Visarga: Unterschied zwischen den Versionen

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== Altindische Phonetik ([[Shiksha]]) ==
== Altindische Phonetik ([[Shiksha]]) ==


''Visarga'' bezeichnet in der Grammatik bzw. Phonetik (Lautlehre) den am Wortende in der [[Devanagari]]schrift durch einen Doppelpunkt dargestellten, in der Transliteration durch '''ḥ''' gekennzeichneten Hauchlaut अः a'''ḥ'''. ''Visarga'' steht nur am Wort- bzw. Satzende und in einigen zusammengesetzten Substantiven ('''Kompositum''', [[Samasa]]).  
''Visarga'' bezeichnet in der Grammatik bzw. Phonetik (Lautlehre) den am Wortende in der [[Devanagari]]schrift durch einen Doppelpunkt dargestellten, in der Transliteration durch '''ḥ''' gekennzeichneten Hauchlaut, der im Alphabet als अः a'''ḥ''' wiedergegeben wird. ''Visarga'' steht nur am Wort- bzw. Satzende und in einigen zusammengesetzten Substantiven ('''Kompositum''', [[Samasa]]).  


In einer Reihe von regelmäßigen Fällen wird ''Visarga'' in einen Zischlaut (Sibilant, [[Ushman]]) bzw. in seine Aussprachevarianten [[Jihvamuliya]] und [[Upadhmaniya]] umgewandelt. Die Aussprache von ''Visarga'' richtet sich also danach, ob und was für ein Laut auf ihn folgt.  
In einer Reihe von regelmäßigen Fällen wird ''Visarga'' in einen Zischlaut (Sibilant, [[Ushman]]) bzw. in seine Aussprachevarianten [[Jihvamuliya]] und [[Upadhmaniya]] umgewandelt. Die Aussprache von ''Visarga'' richtet sich also danach, ob und was für ein Laut auf ihn folgt.  
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Steht ''Visarga'' am Satzende oder nach einem einzelnen Wort, d.h. im absoluten Auslaut, wird er als ein Hauchlaut ausgesprochen, der den vorangehenden '''Vokal''' (Selbstlaut, [[Svara]]) wie ein schwaches Echo wiederholt, z. B.:   
Steht ''Visarga'' am Satzende oder nach einem einzelnen Wort, d.h. im absoluten Auslaut, wird er als ein Hauchlaut ausgesprochen, der den vorangehenden '''Vokal''' (Selbstlaut, [[Svara]]) wie ein schwaches Echo wiederholt, z. B.:   


*नमः nama'''ḥ''' sprich /nama'''h<sup>a</sup>'''/ "die Verehrung" ([[Namas]], Nominativ Singular n.)  
*नमः nama'''ḥ''' sprich /nama'''h<sup>a</sup>'''/ "die Verehrung" ([[Namas]], Nominativ Singular n.)  
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*बन्धोः bandho'''ḥ''' sprich /bandho'''h<sup>o</sup>'''/ "des Freundes" ([[Bandhu]], Genitiv Singular m.)
*बन्धोः bandho'''ḥ''' sprich /bandho'''h<sup>o</sup>'''/ "des Freundes" ([[Bandhu]], Genitiv Singular m.)


Nach den beiden Diphthongen '''ai''' (a-i) und '''au''' (a-u) wird jedoch nur der zweite Teil des zusammengesetzten Lautes wiederholt:
Nach den beiden Diphthongen '''ai''' (a-i) und '''au''' (a-u) wird jedoch nur der zweite Teil des zusammengesetzten Lautes wiederholt:


*अश्वैः aśvai'''ḥ''' sprich /aśvai'''h<sup>i</sup>'''/ "mit Pferden" ([[Ashva]], Instrumental Plural m.)
*अश्वैः aśvai'''ḥ''' sprich /aśvai'''h<sup>i</sup>'''/ "mit Pferden" ([[Ashva]], Instrumental Plural m.)


*गौः gau'''ḥ''' sprich /gau'''h<sup>u</sup>'''/ "die Kuh" ([[Go]], Nominativ Singular f.)
*गौः gau'''ḥ''' sprich /gau'''h<sup>u</sup>'''/ "die Kuh" ([[Go]], Nominativ Singular f.)


Eine weitere Bezeichnung für ''Visarga'' ist विसर्जनीय visarjanīya.  
Eine weitere Bezeichnung für ''Visarga'' ist विसर्जनीय visarjanīya.  

Version vom 27. Februar 2015, 10:11 Uhr

Visarga (Sanskrit: visarga विसर्ग m.) Aufhören, Ende; Loslassen, Entlassen; (Ayurveda): die Jahreshälfte zwischen Sommer- und Wintersonnenwende in der die Atmosphäre Feuchtigkeit "abgibt"; Befreiung, Erlösung; Spenden, Schenken; Schöpfen, Erzeugen; Schöpfung, Nachkommenschaft.

