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Version vom 18. Mai 2012, 14:29 Uhr
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Psychotherapie:
Die Menschen sind sehr unterschiedlich und oft helfen passende, maßvolle Arbeit und sich möglichst viel im Grünen bei Tageslicht zu bewegen beispielsweise gegen hier sog. "tamas". Im Yogawiki gehört auch hinein Yogastunden unterstützen vielleicht noch mehr als eine Zeit in der Sonne; beides zusammen im Park kann auch gelingen, um es wissenschaftlich (=?) ausdrücklich zu formulieren...)
Ein ausführliches Buch: "Buddhistische Psychotherapie" [1] ähnelt äußerlich (derzeitiger Einband) dem Pschyrembel (= medizinisches Nachschlagelexikon, das wohl jeder Arzt usw. hat). Es ist etwas ganz anderes, wirbt daher... auch so vielleicht gut; der oben mit verlinkte, gezeigte Text vom Verlag - indes Leseprobe, hier: [2], ab S. 9:
- "..die außerordentlich große Menge an Literatur aus den westlichen Traditionen zur klinischen Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie (...) konzentriert sich fast ausschließlich a. die Pathologie, das Kranke, die Defizite, die Störungen etc. Dementsprechend gibt es auch viele Forschungen zu solchen Themen wie Gewalt, Stress, Aggression, Vorurteile etc., während westliche Forscher erst seit relativ kurzer Zeit beginnen, sich auch mit Themen wie Güte, Mitgefühl, Liebe oder Glück zu befassen. Auch Elemente aus der humanistischen und anthroposophischen Philosophie finden wir im klinischen Behandlungskontext eher selten. Die Vorstellungen von Heilung basieren zumeist auf dem Wunsch, Symptome zu lindern oder möglichst ganz zu beseitigen. Heilung wäre demzufolge eine Angleichung an die „Normalität“. Das Ziel einer derart „normalen“ Psychotherapie könnte zum Beispiel darin bestehen, eine Panikstörung nach Möglichkeit zu beseitigen. Danach wäre die Behandlung erfolgreich abgeschlossen. Nur wenige westliche klinische Modelle beziehen jedoch auch die positiven menschlichen Potenziale mit ein. Die buddhistische Psychotherapie achtet dagegen nicht nur darauf, was wir lindern oder auflösen wollen, sondern fokussiert und benennt sehr klar, was wir erreichen können. (...) Grundsätzlich geht die buddhistische Philosophie davon aus, dass nicht nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung erkrankt ist, sondern dass jeder Mensch immer wieder Leiden erfährt. Davon ist vieles unvermeidbar, doch es gibt auch einen sehr großen Anteil an vermeidbarem Leiden. Es ist unvermeidbar, dass wir altern, manchmal erkranken und sicher sterben werden. Ebenso ist es unvermeidbar, dass Menschen, die wir lieben, sich von uns trennen oder ebenfalls erkranken, uns verlassen und sterben. Hinzu kommen unendlich viele alltägliche, kleine und große unvermeidbare Probleme. Es gibt jedoch auch Leidensformen, die wir eigentlich vermeiden könnten, nämlich unsere unheilsamen Reaktionen auf das unvermeidbare Leiden, so wie Ärger, Hass, Wut, Hadern, Grübeln, Selbstzweifel, Selbstvorwürfe, Selbstmitleid etc. Diese sekundären emotionalen Reaktionen, die sich vor allem auf uns selbst, aber auch auf andere...
Mehr dazu
zum Vgl.:
Vgl. auch Josef Ratzinger: über den Heiligen Geist, S. 30, 20, 89:
- "Mensch, der als Maßloser belanglos geworden ist, kann sich nur selbst verachten und all die Flucht, die wir heute kennen: Droge, Alkohol, Selbstmord kommt letztlich aus der Selbstverachtung. (...) attakiert sich als nackten Affen, Störenfried der Natur, bespuckt und schämt sich seiner selbst in die Lüge hinein... besser: den Mut zum Ungetanen, Demut des Wartens neu lernen. etc. sonst: Geistige Umweltverschmutzung, viel unthematisierter... dabei sind die Vergiftungen des Herzens und des Geistes, die durch solche seelische Umweltvergiftung entstehen, weit alarmierender... Je mehr man sein Leben für das Gute, für die anderen hin gibt, desto voller strömt der Fluß ..."
