Ahimsa: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Yogawiki
(Ahimsa= Gewaltlosigkeit)
 
(was aus wikipedia....angefangen... stümperhaft - ..............)
Zeile 1: Zeile 1:
Ahimsa Parama Dharma - Ahimsa ist die höchste Pflicht. Himsa = Gewalt, Verletzen. Ahimsa = Nichtverletzen.
'''Ahimsa'''  Parama Dharma - Ahimsa ist die höchste Pflicht. Himsa = Gewalt, Verletzen. Ahimsa = Nichtverletzen.
 
 
''Ahimsa'' ([[Sanskrit]], f., अहिंसा, wörtlich  Nicht-Verletzen): Gewaltlosigkeit – eines der wichtigsten Prinzipien im [[Hinduismus]], [[Jainismus]] und [[Buddhismus]].
 
Im "klassischen" [[Raja Yoga]]) nach [[Patañjali|Patanjali]] steht ''Ahimsa'' an erster Stelle unter den fünf [[Yama]]s (Enthaltungen) des achtgliedrigen Yoga-Weges. ''Ahimsa''  schließt seelisches Nicht-Verletzen ein und steht in dem Sinn noch vor Wahrhaftigkeit: Manchmal ist eine Wahrheit zu verschweigen bzw. stets so wenig verletzend wie möglich zu formulieren.
Die [[Hatha Yoga Pradipika]] (1.1.17) schreibt ''Ahimsa'' ebenso selbstverständlich  vor.
 
 
Jede Gewaltausübung schadet; auch einem selbst (schlechtes [[Karma]]). 
 
Wie weit ist persönliche oder kollektive Selbstverteidigung angemessen?  Religionen und innerhalb derer verschiedene Traditionen unterscheiden sich da seit Jahrtausenden. 
 
 
= ''Ahimsa'' vor dem Hintergrund der religionsgeschichtlichen Entwicklung in Indien =
 
 
== Frühgeschichte ==
 
Der historische Ursprung der ''Ahimsa'' ist unbekannt.
 
== Vedische Zeit ==
Nach dem für den Hinduismus normsetzenden  vedischem Schrifttum  waren rituelle Tieropfer mit anschließendem Verzehr des Fleisches üblich. Anhaltspunkte dafür, dass die Indoarier im 3. und frühen 2. Jahrtausend gewaltlos gegenüber Tieren waren, fehlen geradezu. Man aß auch das später im Hinduismus streng verpönte Rindfleisch. (vgl. Alsdorf S. 572-597; Walli, Koshelya: ''The Conception of Ahimsa in Indian Thought'', Varanasi 1974, S. 113-145.)
Im [[Sanskrit]], der Sprache der Indoarier, wurde der Begriff ''goghna'' (Kuhtöter) als Synonym für "Gast" verwendet: ein vornehmer Gast nötigte, ihm zu Ehren ein Rind zu schlachten. ([[Panini (Grammatiker)|Panini]] 3.4.73. Vgl. Alsdorf S. 574; Spencer, Colin: ''The Heretic's Feast. A History of Vegetarianism'', London 1993, S. 75; Prakash S. 101. [[Shatapatha Brahmana]] [http://www.sacred-texts.com/hin/sbr/sbe26/sbe2615.htm ]; Aitareya Brahmana 3.4.6; Vasistha Dharmasutra 4.8; Shankhayana Grhyasutra 2.15.1.</ref> An den Höfen der Herrscher gab es das Amt des ''govikarta'' (Rind-Zerschneider, Fleischer).<ref>Rau, Wilhelm: ''Staat und Gesellschaft im alten Indien'', Wiesbaden 1957 (Habilitationsschrift von 1952), S. 110-112; Alsdorf S. 611.</ref>
 
Der Begriff ''ahimsa'' erscheint in den Quellen erstmals in der Taittiriya Samhita des Schwarzen [[Yajurveda]] (TS 5.2.8.7), wo er sich darauf bezieht, dass der Opfernde selbst keine Verletzung erleidet. Die ältesten Belege für das Wort bzw. für abgeleitete Begriffe zeigen eine neutrale Verwendung als Gegenteil von ''himsa'' (Gewalt), ohne moralischen Bezug auf ein Gewaltlosigkeitsprinzip.<ref>Tähtinen S. 1f.</ref> Die früheste Stelle, wo es in einem moralischen Sinne für das Nicht-Töten von Tieren (beim Opfer) – ''pashu-ahimsa'' – verwendet wird, findet sich in der Kapisthala Katha [[Samhita]] des Schwarzen [[Yajurveda]] (KapS 31.11), die wohl um das 8. Jahrhundert v.Chr. verfasst wurde. Als Verhaltensregel in dem Sinne, der später im Hinduismus geläufig wurde, ist Ahimsa erst in der Endphase der vedischen Epoche bezeugt. Erstmals taucht der Begriff in solcher Verwendung in der Chandogya-Upanishad auf, die zu den ältesten [[Upanishaden]] gehört und ins 8. oder 7. Jahrhundert datiert wird. Dort wird Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen (''sarva-bhuta'') verlangt, außer an den heiligen Stätten (''tīrtha''), d.h. den Orten der Opferung. Demjenigen, der sich an Ahimsa hält, wird Befreiung vom Kreislauf der [[Reinkarnation]] in Aussicht gestellt.<ref>Chandogya Upanishad 8.15.1; englische Übersetzung: Schmidt S. 631.</ref> In dieser Upanishad wird Ahimsa auch als eine der fünf wesentlichen Tugenden bezeichnet.<ref>Chandogya Upanishad 3.17.4.</ref>
 
== Hinduismus ==
In den heiligen Schriften des Hinduismus ([[Shruti]] und [[Smriti]]) werden die Fragen, die mit der Geltung und der Umsetzung des Ahimsa-Prinzips zusammenhängen, ausführlich erörtert. Alle späteren Auseinandersetzungen mit dem Thema setzen die maßgebliche Autorität dieser Texte voraus.
 
=== Ahimsa und Tiere ===
Im Hinduismus geht man davon aus, dass zwischen der Seele,
die einen menschlichen Körper bewohnt, und der Seele eines Tieres dem Wesen nach kein Unterschied besteht. Daher schützt die Ahimsa als bindende Verhaltensregel im Prinzip Tiere ebenso wie Menschen. Daraus wird die Unzulässigkeit von Jagd, Schlachtung und Fleischnahrung abgeleitet. Andererseits lässt jedoch das maßgebliche religiöse Schrifttum keinen Zweifel daran, dass in vedischer Zeit das Töten von Tieren und der Fleischverzehr üblich war; solche Gewalt war damals unter bestimmten formalen Voraussetzungen aus religiöser Sicht erlaubt oder sogar geboten. Insofern besteht ein Gegensatz zwischen der Autorität der heiligen Schriften, die eine schlechthin vorbildliche, aber nicht gewaltfreie Vergangenheit darstellen, und den Forderungen konsequenter Ahimsa in Verbindung mit der Karma-Lehre. Die intensive Auseinandersetzung mit der Gewalt- und Karmaproblematik spiegelt sich in den Quellen.
 
