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Version vom 25. Oktober 2013, 14:03 Uhr
Lebensreform ist eine breite Reformbewegung seit der Mitte des 19.Jahrhunderts für eine natürliche und gesunde Lebensweise. Zur Lebensreform-Bewegung gehören Naturheilkunde, Vollwerternährung, Vegetarismus, Reformpädagogik, Freikörperkultur, Turnbewegung, Wanderbewegung, Kleingartenvereine und Landkommunen und einiges mehr. Die Anhänger der Lebensreform waren gegenüber Yoga meist sehr offen. In einigen Initiativen der Lebensreform Bewegung wurde Yoga praktiziert. Und Yoga hatte auch einen kleineren bis größeren Einfluss auf die Lebensreform Bewegungen.
Anliegen der Lebensreform
Lebensreform ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Reformbewegungen, die von der Schweiz und von Deutschland ausgingen, und die es in ähnlicher Form auch in Frankreich, in Großbritannien und in den USA gab. Die Lebensreform Bewegungen waren kritisch gegenüber Industrialisierung, Materialismus, Verstädterung (Urbanisierung), Leistungsdenken und allgemein eine unnatürliche Lebensweise. Allen Lebensreform Bewegungen gemein ist das Streben nach einer natürlicherer Lebensweise. Die Lebensreform hat ein optimistisches Menschenbild und Weltbild: Mensch und Natur sind von Natur aus gut. Wenn man auf natürliche Weise lebt, kann der Mensch gesund sein, sich wohl fühlen, in Harmonie mit sich selbst und anderen leben - und auch die Natur selbst kann sich regenerieren.
Manche Lebensreformer waren starke Anhänger des Christentums, auch des Pietismus. Viel Lebensreform Anhänger wandten sich aber neueren religiösen und spirituellen Anschauungen zu, unter anderem Theosophie, Mazdaznan, Neugeist Bewegung und Yoga.
Geschichte der Lebensreform Bewegungen
Die Lebensreform Bewegungen zogen ihre Inspiration aus Jean-Jaques Rousseau (1712-1778), der ein "Zurück zur Natur" forderte. Diese Ideen wurden in der deutschen Romantik (1795-1948) weitergeführt. Zum Beginn der Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden die verschiedenen Zweige der Lebensreform Bewegung. Als Theoretiker und radikaler Befürworter der Lebensreform Ideen gilt der Sozialreformer und Maler Karl Wilhelm Diefenbach (1851-1913). Blütezeiten der Lebensreformbewegungen waren die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts, die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts und die Jahre 1955-1965.
Aspekte der Lebensreform Bewegungen
Die Lebensreform Bewegung war und ist sehr kunterbunt. Ein breites Spektrum von Ideen verbanden sich in ihr. Zu allen Aspekten der Lebensreform gehören Naturbezogenheit, Selbstverantwortlichkeit, Ganzheitlichkeit. Die folgende Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollkommenheit:
- Naturheilkunde mit ihren frühen Vertretern Vinzenz Prießnitz und Johann Schroth, besonders bekannt auch der Pfarrer Sebastian Kneipp. Große Strömungen innerhalb der Naturheilkunde:
- Wasserheilkunde von Vinzenz Prießnitz (1799-1851) und Sebastian Kneipp (1821-1897)
- Fastenkuren von Johannes Schroth (1800-1856)
- Sonnenbäder von Arnold Rikli (1823-1906)
- Lehmkuren von Pastor Emanuel Felke (1856-1926)
- Vegetarismus von Eduard Balzer
- Naturheilkunde von Rausse und Gleich (um 1850)
- Kleidungsreform - Naturkleidung mit bequemen Schnitten aus natürlichen und möglichst wenig bearbeiteten Naturmaterialien wie Baumwolle, Leinen oder Wolle
- Freikörperkultur, FKK, früher Pionier der Schweizer Arnold Rikli
- Ernährungsreform, die Naturkost bzw. Vollwertkost befürwortete. Theodor Hahn war Pionier mit seinem Buch "die naturgemäße Diät" 1857. Bekannte Vertreter waren unter anderem Maximilian Oscar Bircher-Benner und Werner Kollath.