000
Rest zu kürzen bzw weg?
schädlich auswirken, können zum vermeidbaren Leiden gezählt werden.
Der Buddhismus und die buddhistische Psychotherapie vermitteln
konkrete Erkenntnisse und Techniken zum Umgang mit und zur
Beendigung von vermeidbarem und zur besseren Bewältigung von
unvermeidbarem Leiden.
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EINLEITUNG
Dieser Grundsatz wird in diesem Buch so vermittelt, dass die Leserinnen
und Leser seine Richtigkeit selbst überprüfen können.
Die westlichen geisteswissenschaftlichen Traditionen, wie die Psychologie,
Th eologie, Philosophie und Soziologie, haben außerordentlich große
Qualitäten entwickelt. Gleichzeitig zeigen sie aber auch eine sehr klare
Konzentration auf die theoretischen Aspekte und sind im Wesentlichen
kaum als erfahrungsbezogen zu bezeichnen. Diese Eigenart wird von
vielen Menschen als Defi zit empfunden. Die stärkere Ausgewogenheit
zwischen Th eorie und Praxis scheint wohl eine der Facetten zu sein, die
den Buddhismus für viele Menschen heute so attraktiv machen.
Gleich zu Beginn sei angemerkt, dass der Buddhismus bekanntlich
zu den nicht-theistischen Weltreligionen zählt, also eine Religion ohne
den Glauben an ein göttliches Wesen ist. Trotzdem dürfte er von vielen
Menschen aus dem westlichen Kulturkreis immer noch mit einer
exotischen fernöstlichen Religion assoziiert werden. Der Buddhismus
schließt zwar eine Vielzahl von religionstypischen Aspekten ein, wie beispielsweise
die Heiligenverehrung, Feiertage, Rituale und Zeremonien,
Gebetsrezitationen und Gesänge. Das Besondere am Buddhismus ist
aber, dass er sich damit nicht erschöpfend defi niert. Wichtige buddhistische
Repräsentanten aus Ost und West, wie zum Beispiel der Dalai
Lama, Yongey Mingyur Rinpoche oder Jack Kornfi eld erklären, dass der
Buddhismus von seiner Entstehung bis zur heutigen Praxis weniger eine
Religion als vielmehr eine Wissenschaft des Geistes ist: eine Wissenschaft,
die im Laufe vieler Jahrhunderte erprobt wurde und sowohl detaillierte
und überprüfbare Erklärungen und Beschreibungen für menschliches
Empfi nden und Verhalten liefert als auch konkrete Übungen und Techniken
zur Überwindung vieler menschlicher Konfl ikte und Sorgen bietet.
Damit überbrückt der Buddhismus die oft als schmerzlich empfundene
Kluft zwischen Wissenschaft und Religion, zwischen Innovation und alter
Tradition und Überlieferung. In diesem Zusammenhang bemerkte Albert
Einstein einmal, dass es, wenn es irgendeine Religion gebe, die sich mit
den Erfordernissen der modernen Wissenschaft vereinbaren lasse, der Buddhismus
sei, der dies vermöge. Carl Friedrich von Weizsäcker stellte sich
den Zukunftsmenschen als ein Individuum vor, in dem christliche Ethik,
wissenschaftliches Denken und die buddhistischen Stärken integriert sind.
