Yoga als Ressource für ein ge-glück-tes Leben: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Yogawiki
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 59: Zeile 59:
Das vierte Kapitel beinhaltet eine kleine Studie in Form einer Befragung 39 [[Yogi]]s (ein Yogi ist eine Person, die Yogaübungen praktiziert) zur Verfizierung der Wirksamkeit des Yoga in Bezug auf ein glückliches, zufriedenes und selbstbestimmtes Leben. Die Hypothesen und der verwendete Fragebogen sind dazu in drei Sinnabschnitte (Gesundheit/ Wohlbefinden, Glück und Selbstmanagement) gegliedert und laufen in der Frage nach der generellen Verbesserung der Lebensqualität durch Yoga zusammen. Das Fazit der Studienergebnisse wird durch eine kritische Perspektive ergänzt und mit einem Ausblick abgeschlossen.
Das vierte Kapitel beinhaltet eine kleine Studie in Form einer Befragung 39 [[Yogi]]s (ein Yogi ist eine Person, die Yogaübungen praktiziert) zur Verfizierung der Wirksamkeit des Yoga in Bezug auf ein glückliches, zufriedenes und selbstbestimmtes Leben. Die Hypothesen und der verwendete Fragebogen sind dazu in drei Sinnabschnitte (Gesundheit/ Wohlbefinden, Glück und Selbstmanagement) gegliedert und laufen in der Frage nach der generellen Verbesserung der Lebensqualität durch Yoga zusammen. Das Fazit der Studienergebnisse wird durch eine kritische Perspektive ergänzt und mit einem Ausblick abgeschlossen.


===1. Grundlagen===
===Grundlagen===
   
   
====1.I. Die Yoga Tradition====
====Die Yoga Tradition====
   
   
=====Definition=====
=====Definition=====
Zeile 75: Zeile 75:


=====Geschichte=====
=====Geschichte=====
Eine der wichtigsten Schriften des Yoga, die Veden, deren ältester Teil der Rig Veda ist, sind etwa im 3. Jahrtausend v. Chr. entstanden. Einige Teile wurden vermutlich schon im 4. und 5. Jahrtau- send v. Chr. verfasst. Zu dieser Zeit siedelten entlang der Flüsse Sarasvati und Indus Sanskrit spre- chende Arier19, die später weiter nach Osten Richtung Ganges zogen. Hingegen vieler früherer Ver- mutungen wurde der Yoga also nicht von fremden Invasoren in die Region des heutigen Indiens ge- bracht.20
Zu den wichtigsten Schriften des Yoga gehören die [[Veden]], deren ältester Teil der [[Rig Veda]] ist; sie sind etwa im 3. Jahrtausend v. Chr. entstanden. Einige Teile wurden vermutlich schon im 4. und 5. Jahrtausend v. Chr. verfasst. Zu dieser Zeit siedelten entlang der Flüsse Sarasvati und Indus Sanskrit sprechende Arier (im 19. Jahrhundert bezeichnete die Wissenschaft das Nomadenvolk der Indo-Iraner als Arier. Sie galten als Urvolk der indoeuropäischen Sprachgruppe. Ihre Existenz wird u.a. in den Veden belegt; Vgl. Wikipedia: www.wikipedia.de), die später weiter nach Osten Richtung [[Ganga|Ganges]] zogen. Hingegen vieler früherer Ver- mutungen wurde der Yoga also nicht von fremden Invasoren in die Region des heutigen Indiens ge- bracht ((Vgl.) Feuerstein, 2008, S.130f.).
Die früheren Praktiken des Yoga, so weiß man es aus den Veden, beinhalteten viele aufwendige Ri- tuale und Opferhandlungen, die später durch symbolische Opfer ersetzt wurden. Brachte man früher Tiere, Reis oder Blumen dar, geht es heute eher um Verzicht oder um Stille im Geist. Unterstützt wird diese These durch Reflexionen in den Upanishaden (altindische, philosophische und religiöse Texte, etwa 800 v. Chr. verfasst), die in Gesprächen zwischen Meister und Schüler über existen- tielle Fragen der Menschheit nachdenken. Die Weisheiten des Yoga wurden früher mündlich von Lehrer zu Schüler weitergegeben. Nach den Upanishaden sind Gott und die Schöpfung identisch, wodurch Opfer und Rituale überflüssig werden, denn Alles ist Eins! Der Fokus liegt mehr darauf, Selbsterkenntnis zu erlangen, indem man das unsterbliche Selbst (atman) in sich entdeckt. Eine Be- sonderheit des Yoga war damals die freie Zugänglichkeit für jeden. Jeder der Yoga praktizieren wollte, konnte dies ohne fremde Hilfe selbstständig tun, denn die Menschen waren für ihre Yoga- praxis nicht mehr auf Priester angewiesen, die ihnen religiöses Wissen vermittelten oder Rituale zu- gänglich machten. Das Weltbild des Yoga unterstützt ebenfalls die Selbstständigkeit und Eigen- verantwortung des Einzelnen: Jeder kann Gott in seinem Inneren finden und somit sein Leben selbst in die Hand nehmen.
In der vorklassischen Periode (1000 -100 v. Chr.) entstand das philosophische Heldenepos „Maha-