Religionsgeschichtlich lassen sich drei Phasen (mit langen Übergangsperioden) unterscheiden. In der frühen vedischen Zeit war Ahimsa noch kein Thema. In der letzten Phase des vedischen Zeitalters begann man die Tötung von Tieren zu missbilligen und beschränkte sie auf die rituellen Tieropfer und die Jagd. In einer dritten Phase setzte sich die Ahimsa immer stärker durch, die Ausnahmen wurden zunehmend verpönt, doch ohne ausdrücklichen Bruch mit der weiterhin geheiligten vedischen Tradition. Dennoch gab es noch im ersten Jahrtausend n.Chr. unbekümmerte Fleischesser.<ref>Alsdorf S. 572-577, 598f., 601-603, 617-619.</ref>
 
In manchen Schriften wird Fleischnahrung nicht problematisiert, sondern als normal vorausgesetzt. In den Dharmasutras (Handbüchern der religiösen Vorschriften), die ungefähr im 5. oder 4. Jahrhundert v.Chr. aufgezeichnet wurden, finden sich unter den Vorschriften über erlaubte und verbotene Speisen Listen essbarer und nicht essbarer Tiere nebst Sonderregelungen für Asketen und Einsiedler.<ref>Baudhayana Dharmasutra 2.4.7; 2.6.2; 2.11.15; 2.12.8; 3.1.13; 3.3.6; Apastamba Dharmasutra 1.17.15; 1.17.19; 2.17.26-2.18.3; Vasistha Dharmasutra 14.12.</ref> Medizinische Abhandlungen des [[Ayurveda]] erörtern und empfehlen Fleischgenuss unter rein gesundheitlichem Gesichtspunkt, ohne die Ahimsa überhaupt zu erwähnen. <ref>Alsdorf S. 617-619.</ref> Beispielsweise empfiehlt die [[Sushruta]] [[Samhita]] (3. oder 4. Jahrhundert n.Chr.) Rindfleisch für eine Reihe von Beschwerden und in der Schwangerschaft,<ref>Sutrasthana 46.89; Sharirasthana 3.25.</ref> und die [[Charaka]] Samhita behauptet, in der [[Rekonvaleszenz]] seien Fleischspeisen jeder anderen Nahrung vorzuziehen.<ref>Sutrasthana 27.87.</ref>
 
Andererseits verbietet eine Reihe von heiligen Schriften sehr hohen Ranges die Schlachtung außer im Opferritual. Dieser Standpunkt findet sich im [[Mahabharata]]<ref>Mahabharata 3.199.11f. (3.199 ist nach anderer Zählung 3.207); 13.115; 13.116.26; 13.148.17.</ref> und im [[Bhagavatapurana]] (11.5.13-14) sowie auch in der [[Manusmriti]] (5.27-44), einer besonders einflussreichen Sammlung religiöser Vorschriften (Dharmashastra), die allerdings widersprüchliche Angaben enthält. Diese Schriften vertreten den Ahimsa-Standpunkt, indem sie Schlachtung und Fleischessen im Prinzip streng verurteilen. Sie lassen aber als Ausnahme den Verzehr von Opferfleisch zu, da sonst ein Widerspruch zum absolut verbindlichen, höchstrangigen vedischen Schrifttum (Shruti) entstünde. Im Mahabharata ist die Jagd den Kriegern ([[Kshatriya]]s) gestattet,<ref>Mahabharata 13.115.59f.; 13.116.15-18.</ref> nicht aber den Waldeinsiedlern, die zu strikter Ahimsa verpflichtet sind; für sie ist schon der bloße Wunsch, ein Tier zu erlegen, ein Vergehen.<ref>Alsdorf S. 592f.</ref>
 
Die Quellen lassen somit Kompromisse zwischen Ahimsa-Befürwortern und Fleischessern erkennen: Jagd und Schlachtung waren nicht verboten, wurden aber beschränkt und reglementiert. Befürworter einer radikalen, ausnahmslosen Ahimsa gaben sich damit nicht zufrieden, sondern wollten alle Schlupflöcher schließen.<ref>Alsdorf S. 572-577 (für die Manusmriti) und S. 585-597 (für das Mahabharata); Tähtinen S. 34-36.</ref> Das Mahabharata<ref>Mahabharata 12.260 (12.260 ist nach anderer Zählung 12.268); 13.115f.; 14.28.</ref> und die Manusmriti (5.27-55) enthalten lange Erörterungen über die traditionellen Tieropfer und die Frage ihrer Vereinbarkeit mit der Ahimsa. Im Mahabharata begründen beide Seiten ihre Standpunkte ausführlich. Außerdem verteidigt ein Jäger und Wildbrethändler seinen Beruf mit vielen Argumenten; eine Erwiderung der Gegenseite fehlt.<ref>Mahabharata 3.199 (3. 199 ist nach anderer Zählung 3.207).</ref>
 
Ein Großteil der Argumente der Ahimsa-Anhänger bezieht sich auf schreckliche karmische Konsequenzen des Tötens für den Täter vor oder nach seinem eigenen Tod.<ref>Tähtinen S. 39-43.</ref> Dazu gehört die Behauptung, wer vorsätzlich ein Tier töte, werde in einem künftigen Dasein von einem Tier gefressen werden.<ref>Schmidt S. 629, 643-645.</ref> Außerdem wird als Lohn für Ahimsa die Erlangung übernatürlicher Fähigkeiten, spirituelle Glückseligkeit, Erlösung vom Kreislauf der Wiedergeburt und Sicherheit vor der Hölle in Aussicht gestellt.<ref>Alsdorf S. 589; Schmidt S. 634f., 640-643; Tähtinen S. 41f.</ref> Es wird sogar behauptet, wer Ahimsa praktiziere, sei dadurch vor jeder Art von Gefahr sicher.<ref>Alsdorf S. 590.</ref>
 
Die Manusmriti (10.63), das [[Arthashastra]] (1.3.13) und das Vasishtha-Dharmasutra (4.4) legen fest, dass Ahimsa für Angehörige aller [[Kaste]]n verbindlich ist. Anhänger der Jagd und der rituellen Schlachtungen konnten dem nicht direkt widersprechen. Sie sahen sich gezwungen, ihre Tätigkeiten als mit Ahimsa vereinbar darzustellen. Sie versicherten, dass die von den heiligen Schriften erlaubte Gewalt in Wirklichkeit keine Gewalt sei; die Schlachtung von Opfertieren sei in Wirklichkeit kein Töten, sondern diene dem Wohlergehen der ganzen Welt.<ref>Manu Smriti 5.39 und 5.44; Mahabharata 3.199 (3.207).</ref> Die Opferung sei sogar eine Wohltat für das Opfertier, das dadurch eine hohe Wiedergeburt erlangen werde<ref>Manu Smriti 5.32; 5.39f.; 5.42; 5.44; Mahabharata 3.199 (3.207) und 14.28.</ref>; es sei die natürliche Bestimmung mancher Tierarten, vom Menschen geopfert und verspeist zu werden<ref>Manu Smriti 5.30; Mahabharata 3.199.5 (3.207.5).</ref>; unter den Tieren sei es auch üblich, dass die einen die anderen fressen<ref>Mahabharata 3.199.23f. (3.207.23f.)</ref>; auch der Ackerbau führe notwendigerweise zum Tod vieler Tiere, die dem Pflug zum Opfer fielen<ref>Mahabharata 3.199.19 (3.207.19).</ref>; Pflanzen seien ebenso wie Tiere Lebewesen und müssten doch getötet werden<ref>Mahabharata 3.199.23f. (3.207.23f.).</ref>; jeder Mensch vernichte unwissentlich beständig Lebewesen, was nicht zu vermeiden sei<ref>Mahabharata 3.199.28f. (3.207.28f.).</ref>; außerdem sei die Jagd ein fairer Kampf, in dem das Tier die Chance habe, seinerseits den Jäger zu töten.<ref>Mahabharata 13.116.15-18.</ref>
 
=== Pflanzen ===
 
Im Prinzip gilt Ahimsa für alle Lebewesen (''sarva-bhuta''), da nach hinduistischer Auffassung auch zwischen Tieren und Pflanzen kein prinzipieller Wesensunterschied besteht. Dennoch wird im hinduistischen Schrifttum der Schonung von Pflanzen wenig Beachtung geschenkt. Immerhin untersagt die Manusmriti (11.145) die willkürliche, unnötige Zerstörung von Wild- und Nutzpflanzen. Asketische Einsiedler ([[Sannyasin]]s) ernähren sich ihren Regeln zufolge nur [[Frutarier|frutarisch]], d.h. von pflanzlichen Produkten wie Früchten, deren Gewinnung ohne Zerstörung der Pflanze möglich ist.<ref>Schmidt S. 637-639.</ref>
 
=== Selbstverteidigung, Strafrecht und Krieg ===
 
Die heiligen Schriften und religiösen Gesetze des Hinduismus befürworten Gewaltanwendung zur Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angreifer.<ref>Tähtinen S. 97.</ref> Sie stellen klar, dass Ahimsa nicht auf Kriminelle anzuwenden ist.<ref>Tähtinen S. 96, 98-101.</ref> Gegen die Todesstrafe bestehen keine grundsätzlichen Bedenken; vielmehr wird festgestellt, ein Übeltäter solle getötet werden, wenn er den Tod verdient habe. Der König ist verpflichtet, Verbrecher zu bestrafen und nötigenfalls zu töten; dabei soll er auch seine eigenen Geschwister und Kinder nicht verschonen.<ref>Tähtinen S. 96, 98f.</ref>
 