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EINLEITUNG
In diesem Buch werden in erster Linie Inhalte und Techniken des
Buddhismus und der buddhistischen Psychotherapie beschrieben, doch
die BPT versteht sich als Integrationsprojekt mit dem Wunsch, möglichst
viele Ressourcen auch aus sehr unterschiedlichen Quellen zu nutzen. Nur
zum leichteren Verständnis wird hier von dem Buddhismus gesprochen,
obwohl es viele verschiedene buddhistische Traditionen gibt. Der Buddhismus
hat sich in den 2500 Jahren seiner Existenz anfangs über Asien, in
der Neuzeit weitgehend über den ganzen Globus ausgebreitet. Jedes Land,
in dem Buddhisten leben, entwickelt auf der Basis seiner eigenen Kultur
seine eigenen buddhistischen Schwerpunkte. Dementsprechend gibt es
zum Beispiel den japanischen, vietnamesischen, tibetischen, chinesischen,
indischen und heute auch den amerikanischen und europäischen Buddhismus.
Vielleicht benötigen die westlichen Kulturen aber noch etwas
Zeit, um ihre eigene buddhistische Form zu fi nden.
Auf diese Weise entstand im Laufe der Jahrhunderte eine vielschichtige,
in jeweils verschiedenen Aspekten ausgereifte und alltagstaugliche
Lehre und Praxis. Die besondere Leistung des Buddhismus ist die erhebliche
Integrationsfähigkeit der Lehre und ihrer Meister und Schüler.
Diese Fähigkeit zeigt sich zum Beispiel darin, dass die Lehre trotz aller
Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen und auch ohne eine übergeordnete
Instanz wie beispielsweise den Vatikan im Laufe der Zeit unter
Beibehaltung der buddhistischen Grundsätze immer vielfältiger wurde
und dabei doch ihre Kohärenz bewahrte.
Die buddhistische Psychotherapie nutzt die Gemeinsamkeiten innerhalb
der verschiedenen buddhistischen Richtungen mit anderen Kulturen
und mit der Wissenschaft und fügt sie konstruktiv zusammen. Die hierbei
oft herangezogene Gegenüberstellung von östlicher und westlicher
Tradition dient lediglich der Veranschaulichung. Wie bereits erwähnt,
versteht sich die BPT als Integrationsmodell, um verschiedene Ansätze
für uns nutzbar zu machen. Dementsprechend werden hier nicht nur
buddhistische, sondern auch psychologische, medizinische und psychosomatische
Erkenntnisse anderer Kulturen integriert.
Von vielen Menschen werden die in der Neuzeit entstandenen Aufspaltungen
und Polarisierungen von wichtigen Lebensbereichen als
schmerzlich empfunden: Arbeitswelt und Kreativität; Schulbildung und
13
EINLEITUNG
Charakterbildung; bürokratische Verwaltung und Menschlichkeit; Religion
und lebensnahe Bedürfnisse; konsumorientierte Wirtschaft und
eigentliche Grundbedürfnisse des Menschen etc. Die buddhistische Psychotherapie
wird in diesem Buch als ein sehr umfassendes integratives
Modell dargestellt, das – je nach individueller Notwendigkeit – sowohl
in der Breite, d. h. auf einer praktischen und alltagstauglichen Ebene,
als auch in der Tiefe, d. h. auch bei einer eher spirituellen Sinn- oder
Verständnissuche, wichtige Inspirationen und Hilfestellungen zu geben
vermag. Sie entspricht damit einem Modell, das dabei helfen kann, wichtige
Lebensbereiche wieder zusammenzubringen und miteinander zu
versöhnen. Die BPT integriert sowohl individuell-persönliche als auch
universelle Bezüge. Das bedeutet, dass jeder Mensch in seiner Individualität
gesehen wird, ebenso aber auch als Mitglied größer Systeme: von der
Familie angefangen über unterschiedliche Gruppenzugehörigkeiten und
die Gesellschaft bis hin zur Naturverbundenheit und darüber hinaus. Das
ist sowohl für die Behandler als auch für die Hilfesuchenden eine sehr
förderliche und konstruktive Erweiterung des Bezugsrahmens. Die BPT
hat eine deutlich spirituelle Ebene, doch der Schwerpunkt liegt – nicht
anders als im gesamten Buddhismus – in der Verknüpfung zwischen den
geistig-spirituellen Aspekten der Existenz und den praktischen Aspekten
unseres Alltagslebens. Von daher geht es im Buddhismus auch nicht um
Weltfl ucht, sondern in seinen Lehren wird eher die Kunst vermittelt,
ganz in der Welt zu sein, doch ohne sich darin zu verstricken. Buddha
könnte dazu anmerken: Meditiere, aber binde deinen Elefanten an. Oder
anders ausgedrückt: Bete oder meditiere, aber achte auf die alltäglichen
Notwendigkeiten. Buddha legte großen Wert darauf, dass jeder persönliche
Fortschritt des Einzelnen so umgesetzt wird, dass er allen Wesen
zugutekommen kann.