Die früheren Praktiken des Yoga, so weiß man es aus den Veden, beinhalteten viele aufwendige Rituale und Opferhandlungen, die später durch symbolische [[Opfer]] ersetzt wurden. Brachte man früher Tiere, Reis oder Blumen dar, geht es heute eher um [[Verzicht]] oder um [[Stille]] im Geist. Unterstützt wird diese These durch Reflexionen in den [[Upanishaden]] (altindische, philosophische und religiöse Texte, etwa 800 v. Chr. verfasst), die in Gesprächen zwischen [[Meister]] und [[Schüler]] über existentielle Fragen der Menschheit nachdenken. Die Weisheiten des Yoga wurden früher mündlich von [[Lehrer]] zu Schüler weitergegeben. Nach den Upanishaden sind Gott und die Schöpfung identisch, wodurch Opfer und Rituale überflüssig werden, denn Alles ist Eins! Der Fokus liegt mehr darauf, [[Selbsterkenntnis]] zu erlangen, indem man das unsterbliche Selbst ([[Atman]]) in sich entdeckt. Eine Besonderheit des Yoga war damals die freie Zugänglichkeit für jeden. Jeder der Yoga praktizieren wollte, konnte dies ohne fremde Hilfe selbstständig tun, denn die Menschen waren für ihre Yogapraxis nicht mehr auf Priester angewiesen, die ihnen religiöses [[Wissen]] vermittelten oder Rituale zugänglich machten. Das Weltbild des Yoga unterstützt ebenfalls die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung des Einzelnen: Jeder kann Gott in seinem Inneren finden und somit sein Leben selbst in die Hand nehmen.


