Eroberer

Aus Yogawiki

Ein Eroberer ist historisch gesehen eine Person, die ein Land unterwirft. Dass man diesen Begriff auch auf die Herrschaft über den Geist beziehen kann, zeigt der nachfolgende Artikel von Swami Venkatesananda.

Die Eroberung des Eroberers

von Sri Swami Venkatesananda

Es ist der konzentrierte Geist, dem es möglich ist, in den Gegenstand einzudringen und die Seele wahrzunehmen. Seine zerstreuten Strahlen sind kraftlos. Zwar haben wir Zeiten von einpünktigem Geist, aber sie werden durch äußere Kräfte untergraben. Zum Beispiel, wenn wir einen spannenden Film beobachten, scheint der Geist einpünktig und konzentriert zu sein, doch auf diese Art haben wir den Geist nicht unter Kontrolle, denn er ist nach außen gerichtet. Auf der anderen Seite ist er, wenn wir uns bewusst wünschen, ihn zu kontrollieren, ruheloser als der Wind.

Der Geist bewegt sich mit der Geschwindigkeit und Kraft des Windes selbst, er ist der Eroberer der ganzen Welt. Alles in dieser Welt wurde errichtet durch den Geist. Hinter jeder großartigen Handlung und Errungenschaft in dieser Welt steht der Geist (die Gedanken). Der Geist hat den Gegenstand erobert; der Geist regiert die Sache.

Wer kann den Eroberer erobern? Die Yogis haben eine einfache Antwort: Japa (die Wiederholung eines Mantras oder die Wiederholung von Gottes Namen). Leider ist diese Welt sehr komplex und die wahre Einfachheit der Antwort lässt die Menschen nicht daran glauben. In all unserer spirituellen Praxis spielt Japa eine grundlegende Rolle. Japa war die Stärke unseres Meisters. Es ist eine Lösung für all unsere Probleme. Es löst nicht nur unser Problem, es löst den Verursacher unseres Problems auf, nämlich: den Geist! All unsere Probleme werden durch den unreinen Geist verursacht.

Die Wiederholung eines Mantras ist das beste Mittel der Reinigung für den Geist und auch ein beruhigendes Mittel. Die Wirkung wird in der nachfolgenden Geschichte dargelegt:

Ein Yogi verbrachte einige Zeit im Haus eines Anhängers, und der junge Sohn der armen Familie bediente ihn hingebungsvoll. Als er den Ort verließ, bot der Yogi an, jeden Wunsch des Jungen zu erfüllen, da er die Kontrolle über den unsichtbaren Geist hatte. Der Junge wollte diesen Geist als Leihgabe für einige Zeit haben, da er viele Wünsche hatte. Nur ungern gab der Yogi dem jungen Mann das Kommando über den Geist mit der Warnung, dass er bei Problemen im Umgang mit dem Geist an den Yogi denken solle. Der Yogi ging seines Weges und der junge Mann rief den Geist. Der Geist willigte ein, alles für ihn zu tun, unter der Voraussetzung, dass er den Geist immer beschäftigen müsse, anderenfalls würde der Geist ihn auffressen.

Der junge Mann ließ sich all seine Wünsche innerhalb weniger Stunden erfüllen; er ließ einen Palast erbauen und einrichten, ein Fahrzeug herstellen, usw. Bald wusste er nicht mehr, wie er den Geist weiter beschäftigen könne, um sein Leben nicht in Gefahr zu bringen. Durch das Aufrechterhalten der Beschäftigung des Geistes, konnte er nicht einmal die wunderbaren Dinge genießen, die der Geist ihm zur Verfügung gestellt hatte. Hier haben wir die genaue Parallele zur Situation, in der sich der moderne Millionär befindet (er hat alle guten Dinge der Welt, aber hat weder die Zeit noch die Ruhe, sie zu genießen, da der Geist der Begierde ihn dauernd arbeiten lässt). Der junge Mann dachte an den Yogi, der erschien und ihm einen geheimen Tipp gab. Sobald der Geist nach der letzten Aufgabe zu ihm kam, ersuchte ihn der Mann, eine große Säule vor dem Haus zu errichten, und bis auf Widerruf immer hinauf und hinab zu klettern. Das war die Lösung des Yogi, sie bekämpfte den ruhelosen Geist.

Auch wir haben so einen ruhelosen Geist in uns, und es ist ein mit unreiner Begierde erfüllter Geist. Wenn wir ihn nicht kontinuierlich gut beschäftigen, wird er unreine Begierden und Gedanken entwickeln und uns zerstören. Der beste Weg ihn permanent zu beschäftigen, ohne dabei unsere tägliche Arbeit zu behindern, ist Japa von Gottes Namen oder das Sprechen eines Mantra. Dies wird nicht nur üble Gedanken, Emotionen und Begierden von uns fern halten, es wird uns auch ermöglichen, rechtschaffene Vergnügungen zu genießen, wie es nur ein friedvoller Geist kann.