Wenn wir zu den Ursprüngen des Buddhismus zurückschauen, sollten
wir uns bewusst machen, dass der historische Buddha ein Mensch war.
Bis zu seiner Erleuchtung oder Befreiung hieß er Siddhartha Gautama.
Buddha, ein Begriff aus dem Sanskrit und dem Pali, bedeutet „Erwachter“.
Oft ist auch die Rede von Buddha Shakyamuni, was sich auf die Herkunft
von Siddhartha aus dem nordindisch-nepalesischen Adelsgeschlecht
der Shakyas bezieht. Der Buddhismus hat keinen religiösen Ursprung.
14
EINLEITUNG
Siddhartha war ein Mann Ende 20, der sich nicht auf die Suche nach
Gott begab, sondern für sich und seine Mitmenschen einen Weg fi nden
wollte, um das menschliche Leiden zu beenden. Nachdem er im Alter von
35 Jahren diesen Weg entdeckte und damit erwachte, fand er eine große
Gefolgschaft und konnte sowohl durch seine Lehrreden als vor allem
auch durch die vermittelten Übungstechniken sichere Übertragungslinien
auf seine Schüler und von diesen auf deren Schüler und deren spätere
Schüler sichern.
Erst ungefähr 500 Jahre nach Buddhas Tod wurden seine Lehrreden,
die Sutras, niedergeschrieben. Davor existierte nur eine mündliche Weitergabe
jeweils von Lehrer auf Schüler. Wahrscheinlich aus Gründen der
besseren Erinnerung werden die beachtenswerten Fakten in den Buddhareden
numerisch aufgezählt, wie zum Beispiel die Vier Edlen Wahrheiten
und der Edle Achtfache Weg, die Vier Grenzenlosen Geisteszustände, die
Sieben Faktoren des Erwachens, die Drei Juwelen etc.
Dieses Buch wird auch versuchen, die buddhistische Wissenschaft
des Geistes als eine nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben sehr
detaillierte und exakte Betrachtung und Beschreibung menschlichen
Funktionierens darzulegen. Des Weiteren wird der Buddhismus als eine
Wurzel der modernen psychotherapeutischen Methoden dargestellt, die
in ihrer Tiefe und der jahrhundertealten Praxis nichts an Aktualität,
Relevanz, Anwendbarkeit und Eff ektivität verloren hat. Im Gegenteil,
der Buddhismus liefert ein umfassendes und integratives heilsames Verständnis
menschlicher Probleme sowie auch die notwendigen Methoden
und eine Vielzahl von konkreten zeitgemäßen Techniken zur Linderung
beziehungsweise zur Überwindung unserer unterschiedlichsten Schwierigkeiten.