17 (Vgl.) Feuerstein, 2008, S.44.
In der vorklassischen Periode (1000 -100 v. Chr.) entstand das philosophische Heldenepos „[[Mahabharata]]“, das in einem Teil das früheste komplette Werk über den Yoga enthält. In einem Dialog zwischen Gott Krishna (Meister) und Krieger Arjouna (Schüler) werden drei Yogawege erklärt, die den Menschen mit ihren individuellen Charakteren in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen helfen, ihren Umständen gerecht zu werden und das Beste aus ihrem Leben zu machen. Dabei geht es darum, seine Lebenssituation anzunehmen und bestmöglich zu handeln, was auch als „Geschick- lichkeit im Handeln“ bezeichnet wird. Die drei Yogawege gliedern sich in einen Weg des aktiven Handelns (Karma Yoga), in einen Weg der Erkenntnis über den Intellekt (Jnana Yoga) und in die Hingabe und Liebe (Bhakti Yoga).21
18 (Vgl.) Trökes, 2000, S.14ff.
19 Im 19. Jahrhundert bezeichnete die Wissenschaft das Nomadenvolk der Indo-Iraner als Arier. Sie galten als Urvolk der indoeuropäischen Sprachgruppe. Ihre Existenz wird u.a. in den Veden belegt. (Vgl. Wikipedia: www.wikipedia.de)
20 (Vgl.) Feuerstein, 2008, S.130f.
bharata“, das in einem Teil das früheste komplette Werk über den Yoga enthält. In einem Dialog zwischen Gott Krishna (Meister) und Krieger Arjouna (Schüler) werden drei Yogawege erklärt, die den Menschen mit ihren individuellen Charakteren in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen helfen, ihren Umständen gerecht zu werden und das Beste aus ihrem Leben zu machen. Dabei geht es darum, seine Lebenssituation anzunehmen und bestmöglich zu handeln, was auch als „Geschick- lichkeit im Handeln“ bezeichnet wird. Die drei Yogawege gliedern sich in einen Weg des aktiven Handelns (Karma Yoga), in einen Weg der Erkenntnis über den Intellekt (Jnana Yoga) und in die Hingabe und Liebe (Bhakti Yoga).21
Der nachfolgenden Zeit, der Klassischen Periode (100 v. Chr. -500 n. Chr.), entstammt eines der be- deutendsten Werke des Yoga: die Yoga Sutras des Patanjali. Mit diesem Werk begründet der Weise Patanjali, über dessen Existenz es keine gesicherten Nachweise gibt, systematisch die Wissenschaft des Yoga, welche bis heute gültig ist. Patanjali beschreibt einen achtgliedrigen Pfad, der nach wie vor die Basis des Raja Yoga (Königsyoga) bildet.
Der nachfolgenden Zeit, der Klassischen Periode (100 v. Chr. -500 n. Chr.), entstammt eines der be- deutendsten Werke des Yoga: die Yoga Sutras des Patanjali. Mit diesem Werk begründet der Weise Patanjali, über dessen Existenz es keine gesicherten Nachweise gibt, systematisch die Wissenschaft des Yoga, welche bis heute gültig ist. Patanjali beschreibt einen achtgliedrigen Pfad, der nach wie vor die Basis des Raja Yoga (Königsyoga) bildet.
Unter dem Einfluss der Tantriker ab 500 n. Chr., die alles als Ausdruck des Göttlichen sahen, än- derte sich die Wertschätzung des menschlichen Körpers entscheidend. Der Körper, der früher als hinderlich und zu bezwingendes Übel betrachtet wurde und der Kommandozentrale Geist unter- stand bekam plötzlich eine neue Bedeutung. Im 8. Jahrhundert n. Chr. entwickelte sich dann auf der Grundlage des Tantrismus der körperorientierte Hatha Yoga.22
Unter dem Einfluss der Tantriker ab 500 n. Chr., die alles als Ausdruck des Göttlichen sahen, än- derte sich die Wertschätzung des menschlichen Körpers entscheidend. Der Körper, der früher als hinderlich und zu bezwingendes Übel betrachtet wurde und der Kommandozentrale Geist unter- stand bekam plötzlich eine neue Bedeutung. Im 8. Jahrhundert n. Chr. entwickelte sich dann auf der Grundlage des Tantrismus der körperorientierte Hatha Yoga.22
Zeile 98: Zeile 92:
22 (Vgl.) Feuerstein, 2008, S.586ff und Trökes, 2000, S.18.
22 (Vgl.) Feuerstein, 2008, S.586ff und Trökes, 2000, S.18.
23 (Vgl.) Trökes, 2000, S.18-20.
23 (Vgl.) Trökes, 2000, S.18-20.


==Siehe auch==
==Siehe auch==

Version vom 7. Februar 2014, 18:39 Uhr

Shakti-Ebene offen.jpg

Bei der nachfolgenden Arbeit des Bereichs "Allgemeine Pädagogik" handelt es sich um die Diplomarbeit von Helena Feldmeier-Vogel, vorgelegt im WS 2009/2010 an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg; betreuende Dozenten: Prof. Dr. Wolfgang Knörzer und Dr. Helmut Wehr.

Yoga als Ressource für ein ge-glück-tes Leben - Körpererfahrung und mentales Training zur ganzheitlichen Persönlichkeitsförderung und zum individuellen Wohlbefinden

“Lokah Samastah, Sukhino Bhavanthu”
(Indisches Friedensmantra aus den Veden zur Rezitation. Es wird drei Mal wiederholt. Übersetzung: Mögen alle Wesen Glück und Harmonie erreichen / erfahren.)

Vorwort

Die Idee zu dieser Arbeit reifte gemeinsam mit Prof. Dr. Wolfgang Knörzer, der sich selbst seit vielen Jahren mit dem Thema Körpererfahrung und Selbstmanagement beschäftigt. An dieser Stelle möchte ich den beiden betreuenden Dozenten, Wolfgang Knörzer und Helmut Wehr, danken, dass sie mich vor allem bei der bürokratischen Durchsetzung des Themas und der Frage der Betreuungszuständigkeit unterstützt haben. Die Diplomarbeit wäre sonst in dieser Form nicht möglich gewesen.

Die vorliegende Arbeit profitiert von meiner eigenen Yogapraxis und meiner Erfahrung als Yogalehrerin. Alle beschriebenen Phänomene und Methoden im Zusammenhang mit Yoga habe ich selbst erlebt und bereits an viele Schüler weitergeben können. Aufgrund meiner Wahrnehmungen und Beobachtungen bin ich nach wie vor überwältigt vom Potential des Yoga in Bezug auf Wohlbefinden, psychische und physische Gesundheit, Glück, Freude, Fähigkeiten zur Selbstregulation, Harmonie- und Balancefähigkeit. Yoga bietet auch für Menschen in der heutigen Gesellschaft alles, was sie brauchten, um sich körperlich und geistig wohl zu fühlen und das Leben selbstbestimmt genießen zu können.