Altindische Phonetik (Shiksha)

Visarga bezeichnet in der Grammatik bzw. Phonetik (Lautlehre) den am Wortende in der Devanagarischrift durch einen Doppelpunkt dargestellten, in der Transliteration durch gekennzeichneten Hauchlaut, der im Alphabet als अः a wiedergegeben wird. Visarga steht nur am Wort- bzw. Satzende und in einigen zusammengesetzten Substantiven (Kompositum, Samasa).

In einer Reihe von regelmäßigen Fällen wird Visarga in einen Zischlaut (Sibilant, Ushman) bzw. in seine Aussprachevarianten Jihvamuliya und Upadhmaniya umgewandelt. Die Aussprache von Visarga richtet sich also danach, ob und was für ein Laut auf ihn folgt.

Visarga im absoluten Auslaut

Steht Visarga am Satzende oder nach einem einzelnen Wort, d.h. im absoluten Auslaut, wird er als ein Hauchlaut ausgesprochen, der den vorangehenden Vokal (Selbstlaut, Svara) wie ein schwaches Echo wiederholt, z. B.:

  • नमः nama sprich /namaha/ "die Verehrung" (Namas, Nominativ Singular n.)
  • कृतिः kṛti sprich /kritihi/ "das Werk" (Kriti, Nominativ Singular f.)
  • गुरुः guru sprich /guruhu/ "der Lehrer" (Guru, Nominativ Singular m.)
  • कवेः kave sprich /kavehe/ "des Dichters" (Kavi, Genitiv Singular m.)
  • बन्धोः bandho sprich /bandhoho/ "des Freundes" (Bandhu, Genitiv Singular m.)

Nach den beiden Diphthongen ai (a-i) und au (a-u) wird jedoch nur der zweite Teil des zusammengesetzten Lautes wiederholt:

  • अश्वैः aśvai sprich /aśvaihi/ "mit Pferden" (Ashva, Instrumental Plural m.)
  • गौः gau sprich /gauhu/ "die Kuh" (Go, Nominativ Singular f.)

Eine weitere Bezeichnung für Visarga ist विसर्जनीय visarjanīya.

Visarga im Kompositum und vor nachfolgendem Konsonant

Innerhalb eines Kompositums und vor einem unmittelbar nachfolgendem Konsonanten wird Visarga verschieden ausgesprochen, jedoch nie als Echo des vorangehenden Vokals. Entscheidend für die Aussprache ist der nachfolgende Konsonant (Mitlaut, Vyanjana). Zwei besondere Aussprachevarianten des Visarga, nämlich vor folgendem /k/ bzw. /kh/ (Jihvamuliya) sowie vor /p/ bzw. /ph/ (Upadhmaniya), wurden ursprünglich auch graphisch von Visarga unterschieden.

  • nachfolgender stimmloser Guttural (/k/ bzw. /kh/): प्रातःकाल prātaḥ-kāla "Morgenzeit" (Pratahkala) sprich /pratach-kala/ (etwa wie in "Dach-Kater" ). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt Jihvamuliya.
  • nachfolgender stimmloser Labial (/p/ bzw. /ph/): परः परः paraḥ paraḥ "jeder folgende" (Para) sprich: /parafh-paraha/ (ähnlich einem "gehauchten" deutschen /f/ bzw. einer Mischung aus /f/ und /h/). Diese Aussprachevariante von Visarga heißt Upadhmaniya.
  • nachfolgender Sibilant (Zischlaut, Ushman) (/ś/, /ṣ/ bzw. /s/): es wird Visarga geschrieben, dieser in der Aussprache jedoch dem nachfolgenden Zischlaut angegelichen (assimiliert):
  1. नमः शिवाय namaḥ śivāya "Verehrung (Namas) sei Shiva" sprich /namaś śivāya/, wobei die beiden ś ś zu einem langen ś zusammengezogen werden.
  2. तस्याः षष्टिहायनायाः tasyāḥ ṣaṣṭihāyanāyāḥ "dieser Sechzigjährigen" (Shashti-Hayana, Genitiv Plural) sprich /tasyāṣ ṣaṣṭihāyanāyāḥ/
  3. निःसार niḥsāra "saftlos" (Nihsara) sprich /nissāra/

Visarga im Ayurveda

Die Zeit der südwärts wandernden Sonne (zwischen Sommer- und Wintersonnenwende), also die Monate Varsha (Regenzeit), Sharad (Herbst) und Hemanta (Frühwinter), wo die Tage kürzer und kühler werden, bezeichnet man im Ayurveda als Visarga ("abgebend"), da die Atmosphäre, der Mond, Wolken und Regen Feuchtigkeit an die Erde und ihre Bewohner abgeben. In dieser nährenden Zeit sammelt der Körper Kraft, und die Geschmacksrichtungen sauer (Amla), salzig (Lavana) und süß (Madhura) werden verstärkt.

Am Ende von Visarga bzw. am Beginn von Adana, also um die Wintersonnenwende herum, besitzt der Körper entsprechend der klimatischen Einflüsse auf ihn seine größte Kraft.

In Visarga ist der kühlende und Feuchtigkeit spendende Mond (Soma) vorherrschend, daher ist diese Zeit Saumya ("mondig"), d.h. kühl und feucht.


Siehe auch