Er kann als eine der ältesten und am intensivsten erprobten psychotherapeutischen
Behandlungsmethoden angesehen werden. Im Vergleich
dazu scheint die westliche Psychologie, die mit William James vor etwa
100 Jahren ihre ersten Schritte versuchte, noch in den Kinderschuhen zu
stecken und ist zudem ohne die älteren geisteswissenschaftlichen Quellen
kaum denkbar. Ebenso wie die psychoanalytische und die tiefenpsychologische
Methode beinhaltet auch der Buddhismus Persönlichkeits- und
Charaktertypologien, formuliert die Probleme im Zusammenhang mit
dem menschlichen Unbewussten und hat schon vor über 2500 Jahren
15
EINLEITUNG
die Relevanz von Träumen erkannt. Er liefert eine ausgefeilte strukturierte
Darstellung menschlicher Bewusstseins-, Wahrnehmungs- und
Erkenntnisfähigkeiten. Das Weltverständnis des Buddhismus ist zutiefst
systemisch und zudem auf das Hier und Jetzt konzentriert. Auf genau
diese Schwerpunkte fokussieren auch die modernen System- und Verhaltenstherapeuten.
Die Verhaltenstherapie (VT), neben der Psychoanalyse und der Tiefenpsychologie
eine der zentralen westlichen Th erapieformen, verändert sich
stetig. Die Verhaltenstherapeuten sprechen von „Wellen“ der Entwicklung:
In der ersten Welle, zu Beginn der VT-Entwicklung, konzentrierte sich
die VT noch völlig auf das Verhalten. Der Fokus lag dementsprechend auf
der Verhaltensebene. Hier sollten Trainingsprogramme neues Verhalten
fördern. Im weiteren Verlauf kam es zu einer zweiten Welle: Jetzt wurden
die Kognitionen (Gedanken) in den Mittelpunkt gestellt. Die VT nannte
sich nun Kognitive Verhaltenstherapie (KVT), ihr Schwerpunkt lag bei
den Bewertungen und Erwartungen eines Menschen. Aktuell entwickelt
sich gerade die dritte Welle: Die KVT entdeckt für sich die Achtsamkeit
und damit einen der zentralen Eckpfeiler buddhistischer Praxis, die nun
auch in der westlichen Behandlungswelt ankommt. Dem Th ema Achtsamkeit
werden wir in diesem Buch noch häufi g begegnen.
Die hier gewählte Darstellungsform der BPT umfasst grob gesehen
zwei Bereiche: Zunächst werden die für die Psychotherapie relevanten
Aspekte, insbesondere die wichtigsten buddhistischen Lehren, dargelegt.
Danach werden konkrete buddhistisch-psychotherapeutische Techniken
beschrieben und anhand von Beispielen nachvollziehbar gemacht. Neben
psychotherapeutischen und buddhistischen Übungen, die verschiedene
Meditationsformen beinhalten, werden auch sehr alte, teilweise bislang
weitgehend unbekannte buddhistische Befreiungswege und Heilungsverfahren
in die BPT integriert und anhand von Beispielen aus der Praxis
anschaulich dargestellt.
Es gibt eine fast verwirrende Vielzahl ganz unterschiedlicher Behandler,
wie Ärzte, Psychologen, Psychotherapeuten der verschiedensten Schulen,
Heilpraktiker, Berater jeder Art, Neurologen, Psychiater etc., und noch
mehr psychotherapeutische Methoden, etwa die Psychoanalyse, die Tiefenpsychologie,
die systemische Th erapie, die Verhaltens-, Gesprächs-,
16
EINLEITUNG
Gestalt-, Hypnosetherapie und vieles mehr. Neben den sich daraus ergebenden
unterschiedlichen Techniken liefern die verschiedenen Schulen
auch sehr unterschiedliche Erklärungsmodelle für das Entstehen von
Krankheiten. Eine große Mehrheit der Behandler muss – scheinbar in
Ermangelung von konkurrenzfähigen Alternativen – immer noch auf
psychoanalytische Krankheitsmodelle zurückgreifen. Die Ursachen für
aktuelle Konfl ikte und Symptome werden von ihnen vorzugsweise in
der Kindheit gesucht. Andere forschen in den Stoff wechselprozessen
des Gehirns, wieder andere konzentrieren sich eher auf problematische
systemische Interaktionsprozesse oder auf die individuellen Aspekte der
Gesellschaftsschicht oder der Geschlechtszugehörigkeit des Klienten. Wieder
andere Behandler vermeiden derartige Überlegungen ganz und gehen
davon aus, dass wir sozusagen als leere Wesen, also als unbeschriebenes
Blatt diese Welt betreten und das gesamte Emotionsspektrum sowie auch
das Verhalten an- oder abtrainierbar sind.
