Was ist freier Wille

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Was ist freier Wille? Es wird ja viel über den sogenannten freien Willen gesprochen. Aber was bedeutet das überhaupt, freier Wille. Und wie kann man seinen freien Willen entwickeln, und benutzen?

In der Yogaphilosophie glaubt man, dass ein freier Wille und Karma sich nicht unbedingt gegenseitig ausschließen.

In der Philosophiegeschichte wird seit Jahrtausenden überlegt: Ist der Mensch prädeterminiert oder hat er einen freien Willen? Ist sein Schicksal vorgegeben oder bestimmt er selbst? Und wenn er selbst bestimmt, woher weiß er, dass es wirklich auch der freie Wille ist?

In der heutigen Zeit ist das noch etwas schwieriger, wo wir eben auch feststellen, der Mensch ist sehr stark vom Unterbewusstsein geprägt. Wo ist dann wirklich der freie Wille? Wenn das, was du tust oder nicht tust, stark vom Unterbewusstsein geprägt ist, es gibt die Illusion des freien Willens.

Im Yoga spricht man trotzdem vom freien Willen. Im Yoga sagen wir, der Mensch hat Anteile, die auch die Tiere haben. Er hat einen physischen Körper. Er hat einen Prana-Körper, also Lebensenergien. Er hat Emotionen mit Wünschen und Gefühlen. Und er hat natürlich auch ein Temperament und eine Persönlichkeit. Aber der Mensch hat auch die sogenannte Buddhi. Die Buddhi ist die Unterscheidungskraft, ist auch die Urteilskraft, ist der Verstand, die Vernunft, der Intellekt. Und diese Buddhi kann etwas entscheiden. Sie kann zum Beispiel sagen, nachdem du gedacht hast, ich will jetzt unbedingt die Schokolade essen, kann die Buddhi kurz überlegen: Will ich die Schokolade essen? Schokolade besteht aus Zucker und Fett, nicht besonders gesund. Sie bringt den Blutzuckerspiegel durcheinander, nicht so gut. Außerdem wollte ich ja abnehmen. Also kann die Buddhi entscheiden: Nein, ich will keine Schokolade essen.

Der Wunsch ist weiter da, Schokolade zu essen. Aber Buddhi ist dann der freie Wille. Aus freien Stücken entscheidest du dich, indem du gut abwägst. Also Buddhi hier als die Urteilskraft und die Entscheidungskraft ist der Hintergrund hinter Wille.

Manchmal wird in der Sanskrit-Sprache auch unterschieden zwischen Vasana, das ist ein Wunsch, und Iccha Shakti, das ist die Willenskraft. Also, die Willenskraft ist die Kraft, mit der du das umsetzt, was du für richtig hältst. Und Wunsch ist letztlich die Kraft, mit der du instinktive Dinge umsetzt. Ich sage auch gerne, Wünsche sind Handlungsempfehlungen mit Energie. Der Wille ist die Energie, mit der du das umsetzen willst , was du wirklich willst.

In diesem Sinne kannst du einen freien Willen haben. Du kannst ihn einsetzen oder du kannst ihn auch nicht einsetzen. Der Wille ist aber auch trainierbar. In dem Maße, in dem du immer wieder selbst entscheidest, was du willst, und immer wieder steuerst, was du willst, in dem Maße hast du auch einen freien Willen. Natürlich, es gibt Karma. Karma bedeutet, es gibt Umstände um dich herum, über die du keine vollständige Kontrolle hast. Du bist auch in diese Welt gekommen mit einer gewissen Genetik (Yogis würden sagen, mit bestimmten Hintergründen aus einem früheren Leben). Du wurdest geprägt durch deine Erziehung. Du wurdest geprägt durch die Eltern, durch die Erfahrungen in deiner Kindheit. Du wurdest geprägt durch deine Lehrer. Du wurdest geprägt durch deine Freunde und Freundinnen. Jetzt hast du das ein oder andere Glück, plötzlich eine Chance usw.

Du bist also in vielerlei Hinsicht durch Karma bist du geprägt. Und du bist geprägt durch deine Genetik, du bist geprägt durch Reiz-Reaktions-Ketten, du bist geprägt durch Instinkte, du bist geprägt durch Erfahrungen. Aber du kannst dich entscheiden: Ich will diesen Prägungen folgen ‒ oder eben auch nicht. Du hast keine vollkommene Freiheit, aber eine bestimmte Freiheit. Du könntest z.B. den Entschluss fassen: Ich bin es leid, mit meinen Süchten nicht umgehen zu können. Ich geh‘ jetzt in eine Suchtklinik und lass‘ mich behandeln. Ich bin es leid, in Beziehungen immer wieder in die gleichen Fallen zu tappen. Ja, ich verstehe, das ist erklärbar durch meine Erziehung, meine Erfahrung mit meinen Eltern und Erfahrung mit meiner ersten Beziehung. Aber ich bin’s leid, ich will das nicht mehr. Dann kannst du überlegen: Und wie komme ich dort raus? Und dann entscheidest du, was du machen kannst, um dort rauszukommen. Vielleicht kommst du nicht einfach raus, indem du entscheidest, du willst das nicht mehr. Vielleicht hast du schon oft genug deine Willenskraft genutzt, um einer Sucht zu entgehen. Aber du kannst die Willenskraft eben auch nutzen, um klug nachzudenken und zu sagen: Ich will das loswerden, allein krieg‘ ich’s nicht hin, ich suche mir die richtige Hilfe. Auch das ist eine Anwendung des freien Willens. Und natürlich kannst du mit dem Willen auch entscheiden, du willst mit Autosuggestion, mit Visualisierung, mit Wunderfragen, Wunderaffirmationen, Selbsthypnose usw. arbeiten. Es reicht ja nicht aus, wenn du einfach nur sagst: ich will, sondern danach musst du auch die richtigen Mittel haben. Aber der freie Wille kann dir auch helfen, die richtigen Mittel zu finden und anzuwenden.


Video: Was ist freier Wille?

Videovortrag über "Was ist freier Wille?"

Vortragsvideo von Sukadev Volker Bretz rund um das Thema Willenskraft, rund um das Thema Tugend und Yoga Psychologie.

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