So ganzheitlich wie ich selbst Yoga erlebe und lehre, soll auch diese Arbeit sein. Yoga ist für mich nicht auf Stressmanagement, Fitnessaspekte oder Bewusstseinsschulung zu reduzieren. Körpererfahrungen in Form von Yoga-Asanas und Atemübungen (Pranayama), sowie auch mentales Training durch Meditation, positives Denken und Affirmationen können den Menschen ganzheitlich ansprechen und dazu beitragen, seine Grundbedürfnisse(die psychischen Grundbedürfnisse nach Klaus Grawe sind: Selbstwerterhöhung, Kontrolle, Bindung und Lustgewinn bzw. Unlustvermeidung (siehe Kapitel 1.II.)) zu befriedigen. Der Körper und die mentale Achtsamkeit sind Ressourcen (Kraftquellen, Potentiale), die jedem Menschen zugängig sind und die die Lebensqualität und Lebensfreude erheblich steigern können.

Einleitung

Körpererfahrung und mentales Training für ein ge-glück-tes Leben!

Problemstellung

Die Annahme, dass der Mensch einen Verstand hat, der ihn wie ein Autopilot steuert und der sein Wesen grundlegend definiert, ist mittlerweile überholt. Die Vorstellung von einer tiefen und un trennbar verwobenen Einheit von Körper, Geist und Seele ist jedoch keineswegs eine Erfindung unserer Zeit, denn es gab sie bereits vor Jahrtausenden in den Anfängen und Wurzeln des Yoga und in vielen anderen östlichen Lehren und Traditionen (z.B.: im Buddhismus und im Daoismus). Das Zusammenspiel und die Wechselwirkung der Einheit von Körper und Geist hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen. Selbst an vermeintlich rein kognitiven Prozessen, wie Entscheidungsfindung, ist der Körper beteiligt (siehe somatische Marker (1.V) und Motto-Ziele (2.V.)) Trotzdem wurde in der Wissenschaft bisher meist der Intellekt und der Geist, also kognitive Prozesse, berücksichtigt und der Körper wurde oft vernachlässigt oder manchmal sogar als unsittlich abgewertet (Vgl. Storch, Hüther, Tschacher, 2006, S.7ff). Dabei haben bewusste, achtsame Körpererfahrungen großen Einfluss auf unsere geistige und körperliche Gesundheit und unser Wohlbefinden. Sie vermitteln uns unter anderem eine gesteigerte Sensibilität der eigenen Befindlichkeit bzw. Bedürfnisse bis hin zu einem allgemein gesünderen Lebensstil. Wer sich in Einheit mit sich und seiner Umwelt fühlt, ist nicht nur gesünder, sondern auch glücklicher. Glück hat also durchaus körperliche Aspekte: wir können es als Körpergefühl spüren und unser Körper kann uns Glücksmomente bescheren.

Die Forschungsergebnisse der Embodiment-Theorie (Embodiment = Verkörperung. These: Der Geist steht immer in Bezug zum ganzen Körper; Körper und Geist stehen in Bezug zur Umwelt. Vgl. Storch, Hüther, Tschacher, 2006, S.15.), der Yoga Tradition und der Neurobiologie definieren Körper und Geist als eine unzertrennliche Einheit, die so miteinander verwoben sind, dass jeder Prozess im Menschen von beiden Teilen beeinflusst wird. Der Mensch ist also weder nur sein Körper, noch reiner Geist. Forschungen und Studien der Neurowissenschaften belegen diese These: das Denken, der Verstand alleine, ist kein geeignetes Instrument, um sich damit in der Welt zurecht zu finden, denn er versagt oft, wenn es darum geht, komplexe Zusammenhänge zu erkennen oder sinnvolle Entscheidungen zu treffen, die das alltägliche (Über-)Leben ermöglichen. Im alltäglichen Sprachgebrauch nennt man diese Intuition auch Bauchgefühl. Empfindungen und körperliche Erfahrungen sind sogar unbedingt notwendig, damit der Mensch nicht (psychisch) krank wird und ein zufriedenes, glückliches Leben führen kann ((Vgl.) Storch, Hüther, Tschacher, 2006, S.77).