Die Vorstellungen und die Erklärungs- beziehungsweise Krankheitsmodelle
des Behandlers sind von entscheidender Bedeutung für die
Behandlung.
Für Hilfesuchende ist dieser Aspekt oft nicht klar erkennbar, aber
trotzdem von größter Relevanz, denn alle Aspekte der bei ihnen durchgeführten
therapeutischen Maßnahmen, angefangen von der Suche nach
den Ursachen bis hin zu den Behandlungsmethoden, sind abhängig von
dem ihnen zugrunde liegenden Verständnis der Behandler. In der Regel
sind viele Behandlungsmodelle nur auf die Beseitigung der Symptome
konzentriert und übersehen leider oftmals das menschliche Potenzial. Wir
Menschen wollen jedoch nicht nur nicht leiden, sondern auch glücklich
sein. Wir brauchen daher dringend Arbeitsmodelle, deren Zielsetzung die
aktive und konkrete Förderung von positiven Geisteszuständen wie Güte,
Zufriedenheit, Mitgefühl, Freude etc. ist.
Der Begriff „Gesundheit“ wurde bereits 1948 in der Konstitution
der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschrieben als „ein Zustand
vollständigen physischen, geistigen und sozialen Wohlbefi ndens, der sich
nicht nur durch die Abwesenheit von Krankheit oder Behinderung auszeichnet“.
Mehr als 60 Jahre nach dieser Forderung der WHO können
viele Th erapiemethoden heute immer noch keine Konzepte vorlegen, die
17
EINLEITUNG
über eine bloße Beseitigung von Symptomen hinausgehen. Damit wird der
Mensch in seinen Bedürfnissen und auch Potenzialen nicht ausreichend
gewürdigt. Die buddhistische Psychotherapie erfüllt die von der WHO
aufgestellte Forderung nach einer Erweiterung des Begriff s Gesundheit,
denn sie behandelt nicht nur Krankheiten, sondern fördert gleichzeitig
die in allen Menschen angelegten positiven Möglichkeiten. Ein zentraler
Aspekt der buddhistischen Psychotherapie ist die Besonderheit, dass die
detaillierte Vermittlung des ihr zugrunde liegenden Konzepts, das in den
22 Grundlagen der BPT dargelegt wird, ein wesentlicher Bestandteil der
Behandlung ist.
Um vorab einen Überblick über den Inhalt dieses Buches zu geben, sei
erwähnt, dass die buddhistische Psychotherapie hier sehr strukturiert in
22 Grundsätzen dargestellt ist. In diesem Rahmen werden ganz unterschiedliche
Aspekte der buddhistischen Psychotherapie dargestellt und
sowohl die Form, der Ablauf, der Inhalt als auch deren mögliche Ziele
im Hinblick auf die Lehre und Praxis beschrieben.
Die 1. Grundlage möchte die Essenz des gesamten Buddhismus und
der buddhistischen Psychotherapie prägnant darstellen.
Die 2. bis 4. Grundlage beschreibt relevante Details für Hilfesuchende
und Th erapeuten und Aspekte des Behandlungsablaufs.
Die 5. bis 7. Grundlage vermittelt das notwendige Basiswissen über
unsere körperlichen, geistigen und emotionalen Belange.
Die 8. bis 18. Grundlage vermittelt die notwendigen buddhistischen
Lehren und Anleitungen zur Übungspraxis.
Die 19. Grundlage umfasst die konkreten buddhistisch-psychotherapeutischen
Übungen, Maßnahmen, Interventionen und Techniken.
