Sanskrit Adjektiv

Aus Yogawiki

Allgemeines

Das Adjektiv (Visheshana (syn. Bhedaka) zählt in der traditionellen indischen Grammatik (Vyakarana) zur Wortart des Nomens (Naman), zu der auch die Substantive gehören. Dies erklärt sich daraus, dass Adjektive und Substantive im Sanskrit flektierte Wörter sind, die grundsätzlich denselben Flektionsmustern unterliegen. Mit anderen Worten: Adjektive und Substantive erhalten dieselben Kasusendungen (Vibhakti).

Funktion des Adjektivs

Adjektive dienen dazu, ein Substantiv, auf das sie sich beziehen, näher zu beschreiben bzw. zu "bestimmen". Dies ist auch die Bedeutung von Visheshana: "einen Unterschied (Vishesha) ausdrückend". So dienen bspw. Farbadjektive dazu, zwei in ihrem übrigen Erscheinungsbild weitestgehend übereinstimmende Lebewesen oder Dinge zu unterscheiden, etwa eine blaue von einer roten Seerose:

Beispiele

  • utpalaṃ nīlam "die Seerose (Utpala) ist blau (Nila)"
  • utpalaṃ raktam "die Seerose ist rot (Rakta)"

Hierbei nimmt das Adjektiv Geschlecht (Genus, Linga), Fall (Kasus, Vibhakti) und Zahl (Numerus, Sankhya) des Substantivs an, auf das es sich bezieht:

  • utpalaṃ nīlam "die Seerose (Utpala, Nominativ Singular Neutrum) ist blau (Nila, Nominativ Singular Neutrum)"

Erläuterung: Utpala ("Seerose") ist ein sächliches Substantiv (Neutrum, n.). Das entsprechende Adjektiv (Nila), das für sich genommen ohne grammatisches Geschlecht ist, nimmt das Geschlecht sowie Kasus und Numerus des Substantivs an und erhält die entsprechende Kasusendung. Diese grammatische Übereinstimmung nennt man auch Kongruenz.

Hier noch einige weitere Beispiele zur Kongruenz bei veränderlicher Zahl (Numerus):

  • Singular (Ekavachana): ekaṃ nīlam utpalam "eine (Eka, Nom. Sg. n.) blaue (Nila, Nom. Sg. n.) Seerose (Utpala, Nom. Sg. n.)"
  • Plural (Bahuvachana): bahūni nīlāni utpalāni "viele (Bahu, Nom. Pl. n.) blaue (Nila, Nom. Pl. n.) Seerosen (Utpala, Nom. Pl. n.)"

Erläuterung: Da das Adjektiv Bahu "viel(e)" zu einer anderen Art von Nominalstamm gehört als Utpala "Seerose", weichen die Endungen in diesem Fall voneinander ab (ūni- und -āni).

Nominalstämme

Die Adjektive gehören ebenso wie die Substantive des Sanskrit in ihrer Eigenschaft als Nomen (Naman) verschiedenen Stammklassen an. Man unterschiedet zunächst vokalisch (also auf Vokal) auslautende und konsonantisch (also auf Vokal) auslautende Stämme:

  • vokalisch auslautend: nīla "blau": utpalaṃ nīlam "die Seerose (Utpala, Nom. Sg. n.) ist blau (Nila, Nom. Sg. n.)"
  • konsonantisch auslautend: mahat "groß": utpalaṃ mahat "die Seerose (Utpala, Nom. Sg. n.) ist groß (Mahat, Nom. Sg. n.)"

Diesen Stamm bezeichnet man als Nominalstamm, der identisch mit der sogenannten Wörterbuchform ist, an die die jeweiligen Kasusendungen (Vibhakti) treten.

Es gibt wiederum weitere Untergruppen bzw. Klassen von vokalischen und konsonantischen Nominalstämmen. Die häufigsten vokalischen Nominalstämme sind die auf ein kurzes -a auslautenden Stämme, zu denen die Mehrheit der (männlichen und sächlichen) Substantive und Adjektive des Sanskrit gehören.

Eine Reihe von Adjektiven gehört zu den auf kurzes -u auslautenden Stämmen, wie bspw. Bahu "viel", Laghu "leicht" und Guru "schwer".

Beispiele

  • guruḥ puruṣaḥ "ein schwerer (Guru, Nom. Sg. m.) Mann (Purusha, Nom. Sg. m.)"
  • lagh strī "eine leichte (Laghu, Nom. Sg. f.) Frau (Stri, Nom. Sg. f.)"
  • bahūni nīlāni utpalāni "viele (Bahu, Nom. Pl. n.) blaue (Nila, Nom. Pl. n.) Seerosen (Utpala, Nom. Pl. n.)"

Ursprüngliche und abgeleitete Adjektive

Zu den "ursprünglichen" Adjektiven gehören Farbadjektive wie Nila "blau", Shukla "weiß", Kala "schwarz" und Hari "blassgelb, gelblich" sowie Adjektive wie Mahat "groß", Kshudra "klein", Hrasva "kurz" und Dirgha "lang".

Andere Adjektive sind von Verbalwurzeln (Dhatu) abgeleitete Formen, in der Regel die des Partizips Passiv der Vergangenheit (auch als PPP bekannt), wie etwa Rakta "rot" (wörtl.: "gerötet, gefärbt"), Mukta "frei" (wörtl.: "befreit") und Dushta "schlecht" (wörtl.: "verdorben").

Im Prinzip kann jedes Vergangenheitspartizip (PPP) eines Sanskrit-Verbs als Adjektiv verwendet werden, also in der Funktion einer näheren Bestimmung (Visheshana) eines Substantivs (Naman).

Beispiele

  • puruṣo muktaḥ "der Mann (Purusha, Nom. Sg. m.) ist frei" (Mukta, Nom. Sg. m., abgeleitet von der Verbalwurzel muc) "loslassen, befreien"
  • yogī yuktaḥ "der Yogi (Yogin, Nom. Sg. m.) ist konzentriert" (Yukta, Nom. Sg. m., abgeleitet von der Verbalwurzel yuj "verbinden, sich konzentrieren")

Siehe auch