Indische Schriftsysteme

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Indische Schriftsysteme, auch Indischer Schriftenkreis genannt, sind alle in Indien (und darüber hinaus) verwendeten rechtsläufigen Schriftsysteme, die auf die Brahmi Schrift zurückgehen. Nicht zu den indischen Schriftsystemen gehört somit die für die Schreibung des Urdu und Kashmiri verwendete linksläufige persische Schrift.

Überblick

Die indischen Schriftsysteme werden häufig in die nordindischen und südindischen Schriften eingeteilt, insofern sich diese von ihrem Schreibduktus bzw. Erscheinungsbild her ähnlich sind. Die südindischen Schriften, die der Schreibung der drawidischen Sprachen dienen, werden zuweilen scherzhaft als "Kringelschriften" bezeichnet, da bei ihnen das ungeübte Auge Mühe hat, die einzelnen Buchstaben bzw. Silben (Aksharas) voneinander zu unterscheiden, und nur "Kringel" sieht: vgl. Teluguḍa, ధ dha und భ bha. Aber auch die nordindischen Alphabete haben es in sich, vgl. Devanagarigha und ध dha oder म ma und भ bha.

Zu den nordindischen Schriften zählen die Devanagari, die Bengali Schrift, die Gujarati Schrift, die Gurmukhi Schrift sowie die Oriya Schrift. Die Sinhala Schrift ähnelt aufgrund ihrer geographischen Verbreitung eher dem südindischen Schrifttyp, obwohl das Singhalesische vom Sprachtypus her zu den neuindoarischen Sprachen gehört. Zu den südindischen Schriften zählen die Tamil Schrift, die Malayalam Schrift, die Telugu Schrift sowie die Kannada Schrift.


Schrift und Sprache

Die Vielfalt an Sprachen hat auf dem indischen Subkontinent im Laufe der vergangenen zweieinhalb Jahrtausende auch zu einer Vielfalt an Schriften geführt, die sich aus der sogenannten Brahmi Schrift weiterentwickelt haben. So gab es von jedem Schrifttyp zahllose regionale Ausprägungen, was das Lesen alter indischer Handschriften sowohl schwierig als auch interessant macht. Erst mit der Etablierung des Buchdrucks in Indien im 18. Jh. durch die Engländer bildeten sich die noch heute gültigen Standardschriften heraus. In den portugiesischen Handelsniederlassungen in Indien gab es bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die ersten Druckerpressen.

Häufig ist eine bestimmte indische Schrift eng mit der Schreibung einer oder mehrerer Sprache(n) verknüpft. Typischerweise wird die Devanagari zur Schreibung der neuindischen Sprachen Hindi, Marathi und Nepali benutzt, die Bengali Schrift für das Bengali und Assamiya, die Tamil Schrift für das Tamil usw. Mitunter wird ein und dieselbe Sprache in verschiedenen Regionen aber auch mit unterschiedlichen Schriften geschrieben, wie bspw. das Panjabi, das in Indien mit der Gurmukhi Schrift oder der Devanagari, in Pakistan jedoch mit einer Shahmukhi genannten Variante der linksläufigen persischen Schrift geschrieben wird.

Eine Sonderstellung unter den indischen Sprachen nimmt das Sanskrit ein, das traditionell in allen Teilen Indiens mit der in der jeweiligen Region üblichen Schrift geschrieben wurde: in Bengalen in der Bengali Schrift, in Kashmir in der Sharada, in Südindien mit der Grantha Schrift bzw. den daraus hervorgegangen Schriften Tamil, Malayalam usw. In Nordindien hat sich mit der Einführung des Buchdrucks die Devanagari zur Schreibung durchgesetzt, in Südindien werden hierfür auch weiterhin die einheimischen Alphabete verwendet.

Devanagari

Devanagari ist die unter den indischen Schriftsystemen am weitetsten verbreitete und außerhalb Asiens auch bekannteste indische Schrift. Neben Sanskrit, den verschiedenen mittelindischen Prakrits und Pali werden vor allem die neuindischen Sprachen Hindi, Marathi und Nepali im Norden Indiens in der Devanagari geschrieben.