Es gibt bereits viele verschiedene Studien ((Vgl.) Ch. Fuchs, Yoga im Spiegel der Wissenschaft), die nachweisen, inwiefern Yoga die Heilung oder Besserung gesundheitlicher Beschwerden im physischen und psychischen Bereich unterstützt. Yoga wirkt aber auch präventiv - unabhängig davon, ob es sich um Korrekturen von Fehlstellungen des menschlichen Körpers, die Verbesserung der emotionalen Grundverfassung oder um Stressbewältigung handelt. Nicht nur in Bezug auf die genannten Wirkungen kann Yoga unsere Lebensqualität entscheidend verbessern. Yoga kann uns dazu veranlassen, unsere Lebensgewohnheiten grundlegend zu verändern: aufgrund einer verbesserten (Selbst-)Wahrnehmung durch die bewussten Körperübungen (Asanas), die Atemübungen (Pranayama) und die Bewusstseinsschulung in der Meditation kann man besser spüren und erkennen: "Was tut mir gut oder was schadet mir?!" Jede Form der Befindlichkeitsstörung frühzeitig wahrzunehmen und mit einer entsprechenden Veränderung der Lebensweise entgegen zusteuern ist zudem ein entscheidendes Kriterium nachhaltiger Gesundheitsbildung und -förderung ((Vgl.) Knörzer, 1994, S.14)! In der sensibilisierten (Selbst-)Wahrnehmung gründen auch Harmonie- und Balancefähigkeit, eine grundlegend positivere Einstellung zu sich selbst und das Vermögen, selbst sein eigener Lehrer sein zu können. Das alles sind weitere wichtige Faktoren, die zu einem ge-glück-ten Leben beitragen.

Zielsetzung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen Beitrag zur ganzheitlichen (Der Mensch muss ganzheitlich mit allen (alterspezifischen) Bedürfnissen wahrgenommen und gefördert werden, denn zur gesunden Identitätsbildung eines Menschen müssen Körper und Geist gleichermaßen angesprochen werden - Poppe, 1982) Persönlichkeitsförderung und -entfaltung zu leisten und den möglichen Einfluß von Yoga zu beschreiben, zu begründen und mit Hilfe von Fragebögen zu dokumentieren. Dafür werde ich Methoden auf körperlicher und geistiger Ebene aus dem Yoga und anderen Übungskonzepten vorstellen, die Menschen dazu befähigen, ihr Wohlbefinden (unser Wohlbefinden unterliegt unserer subjektiven Bewertung und umfasst mehr als Gesundheit, siehe 2.I.-2.III.) positiv zu beeinflussen bzw. herzustellen und ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten.

Gesundheit, Erfüllung und Lebensfreude können durch achtsame Körperarbeit und mentales Training aktiv mitgestaltet und beeinflusst werden. Yoga vereint Körpererfahrung und mentales Training in Form von Meditation, wodurch man nicht nur den Alltag besser und gelassener bewältigen, sondern sich selbst auch besser kennen und lieben lernen kann. Das hat auch positive Folgen für die (Selbst-)Wahrnehmung, die Lebensgewohnheiten und den Umgang mit den Mitmenschen. Yoga hilft, mit den eigenen Emotionen und denen anderer umzugehen.Yoga kann außerdem an sich eine sehr freudvolle, erfüllende Erfahrung im Sinne des "Flow"-Erlebens darstellen.

Ein gewisses Hintergrundwissen in Bezug auf Körpererfahrung und -wahrnehmung (siehe 2.III), die Einheit von Körper und Geist (siehe 1.V.) und mentalem Training (siehe 3.) ist notwendig, um zu verstehen, warum gerade Yoga ein besonders geeigneter Übungsweg zu einem physisch und psychisch gesunden, zufriedenen und ausgeglichenen Leben ist, das viele unserer psychischen Grundbedürfnisse (siehe 1.III) befriedigt.

Ich möchte darlegen, inwiefern Yoga durch Körpererfahrung (dazu gehören Körperübungen, die sogenannten Asanas und Atemübungen, das Pranayama) und Meditation einen Beitrag dazu leisten kann, die Lebensqualität und Lebensfreude zu steigern. Der Fokus liegt dabei auf der Verbesserung bzw. Herstellung der nachfolgenden Kriterien, die jeweils in den entsprechenden Kapiteln der Arbeit noch genauer definiert werden.