Ahimsa in dem Sinne, wie sie in den maßgeblichen Schriften des Hinduismus aufgefasst ist, beinhaltet keinen Pazifismus. Der Krieg wird als normaler Bestandteil des menschlichen Daseins und als Berufspflicht der Krieger betrachtet.<ref>Tähtinen S. 91-93.</ref> Im zweiten Kapitel der [[Bhagavad Gita]] weist [[Krishna]] die pazifistischen Ideen von [[Arjuna]] zurück und trägt verschiedene Argumente für seinen Standpunkt vor, dass es Arjunas Pflicht sei, in der bevorstehenden Schlacht zu kämpfen und zu töten. Nach den heiligen Schriften ist der Kampf Mann gegen Mann sehr verdienstlich, und Kämpfer, die in der Schlacht fallen, kommen in den Himmel.<ref>Tähtinen S. 93.</ref>
 
=== Neuzeit ===
Im neuzeitlichen Hinduismus kommen die in den vedischen Schriften gutgeheißenen rituellen Schlachtungen kaum noch vor. Im 19. und 20. Jahrhundert haben prominente Persönlichkeiten der indischen Spiritualität wie Swami [[Vivekananda]]<ref>''Religious Vegetarianism'', hg. Kerry S. Walters/Lisa Portmess, Albany 2001, S. 50-52.</ref>, [[Ramana Maharshi]]<ref>[http://www.beasyouare.info/beasyouare.html Ramana Maharishi: ''Be as you are'']; Osborne, Arthur: ''Ramana Maharshi und der Weg der Selbsterkenntnis'', München 1959, S. 92f.</ref>, Swami [[Sivananda]]<ref>[http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Artikel/Art-Artikel/art_ahimsa.html]</ref> und [[A. C. Bhaktivedanta]] Swami<ref>''Religious Vegetarianism'' S. 56-60.</ref> die Bedeutung der Ahimsa betont.
 
[[Mohandas Karamchand Gandhi|Mahatma Gandhi]] (1869-1948) erreichte eine Erneuerung und Wiederbelebung des Ahimsa-Ideals. Er wandte sein Konzept von Gewaltlosigkeit auf alle Lebensbereiche und besonders auf die Politik an und popularisierte es durch sein Vorbild und seine Schriften.<ref>Tähtinen S. 116-124.</ref> Seine gewaltfreie Widerstandsbewegung gegen die britische Kolonialherrschaft nannte er [[Satyagraha]] ("Festhalten an der Wahrheit"). Mit ihr machte er tiefen Eindruck auf die öffentliche Meinung in Indien und in westlichen Ländern. So wurde er der international bekannteste Vertreter der Ahimsa und ein Vorbild für verschiedene Bürgerrechtsbewegungen. Nach Gandhis Auffassung schließt das Konzept Ahimsa nicht nur physische Gewalt aus, sondern auch geistige. Dazu zählte er üble Gedanken und Hass ebenso wie verletzende Worte, Unredlichkeit und Lüge.<ref>Walli S. XXII-XLVII; Borman, William: ''Gandhi and Non-Violence'', Albany 1986, S. 11f.</ref> Er war überzeugt, dass Verzicht auf Gewalt nicht schwächt, sondern im Menschen eine Kraft entwickelt, durch die der Gegner überwunden werden kann.
 
Sri [[Aurobindo]] kritisierte Gandhis Ahimsa-Konzept als einseitig, begrenzt und nicht allgemein anwendbar. Er vertrat einen pragmatischen, nichtpazifistischen Standpunkt, wonach es von den besonderen Umständen der jeweiligen Situation abhängt, ob Gewaltanwendung gerechtfertigt ist oder nicht.<ref>Tähtinen S. 115f.</ref>
 
[[Albert Schweitzer]] hat die Ahimsa-Idee unter philosophischem und kulturhistorischem Gesichtspunkt gründlich studiert. Indem er sich mit der indischen Auffassung von Gewaltlosigkeit auseinandersetzte, entwickelte er sein Alternativkonzept der "Ehrfurcht vor dem Leben". Er kritisierte die religiösen und philosophischen Hauptströmungen Indiens, an denen er bemängelte, sie hätten Ahimsa nur oder hauptsächlich als negatives Prinzip der bloßen Unterlassung von Übeltaten gelehrt, statt positives Handeln (Hilfeleistung) in den Vordergrund zu stellen.<ref>Schweitzer, Albert: ''Die Weltanschauung der indischen Denker'', in: ''Gesammelte Werke'', Bd. 2, München 1974, S. 499-503, 518-527, 601-603, 632-634.</ref>
 
 
== Jainismus ==
Im Jainismus ist die Umsetzung der Ahimsa besonders konsequent und umfassend.<ref>Laidlaw, James: ''Riches and Renunciation. Religion, economy, and society among the Jains'', Oxford 1995, S. 154-160; Jindal, K.B.: ''An epitome of Jainism'', New Delhi 1988, S. 74-90; Tähtinen S. 110.</ref> Jains betrachten die Gewaltlosigkeit als die wichtigste Tugend (''ahiṃsā paramo dharmaḥ''). Das gilt nicht nur für Mönche und Nonnen, sondern für jeden.<ref>Dundas, Paul: ''The Jains'', 2. Auflage, London 2002, S. 160; Wiley, Kristi L.: ''Ahimsa and Compassion in Jainism'', in: ''Studies in Jaina History and Culture'', hg. Peter Flügel, London 2006, S. 438; Laidlaw S. 153f.</ref> Wie im Hinduismus geht es um das Ziel, die Ansammlung von schädlichem Karma zu verhindern.<ref>Laidlaw S. 26-30, 191-195.</ref>
 
Als [[Mahavira]] im 6. oder 5. Jahrhundert v.Chr. die Jain-Bewegung reformierte und neu organisierte,<ref>Dundas S. 24 schlägt das 5. Jahrhundert vor; das traditionell angenommene Todesjahr ist 527.</ref> war die Ahimsa bereits eine etablierte, gewissenhaft befolgte Regel.<ref>Goyal, S.R.: ''A History of Indian Buddhism'', Meerut 1987, S. 83-85.</ref> [[Parshva]], der erste Anführer der Jains ([[Tirthankara]]), den moderne westliche Historiker als geschichtliche Gestalt betrachten,<ref>Dundas S. 19, 30; Tähtinen S. 132.</ref> lebte etwa im 8. Jahrhundert v.Chr.<ref>Dundas S. 30 schlägt das 8. oder 7. Jahrhundert vor; die traditionelle Chronologie setzt Parshva in die Zeit um 800 v.Chr.</ref> Er begründete die Gemeinschaft, der Mahaviras Eltern angehörten.<ref>Acaranga Sutra 2.15.</ref> Ahimsa war bereits ein Bestandteil der Gelübde der "Vierfachen Beschränkung" (''Caujjama''), die Parshvas Anhänger ablegten.<ref>Sthananga Sutra 266; Tähtinen S. 132; Goyal S. 83f., 103.</ref> In Mahaviras Epoche und in den folgenden Jahrhunderten betonten die Jains ihren Gegensatz sowohl zu den Buddhisten als auch zu den Hindus, denen sie Nachlässigkeit und Inkonsequenz bei der Umsetzung der Ahimsa vorwarfen.<ref>Dundas S. 160, 234, 241; Wiley S. 448; Granoff, Phyllis: ''The Violence of Non-Violence: A Study of Some Jain Responses to Non-Jain Religious Practices'', in: ''Journal of the International Association of Buddhist Studies'' 15 (1992) S. 1-43; Tähtinen S. 8f.</ref> Allerdings spricht einiges für die Annahme, dass die Jain-Asketen ebenso wie ihre Zeitgenossen, die frühen Buddhisten, Fleischspeisen als Almosen akzeptierten, sofern das Tier nicht eigens ihretwegen geschlachtet worden war.<ref>Alsdorf S. 564-570; Dundas S. 177.</ref> Einer überlieferten Erzählung zufolge verfuhr sogar Mahavira selbst so, zumindest bei schwerer Erkrankung.<ref>Viyahapannatti, Shataka 15.</ref> Das wird von heutigen Jains allerdings vehement bestritten.<ref>Alsdorf S. 568f.</ref> Jedenfalls lässt die heute allgemein befolgte Regelung für alle Jains nur Lacto-[[Vegetarismus]] oder [[Veganismus]] zu.<ref>Laidlaw S. 169.</ref>
 
