Upadesha: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 15. September 2014, 14:31 Uhr

Upadesha (Sanskrit: उपदेश upadeśa m.) Unterricht, Anweisung, Lehre, spirituelle Unterweisung, Einweihung; das Hinzeigen, Hinweisen (auf die höchste Realität); Lehrabschnitt, Kapitel.

Von geistlicher Unterweisung (Upadesha)

Dialog zwischen einem Schüler und seinem Meister Ramana Maharshi aus einer Nacherzählung von Heinrich Zimmer aus seinem Buch "Der Weg zum Selbst" 1944 erschienen im Rascher Verlag Zürich

Der Schüler; An welchen Zeichen erkennt man den Lehrer und Meister (Guru)?
Der Meister: Ein Guru ist allzeit in den tiefsten Tiefen des Selbst daheim. Nie gewahrt er einen Unterschied zwischen sich und anderen, er ist nicht im leisesten von irrigen Vorstellungen, die Unterschiede setzen, besessen: etwa daß er selber ein »jnânin«, einer »im Besitz erleuchtender Erkenntnis« (jnâna) sei, daß er die Wahrheit an sich selber verwirklicht hat und ein Erlöster (mukta) ist, indes die Anderen rings um ihn in Banden schmachten und vom mitternächtlichen Dunkel ahnungslosen Nichtwissens um¬fangen sind, In Festigkeit und Gewalt über sich ist er unerschütterlich; nichts, was ihm begegnet, kann ihn irre machen,
Der Schüler: Welche Eignungen soll der Schüler besitzen?
Der Meister: Es soll ihn leidenschaftlich und ohne Unterlaß verlangen, vom Jammer des Daseins freizukommen, — freilich nicht, indem er im Leben davor davonläuft, aber indem er über Gemüt und Denken hinauswächst und die Wirklichkeit des geistig Ewigen in sich selbst erfährt, das jenseits von Geburt und Tod ist. Er soll nach der höchsten geistigen Seligkeit verlangen und keinerlei Wunsch daneben kennen.
Der Schüler: Worin besteht das Wesen geistlicher Unterweisung, die der Schüler vom Meister erfährt?
Der Meister: Das Wort »Unterweisung« (upadesha) meint in seinem Wortsinn: ein Ding an seinen wahren und eigentlichen Ort setzen. — Das Gemüt des Schülers ist vom wahren und ursprünglichen Stande des reinen Seins oder des Selbst abgeglitten, den die heiligen Schriften mit »Sein — Geist — Seligkeit« (sat-chit-ânanda) umschreiben, — das Gemüt ist diesem reinen Stande entglitten zu wechselnder Gestaltigkeit in Vorstellungen, Empfindungen und Gedanken, es jagt unablässig Gegenständen nach, die den Sinnen gefallen. So wird es vom Wechselspiel des Lebens hin und her geworfen und umgetrieben, davon wird es schwächlich, abgehetzt und abhängig. Geistliche Unterweisung (upadesha) besteht darin, daß der Meister das Gemüt des Schülers zu seinem ursprünglichen Stande heimführt und es wirksam davor bewahrt, diesem Stande reinen Seins wieder zu entgleiten: dieser völligen Einheit mit dem Selbst — in anderen Worten — dem geistigen Sein des Meisters. Aber das Wort »upadesha« kann auch bedeuten: einen anschei¬nend fernen Gegenstand dem Auge des anderen nahebringen, ihn ihm »vorweisen«, —: so zeigt der :Meister dem Schüler als unmittelbar zuhanden und mit ihm selber einerlei, was der Schüler fern und von sich selber verschieden wähnte: das Selbst, das wahrhaft Wirkliche.
Der Schüler: Wenn demnach das Wesen des Meisters und das Wesen des Schülers im Grunde eines sind, warum erklären die heiligen Schriften dann so entschieden: wer Erlösung sucht, kann nur durch die Gnade des Meisters zum geistlichen Erwachen gelangen, — einerlei wie weit er es bei sich selber mit der Entwicklung von Kräften und Wundern gebracht hat?