Silbenschrift

Die indischen Schriftsysteme werden allgemein als Silbenschriften bezeichnet (neuerdings auch als Abugida), da die jeweiligen Konsonanten und Vokale nicht wie in der lateinischen Schrift isoliert, sondern graphisch zu einer Silbe (Akshara) verbunden geschrieben werden. So besteht das Wort akṣara bspw. aus den drei Silben a-kṣa-ra, die in der Devanagari als अक्षर erscheinen.

Vokale

Typischerweise gibt es für alle Vokale eine unabhängige oder "Initialform", die nur am Wortanfang verwendet wird, und eine abhängige Form, die mit dem entsprechenden Konsonanten eine Silbe (Akshara) ergibt. Ein kurzes a wird grundsätzlich nur am Wortanfang geschrieben, anderenfalls ist es dem jeweiligen Konsonantenzeichen inhärent. Im obigen Beispiel अक्षर (akṣara) sind drei kurze a enthalten, deren erstes in der unabhängigen Form erscheint (अ), die beiden anderen sind in den Konsonantenzeichen क्ष (kṣa) und र (ra) enthalten.

Konsonanten

Ein Konsonant wird in der Regel mit einem Vokalzeichen kombiniert, mit dem er eine Silbe bildet. Steht ein Konsonant am Wortende allein, d.h. ohne folgenden Vokal, erhält er zur Schreibung des Sanskrit und südindischer Sprachen ein Virama genanntes Zeichen (Hindi: अर्थात् arthāt "das heißt", Tamil: ஆஸநம் āsanam "Asana"). Dieses wird in den nordindischen modernen Sprachen in der Regel weggelassen, da ein kurzes a am Wortende im Hindi oder Marathi ohnehin nicht ausgesprochen wird (Hindi: हाथ hāth "Hand").

Treffen mehrere Konsonanten aufeinander, werden sie häufig zu sogenannten Ligaturen verbunden (die Silbe क्ष kṣa setzt sich bspw. aus क् k und ष ṣa zusammen). Zur Schreibung der modernen indischen Sprachen geht die Tendenz allerdings zunehmend in Richtung der Vereinfachung bzw. Auflösung von Ligaturen und Getrenntschreibung der jeweiligen Konsonanten (vgl. Malayalam ങ്‌ക ṅka anstelle der Ligatur ങ്ക ṅka). Dieser Trend wird nicht zuletzt durch die Verwendung von digitalen Schriftkonvertern gefördert, die zunehmend auch im Buchdruck zum Einsatz kommen.


Schriftbeispiele

Schriftart a ā k ka ki ku ke (kē)* ko (kō)* akṣara
Devanagari क् का कि कु के को अक्षर
Bengali ক্ কা কি কু কে কো অক্ষর
Gurmukhi ਕ੍ ਕਾ ਕਿ ਕੁ ਕੇ ਕੋ ਅਕ੍ਸ਼ਰ
Gujarati ક્ કા કિ કુ કે કો અક્ષર
Oriya କ୍ କା କି କୁ କେ କୋ ଅକ୍ଷର
Tamil க் கா கி கு கே கோ அக்ஷர
Telugu క్ కా కి కు కే కో అక్షర
Kannada ಕ್ ಕಾ ಕಿ ಕು ಕೇ ಕೋ ಅಕ್ಷರ
Malayalam ക്** കാ കി കു കേ കോ അക്ഷര

*Anmerkung: In den nordindischen Schriften gibt es keine Unterscheidung zwischen kurzem und langem e bzw. o, daher wird in der wissenschaftlichen Transliteration (IAST) in der Regel auch auf die Bezeichnung der Länge verzichtet. In den südindischen Schriften unterscheidet man hingegen zwischen kurzem e und langem ē bzw. kurzem o und langem ō, was auch in der Transliteration deutlich gemacht wird.

**Anmerkung: Anstelle der regulären Form ക് (mit Chandrakala) kann in der Malayalam Schrift ein k ohne folgenden Vokal auch ൿ (Chillu-Form) geschrieben werden.


Weblink

Mit diesem Schriftkonverter lassen sich (mit geringen Einschränkungen in den südindischen Schriftsystemen) die folgenden indischen Schriftsysteme darstellen: Devanagari, Bengali, Gurmukhi, Gujarati, Oriya, Tamil, Telugu, Kannada und Malayalam.


Siehe auch