Die Praxis der Leidenschaftslosigkeit
Kommentar und Übersetzung eines Kapitels aus dem Buch „A Call to Liberation“ von Swami Chidananda.
Was bedeutet Leidenschaftslosigkeit?
Wie kann man als spiritueller Aspirant Leidenschaftslosigkeit praktizieren? Was heißt Leidenschaftslosigkeit im Alltag?
Krishna sagt in der Bhagavad Gita, dass man Abhyasa und Vairagya üben sollte, um spirituell zu wachsen. Abhyasa heißt Praxis, Vairagya heißt Leidenschaftslosigkeit. Beides sind Zwillingsbrüder. Sie können nicht unterschieden und nicht getrennt werden. Sie unterstützen sich gegenseitig. Je mehr du Abhyasa, spirituelle Praxis übst, desto mehr wächst du in Vairagya. Je mehr Vairagya, je mehr Leidenschaftslosigkeit du praktiziert, desto mehr wirst du auch Abhyasa, der spirituellen Praxis wachsen und voranschreiten. Nur mit Leidenschaftslosigkeit wird Abhyasa, die spirituelle Praxis, tatsächlich effektiv.
Zwei Flügel eines Vogels
Vairagya und Abhyasa, Leidenschaftslosigkeit und Bemühung, sind wie die zwei Flügel eines Vogels. Das sind die alten göttlichen Lehren von Krishna. Diejenigen, die das praktizieren werden das Höchste erfahren. Gurudev Swami Sivanandaji hat immer wieder gesagt: „Detach, Attach – Löse und binde“. Löse dich von allem Relativen und binde dich an das Göttliche. Lösen heißt Leidenschaftslosigkeit, Vairagya. Binden heißt Abhyasa, Praxis um dich mit dem zu verbinden, was du wirklich bist. Tun und Nichttun zusammen sind praktische Spiritualität. Sie sind wie die Vorder- und Rückseite der gleichen Münze. Gutes anderen zu tun ist der positive Aspekt. Anderen nicht zu schaden und andere nicht zu verletzen, ist der negative Aspekt. Negativ nicht im Sinne von schlecht. Aber man kann sagen, Positives zu tun, Abhyasa, dich vom Negativen fernzuhalten ist Vairagya.
Genauso auch wahrhaftig zu sein ist Abhyasa, Lügen zu vermeiden ist Vairagya. Beides ist wichtig. Das Negative zu vermeiden ist genauso wichtig wie das Positive zu kultivieren. Daher ist Leidenschaftslosigkeit genauso wichtig wie spirituelle Praxis.
Hinwendung zu Gott
Krishna sagt in der Bhagavad Gita: „Dreifach ist das Tor zur Hölle. Gier, Ärger und Wolllust, diese drei sollte man vermeiden.“ Gurudev hatte uns immer wieder ermahnt. Befreie dich von Egoismus, Gier, Hass, Ärger, Neid und Eifersucht. Die ganzen Schriften sagen uns immer wieder, was wir kultivieren sollen und was wir aufhören sollen. Die ganze Spiritualität und die ganze Religion sind nichts anderes als dass wir uns vom Mammon fernhalten und zu Gott hinwenden sollen. Wir können nicht Gott und den Mammon gleichzeitig verehren. Du kannst nicht zwei Herren dienen. So ist das Vermeiden etwas Wichtiges. Vermeiden des Schlechten ist sowohl eine äußere Praxis als auch eine innere Praxis. In der äußeren Praxis heißt es dich von dem fernzuhalten, was schlecht ist.
Letztlich ist alles Brahman
Die innere Praxis bedeutet Vairagya, das Lösen vom Schlechten, die Leidenschaftslosigkeit. Letztlich gibt es nichts, was nicht Gott wäre. Deshalb kannst du sagen, dass es nichts gibt, was du äußerlich tatsächlich vermeiden müsstest. Sarvam kalvidam Brahman – letztlich ist alles Brahman. Das Sadhana des Meidens ist etwas, was du vor allem innerlich tun musst, mit deinem Herzen, deinem Geist, deiner Persönlichkeit. Es gibt Gier, Ärger, Neid. Diese sind nicht draußen, sie sind im Inneren. Gier, Ärger und Neid zu vermeiden ist Vairagya, Leidenschaftslosigkeit. Mit Enthusiasmus und Begeisterung tue das, was gut ist, und gegenüber dem Unguten kultiviere Leidenschaftslosigkeit.
In Wahrheit gibt es keine Sünde, nichts Schlechtes draußen. Tatsächlich gibt es im Äußeren nichts wirklich, dass vermieden werden muss. Das innere Vermeiden ist wichtig. Zwar ist es auch wichtig äußerlich nichts Schlechtes zu tun aber noch wichtiger ist es dich innerlich davon zu lösen und das ist Vairagya, die innere Leidenschaftslosigkeit. Kultiviere spirituelle Praxis. Auch Abhyasa hat diese beiden Teile. Zum einen die tiefe Sehnsucht nach der Wahrheit, die Tiefe Sehnsucht das gute zu tun, die Begeisterung für den spirituellen Weg, das innere Abhyasa. Das äußere Abhyasa ist spirituelle Praktiken zu üben, Gutes zu tun, anderen zu helfen und zu dienen.
Vairagya und Abhyasa müssten beide zusammengemacht werden, äußeres und inneres Abhyasa und Vairagya. Letztlich ist Vairagya auch eine Praxis, die Praxis der Leidenschaftslosigkeit. Die Praxis der Leidenschaftslosigkeit bedeutet daran zu arbeiten, innerlich vom Schlechten dich zu lösen und daran zu arbeiten äußerlich nichts Schlechtes zu tun. Die Praxis von Abhyasa selbst heißt innerlich nach Gutem zu streben, Begeisterung auf dem spirituellen Weg zu entwickeln und das in die Tat umzusetzen. Letztlich ist ein Sadhaka jemand, der das im Inneren und im Äußeren ausführt. Praktiziere innerlich und äußerlich. Übe Leidenschaftslosigkeit gegenüber allem Negativen und Schlechten innerlich und äußerlich.
Soweit meine freie Übersetzung des Kapitels „Practise and dispacion“ aus dem Buch „A Call to Liberation“, das du kostenlos auf der Seite chidananda.org herunterladen kannst. Mein Name Sukadev von www.yoga-vidya.de.
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Siehe auch
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- Swami Sivananda
- Divine Life Society
- Guru
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- Heilige
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