Segen
Segen (v. althochdt.: segan, lat. signare für „mit dem Zeichen versehen“): in Religionen ein Gebet, das Personen oder Sachen Anteil an göttlicher Kraft oder Gnade geben möchte. Vgl. Diksha (Sanskrit: दीक्षा dīkṣā f. "Einweihung, Segen").
Segen fördert Glück und Gedeihen oder zugesicherten Schutz und Bewahrung. Der Segen ist mit Gebärden verbunden (z. B.: Weihe, evtl. Kampfer etc...Handauflegung, Segensgestus, Geste, Ausbreiten der Hände, Kreuzeszeichen, Salbung), die die wohltätige Zuwendung eines Gottes zu der gesegneten Person oder der gesegneten Sache symbolisieren. Ein Segenszeichen ist in den Religionen eine und/oder ein Gegenstand, der die lebensfördernde Nähe der göttlichen Macht anzeigt und bewirkt.
In der jüdischen Frömmigkeit haben Segenssprüche und -gesten eine uralte Tradition. Der ursprüngliche, göttliche Segen ("Gott segnete Abraham") wird von dessen Träger einem Anderen weitergereicht. Rembrandt, der jüdische Riten kannte, hat das Auflegen einer Hand auf den Kopf des Gesegneten in seinem Gemälde Jakobssegen (ausgestellt in der Bildergalerie des Schlosses Wilhelmshöhe in Kassel) ergreifend dargestellt: als Mysterium der Übertragung einer von oben verliehenen Sendung und Verpflichtung auf den erwählten Nachfolger.
Segenszeichen besonderen Ranges sind im Christentum die Sakramente. Daneben gibt es, besonders im katholischen und orthodoxen Ritus, zahlreiche Sakramentalien (etwa Weihwasser, Blasiussegen, Asche, Palmzweige, Osterkerze, Kräuterweihe an Mariä Himmelfahrt, usw.) und gesegnete Devotionalien.
Wird die Wirkung von Segenszeichen "automatisch" und unabhängig von der inneren Haltung beteiligter Personen erwartet, spricht man von Magie. Wird die Wirksamkeit äußerer Zeichen geleugnet und abgelehnt, spricht man von Spiritualismus.
Im weiteren Sinne: um Freude über ein Geschenk oder eine Situation zu beschreiben („Dieses Kind ist ein Segen für uns“) oder um Fülle auszudrücken („Erntesegen“, „Torsegen“). Der Fluch kann als Gegenteil des Segens verstanden werden. Auch kann "Segen" ironisch für eine unwillkommene oder allzu reichliche Gabe stehen. Spott liegt in einer wenig spirituellen Zeit nahe.
Altes Testament
- In 4. Mose 6,24–26 wird der bis heute verwendete „Aaronitische Segen“ eingeführt:
- Der Herr segne dich und behüte dich;
- Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig;
- Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.
Im Judentum spielt die Geschichte des Segens, sein individueller oder kollektiver Verlust bzw. seine Bewahrung eine existenzielle Rolle. Siehe dazu Bracha. Die priesterliche Segenspendung fand in das Christentum Einzug.
Neues Testament
- Der Segen, den Gott Abraham zugesprochen hatte, ist nicht auf Israel beschränkt, sondern gilt nun auch für alle anderen Völker:
- Jesus segnete die Kinder (Matthäus 19,13–15; Markus 10,13–16; Lukas 18,15–17):
Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. Die Jünger aber fuhren sie an. Als es Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen: Laßt die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht; denn solchen gehört das Reich Gottes. Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie. (Markus 10,13–16)
Christentum
Im Christentum wird ein Segen meist mit der Geste des Kreuzes vollzogen. In der katholischen und orthodoxen Kirche wird dies oft durch die Besprengung mit Weihwasser begleitet (vgl. auch Asperges).
Segen und technische Machbarkeit
Ein Segen als symbolische Reinigung stand im Mittelalter höher als die physische Reinigung (Wasser. Wenn Mäuse ins Weinfass gefallen waren, konnte der Segen eines Priesters den Wein reinigen: Dahinter stand die Auffassung, dass Reinheit sich nicht herstellen lässt, sondern stets als Gnade empfangen wird. Gegen die Vorstellung unangreifbarer symbolischer Reinheit setzte sich erst im 19. Jahrhundert die Machbarkeit und Messbarkeit der Reinheit durch (siehe Geschichte der Hygiene).
Der weitgehende Ersatz des Segens durch technische Machbarkeit bedeutete einen fundamentalen Wandel der westlich-zivilisierten Gesellschaft. Ein Beispiel für Unreinheit aus religiöser Sicht ist die eheähnliche Gemeinschaft außerhalb des göttlichen Willens, also ohne tatsächlich verheiratet zu sein – siehe Ehe – und ohne kirchlichen Segen.