Das Ahimsa-Verständnis der Jains unterscheidet sich von demjenigen der vedischen Religion und des Hinduismus in folgenden Punkten:
* es erlaubt keinerlei Sonderregelungen für Tieropfer und für die Jagd. Tötung zum Zweck des Verzehrs ist absolut verboten.<ref>Laidlaw S. 166f.; Tähtinen S. 37.</ref>
* Jains geben sich auch Mühe, im Alltag das Beschädigen von Pflanzen zu vermeiden. Sie räumen zwar ein, dass Pflanzen zu Nahrungszwecken zerstört werden müssen, doch halten sie solche Gewalt nur insoweit für gerechtfertigt, als sie zum Überleben der Menschen unumgänglich ist. Es gibt bei ihnen besondere Anweisungen zum Schutz von Pflanzen.<ref>Lodha, R.M.: ''Conservation of Vegetation and Jain Philosophy'', in: ''Medieval Jainism: Culture and Environment'', New Delhi 1990, S. 137-141; Tähtinen S. 105.</ref>
* Jains nehmen erhebliche Unannehmlichkeiten in Kauf, um keine Insekten und andere Klein- und Kleinstlebewesen zu verletzen oder zu töten.<ref>Jindal S. 89; Laidlaw S. 54, 154f., 180.</ref> Aus ihrer Sicht wiegt ein durch Unachtsamkeit verschuldeter Schaden nicht geringer als ein vorsätzlich zugefügter.<ref>Sutrakrtangasutram 1.8.3; Uttaradhyayanasutra 10; Tattvarthasutra 7.8; Dundas S. 161f.</ref> Honig ist streng verboten, da seine Gewinnung als Gewaltanwendung gegen die Bienen gilt.<ref>Hemacandra: ''Yogashastra'' 3.37; Laidlaw S. 166f.</ref> Manche Jains halten sich von landwirtschaftlichen Berufen fern, weil beim Pflügen viele Kleinlebewesen verletzt oder getötet werden.<ref>Laidlaw S. 180.</ref> Allerdings ist der Ackerbau nicht generell untersagt, und es gibt Jains, die Bauern sind.<ref>Sangave, Vilas Adinath: ''Jaina Community. A Social Survey'', 2. Auflage, Bombay 1980, S. 259; Dundas S. 191.</ref>
 
Diese Grundsätze sind auch im Hinduismus und im Buddhismus bekannt. Dort werden sie aber nur von manchen Asketen bzw. Mönchen beachtet, im Jainismus hingegen gelten sie für jeden.
 
Ungeachtet ihres strengen Verständnisses von Ahimsa sind die Jains ebenso wie die Hindus der Auffassung, dass Gewalt bei der Selbstverteidigung zulässig ist<ref>''Nisithabhasya'' (im ''Nisithasutra'') 289; Jinadatta Suri: ''Upadesharasayana'' 26; Dundas S. 162f.; Tähtinen S. 31.</ref> und dass ein Soldat, der im Kampf Feinde tötet, eine legitime Pflicht erfüllt.<ref>Jindal S. 89f.; Laidlaw S. 154f.; Jaini, Padmanabh S.: ''Ahimsa and 'Just War' in Jainism'', in: ''Ahimsa, Anekanta and Jainism'', hg. Tara Sethia, New Delhi 2004, S. 52-60; Tähtinen S. 31.</ref> Jain-Gemeinschaften hielten Militär zu ihrem Schutz für notwendig. Es gab unter den Jains Herrscher, militärische Befehlshaber und Soldaten.<ref>Harisena, ''Brhatkathakosa'' 124 (10. Jh.); Jindal S. 90f.; Sangave S. 259.</ref>
 
Obwohl im Jainismus theoretisch allen Lebensformen gleichermaßen voller Schutz vor jeder Art von Verletzung zusteht, geben Jains zu, dass es unmöglich ist, dieses Ideal im Alltag uneingeschränkt zu verwirklichen. Daher anerkennen sie das Bestehen einer Rangordnung der Lebewesen. Bewegliche Wesen genießen stärkeren Schutz als unbewegliche. Unter den beweglichen unterscheiden sie solche mit nur einem Sinn (dem Tastsinn) und solche mit zwei, drei, vier oder fünf Sinnen. Je mehr Sinne ein Wesen besitzt, desto besserer Schutz gebührt ihm. Unter den Wesen mit fünf Sinnen haben die mit Vernunft ausgestatteten, die Menschen, Vorrang.<ref>Jindal S. 89, 125-133 (detaillierte Darstellung des Einteilungssystems); Tähtinen S. 17, 113.</ref>
 
In der Alltagspraxis sind Jain-Laien, welche die "Kleinen Gelübde" (''anuvrata'') abgelegt haben, hinsichtlich der Ahimsa geringeren Anforderungen unterworfen als Mönche und Nonnen, die durch ihre "Großen Gelübde" (''mahavrata'') gebunden sind.<ref>Dundas S. 158f., 189-192; Laidlaw S. 173-175, 179; ''Religious Vegetarianism'' S. 43-46 (englische Übersetzung des ersten der Großen Gelübde).</ref>
 
== Buddhismus ==
Im Gegensatz zu den hinduistischen und den Jain-Quellen wird im frühen buddhistischen Schrifttum ''ahimsa'' nicht als technischer Begriff verwendet.<ref>Tähtinen S. 10.</ref> Das herkömmliche buddhistische Verständnis von Gewaltlosigkeit ist weniger strikt als dasjenige der Jains. Seine Hauptmerkmale sind:
* Ebenso wie die Jains haben die Buddhisten die rituellen Tieropfer immer verurteilt.<ref>Sarao, K.T.S.: ''The Origin and Nature of Ancient Indian Buddhism'', Delhi 1989, S. 49; Goyal S. 143; Tähtinen S. 37.</ref>
* In den meisten buddhistischen Traditionen ist der Vegetarismus nicht vorgeschrieben. Mönche und Nonnen dürfen ebenso wie Laien Fleisch und Fisch essen, wenn sie davon ausgehen können, dass das Tier nicht eigens ihretwegen getötet wurde.<ref>Sarao S. 51f.; Alsdorf S. 561-564.</ref>
* Seit den Anfängen der buddhistischen Gemeinde unterwerfen sich Mönche und Nonnen den "Zehn Tugendregeln" (''Dasa-sila'').<ref>Lamotte, Etienne: ''History of Indian Buddhism from the Origins to the Śaka Era'', Louvain-la-Neuve 1988, S. 54f.</ref> Laien aller Schulrichtungen werden seit jeher dazu ermutigt (sind jedoch nicht verpflichtet), sich zur Einhaltung der "Fünf Tugendregeln" ([[Silas (Buddhismus)|Silas]]) – des ''Pañca-sīla'' – zu bekennen.<ref>Lamotte S. 69f.</ref> In beiden Regelgruppen besteht die erste Regel in der Selbstverpflichtung, kein Lebewesen zu töten.<ref>Lamotte S. 70.</ref>
* Im Unterschied zur vedischen Religion und zum Hinduismus hat der frühe Buddhismus gewaltsame Methoden der Bestrafung von Übeltätern und die Kriegführung zur Selbstverteidigung weder ausdrücklich gutgeheißen noch verurteilt.<ref>Sarao S. 53; Tähtinen S. 95, 102.</ref> Buddhistische Erzählungen der Frühzeit weisen jedoch auf beispielhafte Erfolge friedlicher Konfliktlösung und auf die Möglichkeit der Bekehrung von Räubern hin.<ref>Tähtinen S. 47, 95, 102f.</ref>
 
== Anmerkungen ==
<references/>
 
== Siehe auch ==
* [[Yama]]
* [[Gewaltlosigkeit]]
* [[Satyagraha]]
 
