ich mir das antun?
Das Sattwa-Prinzip im Berufsleben
Im Beruflichen gilt bei all dem das Sattwa-Prinzip. Dazu gehört insbesondere die Ethik. Wenn man z.B. einen Beruf hat, bei dem man viel betrügen muss, sollte man den Beruf wechseln. Wenn man einen Beruf hat, der bedingt, dass man andere bewusst schädigt oder auch größere Schädigungen in einem Übermaß an Umwelt oder anderen Lebewesen in Kauf nehmen muss, sollte man auch den Beruf wechseln. Ich erzähle dazu gern folgendes Beispiel: In einer der 2-Jahres-Ausbildungen, die ich ganz am Anfang von Yoga Vidya gegeben habe, gab es einen Teilnehmer, der Metzgermeister war. Dieser hat bald gemerkt, dass er nicht weiter töten und auch nicht weiter töten lassen kann. Das war für ihn beruflich richtig schwierig. Er hatte nur einen Hauptschulabschluss und war ansonsten Metzgermeister. Als solcher hatte er einen guten Beruf, ein gutes Ansehen und er hat auch gut verdient. Aber was kann ein Metzgermeister sonst machen? Er wurde dann arbeitslos und hat eine Umschulung bekommen. Damals vor 15, 16 Jahren wurde man grundsätzlich als Internet-Designer oder Netzwerk-Administrator umgeschult. Er ist eine ganze Weile arbeitslos geblieben. Aber die Geschichte hat ein Happy End, denn er hat wieder einen guten Job gefunden, tatsächlich als Netzwerk-Administrator, hat sich wieder selbständig gemacht und auch wieder gut verdient. Aber erst einmal musste er bereit sein, Einbußen hinzunehmen. Es gibt Berufe, die man als spiritueller Aspirant meines Erachtens nicht ausführen kann und es gibt andere Berufe, die kann man als spiritueller Aspirant anders ausführen. Ich kannte z.B. einen Rechtsanwalt, der auch sehr spirituell war. Er hat gesagt, dass er keinen Fall annimmt, wo er nicht von der Unschuld seines Klienten überzeugt ist. Er macht das schon seit vielen Jahren und gewinnt deshalb relativ gut vor Gericht. Das hat sich nämlich herumgesprochen. Die Richter wissen, dass dieser Anwalt hohe ethische Ideale hat. Man weiß zwar nicht, ob sein Klient ihn betrügt - aber die Richter sind sehr viel mehr geneigt, ihm zu glauben als einem anderen, wo man annimmt, dieser versucht einfach nur Rechtsverdreher zu sein. Er wurde sehr gut nachgefragt und hat auch gut verdient. Er sagt aber, dass er manchmal einen Fall ablehnen muss. Oder wenn man Verkäufer ist, wird man vielleicht nur das verkaufen, von dem man mindestens zu Dreiviertel überzeugt ist. Und auch das spricht sich herum. Eine Weile wird man Einbußen haben. Langfristig jedoch gilt: Ehrlich währt am längsten. Gerade im Beruflichen ist das wichtig. Aber den perfekten Beruf gibt es letztlich auch nicht. Eine Krankenschwester tut viel Gutes. Andererseits hat die Schulmedizin ihre problematischen Seiten. Deshalb wird man nicht gleich den Beruf wechseln. Meiner Ansicht nach kann man im Beruf als Krankenschwester sicher sehr viel Gutes tun, auch wenn die heutigen Arbeitsbedingungen nicht so sind, wie man sie gerne hätte. Ich habe große Hochachtung vor Pflegern, Krankenschwestern und Ärzten.
Noch einige Ratschläge für die berufliche Ebene
Wenn ihr in einem gewinnzielorientierten Unternehmen seid, müsst ihr deren Spiele mitspielen. Eines nennt sich: Tue Gutes und sprich darüber. In meiner Erfahrung wird das unter spirituellen Aspiranten oft vergessen. Sie machen Überstunden, helfen Kollegen, setzen sich für die Firma ein, aber aus Bescheidenheit denken sie, dass sie das keinen wissen lassen. Nachher beschweren sie sich, dass es in ihrer Firma so ungerecht zugeht. Wenn man nicht aufsteigen will, ist es ok, aber ich meine, es ist auch gut, aufzusteigen. Einmal hat mich eine Lehrerin, welcher der Direktorenposten in der Schule angeboten wurde, gefragt, ob sie das machen solle? Ich habe ihr ein paar Fragen gestellt und eigentlich gab es nur zwei Gründe, warum sie es nicht machen wollte: der eine war, dass sie dachte, sie könnte dann vielleicht nicht mehr so viel praktizieren und der zweite, dass es vielleicht ihr Ego zu groß machen würde und das ihrem spirituellen Fortschritt nicht zuträglich wäre. Ansonsten hat sie es sich durchaus zugetraut und auch gedacht, sie könnte viel Gutes bewirken, denn das hatte sie früher als Ziel. Es ist ganz klar, was ich ihr geraten habe. Als Schulleiterin kannst du Kinderyoga einführen, du kannst viel Gutes bewirken und viel mehr für die Kinder tun als jetzt. Sie ist heute noch Schulleiterin und es gibt in dieser Schule tatsächlich Kinderyoga. An einer öffentlichen Schule muss sie das natürlich weltanschauungsneutral unterrichten, aber sie macht das sehr gut und bewirkt auf diese Weise Vieles. Wir sollten also keine falsche Bescheidenheit üben, denn wir wollen in der Welt Gutes bewirken. Dazu gilt es, geschickt zu handeln und manchmal die eigene Demut zu überwinden. Man kann auch sagen, ich tue es als Instrument in den Händen Gottes. Wenn ich gelobt werde, ist es Gott, der durch mich hindurch wirkt. Zum Wohl des Ganzen kann man auch bekannt machen, was getan wurde. Und wir können darüber lächeln, dass wir jetzt so tun, als ob es uns darum ginge, aber eigentlich machen wir es als Dienst.
Siehe auch
- Purushartha
- Vicharana
- Wer bin ich
- Indische Göttinnen
- Purushartha
- Purusharthas
- Hindernisse auf dem spirituellen Weg
Seminare zum Thema bzw. im indirekten Zusammenhang
- Vortragsreihe von Sukadev über Vedanta-Philosophie
- Raja Yoga
- Yoga und Meditation Einführung Seminar
- Yoga Ausbildung
- Yoga Psychologie und das Funktionieren des menschlichen Geistes