Der Meister: Wohl wahr: im geistlichen Sinne sind das Wesen des Meisters und des Schülers eines. Selten aber geschieht's, daß einer sein wahres Wesen ohne die Gnade des Meisters erfährt. Bloßes Buchwissen, wie tief und weitschichtig immer, oder seltene und edle Handlungen, ja ein offenbar übermenschliches Verhalten reichen nicht aus, die wahre Erleuchtung zu erlangen, Frag solch einen Gelehrten, solch einen Helden: »kennst du dich selbst?« — er muß sein Nichtwissen bekennen, Wahrlich nur zu den Füßen eines Meisters und in seiner göttlichen Gegenwart vermag der Suchende den wahren ursprünglichen Stand reinen Wesens zu erlangen und darin heimisch zu werden: den Stand des Selbst, in dem die Unstete des Gemüts völlig gebändigt und seine Rastlosigkeit zur Ruhe gebracht ist. Daher heißt es: des Meisters
Gnade ist erforderlich zum geistlichen Erwachen des Schülers. Der Schüler: Was ist diese Gnade des Meisters?
Der Meister: Sie ist ein Ding, zu zart und fein, als daß sie sich beschreiben ließe, dieweil sie jenseits von Gedanken und Worten ist.
Der Schüler: Ja, wo liegt denn die Ebene der Erfahrung, daß einer sagt: dank der Gnade des Meisters erlebt der Schüler die Wirklichkeit seines wahren Wesens?
Der Meister: Das Erlebnis, in dem der Schüler die Gnade des Meisters erfährt und zum geistlichen Erwachen gelangt, vergleicht man mit dem Erlebnis des Elefanten, der aus dem Schlafe auffährt, weil er im Traum einen Löwen erblickt hat. Dieses Gleichnis besagt nicht, die Gnade des Meisters sei so unwirklich wie das Traumbild des Löwen, es gibt nur zu verstehen, inwieweit das Erlebnis der Gnade des Meisters im Schüler — wie das Traumbild des Löwen, das die Schlafbefangenheit des Elefanten zersprengt, — die Brücke bildet zwischen zwei Zuständen des Gemüts: dem unvollkommenen abhängigen und dem vollkommenen, im Selbst beruhenden. Der erstere schwingt in Unterschiedlichkeiten und Gegensatzpaaren (dvanda) — z. B. Subjekt und Objekt —, der andere ist über alle Gegensätze hinaus (dvanda-atîta). Wie das bloße Traumbild des Löwen den Elefanten aus dem Schlafe reißt, so zerstäubt der bloße Gnadenblick des Meisters die Schlaf-befangenheit ahnungslosen Nichtwissens, die den Schüler umschlossen hält und erweckt ihn zum wahrhaft Wirklichen.
Der Schüler: Was meint die heilige Ueberlieferung mit dem Wort: der Meister sei in Wahrheit Gott selbst oder das Höchste Wesen?
Der Meister: Die heiligen Schriften erklären: wenn der Jünger, der wahre Erkenntnis und Erleuchtung sucht, — oder mit anderen Worten: der das Höchste Wesen als Wirklichkeit erfahren will, — sich inbrünstig Gott hingibt, von keinem anderen Verlangen beseelt, als seine Gnade zu erfahren, so wird das Göttliche, das in Wahrheit Kern seines innersten Wesens ist, ewig zugegen in ihm als reines geistiges Licht, als Seher des Sehens, zu seinem Heile im rechten Augenblick als Frucht seiner gläubigen Hingabe und in fürsorgender Anteilnahme an ihm menschliche Gestalt annehmen, in die sich die Dreifalt von Sein, Geist und Seligkeit gewandet, und ihm als Meister nahen, Die heiligen Schriften bemerken zu¬dem ausdrücklich: der Meister hilft kraft seiner Gnade dem Schüler, sich selber völlig im Meister zu verlieren, ihm gleich und eines mit ihm zu werden, — durch selbstlose Dienstwilligkeit, die der Allgegenwart des Meisters inne bleibt, und durch ständige innere Schau seiner Erscheinung. Daher soll der Meister als nichts anderes angesehen werden, denn als das Höchste Wesen.
Der Schüler: Wenn die Gnade des Meisters als unerläßlich gilt, — wie kommt es, daß einige große Männer die Wirklichkeit des Selbst in sich erfuhren, ohne eines Meisters zu bedürfen?
Der Meister: Einigen reifen Seelen, das ist wohl wahr, verleiht das Höchste Wesen als Licht des inneren Lichtes die geistliche Erkenntnis,
Der Schüler: Was ist Ende und Ziel des Pfades gläubiger Hingabe (siddhânta-mârga) ?
Der Meister: Der Pfad besteht darin, daß der Gläubige ein Leben völliger Reinheit in Gedanken, Worten und Werken führt, Er begreift sich selber rein als Diener des Höchsten Herrn und handelt voll des Glaubens und der Hingabe, die keinerlei Ver¬langen kennen, sich an den Früchten seiner Mühen zu freuen, Schließlich gelangt er dazu, nicht als ein Ergebnis vernünftelnden Nachdenkens, aber in unmittelbarem und fraglosen Erleben und in Verschmelzen mit dem Göttlichen die Wahrheit zu erleben, daß all sein Tun wahrhaft vom Höchsten Wesen geleitet und gewirkt ist. Er fühlt sich nicht von einem persönlichen Willen besessen, der ihn bei seinem Tun treibt, nicht als wäre er vom Höchsten Wesen verschieden. Er ist ganz frei von der Regung «Ich« (aham¬kâra) und der Regung »mein« (mama-kâra), einerlei was er körperlich augenscheinlich vollzieht oder anscheinend persönlich besitzt. So leuchtet er in der Strahlenglorie selbstlosen Daseins. Das nennt man höchste Hingabe (parâ bhakti) in der Lehre der gläubigen An¬hänger Shivas (Shaiva-siddhânta),
Der Schüler: Und was ist die letzte Stufe auf dem Pfade der Erkenntnis (vedânta-mârga)?
Der Meister: Diese letzte Stufe besteht in der völligen Vernichtigung der ich-haften Vorstellung »ich bin's, der handelt« (kartritva) oder der Vorstellung des Ich (aham-kâra), wenn einer die Wirklichkeit vollzieht, daß er vom Höchsten Wesen nicht verschieden ist, vielmehr sein wahres Ich und das Höchste ein und dasselbe sind.
Der Schüler: Dann führt also der Pfad gläubiger Hingabe und der Pfad der Erkenntnis zum gleichen Ziel?
Der Meister: Ja, das tun sie.
Der Schüler: Wie kann das sein?
Der Meister: Erlösung (mukti) besteht in der völligen Ver-nichtigung der Ich-Regung (aham-kâra), der völligen Zerstörung der »Mein-« und »Mich«-Regung (mama-kâra) in jeder Hinsicht. Ich-Regung und Mein-Regung hängen innigst aneinander. Vernichti¬gung der einen hat den Untergang der anderen im Gefolge, Den Stand höchster Stille (mauna) — den Stand des schweigenden Heiligen (muni) — jenseits von Rede und Denken zu erlangen, dient der Pfad des Erkennens (vedânta-mârga) so gut wie der Pfad gläubiger Hingabe (bhakti-mârga): der eine führt zur Vernichtigung des Ich, der andere endet in der Vernichtigung von »mich« und »mein«. Solange der Gläubige noch der Ich-Regung in Gefühlen und Vorstellungen inne wird, soll er das Dasein des Höchsten Wesens anerkennen, das über seinem Leben waltet und es leitet. Er muß die Haltung völliger Unterordnung unter den Höchsten Herrn festhalten, wenn er unschwer das Ziel erreichen will, die Einheit seines Wesens mit dem Höchsten (sâyujya) zu erleben, in der das Ich sich völlig verliert.
Der Schüler: Was ist das Ich oder die Ich-Regung (ahamkâra) ?
Der Meister: Der Lebensfunke oder der individuelle Lebenskern (jîva), der allen einzelnen Geschöpfen innewohnt und ihnen ihre Eigenständigkeit verleiht, setzt sein eigenes Dasein mit dem Leben des physischen Leibes gleich, er nennt sich »Ich«, davon heißt er »Ich« und »Ich-Machen« (aham-kâra), Das Selbst, rein geistiges Bewußtsein in sich selbst, hat keinen Ich-Sinn, so wenig wie der stoffliche Leib, der an sich träg und reglos ist. Aber zwischen diesen beiden: dem Selbst rein geistiger Bewußtheit und dem stofflichen reglosen Leib, erhebt sich höchst geheimnisvoll die Ich-Funktion oder das Ichbewußtsein, Unecht in sich, nicht Selbst noch Leib, blüht sie als Lebensprinzip (jîva) der Individuation. Der »jîva« ist der tiefste Grund, in dem alles, was vergänglich und unerfreulich am Leben ist, seine Wurzel hat, daher: wenn sein Prinzip mit allen möglichen Mitteln vernichtigt wird, bleibt in einsamem Lichte, was von ewig her ist, Das ist in der Tat Befreiung oder Loslösung,

Siehe auch

Literatur

  • Der Weg Zum Selbst von Heinrich Zimmer, Rascher Verlag Zürich, 1944, 1. Auflage