== Weblinks ==
* [http://www.herenow4u.de/Pages/ger/Artikel/AhimsaGewaltlosigkeit-Das.htm Artikel über Ahimsa]
 
[[Kategorie:Hinduismus]]
[[Kategorie:Buddhismus]]
[[Kategorie:Jainismus]]
[[Kategorie:Religiöse Ethik]]
[[Kategorie:Yoga]]
[[Kategorie:Indische Philosophie]]
[[Kategorie:Gewaltfreiheit]]
 
{{Link GA|en}}
 
[[bg:Ахимса]]
[[bn:অহিংসা]]
[[ca:Ahimsa]]
[[cs:Ahinsá]]
[[da:Ahimsa]]
[[en:Ahimsa]]
[[eo:Ahimsa]]
[[es:Ahiṃsā]]
[[et:Ahimsa]]
[[fr:Ahimsâ]]
[[he:אהימסה]]
[[hi:अहिंसा]]
[[id:Ahimsa]]
[[it:Ahimsa]]
[[ja:アヒンサー]]
[[ka:აჰიმსა]]
[[lv:Ahimsa]]
[[mr:अहिंसा]]
[[new:अहिंसा]]
[[nl:Ahimsa]]
[[nn:Ahimsa]]
[[pl:Ahinsa]]
[[pnb:اھمسا]]
[[pt:Ainsa]]
[[ru:Ахимса]]
[[sh:Ahimsa]]
[[simple:Ahimsa]]

Version vom 17. September 2009, 16:26 Uhr

Ahimsa Parama Dharma - Ahimsa ist die höchste Pflicht. Himsa = Gewalt, Verletzen. Ahimsa = Nichtverletzen.


Ahimsa (Sanskrit, f., अहिंसा, wörtlich Nicht-Verletzen): Gewaltlosigkeit – eines der wichtigsten Prinzipien im Hinduismus, Jainismus und Buddhismus.

Im "klassischen" Raja Yoga) nach Patanjali steht Ahimsa an erster Stelle unter den fünf Yamas (Enthaltungen) des achtgliedrigen Yoga-Weges. Ahimsa schließt seelisches Nicht-Verletzen ein und steht in dem Sinn noch vor Wahrhaftigkeit: Manchmal ist eine Wahrheit zu verschweigen bzw. stets so wenig verletzend wie möglich zu formulieren. Die Hatha Yoga Pradipika (1.1.17) schreibt Ahimsa ebenso selbstverständlich vor.


Jede Gewaltausübung schadet; auch einem selbst (schlechtes Karma).

Wie weit ist persönliche oder kollektive Selbstverteidigung angemessen? Religionen und innerhalb derer verschiedene Traditionen unterscheiden sich da seit Jahrtausenden.


Ahimsa vor dem Hintergrund der religionsgeschichtlichen Entwicklung in Indien

Frühgeschichte

Der historische Ursprung der Ahimsa ist unbekannt.

Vedische Zeit

Nach dem für den Hinduismus normsetzenden vedischem Schrifttum waren rituelle Tieropfer mit anschließendem Verzehr des Fleisches üblich. Anhaltspunkte dafür, dass die Indoarier im 3. und frühen 2. Jahrtausend gewaltlos gegenüber Tieren waren, fehlen geradezu. Man aß auch das später im Hinduismus streng verpönte Rindfleisch. (vgl. Alsdorf S. 572-597; Walli, Koshelya: The Conception of Ahimsa in Indian Thought, Varanasi 1974, S. 113-145.) Im Sanskrit, der Sprache der Indoarier, wurde der Begriff goghna (Kuhtöter) als Synonym für "Gast" verwendet: ein vornehmer Gast nötigte, ihm zu Ehren ein Rind zu schlachten. (Panini 3.4.73. Vgl. Alsdorf S. 574; Spencer, Colin: The Heretic's Feast. A History of Vegetarianism, London 1993, S. 75; Prakash S. 101. Shatapatha Brahmana [2]; Aitareya Brahmana 3.4.6; Vasistha Dharmasutra 4.8; Shankhayana Grhyasutra 2.15.1.</ref> An den Höfen der Herrscher gab es das Amt des govikarta (Rind-Zerschneider, Fleischer).[1]

Der Begriff ahimsa erscheint in den Quellen erstmals in der Taittiriya Samhita des Schwarzen Yajurveda (TS 5.2.8.7), wo er sich darauf bezieht, dass der Opfernde selbst keine Verletzung erleidet. Die ältesten Belege für das Wort bzw. für abgeleitete Begriffe zeigen eine neutrale Verwendung als Gegenteil von himsa (Gewalt), ohne moralischen Bezug auf ein Gewaltlosigkeitsprinzip.[2] Die früheste Stelle, wo es in einem moralischen Sinne für das Nicht-Töten von Tieren (beim Opfer) – pashu-ahimsa – verwendet wird, findet sich in der Kapisthala Katha Samhita des Schwarzen Yajurveda (KapS 31.11), die wohl um das 8. Jahrhundert v.Chr. verfasst wurde. Als Verhaltensregel in dem Sinne, der später im Hinduismus geläufig wurde, ist Ahimsa erst in der Endphase der vedischen Epoche bezeugt. Erstmals taucht der Begriff in solcher Verwendung in der Chandogya-Upanishad auf, die zu den ältesten Upanishaden gehört und ins 8. oder 7. Jahrhundert datiert wird. Dort wird Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen (sarva-bhuta) verlangt, außer an den heiligen Stätten (tīrtha), d.h. den Orten der Opferung. Demjenigen, der sich an Ahimsa hält, wird Befreiung vom Kreislauf der Reinkarnation in Aussicht gestellt.[3] In dieser Upanishad wird Ahimsa auch als eine der fünf wesentlichen Tugenden bezeichnet.[4]

Hinduismus

In den heiligen Schriften des Hinduismus (Shruti und Smriti) werden die Fragen, die mit der Geltung und der Umsetzung des Ahimsa-Prinzips zusammenhängen, ausführlich erörtert. Alle späteren Auseinandersetzungen mit dem Thema setzen die maßgebliche Autorität dieser Texte voraus.

Ahimsa und Tiere

Im Hinduismus geht man davon aus, dass zwischen der Seele, die einen menschlichen Körper bewohnt, und der Seele eines Tieres dem Wesen nach kein Unterschied besteht. Daher schützt die Ahimsa als bindende Verhaltensregel im Prinzip Tiere ebenso wie Menschen. Daraus wird die Unzulässigkeit von Jagd, Schlachtung und Fleischnahrung abgeleitet. Andererseits lässt jedoch das maßgebliche religiöse Schrifttum keinen Zweifel daran, dass in vedischer Zeit das Töten von Tieren und der Fleischverzehr üblich war; solche Gewalt war damals unter bestimmten formalen Voraussetzungen aus religiöser Sicht erlaubt oder sogar geboten. Insofern besteht ein Gegensatz zwischen der Autorität der heiligen Schriften, die eine schlechthin vorbildliche, aber nicht gewaltfreie Vergangenheit darstellen, und den Forderungen konsequenter Ahimsa in Verbindung mit der Karma-Lehre. Die intensive Auseinandersetzung mit der Gewalt- und Karmaproblematik spiegelt sich in den Quellen.