  • Sensibilisierung/Achtsamkeit: die Körperwahrnehmung, und gesteigertes Körperbewusstsein (siehe 2.III.)
  • Harmonie- und Balancefähigkeit (d.h. dauerhaft im Bereich der positiven Oszillation bleiben), (siehe 2.III)
  • das Selbstkonzept (siehe 1.III.: Das Selbstwertgefühl und das Schulfach Glück)
  • veränderte Lebensgewohnheiten/ ein positiverer Lebensstil (siehe 2.III)
  • freudvolle Erfahrungen (Flow-Erlebnisse) beim Yoga (siehe 2.IV.)

Mit Hilfe anthropologischer (siehe 1.V.), psychologischer (siehe 1.II.-1.III.) und therapeutischer bzw. praktischer (siehe 2.IV.- V. und 3.III.- IV.) Modelle versuche ich darüber hinaus diese bekannten Vorzüge von Yoga wissenschaftlich zu untermauern.

Aufbau der Arbeit

Zunächst möchte ich an dieser Stelle einen groben Überblick über die einzelnen Kapitel und deren Inhalte geben.

Im ersten Kapitel möchte ich die Grundlagen dieser Arbeit mit Hilfe theoretischer Modelle darlegen. Dazu gehören neben der Yoga Tradition und den anthropologischen Grundlagen (die ganz- heitliche Weltsicht und das Zusammenspiel von Körper und Geist) philosophische und psycholo- gische (die psychischen Grundbedürfnisse des Menschen und der Ressourcenbegriff) Erkenntnisse und Modelle, die ebenso den Begriff Glück genauer beleuchten.

Das zweite Kapitel stellt nicht nur den Bezug zwischen Körpererfahrung und Glück her, sondern vermittelt zudem wichtige Grundannahmen, in Bezug auf einen ganzheitlichen Gesundheitsbegriff und den Zusammenhang zwischen Gesundheit bzw. Wohlbefinden und Glück. Darüber hinaus möchte ich die psychologischen Aspekte von Körpererfahrung und die Rolle des Körpers in selbstregulativen Prozessen (denn unser Körper ist auch maßgeblich daran beteiligt, Ziele zu verwirklichen und "richtige" Entscheidungen zu treffen; siehe 2.VI.: Selbstmanagement über Körperarbeit)in Beziehung zu einem glücklichen und zufriedenen Leben setzen.

Im dritten Kapitel geht es um die Glücksmöglichkeiten, die mentales Training bzw. Meditation bie ten. Desweiteren stelle ich ein aktuelles Praxismodell zur Steuerung mentaler Prozesse vor und verdeutliche anschließend dessen Parallelen zum Yoga. Abgerundet wird das Kapitel durch die aktuellsten Erkenntnisse zum mentalen Selbstmanagement aus der Psychologie.

Das vierte Kapitel beinhaltet eine kleine Studie in Form einer Befragung 39 Yogis (ein Yogi ist eine Person, die Yogaübungen praktiziert) zur Verfizierung der Wirksamkeit des Yoga in Bezug auf ein glückliches, zufriedenes und selbstbestimmtes Leben. Die Hypothesen und der verwendete Fragebogen sind dazu in drei Sinnabschnitte (Gesundheit/ Wohlbefinden, Glück und Selbstmanagement) gegliedert und laufen in der Frage nach der generellen Verbesserung der Lebensqualität durch Yoga zusammen. Das Fazit der Studienergebnisse wird durch eine kritische Perspektive ergänzt und mit einem Ausblick abgeschlossen.

Grundlagen

Die Yoga Tradition

Definition

Yoga ist ein uraltes, ganzheitliches Übungssystem aus Indien, das sich über die Jahrtausende immer weiter entwickelt hat und sich den Bedürfnissen der Menschen angepasst hat. Yoga ist in seiner reinen und klassischen Form nicht religiös, sondern beschäftigt sich mit universaler Spiritualität. Man könnte es genauso wie die Psychologie als neutrale Wissenschaft zur Ergründung des Geistes und der Psyche verstehen. Ursprünglich war Yoga ein rein spiritueller Weg, der durch Meditation die Erleuchtung und Befreiung versprach. Die körperliche Seite des Yoga, die in der westlichen Welt besonders betont wird, entwickelte sich jedoch erst später mit der Entstehung des Hatha Yoga. In den ältesten yogischen Schriften, den Veden, wird Yoga als Praxis disziplinierter Innenschau oder meditativer Konzentration, die mit Opferritualen verbunden waren, dargestellt. Heute umfasst Yoga eine Reihe geistiger (Meditation und Konzentrationstechniken, Verhaltensregeln) und körperlicher Übungen (Körperübungen: Asanas, Atemübungen: Pranayama), die Körper, Geist und Seele harmonisieren.

