Tugend
Die Tugend ist eine moralisch herausragende, untadelige Haltung, die der Gesellschaft als positives moralisches Beispiel dient und individuelle und kollektive Größe fördert; sie ist das Gegenteil von Laster. Menschen, die wertvolle Tugenden vorleben, werden bewundert und sind Vorbilder.
Etymologie
Das deutsche Wort Tugend leitet sich vom Althochdeutschen tugund (Kraft, Tüchtigkeit; von: taugen) ab und bezog sich im Mittelhochdeutschen vor allem auf männliche Eigenschaften. In Bezug auf weibliche Tugenden erhielt das Wort durch die Kirche später die Bedeutung der sexuellen Zurückhaltung, Keuschheit.
Tugenden und Werte
Eine Tugend ist eine Denk-und Verhaltensweise auf hohem moralischen Niveau. Tugenden können in einem breiteren Kontext auf Werten basieren. Jedes Individuum hat einen Kern aus zugrunde liegenden Werten, die zu seinem System von Überzeugungen, Ideen und/oder Meinungen beitragen. Integrität bei der Anwendung eines Wertes sorgt für die Kontinuität und diese Kontinuität trennt einen Wert von Überzeugungen, Meinungen und Ideen. In diesem Zusammenhang ist ein Wert (z.B. Wahrheit oder Gleichheit oder Glaubensbekenntnis) der Kern, aus dem heraus wir tätig sind oder reagieren. Gesellschaften haben Werte, die von vielen der Mitglieder dieser Kultur geteilt werden. Die individuellen Werte sind in der Regel weitgehend, aber nicht immer ganz in Übereinstimmung mit den Werten der Kultur.
Kategorisierung
Moralische Tugenden
Die moralischen Tugenden sind die Werte, die den Menschen anhalten, gut zu handeln. Darunter fallen:
Kardinaltugenden
Unter Kardinaltugenden werden grundsätzlich die nachfolgenden 4 Eigenschaften verstanden:
- Tapferkeit
- Klugheit/Weisheit
- Mäßigung
- Gerechtigkeit
Tugenden im Buddhismus
Der Buddhismus stellt 5 Silas (Grundregeln) auf, wie man sich moralisch zu verhalten hat:
- 1. Nicht töten
- 2. Nicht stehlen
- 3. Keinen Ehebruch begehen
- 4. Nicht lügen, wohlwollendes Sprechen über andere, kein Geschwätz, keine üble Nachrede
- 5. Keine bewusstseinverändernden Substanzen einnehmen
Rittertugenden
Unter Rittertugenden versteht man Eigenschaften wie
- Edelmut
- Anständigkeit
- Zuvorkommenheit
- höflich und
- hilfsbereit (besonders gegenüber Frauen),
- Beständigkeit
- Mäßigung
- aufrichtige Treue und
- Gleichmut
Christliche Tugenden
Im Christentum sind die drei theologischen Tugenden
- Glaube
- Hoffnung und
- Liebe
Die Liebe gilt dabei als die größte der drei. Liebe wird definiert als: "geduldig, freundlich, nicht neidisch, prahlerisch, überheblich oder unhöflich."
Bürgerliche Tugenden
Unter die bürgelichen Tugenden fallen insbesondere Eigenschaften wie
- Fleiß
- Sparsamkeit
- Ordnung
- Sauberkeit und
- Pünktlichkeit
Sie dienen der moralisch guten Bewältigung des Alltags.
Beispiele von Tugenden
1. Tugenden der Selbstbeherrschung
- Mäßigkeit - Selbstkontrolle in Bezug auf Genuss
- Gemüt - Selbstkontrolle in Bezug auf Zorn
- Ehrgeiz - Selbstkontrolle in Bezug auf seine Ziele
- Neugier - Selbstkontrolle in Bezug auf Wissen
- Genügsamkeit - Selbstkontrolle in Bezug auf den materiellen Lebensstil
- Eifer - Selbstkontrolle in Bezug auf Spiel, Erholung und Unterhaltung
- Zufriedenheit - Selbstkontrolle hinsichtlich des Besitzes und des Besitzes anderer
- Sexuelle Mäßigkeit - Selbstkontrolle in Bezug auf sexuelle Beziehungen
2. Tugenden der Selbstwirksamkeit
- Mut - im Angesicht der Gefahr die Bereitschaft, das Richtige zu tun und dabei Schmerz, erhebliche Gefahr oder Risiko zu erfahren
- Geduld - Fähigkeit, auf das Gewünschte zu warten
- Beharrlichkeit - beherzte Geduld
3. Tugenden der Anschauung
- Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit
- Toleranz-Bereitschaft
Swami Sivananda über Tugend
Im Buch „Göttliche Erkenntnis“ von Swami Sivananda werden folgende 6 Tugenden umschrieben:
- 1. Sama: ist Gelassenheit und Ruhe des Geistes, die durch die Beseitigung von Vasanas (geistigen Eindrücken) entsteht
- 2. Dama: ist die Kontrolle der Indriyas (Sinne)
- 3. Uparati: ist das vehemente Abwenden des Geistes vom Wunsch nach Sinnesvergnügen
- 4. Titiksha: ist Duldungskraft. Der Aspirant muss geduldig die Gegensatzpaare wie Hitze und Kälte, Freude und Schmerz usw. ertragen
- 5. Shraddha: ist festes Vertrauen in die Worte des Gurus, die Aussagen der vedantischen Schriften und vor allem in sich selbst
- 6. Samadhana: ist geistiges Gleichgewicht durch Aufmerksamkeit. Es ist die Frucht der Praxis von Sama, Dama, Uparati, Titiksha und Shraddha. Ab hier herrscht vollkommene Konzentration des Aspiranten auf das Göttliche
Weiter umschreibt Swami Sivananda folgende 12 Tugenden, über die man täglich 10 Minuten meditieren soll:
- 1. Demut im Januar
- 2. Freimütigkeit im Februar
- 3. Mut im März
- 4. Geduld im April
- 5. Barmherzigkeit oder Mitgefühl – Karuna - im Mai
- 6. Großzügigkeit im Juni
- 7. Lauterkeit im Juli
- 8. reine Liebe im August
- 9. Großzügigkeit im September
- 10. Vergebung im Oktober
- 11. Gleichmut im November
- 12. Zufriedenheit im Dezember
Weitere Gedanken zum Thema
Individuelle Tugenden können in eine der vier Kategorien eingeordnet werden:
- ethische: Gut - Böse, moralisch - unmoralisch, gerecht - ungerecht, aufrichtig - unaufrichtig
- ästhethische: unsymmetrisch, gefällig
- doktrinär: politischen, ideologischen, religiösen oder sozialen Überzeugungen und Werte
- angeborene: weiblich - männlich, preußisch, militärisch
Literatur
Weblinks
- Tägliche Lesung von Swami Sivananda
- Sita, die Göttin der Tugend, der Liebe und der Treue
- Meditation über die 12 Tugenden
- Sadhana, Inspirierendes Swadhyaya für spirituelle Sucher
- Das Gewissen
- Was sind die vier Haupt-Tugenden außer Maitri
- Wie entwickle ich Gleichmut