Es werden Beispiele aus der Praxis beschrieben (da es in der BPT nur
Menschen und keine Fälle gibt, bezeichnen wir die Beispiele auch nicht als
Fallbeispiele). Einige der dargestellten Techniken sind weit über 2500 Jahre
alt, andere über 1000 Jahre lang erprobt und erst seit kurzer Zeit auch
westlichen Hilfesuchenden zugänglich. Bevor wir uns aber mit dieser
19. Grundlage beschäftigen, bevor wir also zu den praktischen Übungen
kommen, müssen die vorausgegangenen Grundlagen 1 bis 18 der buddhistischen
Lehre erkannt, verstanden und verinnerlicht werden. Wir
18
EINLEITUNG
müssen erst einen ungefähren Kurs festlegen und die Grundlagen, das
Fundament erst sichern, bevor wir uns auf den Weg machen und in das
aktive Training einsteigen können.
Die 20. Grundlage der BPT konzentriert sich auf die konkrete Umsetzung
der buddhistischen Maßnahmen, unserer Erkenntnisse und Fortschritte
im Alltag.
Abschließend wird in der 21. Grundlage ein Ausblick sowie auch eine
Relativierung angeboten.
Die 22. Grundlage bietet eine Auswahl an Literatur an, deren Studium
für die BPT hilfreich sein könnte.
Die hier dargestellten Grundlagen der BPT haben sich im Laufe vieler
Jahre der Anwendung in Einzel- und Gruppenarbeit im Klinikkontext
von verschiedenen psychosomatischen Einrichtungen und in privater
Praxis bewährt. Aufgrund von Erfahrungswerten werden die 22 Grundlagen
der BPT in dieser Reihenfolge vorgestellt. Diese Abfolge ist zwar
gut erprobt, aber dennoch sollte jeder Th erapeut seine Schwerpunkte
nach eigenen Gesichtspunkten oder den Bedürfnissen der Hilfesuchenden
auswählen.
Falls es in diesem Buch Bereiche geben sollte, von denen sich die
Leserinnen oder Leser nicht so angesprochen fühlen, ist es kein Problem,
sich seine eigenen Schwerpunkte zu wählen. Das buddhistische Lehr- und
Praxisgebäude funktioniert holistisch. Das bedeutet, dass in jedem kleineren
Fragment bereits der ganze Geist und Sinn enthalten ist. Wir können
uns also ein einzelnes, uns besonders ansprechendes Th ema herausgreifen
und dieses intensiv vertiefen, sodass wir auch über diesen Zugang sehr
profi tieren können. Grundsätzlich sollten aber stets vor den jeweiligen
praktischen Übungen klare Unterweisungen erfolgen, die das notwendige
Wissen um die Hintergründe und das angestrebte Ziel vermitteln. Ohne
eine solche Kursbestimmung verlieren wir schnell das Ziel aus den Augen
und laufen Gefahr, uns zu ver(w)irren.
Die gute Nachricht lautet, dass Buddha ein sehr wertvoller Wegbereiter
war und auch immer noch ist, der exakte theoretische und praktische
Anweisungen hinterließ, die uns eine gute Chance geben, ihm zu folgen.
19
EINLEITUNG
Seiner Spur zu folgen und an seinem Weg teilhaben zu können macht
Hoff nung.
Die vielleicht weniger gute Nachricht lautet, dass der Weg – oder
genauer: die Wege – zwar markiert wurden und durch viele, die sie vor
uns beschritten haben, immer deutlicher wurden, doch für jeden einzelnen
Menschen, der sich aufmacht, ist es immer noch ein spannendes
und zum Teil auch anstrengendes Abenteuer. Es braucht Mut, sich den
Tücken und Abgründen, den Verlockungen und Ablenkungen dieser
Reise zu stellen. Doch vielleicht ahnen die Leserinnen und Leser ja schon:
Der Weg lohnt sich!
Sich einem Buch zu widmen ist immer kostbare Lebenszeit. Matthias Ennenbach
Weitere Beispiele: "Es scheint besser zu sein, einmal mehr zu unterstützen und zu fördern, als vorschnell zu konfrontieren" (S.55).
Siehe auch