Yoga lässt sich jedoch nicht als homogenes System darstellen, denn es gibt eine Vielzahl yogischer Pfade und Orientierungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und theoretischen Bezugsrahmen. Alle Richtungen haben jedoch eines gemeinsam: sie beschäftigen sich mit einem Seins- bzw. Bewusstseinszustand jenseits des alltäglichen Zustandes und verstehen sich als Weg zur Transzendenz oder Transformation des Ich. Es geht darum, eine innere Freiheit zu erlangen und unabhängig von äußeren Einflüssen zu werden ((Vgl.)Feuerstein, 2008, S.77ff). Anna Trökes formuliert es in ihrem Standardwerk zum Yoga besonders treffend: „Yoga will die Menschen in einen Zustand führen, der sie unabhängig, handlungsfähig und so frei wie möglich macht. Ein Anliegen, das nie an Aktualität eingebüßt hat.“(Trökes, 2000, S.10).

Im engeren Sinn steht der Begriff Yoga für das System des klassischen Yoga nach Patanjali, der Theorien und Praktiken in seinen Yoga Sutras (Sutra bedeutet wörtlich Schnur; in diesem Fall kann Sutra als Aphorismus oder Leitfaden übersetzt werden) beschreibt, welches heute noch als essentielles Grundlagenwerk praktizierender Yogis gilt. Auch Patanjali definiert in einigen Sutren den Begriff Yoga:

“yogas chitta vritti nirodha. Thada dratsu swarupe vastham.” (Yoga Sutras 1.2. und 1.3.) Übersetzt bedeutet dies: “Yoga ist das zur Ruhe bringen der Bewegungen des Geistes. Dann ruht der Wahrnehmende in seiner wahren Natur.”

Der Begriff Yoga kommt von der Wortwurzel yuja im Sinne von Konzentration ((Vgl.) Feuerstein, 2008, S.44). Die indogermanische Wortwurzel yuj bedeutet “anschirren, zusammenführen oder vereinigen von Pferden vor einem Wagen”. Im Yoga werden die Sinne wie wilde Pferde gezügelt und vor einen Wagen gespannt, der als Sinnbild für den menschlichen Körper dient. Der Wagenlenker ist unser Geist, der bestimmt, wohin Körper und Seele fahren. Moderne Indologen verwenden deshalb gerne die Übersetzung „Gespann“ für den Begriff Yoga ((Vgl.) Trökes, 2000, S.14ff).

Geschichte

Zu den wichtigsten Schriften des Yoga gehören die Veden, deren ältester Teil der Rig Veda ist; sie sind etwa im 3. Jahrtausend v. Chr. entstanden. Einige Teile wurden vermutlich schon im 4. und 5. Jahrtausend v. Chr. verfasst. Zu dieser Zeit siedelten entlang der Flüsse Sarasvati und Indus Sanskrit sprechende Arier (im 19. Jahrhundert bezeichnete die Wissenschaft das Nomadenvolk der Indo-Iraner als Arier. Sie galten als Urvolk der indoeuropäischen Sprachgruppe. Ihre Existenz wird u.a. in den Veden belegt; Vgl. Wikipedia: www.wikipedia.de), die später weiter nach Osten Richtung Ganges zogen. Hingegen vieler früherer Ver- mutungen wurde der Yoga also nicht von fremden Invasoren in die Region des heutigen Indiens ge- bracht ((Vgl.) Feuerstein, 2008, S.130f.).

Die früheren Praktiken des Yoga, so weiß man es aus den Veden, beinhalteten viele aufwendige Rituale und Opferhandlungen, die später durch symbolische Opfer ersetzt wurden. Brachte man früher Tiere, Reis oder Blumen dar, geht es heute eher um Verzicht oder um Stille im Geist. Unterstützt wird diese These durch Reflexionen in den Upanishaden (altindische, philosophische und religiöse Texte, etwa 800 v. Chr. verfasst), die in Gesprächen zwischen Meister und Schüler über existentielle Fragen der Menschheit nachdenken. Die Weisheiten des Yoga wurden früher mündlich von Lehrer zu Schüler weitergegeben. Nach den Upanishaden sind Gott und die Schöpfung identisch, wodurch Opfer und Rituale überflüssig werden, denn Alles ist Eins! Der Fokus liegt mehr darauf, Selbsterkenntnis zu erlangen, indem man das unsterbliche Selbst (Atman) in sich entdeckt. Eine Besonderheit des Yoga war damals die freie Zugänglichkeit für jeden. Jeder der Yoga praktizieren wollte, konnte dies ohne fremde Hilfe selbstständig tun, denn die Menschen waren für ihre Yogapraxis nicht mehr auf Priester angewiesen, die ihnen religiöses Wissen vermittelten oder Rituale zugänglich machten. Das Weltbild des Yoga unterstützt ebenfalls die Selbstständigkeit und Eigenverantwortung des Einzelnen: Jeder kann Gott in seinem Inneren finden und somit sein Leben selbst in die Hand nehmen.

