Tagebuch
Ein spirituelles Tagebuch ist ein Buch zur Überprüfung des Fortschritts auf dem geistigen Weg.
In diesem Buch sollte täglich alles vermerkt werden, was zum Sadhana, zu eigenen spirituellen Praxis, gehört, wie Meditation (wie oft, wie lange), Pranayama (wie oft, wie lange), eigene Yogapraxis oder Teilnahme an einer Yogastunde in einem Zentrum, Kirtansingen, Gebet usw.
In diesem Buch sollte auch vermerkt werden, wie konzentriert man bei der Arbeit war - auch bei Aufgaben, die man nicht sonderlich mag -, welche freiwilligen Arbeiten man noch übernommen hat, welche kleinen oder großen Gefallen man anderen getan hat.
Schließlich bekommt auch die Selbstbeobachtung ihren Platz: Worüber hat man sich eventuell geärgert? Welche unguten Verhaltensweisen oder Eigenschaften, die man an sich beobachtet hat, sollte man ablegen? Welche guten Eigenschaften sollte man entwickeln (so könnte ein ängstlicher Mensch zum Beispiel Mut entwicklen)? Die Selbstbeobachtung und Entwicklung guter Eigenschaften ist Teil des Raja Yoga.
Swami Sivananda sagte seinen Schülern, das Führen eines spirituellen Tagebuchs sei von unschätzbarem Wert, weil es den Schüler bei seiner Entwicklung unterstütze und der Schüler seine Fortschritte auch sehen könne.
Über die Wichtigkeit, ein geistiges Tagebuch zu führen
Aus Swami Sivanandas Buch "Yoga im täglichen Leben"
Ein geistiges Tagebuch zu führen ist ein unerlässliches Hilfsmittel von überragender Bedeutung. Wer sich schon daran gewöhnt hat, kennt die unschätzbaren Vorteile. Ein Tagebuch ist eine Peitsche, die den Geist zu Gott treibt. Es zeigt den Weg zu Freiheit und ewiger Seligkeit. Es ist dein Guru, der dir die Augen öffnet. Es entwickelt Manana Shakti, die Überlegungsfähigkeit, und hilft dir, alle schlechten Eigenschaften zu vernichten und deine geistigen Übungen regelmäßig zu verrichten. Wenn du dein Tagebuch regelmäßig führst, wirst du Trost, Frieden des Geistes und schnelle Fortschritte auf dem geistigen Pfad erreichen. Wer moralisch und geistig wachsen möchte, wer sich schnell zu entwickeln wünscht, muss Tagebuchaufzeichnungen über seine Handlungen machen.
Alle großen Persönlichkeiten der ganzen Welt führen ein Tagebuch. Ihr alle kennt das Leben Benjamin Franklins. Er schrieb jeden Tag in sein Tagebuch: über alle Unwahrhaftigkeit und falschen Handlungen, für die er tagsüber verantwortlich war. So wurde er im Laufe der Zeit ein vollkommener Mensch. Er war vollkommen Herr über seine Gedanken. Auch Mahatma Gandhi riet den Yogaschülern, immer ein Tagebuch zu führen.
In deinem Hirn versteckt sich ein schlimmer Dieb. Er hat dir deine Atmaperle gestohlen und gibt dir dafür ungeheure Schwierigkeiten und Kümmernisse. Er täuscht dich. Dieser Dieb ist dein Verstand. Du darfst nicht milde gegen ihn sein. Du musst ihn rücksichtslos töten. Kein Schwert ist schärfer, um ihn zu vernichten, als dieses Tagebuch. Es sperrt seine sorglosen Wege und bringt ihn am Ende noch um. Dann werden alle deine täglichen Missgriffe berichtigt. Es kommen bessere Zeiten, wo du ganz frei wirst von Zorn, Unwahrhaftigkeit und Lüsternheit. Dann wirst du ein vollkommener Yogi.
Dein Vater und deine Mutter gaben dir diesen Körper. Sie gabe dir Nahrung und Kleidung. Aber dieses Tagebuch ist noch mehr als deine Eltern. Es zeigt dir den Weg zu Freiheit und ewiger Seligkeit. Es gibt dir Trost, Befriedigung und Frieden der Seele. Blättere in jeder Woche einmal sorgfältig darin.
Wenn du jede Stunde einschreiben kannst, was du getan hast, wird dein Wachstum sehr schnell vorwärts gehen. Glücklich ist der Mann, der ein solches Tagebuch führt, denn er ist sehr nahe bei Gott. Er hat starken Willen und ist frei von Mängeln und Missgriffen.
Indem du ein Tagebuch führst, kannst du hie und da deine Fehler berichtigen. Du kannst mehr Sadhana schaffen und schneller höher steigen. Du findest keine besseren Freund und keinen treueren Lehrer oder Guru als dein Tagebuch. Es wird dich lehren, wie kostbar die Zeit ist. Berechne am Monatsende die Summe der Stunden , die du auf Japa, Studium religiöser Bücher, Pranayama, Asanas, Schlaf und so weiter verwendet hast. Dann wirst du erkennen können, wieviel Zeit du religiösen Zwecken gewidmet hast. Du hast die beste Möglichkeit, um Japa, Meditation und so weiter allmählich zu steigern. Wenn du dein Tagebuch richtig und ohne Fehler führst, wirst du wahrscheinlich keine Minute mehr zwecklos verschwenden. Und dann wirst du den vollen Wert der Zeit begreifen und wie sie uns entflieht.
Vergleiche die Gesamtsumme des letzten Monats mit den früheren Monaten. Stelle fest, ob du in deinem Sadhana Fortschritte gemacht hast oder nicht. Wenn du keine Fortschritte feststellen kannst, verlängere deine täglichen Übungen. Du kannst noch mehr Sadhana treiben und dadurch schnell vorwärts kommen.
Wenn du ein Tagebuch führst, solltest du keinerlei unrichtige Angaben eintragen. Du schreibst ja nur zu deine persönlichen Vorteil auf. Es ist das Tagebuch eines religiösen Schülers, der den Pfad der Wahrheit betrat, um die Wahrheit zu verwirklichen. Gib deine Fehler offen zu und versuche, es in Zukunft besser zu machen. Do solltest keine Eintragung unterlassen. Am besten vergleichst du deine Fortschritte dank der Bemühungen dieser Woche mit denen der vorigen. Wenn du das in einer Woche einmal nicht konntest, musst du es unter allen Umständen einmal im Monat machen. Du wirst dann gelegentlich dieses und jenes ändern können, die Dauer von Japa oder die Meditation steigern und dafür den Schlaf verkürzen.
Selbstbestrafung besteht darin, dass du auf die Abendmahlzeit verzichtest und 50 Malas (zu je 108 Perlen)
Siehe auch
Literatur
- Sivanandas Botschaft vom göttlichen Leben
- Swami Sivananda, Sadhana - Ein Lehrbuch mit Techniken zur spirituellen Vollkommenheit