Sanskrit Kurs Lektion 27

Aus Yogawiki

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Die absolute Lokativ (2)

In Lektion 26 haben wir die Verwendung des absoluten Lokativs betrachtet. Der folgende Beispielvers enthält einen solchen in Verbindung mit einem Partizip Präteritum Passiv (PPP).


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem zweiten Kapitel (Upadesha), das der Praxis des Pranayama gewidmet ist. Der 1. Vers nennt die Voraussetzung für eine erfolgreiche Pranayama-Praxis.


अथासने दृढे योगी वशी हितमिताशनः |
गुरूपदिष्टमार्गेण प्राणायामान्समभ्यसेत् || २.१ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
athāsane dṛḍhe yogī vaśī hitamitāśanaḥ |
gurūpadiṣṭamārgeṇa prāṇāyāmān samabhyaset || 2.1 ||


  • vereinfachte Transkription:
athasane dridhe yogi vashi hitamitashanah |
gurupadishtamargena pranayaman samabhyaset || 2.1 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:


atha : nun (Atha, Partikel)
āsane dṛdhe : wenn die Körperstellung ("Sitzhaltung", Asana, Lok. Sg. n.) fest, gefestigt, stabil ist, (Dridha, Lok. Sg. n.)
yogī : der Yogi (Yogin, Nom. Sg. m.)
vaśī : der sich selbst (geistig und körperlich) beherrscht (Vashin, Nom. Sg. m.)
hita-mitāśanaḥ : dessen Nahrung (Ashana, Nom. Sg. m.) heilsam, gut (Hita) und maßvoll Mita) ist
gurūpadiṣṭa-mārgeṇa : gemäß der Methode ("des Weges", Marga, Instr. Sg. m.) die von seinem Lehrer, Meister (Guru) gelehrt wurde (Upadishta)
prāṇāyāmān : die (verschiedenen Arten der) Atemzügelung (Pranayama, Akk. Pl. m.)
samabhyaset : er soll/möge üben, praktizieren (sam + abhi + as, Verb)


  • Übersetzung:


Nun, wenn die Sitzhaltung stabil ist (d.h. wenn die Körperstellungen beherrscht werden), soll der Yogi, der sich selbst (geistig und körperlich) beherrscht, und dessen Nahrung heilsam und maßvoll ist,
gemäß der von seinem Lehrer gelehrten Methode die (verschiedenen Arten der) Atemzügelung (Pranayama) praktizieren.


Erläuterungen

  • Die beiden Lokative āsane und dṛdhe (Partizip Präteritum Passiv der Wurzel dṛh) bilden zusammen einen absoluten Lokativ, der die Voraussetzung für die nachfolgende Aussage beschreibt.
  • Der Nominativ (Prathama) yogī ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung samabhyaset.
  • Das Adjektiv (Visheshana) vaśī ("sich selbst beherrschend") ist eine nähere Bestimmung zu yogī und steht daher ebenfalls im Nominativ Singular Maskulinum.
  • Der Nominativ hita-mitāśanaḥ (hita + mita + aśana) ist ein Kompositum (Samasa), das sich als Adjektiv ebenfalls auf yogī bezieht und daher auch im Nominativ Singular Maskulinum steht.
  • Der Instrumental (Tritiya) gurūpadiṣṭa-mārgeṇa (guru + padiṣṭa + mārga) ist ebenfalls ein Kompositum. Er bezeichnet das Instrument der Handlung (Karana).
  • Der Akkusativ (Dvitiya) prāṇāyāmān (m.) ist logisches Objekt (Karman) der Verbalhandlung samabhyaset. Dieses Kompositum setzt sich aus prāṇa (Atem, Lebensenergie Prana) und āyāma (Verlängerung, Zügelung Ayama) zusammen.
  • Die Verbform samabhyaset ("er soll/möge Praktizieren") ist die 3. Person Singular Optativ der Gegenwart der Verbalwurzel (Dhatu) as, die in Verbindung mit den Präfixen (Upasarga) sam und abhi "üben, praktizieren" bedeutet. Der Optativ drückt einen Wunsch oder eine Möglichkeit, eine höfliche Aufforderung oder - wie in diesem Falle - eine neutrale Anweisung aus.
  • Sandhi: Das auslautende kurze a von atha und prāṇa verschmilzt jeweils mit dem anlautenden langen ā von āsane und āyāmān in athāsane bzw. prāṇāyāmān. Das auslautende bzw. anlautende kurze a von mita und aśanaḥ verschmilzt zu einem langen ā in mitāśanaḥ. Das auslautende bzw. anlautende kurze u von guru und upadiṣṭa verschmilzt zu einem langen ū in gurūpadiṣṭa-mārgeṇa.


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