Religionsgeschichtlich lassen sich drei Phasen (mit langen Übergangsperioden) unterscheiden. In der frühen vedischen Zeit war Ahimsa noch kein Thema. In der letzten Phase des vedischen Zeitalters begann man die Tötung von Tieren zu missbilligen und beschränkte sie auf die rituellen Tieropfer und die Jagd. In einer dritten Phase setzte sich die Ahimsa immer stärker durch, die Ausnahmen wurden zunehmend verpönt, doch ohne ausdrücklichen Bruch mit der weiterhin geheiligten vedischen Tradition. Dennoch gab es noch im ersten Jahrtausend n.Chr. unbekümmerte Fleischesser.[5]

In manchen Schriften wird Fleischnahrung nicht problematisiert, sondern als normal vorausgesetzt. In den Dharmasutras (Handbüchern der religiösen Vorschriften), die ungefähr im 5. oder 4. Jahrhundert v.Chr. aufgezeichnet wurden, finden sich unter den Vorschriften über erlaubte und verbotene Speisen Listen essbarer und nicht essbarer Tiere nebst Sonderregelungen für Asketen und Einsiedler.[6] Medizinische Abhandlungen des Ayurveda erörtern und empfehlen Fleischgenuss unter rein gesundheitlichem Gesichtspunkt, ohne die Ahimsa überhaupt zu erwähnen. [7] Beispielsweise empfiehlt die Sushruta Samhita (3. oder 4. Jahrhundert n.Chr.) Rindfleisch für eine Reihe von Beschwerden und in der Schwangerschaft,[8] und die Charaka Samhita behauptet, in der Rekonvaleszenz seien Fleischspeisen jeder anderen Nahrung vorzuziehen.[9]

Andererseits verbietet eine Reihe von heiligen Schriften sehr hohen Ranges die Schlachtung außer im Opferritual. Dieser Standpunkt findet sich im Mahabharata[10] und im Bhagavatapurana (11.5.13-14) sowie auch in der Manusmriti (5.27-44), einer besonders einflussreichen Sammlung religiöser Vorschriften (Dharmashastra), die allerdings widersprüchliche Angaben enthält. Diese Schriften vertreten den Ahimsa-Standpunkt, indem sie Schlachtung und Fleischessen im Prinzip streng verurteilen. Sie lassen aber als Ausnahme den Verzehr von Opferfleisch zu, da sonst ein Widerspruch zum absolut verbindlichen, höchstrangigen vedischen Schrifttum (Shruti) entstünde. Im Mahabharata ist die Jagd den Kriegern (Kshatriyas) gestattet,[11] nicht aber den Waldeinsiedlern, die zu strikter Ahimsa verpflichtet sind; für sie ist schon der bloße Wunsch, ein Tier zu erlegen, ein Vergehen.[12]

Die Quellen lassen somit Kompromisse zwischen Ahimsa-Befürwortern und Fleischessern erkennen: Jagd und Schlachtung waren nicht verboten, wurden aber beschränkt und reglementiert. Befürworter einer radikalen, ausnahmslosen Ahimsa gaben sich damit nicht zufrieden, sondern wollten alle Schlupflöcher schließen.[13] Das Mahabharata[14] und die Manusmriti (5.27-55) enthalten lange Erörterungen über die traditionellen Tieropfer und die Frage ihrer Vereinbarkeit mit der Ahimsa. Im Mahabharata begründen beide Seiten ihre Standpunkte ausführlich. Außerdem verteidigt ein Jäger und Wildbrethändler seinen Beruf mit vielen Argumenten; eine Erwiderung der Gegenseite fehlt.[15]

Ein Großteil der Argumente der Ahimsa-Anhänger bezieht sich auf schreckliche karmische Konsequenzen des Tötens für den Täter vor oder nach seinem eigenen Tod.[16] Dazu gehört die Behauptung, wer vorsätzlich ein Tier töte, werde in einem künftigen Dasein von einem Tier gefressen werden.[17] Außerdem wird als Lohn für Ahimsa die Erlangung übernatürlicher Fähigkeiten, spirituelle Glückseligkeit, Erlösung vom Kreislauf der Wiedergeburt und Sicherheit vor der Hölle in Aussicht gestellt.[18] Es wird sogar behauptet, wer Ahimsa praktiziere, sei dadurch vor jeder Art von Gefahr sicher.[19]

Die Manusmriti (10.63), das Arthashastra (1.3.13) und das Vasishtha-Dharmasutra (4.4) legen fest, dass Ahimsa für Angehörige aller Kasten verbindlich ist. Anhänger der Jagd und der rituellen Schlachtungen konnten dem nicht direkt widersprechen. Sie sahen sich gezwungen, ihre Tätigkeiten als mit Ahimsa vereinbar darzustellen. Sie versicherten, dass die von den heiligen Schriften erlaubte Gewalt in Wirklichkeit keine Gewalt sei; die Schlachtung von Opfertieren sei in Wirklichkeit kein Töten, sondern diene dem Wohlergehen der ganzen Welt.[20] Die Opferung sei sogar eine Wohltat für das Opfertier, das dadurch eine hohe Wiedergeburt erlangen werde[21]; es sei die natürliche Bestimmung mancher Tierarten, vom Menschen geopfert und verspeist zu werden[22]; unter den Tieren sei es auch üblich, dass die einen die anderen fressen[23]; auch der Ackerbau führe notwendigerweise zum Tod vieler Tiere, die dem Pflug zum Opfer fielen[24]; Pflanzen seien ebenso wie Tiere Lebewesen und müssten doch getötet werden[25]; jeder Mensch vernichte unwissentlich beständig Lebewesen, was nicht zu vermeiden sei[26]; außerdem sei die Jagd ein fairer Kampf, in dem das Tier die Chance habe, seinerseits den Jäger zu töten.[27]

Pflanzen

Im Prinzip gilt Ahimsa für alle Lebewesen (sarva-bhuta), da nach hinduistischer Auffassung auch zwischen Tieren und Pflanzen kein prinzipieller Wesensunterschied besteht. Dennoch wird im hinduistischen Schrifttum der Schonung von Pflanzen wenig Beachtung geschenkt. Immerhin untersagt die Manusmriti (11.145) die willkürliche, unnötige Zerstörung von Wild- und Nutzpflanzen. Asketische Einsiedler (Sannyasins) ernähren sich ihren Regeln zufolge nur frutarisch, d.h. von pflanzlichen Produkten wie Früchten, deren Gewinnung ohne Zerstörung der Pflanze möglich ist.[28]

Selbstverteidigung, Strafrecht und Krieg

Die heiligen Schriften und religiösen Gesetze des Hinduismus befürworten Gewaltanwendung zur Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angreifer.[29] Sie stellen klar, dass Ahimsa nicht auf Kriminelle anzuwenden ist.[30] Gegen die Todesstrafe bestehen keine grundsätzlichen Bedenken; vielmehr wird festgestellt, ein Übeltäter solle getötet werden, wenn er den Tod verdient habe. Der König ist verpflichtet, Verbrecher zu bestrafen und nötigenfalls zu töten; dabei soll er auch seine eigenen Geschwister und Kinder nicht verschonen.[31]

Ahimsa in dem Sinne, wie sie in den maßgeblichen Schriften des Hinduismus aufgefasst ist, beinhaltet keinen Pazifismus. Der Krieg wird als normaler Bestandteil des menschlichen Daseins und als Berufspflicht der Krieger betrachtet.[32] Im zweiten Kapitel der Bhagavad Gita weist Krishna die pazifistischen Ideen von Arjuna zurück und trägt verschiedene Argumente für seinen Standpunkt vor, dass es Arjunas Pflicht sei, in der bevorstehenden Schlacht zu kämpfen und zu töten. Nach den heiligen Schriften ist der Kampf Mann gegen Mann sehr verdienstlich, und Kämpfer, die in der Schlacht fallen, kommen in den Himmel.[33]

Neuzeit

Im neuzeitlichen Hinduismus kommen die in den vedischen Schriften gutgeheißenen rituellen Schlachtungen kaum noch vor. Im 19. und 20. Jahrhundert haben prominente Persönlichkeiten der indischen Spiritualität wie Swami Vivekananda[34], Ramana Maharshi[35], Swami Sivananda[36] und A. C. Bhaktivedanta Swami[37] die Bedeutung der Ahimsa betont.

Mahatma Gandhi (1869-1948) erreichte eine Erneuerung und Wiederbelebung des Ahimsa-Ideals. Er wandte sein Konzept von Gewaltlosigkeit auf alle Lebensbereiche und besonders auf die Politik an und popularisierte es durch sein Vorbild und seine Schriften.[38] Seine gewaltfreie Widerstandsbewegung gegen die britische Kolonialherrschaft nannte er Satyagraha ("Festhalten an der Wahrheit"). Mit ihr machte er tiefen Eindruck auf die öffentliche Meinung in Indien und in westlichen Ländern. So wurde er der international bekannteste Vertreter der Ahimsa und ein Vorbild für verschiedene Bürgerrechtsbewegungen. Nach Gandhis Auffassung schließt das Konzept Ahimsa nicht nur physische Gewalt aus, sondern auch geistige. Dazu zählte er üble Gedanken und Hass ebenso wie verletzende Worte, Unredlichkeit und Lüge.[39] Er war überzeugt, dass Verzicht auf Gewalt nicht schwächt, sondern im Menschen eine Kraft entwickelt, durch die der Gegner überwunden werden kann.

Sri Aurobindo kritisierte Gandhis Ahimsa-Konzept als einseitig, begrenzt und nicht allgemein anwendbar. Er vertrat einen pragmatischen, nichtpazifistischen Standpunkt, wonach es von den besonderen Umständen der jeweiligen Situation abhängt, ob Gewaltanwendung gerechtfertigt ist oder nicht.[40]

Albert Schweitzer hat die Ahimsa-Idee unter philosophischem und kulturhistorischem Gesichtspunkt gründlich studiert. Indem er sich mit der indischen Auffassung von Gewaltlosigkeit auseinandersetzte, entwickelte er sein Alternativkonzept der "Ehrfurcht vor dem Leben". Er kritisierte die religiösen und philosophischen Hauptströmungen Indiens, an denen er bemängelte, sie hätten Ahimsa nur oder hauptsächlich als negatives Prinzip der bloßen Unterlassung von Übeltaten gelehrt, statt positives Handeln (Hilfeleistung) in den Vordergrund zu stellen.[41]


Jainismus

Im Jainismus ist die Umsetzung der Ahimsa besonders konsequent und umfassend.[42] Jains betrachten die Gewaltlosigkeit als die wichtigste Tugend (ahiṃsā paramo dharmaḥ). Das gilt nicht nur für Mönche und Nonnen, sondern für jeden.[43] Wie im Hinduismus geht es um das Ziel, die Ansammlung von schädlichem Karma zu verhindern.[44]

Als Mahavira im 6. oder 5. Jahrhundert v.Chr. die Jain-Bewegung reformierte und neu organisierte,[45] war die Ahimsa bereits eine etablierte, gewissenhaft befolgte Regel.[46] Parshva, der erste Anführer der Jains (Tirthankara), den moderne westliche Historiker als geschichtliche Gestalt betrachten,[47] lebte etwa im 8. Jahrhundert v.Chr.[48] Er begründete die Gemeinschaft, der Mahaviras Eltern angehörten.[49] Ahimsa war bereits ein Bestandteil der Gelübde der "Vierfachen Beschränkung" (Caujjama), die Parshvas Anhänger ablegten.[50] In Mahaviras Epoche und in den folgenden Jahrhunderten betonten die Jains ihren Gegensatz sowohl zu den Buddhisten als auch zu den Hindus, denen sie Nachlässigkeit und Inkonsequenz bei der Umsetzung der Ahimsa vorwarfen.[51] Allerdings spricht einiges für die Annahme, dass die Jain-Asketen ebenso wie ihre Zeitgenossen, die frühen Buddhisten, Fleischspeisen als Almosen akzeptierten, sofern das Tier nicht eigens ihretwegen geschlachtet worden war.[52] Einer überlieferten Erzählung zufolge verfuhr sogar Mahavira selbst so, zumindest bei schwerer Erkrankung.[53] Das wird von heutigen Jains allerdings vehement bestritten.[54] Jedenfalls lässt die heute allgemein befolgte Regelung für alle Jains nur Lacto-Vegetarismus oder Veganismus zu.[55]

Das Ahimsa-Verständnis der Jains unterscheidet sich von demjenigen der vedischen Religion und des Hinduismus in folgenden Punkten:

  • es erlaubt keinerlei Sonderregelungen für Tieropfer und für die Jagd. Tötung zum Zweck des Verzehrs ist absolut verboten.[56]
  • Jains geben sich auch Mühe, im Alltag das Beschädigen von Pflanzen zu vermeiden. Sie räumen zwar ein, dass Pflanzen zu Nahrungszwecken zerstört werden müssen, doch halten sie solche Gewalt nur insoweit für gerechtfertigt, als sie zum Überleben der Menschen unumgänglich ist. Es gibt bei ihnen besondere Anweisungen zum Schutz von Pflanzen.[57]
  • Jains nehmen erhebliche Unannehmlichkeiten in Kauf, um keine Insekten und andere Klein- und Kleinstlebewesen zu verletzen oder zu töten.[58] Aus ihrer Sicht wiegt ein durch Unachtsamkeit verschuldeter Schaden nicht geringer als ein vorsätzlich zugefügter.[59] Honig ist streng verboten, da seine Gewinnung als Gewaltanwendung gegen die Bienen gilt.[60] Manche Jains halten sich von landwirtschaftlichen Berufen fern, weil beim Pflügen viele Kleinlebewesen verletzt oder getötet werden.[61] Allerdings ist der Ackerbau nicht generell untersagt, und es gibt Jains, die Bauern sind.[62]

Diese Grundsätze sind auch im Hinduismus und im Buddhismus bekannt. Dort werden sie aber nur von manchen Asketen bzw. Mönchen beachtet, im Jainismus hingegen gelten sie für jeden.

Ungeachtet ihres strengen Verständnisses von Ahimsa sind die Jains ebenso wie die Hindus der Auffassung, dass Gewalt bei der Selbstverteidigung zulässig ist[63] und dass ein Soldat, der im Kampf Feinde tötet, eine legitime Pflicht erfüllt.[64] Jain-Gemeinschaften hielten Militär zu ihrem Schutz für notwendig. Es gab unter den Jains Herrscher, militärische Befehlshaber und Soldaten.[65]

Obwohl im Jainismus theoretisch allen Lebensformen gleichermaßen voller Schutz vor jeder Art von Verletzung zusteht, geben Jains zu, dass es unmöglich ist, dieses Ideal im Alltag uneingeschränkt zu verwirklichen. Daher anerkennen sie das Bestehen einer Rangordnung der Lebewesen. Bewegliche Wesen genießen stärkeren Schutz als unbewegliche. Unter den beweglichen unterscheiden sie solche mit nur einem Sinn (dem Tastsinn) und solche mit zwei, drei, vier oder fünf Sinnen. Je mehr Sinne ein Wesen besitzt, desto besserer Schutz gebührt ihm. Unter den Wesen mit fünf Sinnen haben die mit Vernunft ausgestatteten, die Menschen, Vorrang.[66]

In der Alltagspraxis sind Jain-Laien, welche die "Kleinen Gelübde" (anuvrata) abgelegt haben, hinsichtlich der Ahimsa geringeren Anforderungen unterworfen als Mönche und Nonnen, die durch ihre "Großen Gelübde" (mahavrata) gebunden sind.[67]

Buddhismus

Im Gegensatz zu den hinduistischen und den Jain-Quellen wird im frühen buddhistischen Schrifttum ahimsa nicht als technischer Begriff verwendet.[68] Das herkömmliche buddhistische Verständnis von Gewaltlosigkeit ist weniger strikt als dasjenige der Jains. Seine Hauptmerkmale sind:

  • Ebenso wie die Jains haben die Buddhisten die rituellen Tieropfer immer verurteilt.[69]
  • In den meisten buddhistischen Traditionen ist der Vegetarismus nicht vorgeschrieben. Mönche und Nonnen dürfen ebenso wie Laien Fleisch und Fisch essen, wenn sie davon ausgehen können, dass das Tier nicht eigens ihretwegen getötet wurde.[70]
  • Seit den Anfängen der buddhistischen Gemeinde unterwerfen sich Mönche und Nonnen den "Zehn Tugendregeln" (Dasa-sila).[71] Laien aller Schulrichtungen werden seit jeher dazu ermutigt (sind jedoch nicht verpflichtet), sich zur Einhaltung der "Fünf Tugendregeln" (Silas) – des Pañca-sīla – zu bekennen.[72] In beiden Regelgruppen besteht die erste Regel in der Selbstverpflichtung, kein Lebewesen zu töten.[73]
  • Im Unterschied zur vedischen Religion und zum Hinduismus hat der frühe Buddhismus gewaltsame Methoden der Bestrafung von Übeltätern und die Kriegführung zur Selbstverteidigung weder ausdrücklich gutgeheißen noch verurteilt.[74] Buddhistische Erzählungen der Frühzeit weisen jedoch auf beispielhafte Erfolge friedlicher Konfliktlösung und auf die Möglichkeit der Bekehrung von Räubern hin.[75]

Anmerkungen

  1. Rau, Wilhelm: Staat und Gesellschaft im alten Indien, Wiesbaden 1957 (Habilitationsschrift von 1952), S. 110-112; Alsdorf S. 611.
  2. Tähtinen S. 1f.
  3. Chandogya Upanishad 8.15.1; englische Übersetzung: Schmidt S. 631.
  4. Chandogya Upanishad 3.17.4.
  5. Alsdorf S. 572-577, 598f., 601-603, 617-619.
  6. Baudhayana Dharmasutra 2.4.7; 2.6.2; 2.11.15; 2.12.8; 3.1.13; 3.3.6; Apastamba Dharmasutra 1.17.15; 1.17.19; 2.17.26-2.18.3; Vasistha Dharmasutra 14.12.
  7. Alsdorf S. 617-619.
  8. Sutrasthana 46.89; Sharirasthana 3.25.
  9. Sutrasthana 27.87.
  10. Mahabharata 3.199.11f. (3.199 ist nach anderer Zählung 3.207); 13.115; 13.116.26; 13.148.17.
  11. Mahabharata 13.115.59f.; 13.116.15-18.
  12. Alsdorf S. 592f.
  13. Alsdorf S. 572-577 (für die Manusmriti) und S. 585-597 (für das Mahabharata); Tähtinen S. 34-36.
  14. Mahabharata 12.260 (12.260 ist nach anderer Zählung 12.268); 13.115f.; 14.28.
  15. Mahabharata 3.199 (3. 199 ist nach anderer Zählung 3.207).
  16. Tähtinen S. 39-43.
  17. Schmidt S. 629, 643-645.
  18. Alsdorf S. 589; Schmidt S. 634f., 640-643; Tähtinen S. 41f.
  19. Alsdorf S. 590.
  20. Manu Smriti 5.39 und 5.44; Mahabharata 3.199 (3.207).
  21. Manu Smriti 5.32; 5.39f.; 5.42; 5.44; Mahabharata 3.199 (3.207) und 14.28.
  22. Manu Smriti 5.30; Mahabharata 3.199.5 (3.207.5).
  23. Mahabharata 3.199.23f. (3.207.23f.)
  24. Mahabharata 3.199.19 (3.207.19).
  25. Mahabharata 3.199.23f. (3.207.23f.).
  26. Mahabharata 3.199.28f. (3.207.28f.).
  27. Mahabharata 13.116.15-18.
  28. Schmidt S. 637-639.
  29. Tähtinen S. 97.
  30. Tähtinen S. 96, 98-101.
  31. Tähtinen S. 96, 98f.
  32. Tähtinen S. 91-93.
  33. Tähtinen S. 93.
  34. Religious Vegetarianism, hg. Kerry S. Walters/Lisa Portmess, Albany 2001, S. 50-52.
  35. Ramana Maharishi: Be as you are; Osborne, Arthur: Ramana Maharshi und der Weg der Selbsterkenntnis, München 1959, S. 92f.
  36. [1]
  37. Religious Vegetarianism S. 56-60.
  38. Tähtinen S. 116-124.
  39. Walli S. XXII-XLVII; Borman, William: Gandhi and Non-Violence, Albany 1986, S. 11f.
  40. Tähtinen S. 115f.
  41. Schweitzer, Albert: Die Weltanschauung der indischen Denker, in: Gesammelte Werke, Bd. 2, München 1974, S. 499-503, 518-527, 601-603, 632-634.
  42. Laidlaw, James: Riches and Renunciation. Religion, economy, and society among the Jains, Oxford 1995, S. 154-160; Jindal, K.B.: An epitome of Jainism, New Delhi 1988, S. 74-90; Tähtinen S. 110.
  43. Dundas, Paul: The Jains, 2. Auflage, London 2002, S. 160; Wiley, Kristi L.: Ahimsa and Compassion in Jainism, in: Studies in Jaina History and Culture, hg. Peter Flügel, London 2006, S. 438; Laidlaw S. 153f.
  44. Laidlaw S. 26-30, 191-195.
  45. Dundas S. 24 schlägt das 5. Jahrhundert vor; das traditionell angenommene Todesjahr ist 527.
  46. Goyal, S.R.: A History of Indian Buddhism, Meerut 1987, S. 83-85.
  47. Dundas S. 19, 30; Tähtinen S. 132.
  48. Dundas S. 30 schlägt das 8. oder 7. Jahrhundert vor; die traditionelle Chronologie setzt Parshva in die Zeit um 800 v.Chr.
  49. Acaranga Sutra 2.15.
  50. Sthananga Sutra 266; Tähtinen S. 132; Goyal S. 83f., 103.
  51. Dundas S. 160, 234, 241; Wiley S. 448; Granoff, Phyllis: The Violence of Non-Violence: A Study of Some Jain Responses to Non-Jain Religious Practices, in: Journal of the International Association of Buddhist Studies 15 (1992) S. 1-43; Tähtinen S. 8f.
  52. Alsdorf S. 564-570; Dundas S. 177.
  53. Viyahapannatti, Shataka 15.
  54. Alsdorf S. 568f.
  55. Laidlaw S. 169.
  56. Laidlaw S. 166f.; Tähtinen S. 37.
  57. Lodha, R.M.: Conservation of Vegetation and Jain Philosophy, in: Medieval Jainism: Culture and Environment, New Delhi 1990, S. 137-141; Tähtinen S. 105.
  58. Jindal S. 89; Laidlaw S. 54, 154f., 180.
  59. Sutrakrtangasutram 1.8.3; Uttaradhyayanasutra 10; Tattvarthasutra 7.8; Dundas S. 161f.
  60. Hemacandra: Yogashastra 3.37; Laidlaw S. 166f.
  61. Laidlaw S. 180.
  62. Sangave, Vilas Adinath: Jaina Community. A Social Survey, 2. Auflage, Bombay 1980, S. 259; Dundas S. 191.
  63. Nisithabhasya (im Nisithasutra) 289; Jinadatta Suri: Upadesharasayana 26; Dundas S. 162f.; Tähtinen S. 31.
  64. Jindal S. 89f.; Laidlaw S. 154f.; Jaini, Padmanabh S.: Ahimsa and 'Just War' in Jainism, in: Ahimsa, Anekanta and Jainism, hg. Tara Sethia, New Delhi 2004, S. 52-60; Tähtinen S. 31.
  65. Harisena, Brhatkathakosa 124 (10. Jh.); Jindal S. 90f.; Sangave S. 259.
  66. Jindal S. 89, 125-133 (detaillierte Darstellung des Einteilungssystems); Tähtinen S. 17, 113.
  67. Dundas S. 158f., 189-192; Laidlaw S. 173-175, 179; Religious Vegetarianism S. 43-46 (englische Übersetzung des ersten der Großen Gelübde).
  68. Tähtinen S. 10.
  69. Sarao, K.T.S.: The Origin and Nature of Ancient Indian Buddhism, Delhi 1989, S. 49; Goyal S. 143; Tähtinen S. 37.
  70. Sarao S. 51f.; Alsdorf S. 561-564.
  71. Lamotte, Etienne: History of Indian Buddhism from the Origins to the Śaka Era, Louvain-la-Neuve 1988, S. 54f.
  72. Lamotte S. 69f.
  73. Lamotte S. 70.
  74. Sarao S. 53; Tähtinen S. 95, 102.
  75. Tähtinen S. 47, 95, 102f.

Siehe auch

Weblinks

Vorlage:Link GA

bg:Ахимса bn:অহিংসা ca:Ahimsa cs:Ahinsá da:Ahimsa en:Ahimsa eo:Ahimsa es:Ahiṃsā et:Ahimsa fr:Ahimsâ he:אהימסה hi:अहिंसा id:Ahimsa it:Ahimsa ja:アヒンサー ka:აჰიმსა lv:Ahimsa mr:अहिंसा new:अहिंसा nl:Ahimsa nn:Ahimsa pl:Ahinsa pnb:اھمسا pt:Ainsa ru:Ахимса sh:Ahimsa simple:Ahimsa