Was ist ein Mantra? Das Wort hat mehrere Bedeutungen. Es wurde definiert als “etwas, das uns schützt, wenn der ganze Geist mit ihm durchtränkt ist”. Es kann sogar “ein förderlicher/gesunder Ratschlag” bedeuten (so wie der Ratschlag, den der Yogi dem Jungen in der Geschichte gegeben hat). Allgemein ist es eine Formel, eine Phrase oder ein Wort, das mystische, wenn nicht sogar magische Anteile hat; im Allgemeinen ist der Name oder ein Wort-Symbol einer Gottheit hineingewebt. Viele der Mantras haben eine interessante und bedeutungsvolle Eigenschaft – so wie in dem Mantra "Om namah shivaya" (Gruss an Shiva), es gibt kein “ich”.

Nachfolgend einige populäre Mantras: Om, Om tat sat, Soham, Om namah shivaya, Om namo narayanaya, Om namo bhagavate vasudevaya, Om sri ram jaya ram jaya jaya ram, Hari Om, Kyrie eleison christe eleison, Om jesus, Jesus est avec moi, Ya Allah, Allahu akbar, Adonai elehaino adonai ekhad, Om mani padme hum, La ilahi ill-allahu.

Wähle eines, das dir gefällt, nach deinem Geschmack, Temperament und deiner Tradition/Herkunft.

Sobald du am frühen Morgen aufwachst, beginne das Mantra zu wiederholen, sogar im Bett. Dann, später nach einer kurzen Morgenwäsche, setze dich hin und wiederhole das Mantra eine halbe Stunde lang. Während des Tages, etwa jede Stunde, schließe deine Augen nur für ein paar Minuten und wiederhole das Mantra.

Das größte Geheimnis in der Mantra-Wiederholung ist, das Mantra mit deinem Atem zu verbinden. Wenn dein Mantra kurz ist, wiederhole es einmal während des Einatmens und einmal während du ausatmest. Ist es lang, wiederhole die Hälfte während du einatmest und die andere Hälfte während du ausatmest, aber ohne es zwei-zu-teilen. Wenn du dies ganz bewusst einige Zeit tust, dann wird ein konditionierter Reflex gebildet und der Geist wird die Gewohnheit der Mantra-Wiederholung genießen. Du wirst so bald eine Angewohnheit heranbilden und der Geist wird letztendlich während deiner täglichen Aktivitäten ständig das Mantra wiederholen, wie eine Art nebenher fließender Strom. Auch während des Schlafs wird der Geist unwillkürlich das Mantra weiter wiederholen. Dies reinigt und stabilisiert deinen Geist und ermöglicht dir großen Frieden und Glück. Bevor du zu Bett gehst, wiederhole das Mantra eine halbe Stunde lang. Du wirst dann einen gesunden Schlaf haben und der Strom wird auch während du schläfst weiterfließen!

Es gibt mindestens drei Wege zur Ausführung von Japa:

  1. Das Mantra wird laut wiederholt.
  2. Es wird still gesagt, aber mit einer leichten Bewegung der Lippen.
  3. Es wird mental wiederholt.

Der Meister erklärt, dass die mentale Wiederholung die machtvollste ist, weil sie augenscheinlich zu tiefer Konzentration des Geistes führt. All diese Mantras können auch laut gesungen werden. Dann ist dies als Kirtan oder Sankirtan bekannt, besonders wenn mehrere Gläubige im Chor singen. (Kirtan schließt auch Lobeshymnen an Gott, Singen von Psalmen und Hymnen ein, und nicht nur Mantras). Viele heilige Männer sind große Anhänger des Wegs der Hingabe. Einige von ihnen singen und tanzen sich selbst in verzückte Ekstase. Mein Meister Swami Sivananda legte größten Wert auf das Wiederholen von Gottes Namen. Die Wiederholung ist auch ein großer Segen für alle, die den Stress und die Anstrengung der modernen Welt erfahren.

Die Anstrengung ist permanent vorhanden, weil wir sie von einer Tätigkeit zur anderen mitnehmen, von einem Stück Arbeit zum nächsten. Mein Meister tat das nicht. Sobald eine Arbeit beendet war, zog er sich zurück zu Japa und verweilte darin für einige Sekunden, bevor er zur nächsten Aufgabe überging. Dann ist das Mitnehmen abgeschnitten, wir leiden nicht unter der letzten Anstrengung, und wir haben keinen nervösen Zusammenbruch. Wenn der Körper nach einer Zeit der Aktivität überarbeitet ist und naturgemäß nach Schlaf und Ruhe verlangt, und der Geist gelernt hat im Hintergrund das Mantra zu wiederholen, zieht er sich in dem Moment, wo die letzte Aufgabe des Tages erledigt ist, wieder in den Hintergrund zurück und wir genießen einen ruhigen Schlaf.

Siehe auch