- Vegetarismus-Bewegung, welche seit Mitte des 19. Jahrhunderts viele Anhänger fand. Eduard Balzer gründete 1867 "Deutscher Verein für natürliche Lebensweise", 1869 umbenannt in "Deutscher Verein für naturgemäße Lebensweise (Vegetarianer)"
- '''Reformhaus'''-Bewegung, welche Naturkost, Vegetarismus, Naturheilkunde und Naturkosmetik dem Stadtmenschen ermöglichte
- Landkommunen, welche die kommunistische Gleichheit mit Selbsterzeugung der Lebensmittel verbanden - natürliche Kleidung, gesunde Ernährung waren dabei selbstverständlich. Zu den ersten Landkommunen gehört die Vegetarische Obstbausiedlung Eden (1898)
- Schrebergarten-Bewegung, welche Großstadtleben mit eigenem Anbau von Lebensmitteln verband
- Reformpädagogik, welche der Lebensfremdheit, dem Autoritarismus, der Paukschule, Drillschule und körperlicher Züchtigung eine neue Pädagogik entgegenstellte, welche auf Respekt vor den Schülern, Selbsttätigkeit der Schüler beruhte
- Landschulheim-Bewegung, welche auch den Stadtkindern Naturerfahrung ermöglichen wollte
- Anthroposophie von Rudolf Steiner, welche viele Lebensreformansätze in einem ganzheitlichen System
- Die Antialkoholische Bewegung ging davon aus, dass durch natürliche Lebensweise weniger Menschen zu Alkoholiker würden
- Wandervogel - Bewegung, die von der wohltuenden Wirkung des Wanderns aus ging.
- Sportverein-Bewegung - nicht umsonst wurden viele Sportvereine in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet
- Yoga - insbesondere Hatha Yoga wurde von der Lebensreformbewegung aufgegriffen, praktiziert und gelehrt
Lebensreform-Bewegung heute
Die Lebensreform wird heute kaum noch so genannt. Dennoch sind viele Bewegungen, einschl. der Ökologie-Bewegung, Alternativbewegung etc. auf der Basis der Lebensreform-Bewegung. Von folgenden Gruppierungen von heute könnte man sagen, dass sie auf der Lebensreform beruhen und Teil der modernen Lebensreform-Bewegung sind:
- die Kneipp-Vereine
- der Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren
- Heilpraktikerverbände
- Kneippärztebund
- Naturschutzgruppen
- ökologisch wirtschaftende Landwirte, - bio –
- biologische Anbauverbände
- ökologische Siedlungsbewegungen
- Deutscher Tierschutzbund
- die Verbraucherinitiativen
- Elterninitiativen
- eine Vielzahl von Selbshilfegruppen, wie z.B. Asthmatikerbund/ Allergikerbund, Deutsche Rheumaliga usw.
- unzählige Selbserfahrungsgruppen aus Humanistische Psychologie
- die Friedensbewegung
- Dritte-Welt-Gruppen
- Reformwarenwirtschaft
- Naturkost
Lebensreform Bewegung und Yoga
Die Lebensreformanhänger sahen teilweise in Indien ein Land hoher Kultur mit natürlicher Lebensweise. Sie standen daher indischem Gedankengut recht offen gegenüber. In dieser Hinsicht sind Lebensreform, Neugeist Bewegung und Theosophie ähnlich: Sie waren offen für die Übung des Yoga, sie standen in Kontakt zu Yoga Meistern bzw. lasen Yoga Literatur. Und sie prägten auch die Art und Weise, wie Yoga im Westen verstanden, geübt und gelehrt wurde. Auch Yoga Meister, die in den Westen kamen oder für Westler lehrten, integrierten Ideen der Lebensreformbewegung wie Vollwertkost, Naturkleidung, Naturheilkunde bzw. integrierten in ihrem Ashram-Konzept die Idee der Landkommunen.
Zu den Yoga Meistern, welche Lebensreform Ideen mit aufgriffen, gehören
Bekannte Lebensreformer
- Adolf Damaschke
- Anna Fischer-Dückelmann, Autorin von Die Frau als Hausärztin
- Arnold Rikli
- Bruno Wille
- Carl Buttenstedt
- Fidus (Hugo Höppener)
- Friedrich Eduard Bilz
- Gustav Gräser
- Gustav Jäger
- Gustav Lilienthal
- Hans Paasche
- Heinrich Lahmann
- Johannes Ude
- Karl Buschhüter
- Karl Schmidt-Hellerau
- Karl Wilhelm Diefenbach
- Louis Kuhne
- Maximilian Bircher-Benner
- Moritz Schreber
- Otto Buchinger
- Paul Schirrmeister
- Robert Laurer
- Rudolf Steiner
- Sebastian Kneipp
- Wilhelm Bölsche