In der vorklassischen Periode (1000 -100 v. Chr.) entstand das philosophische Heldenepos „Mahabharata“, das in einem Teil das früheste komplette Werk über den Yoga enthält. In einem Dialog zwischen Gott Krishna (Meister) und Krieger Arjouna (Schüler) werden drei Yogawege erklärt, die den Menschen mit ihren individuellen Charakteren in ihren unterschiedlichen Lebenssituationen helfen, ihren Umständen gerecht zu werden und das Beste aus ihrem Leben zu machen. Dabei geht es darum, seine Lebenssituation anzunehmen und bestmöglich zu handeln, was auch als „Geschick- lichkeit im Handeln“ bezeichnet wird. Die drei Yogawege gliedern sich in einen Weg des aktiven Handelns (Karma Yoga), in einen Weg der Erkenntnis über den Intellekt (Jnana Yoga) und in die Hingabe und Liebe (Bhakti Yoga).21 Der nachfolgenden Zeit, der Klassischen Periode (100 v. Chr. -500 n. Chr.), entstammt eines der be- deutendsten Werke des Yoga: die Yoga Sutras des Patanjali. Mit diesem Werk begründet der Weise Patanjali, über dessen Existenz es keine gesicherten Nachweise gibt, systematisch die Wissenschaft des Yoga, welche bis heute gültig ist. Patanjali beschreibt einen achtgliedrigen Pfad, der nach wie vor die Basis des Raja Yoga (Königsyoga) bildet. Unter dem Einfluss der Tantriker ab 500 n. Chr., die alles als Ausdruck des Göttlichen sahen, än- derte sich die Wertschätzung des menschlichen Körpers entscheidend. Der Körper, der früher als hinderlich und zu bezwingendes Übel betrachtet wurde und der Kommandozentrale Geist unter- stand bekam plötzlich eine neue Bedeutung. Im 8. Jahrhundert n. Chr. entwickelte sich dann auf der Grundlage des Tantrismus der körperorientierte Hatha Yoga.22 Ab dem 15. Jahrhundert n. Chr. verliert der Yoga immer mehr an Bedeutung, bis er im 20. Jahrhun- dert eine ungeahnte Wiederbelebung erfährt: Die kolonialisierten Inder besinnen sich zurück auf ihre eigenen kulturellen Wurzeln und mit Hilfe einiger Indologen und Religionswissenschaftler werden wichtige Grundlagenwerke des Yoga an die Öffentlichkeit gebracht. Im Westen gibt es Hatha Yoga seit den 1930er Jahren, wobei er erst seit den 1960er Jahren richtig populär wurde, unterstützt durch einige bekannte Anhänger wie beispielsweise dem Schweizer Psy- choanalytiker Carl Gustav Jung oder dem Dirigent und Violinenvirtuose Yehudi Menuhin. Bis heu- te wird Yoga im Westen oft aus der körperorientierter Perspektive gesehen und geübt, wobei die spirituelle Entwicklung dabei meist gänzlich in den Hintergrund rückt. Aspekte der Selbstverwirk- lichung und der Spiritualität setzen sich jedoch seit den späten 1990er Jahren wieder stärker durch. Es gibt mittlerweile neben den klassischen vier Yogawegen unzählige Unterformen, die hauptsäch- lich dem Hatha Yoga zuzuordnen sind.23



21 (Vgl.) Trökes, 2000, S.15ff. 22 (Vgl.) Feuerstein, 2008, S.586ff und Trökes, 2000, S.18. 23 (Vgl.) Trökes, 2000, S.18-20.

Siehe auch

Weblinks

Wissenschaftliche Studien zur Wirkung von Yoga:

Seminare

Yogalehrer Ausbildung

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/yogalehrer-ausbildung/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS

Yogalehrer Weiterbildung: Yoga für Menschen mit besonderen Beschwerden=

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/stichwortsuche/dfu/0/dtu/0/ex/0/fu/besondere%2BBeschwerden/ro/s/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS

Yoga für den Rücken

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/yoga-fuer-den-ruecken/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS

Yogatherapie

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/yogatherapie/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS