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Ein hungriges Tigerweibchen, das trächtig war, stürzte sich auf eine Herde Ziegen; dabei trieb die Gewalt des Ansprungs ihm die Frucht aus dem Leibe. Aber die Tigerin konnte ihren Wurf nicht nähren, sie starb alsbald an Entkräftung. Das Neugeborene schien verloren, aber die Ziegen, die nach dem Schrecken auf ihre Weide zurückkehrten, nahmen sich seiner an und zogen es mit ihrer Milch auf. Es wurde unter den Zicklein groß und lernte ihre Sprünge, es lernte Gras und Kräuter fressen und meckern wie sie. | Ein hungriges Tigerweibchen, das trächtig war, stürzte sich auf eine Herde Ziegen; dabei trieb die [[Gewalt]] des Ansprungs ihm die Frucht aus dem Leibe. Aber die Tigerin konnte ihren Wurf nicht nähren, sie starb alsbald an Entkräftung. Das Neugeborene schien verloren, aber die Ziegen, die nach dem Schrecken auf ihre Weide zurückkehrten, nahmen sich seiner an und zogen es mit ihrer [[Milch]] auf. Es wurde unter den Zicklein groß und lernte ihre Sprünge, es lernte Gras und Kräuter fressen und meckern wie sie. | ||
Es war schon groß geworden, da brach einmal ein starker Tiger in die Herde; sie stob auseinander, indes er eine von ihnen | Es war schon groß geworden, da brach einmal ein starker Tiger in die Herde; sie stob auseinander, indes er eine von ihnen zerriss, nur das Tigerjunge blieb verdutzt und furchtlos zurück. Der große Tiger verwunderte sich über den kleinen, wie er blöde dastand, verlegen einen Grashalm rupfte und wie eine Ziege meckerte. Er packte das sonderbare [[Wesen]] und schüttelte es, wie um das Wahngebilde zu zerstören, aber das trughafte Geschöpf blieb ein Tigerjunges, das wie eine Ziege schrie. | ||
Da schleppte | Da schleppte er das zappelnde Ding an einen Teich, stellte es neben sich an den Rand und hieß es in den [[Spiegel]] blicken. „Schau dein Bild im [[Wasser]] an — bist du nicht ganz wie ich selber? Was bildest du dir ein, eine Ziege zu sein, meckerst und frisst Gras?" - Aber der junge Tiger vermochte dem alten nicht in seiner [[Sprache]] zu antworten, er starrte nur immer auf das doppelte Spiegelbild im dunklen Wasser und meckerte zaghaft. | ||
Da schleppte ihn der Alte zu seiner Beute und bot ihm ein blutiges Stück davon, | Da schleppte ihn der Alte zu seiner Beute und bot ihm ein blutiges Stück davon, „Nimm das und iss!" Aber der Junge verweigerte es und meckerte ängstlich. Da zwang der Alte es ihm zwischen die Zähne und wachte, dass er es kaute und verschlang. Mit kläglichem Meckern würgte er die ersten Bissen der ungewohnten Kost hinab, bald aber fand er Geschmack am [[Blut]] und fraß den Rest mit einer Lust, die seinen Leib wie ein [[Wunder]] durchdrang. Er leckte sich die Lefzen, erhob sich und gähnte mächtig, wie einer der aus tiefem Schlaf erwacht; er streckte sich, sein Schweif peitschte den Boden, und aus seiner Kehle brach das Brüllen des Tigers. „Weißt du jetzt, dass du bist wie ich?" sagte sein [[Lehrer]] zu ihm, „komm mit mir in den Dschungel, du sollst lernen, der Tiger zu werden, der du schon immer warst." | ||
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Version vom 26. September 2013, 14:04 Uhr
Eine Einweihung ist die Weitergabe nicht allgemein zugänglichen Wissens an eine Person, die dazu u.U. bestimmte Bedingungen erfüllt haben muss. Wie bei der Initiation kann es sich hierbei um ein Übergangsritual handeln, mit dem der Zugang zu einer bestimmten Gruppe oder Gesellschaft besiegelt wird. Im weiteren Sinn kann es sich um eine Transformation handeln, durch die der Eingeweihte in eine neue Rolle hineingeboren wird. Beispiele für eine solche Einweihung oder Initiation wären die hinduistische Diksha, die christliche Taufe oder Konfirmation, die jüdische Bar Mitzvah, die Aufnahme in eine Bruderschaft, einen Geheimbund oder einen Orden, der Schulabschluss, usw.
Die nachfolgende Geschichte von Swami Sivananda soll illustrieren, dass vor der Einweihung eine Reinigung stattfinden muss:
Die Geschichte eines Bania
Aus: Swami Sivananda: Practice of Karma Yoga
Ein Bania (Angehöriger der Händlerkaste) trat einmal auf einen Sadhu zu mit der Bitte um Einweihung. Der Sadhu sagte: „Wenn ich dich das nächste Mal treffe, führe ich dich ein.“ Der Bania bedrängte den Sadhu mehrere Tage lang und bat immer wieder um Einweihung. Der Sadhu weigerte sich schließlich ganz. Nach einem Jahr kehrte er zu dem Bania zurück. Er legte in seine Bhiksha Schale etwas Schlamm, Haare, Urin und Exkremente und bat den Bania um Almosen. Der Bania brachte dem Sadhu gute, süße Fleischspeisen, Kheer, Halwa (eine Art Konfekt) etc. Er bereitete schöne Speisen vor, weil er dachte, der Sadhu werde ihn dieses Mal einweihen. Der Sadhu sagte zu dem Bania: „Leg alles in meine Schüssel.“ Der Bania sagte: „Wie kann ich sie hineinlegen, Swamiji, in diese schmutzige Schüssel. Sei so freundlich und reinige die Schüssel und bringe sie mir. Ich werde dann alles, was ich vorbereitet habe, hineingeben.“
Der Sadhu antwortete: „Wenn das für diese Schüssel gilt, wie kann ich den reinen Gott dann in dein Herz setzen, das mit vielen Unreinheiten wie Lust, Ärger, Stolz, Gier usw. angefüllt ist? Wie kann ich dich nun einweihen, wenn dein Geist so schmutzig wie diese Schüssel ist?“
Der Bania war verwirrt und entfernte sich voller Scham. Er reinigte sich durch Wohltätigkeit und selbstlosen Dienst und wurde nach einiger Zeit von dem selben Sadhu eingeweiht. Der Geist muss zuerst bereitet sein. Warum beschäftigst du dich nicht mehr mit den Upadesha (spirituelle Unterweisungen)? Reinige dich und erreiche die moralischen Qualifikationen, Brahmacharya usw. Die Einweihung stellt sich dann von alleine ein.
Die Einweihung
Indische Geschichte aus einer Nacherzählung von Heinrich Zimmer aus seinem Buch "Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder" 1938 im L.C. Wittich Verlag in Darmstadt erschienen.
Ein hungriges Tigerweibchen, das trächtig war, stürzte sich auf eine Herde Ziegen; dabei trieb die Gewalt des Ansprungs ihm die Frucht aus dem Leibe. Aber die Tigerin konnte ihren Wurf nicht nähren, sie starb alsbald an Entkräftung. Das Neugeborene schien verloren, aber die Ziegen, die nach dem Schrecken auf ihre Weide zurückkehrten, nahmen sich seiner an und zogen es mit ihrer Milch auf. Es wurde unter den Zicklein groß und lernte ihre Sprünge, es lernte Gras und Kräuter fressen und meckern wie sie.
Es war schon groß geworden, da brach einmal ein starker Tiger in die Herde; sie stob auseinander, indes er eine von ihnen zerriss, nur das Tigerjunge blieb verdutzt und furchtlos zurück. Der große Tiger verwunderte sich über den kleinen, wie er blöde dastand, verlegen einen Grashalm rupfte und wie eine Ziege meckerte. Er packte das sonderbare Wesen und schüttelte es, wie um das Wahngebilde zu zerstören, aber das trughafte Geschöpf blieb ein Tigerjunges, das wie eine Ziege schrie.
Da schleppte er das zappelnde Ding an einen Teich, stellte es neben sich an den Rand und hieß es in den Spiegel blicken. „Schau dein Bild im Wasser an — bist du nicht ganz wie ich selber? Was bildest du dir ein, eine Ziege zu sein, meckerst und frisst Gras?" - Aber der junge Tiger vermochte dem alten nicht in seiner Sprache zu antworten, er starrte nur immer auf das doppelte Spiegelbild im dunklen Wasser und meckerte zaghaft.
Da schleppte ihn der Alte zu seiner Beute und bot ihm ein blutiges Stück davon, „Nimm das und iss!" Aber der Junge verweigerte es und meckerte ängstlich. Da zwang der Alte es ihm zwischen die Zähne und wachte, dass er es kaute und verschlang. Mit kläglichem Meckern würgte er die ersten Bissen der ungewohnten Kost hinab, bald aber fand er Geschmack am Blut und fraß den Rest mit einer Lust, die seinen Leib wie ein Wunder durchdrang. Er leckte sich die Lefzen, erhob sich und gähnte mächtig, wie einer der aus tiefem Schlaf erwacht; er streckte sich, sein Schweif peitschte den Boden, und aus seiner Kehle brach das Brüllen des Tigers. „Weißt du jetzt, dass du bist wie ich?" sagte sein Lehrer zu ihm, „komm mit mir in den Dschungel, du sollst lernen, der Tiger zu werden, der du schon immer warst."
Siehe auch
Literatur
- Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit
- Yoga Vidya Kirtan-Textheft
- Swami Sivananda, Die Kraft der Gedanken
- Sukadev Bretz, Die Yoga Weisheit der Bhagavad Gita für Menschen von heute, Bd. 1
- Heinrich Zimmer: "Weisheit Indiens. Märchen und Sinnbilder" 1938, L.C. Wittich Verlag, Darmstadt.
Weblinks
- Bhagavad Gita, innere und äußere Reinheit
- Sadhana-Buch von Sivananda kostenlos online
- Swami Sivananda, Die Bedeutung von Sadhana
- Yoga im Winter: Hamsasana - die Reinheit des Geistes
Multimedia
Ruhe und Reinheit läßt Handlung sattwig werden, BG.XVIII 9
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