Volk

Aus Yogawiki

Kapitel 4: Völker und Stämme Indiens zur Zeit der Veden

Aus dem Buch "Altindisches Leben: Die Cultur der vedischen Arier", nach den Samhita dargestellt von Heinrich Zimmer, Berlin 1879

Haben die drei ersten Kapitel es versucht, nach den vereinzelten Nachrichten, die sich in den vedischen Liedern und Opfersprüchen vorfinden, die Lage des Landes, auf dem dieselben entstanden sind, nach Gebirgen und Flüssen näher zu bestimmen, ein Bild seiner klimatischen Verhältnisse und Naturerzeugnisse zu liefern, so will das folgende in kurzen Zügen eine Beschreibung der Völkerverhältnisse des Landes in jener Periode geben.

Dasyu und Arier

Zwei sich in jeder Beziehung feindlich gegenüber stehende Völker treten uns in der Samhita des Rigveda entgegen. Das eine, von dem eben die Hymnen herstammen, fasst seine vielen einzelnen Stämme in den Gesamtnamen Arya, Arier, zusammen. Sie nennen sich so als die gemeinsamen Verehrer bestimmter Götter. Arya bedeutet wohl, zu den Freunden, den Eigenen gehörig, popularis, »Mann des eigenen Stammes« Roth im Wtb.: die Benennung vergleicht sich also unserm »deutsch«, das auch ursprünglich (got. friudisks) nur bedeutete »zum Volke gehörig«.

Nicht nur neben ihnen, sondern ihnen geradezu gegenüber steht die andere Nation, die darum von spätern Schriftstellern öfters einfach anarya (Yaska Nir. 6, 32) genannt, von den vedischen Ariern aber selbst gewöhnlich mit dem Namen Dasyu belegt wird.

Erstere, die Arier, sind die eindringenden Eroberer, die die ursprünglichen Bewohner, die Dasyu, immer weiter nach Osten und Süd-Osten zu treiben suchen. So weit jedoch die vedischen Lieder auch hinaufreichen, nirgends finden wir in ihnen bestimmte Angaben über diese Einwanderung und den Weg derselben. Die Ansiedlung in dem obern Thal der Sindhu muss also lange vor der Periode der vedischen Lieder sich vollzogen haben. Eine dunkle Andeutung an die alten Sitze ist vielleicht in dem Namen der Rasa erhalten ; vgl. Seite 15 ff.

Eine Erinnerung der indischen Arier an ihre Transhimalaya-Herkunft hat Weber auch aus der im Çatap. Br. 1, 8, 1, 1 erzählten Fluthsage zu erweisen gesucht in den Ind. Stud. 1, 161 ff. Wenn auch Lassen Alterth. 12, 638 Weber beistimmt, so ist mir doch höchst unwahrscheinlich, dass wir in der Fluthsage altarisches Sagengut sollten vor uns haben; eine Entlehnung von semitischen Völkern (Aramäern, Phönizern) dünkt mir wahrscheinlicher. Ist doch nicht minder auffallender Einfluss oben schon aus der Rk-Samhita nachgewiesen worden. Auch für den Fall, dass man die Ursprünglichkeit der Fluthsage bei den Ariern aufgibt und annimmt, in der Erzählung des Çatap. Br. habe sich die dunkle Erinnerung über die Einwandrung aus Nordosten jenseit des Himalaya an eine von semitischen Völkern überkommene Sage geknüpft, bleibt Webers Hypothese höchst zweifelhaft. Sie hängt an der Lesung atidudrava der Madhyamdina-Çakha; auch diese wird nur von einem »einzigen« Manuscript geboten, die beiden andern lesen adhidudrava (vgl. Monatsbericht der Berl. Akad. der Wissensch. 1859 p. 63); abhidudrava hat die Kanva-Schule nach einer Angabe Muirs (Ind. Streifen 1, 11) ; vgl. auch Muir ST. 22, 323, Note 96.

Weiterhin glaubt Muir ST. 22, 324 in den Nachrichten späterer Schriften über die nördlichen Kuru (Uttarakuravah) eine Reminiscenz an den früheren Zusammenhang mit den Ländern im Norden des Himalaya erblicken zu dürfen. Die Angaben über dieselben hat zusammengestellt Lassen Zeitschr. f. d. K. d. M. 2, 62 ff. ; Muir 1. c. Erscheint auch das Land in der epischen Sage als ein »idealisiertes Bild des ungestört schönen und glücklichen Lebens«, so wird man doch Lassen schon aus den I. c. S. 65 von ihm dargelegten Gründen zustimmen müssen, dass die ursprüngliche Vorstellung auf ein wirkliches Land gegründet war. Hierfür spricht auch folgende Erwägung: den engen Zusammenhang zwischen den Kamboja, einem Volke im Nordwesten des Indus, und dem persischen Kambujiya hat man schon sattsam hervorgehoben, ganz derselbe besteht zwischen den (Uttara)-Kuru und dem persischen Kuru. Die Madra ferner, ein Volk, das in der epischen Zeit im eigentlichen Hindostan ansässig war wie die Kuru (s. Lassen Z. f. d. K. d. M. 2, 312) erscheinen Ait. Br. 8 , 14 neben den Uttarakuravah als Uttaramadrah.

Ind. Stud. 4, 371 ff. hat Weber aus dem Varihça-Br. 2 Lehrerlisten gegeben, und unter denselben kommt ein Kamboja Aupamanyava — ein Sänger Upamanyu Rv. 1, 102, 9 — vor, dessen Lehrer Madragàra Çaungayani ist. Da in dem Namen des letzteren wohl ebenfalls das Volk der Madra zu suchen ist, so treten sie in engste Beziehung zu den Kamboja: in dasselbe Verhältniss wie oben die Kuru. Wenn nun alles dies die Wohnsitze der Uttarakuru, d. h. die früheren Sitze der Kuru den Kamboja benachbart erscheinen lässt, welches Land konnte den, aus uns unbekannten Gründen, immer weiter nach Südosten vorrückenden Völkern am ehesten die wirkliche Vorstellung abgeben für jenes idealisierte Bild des ungestört schönen und glücklichen Lebens als — das herrliche Alpenthal Kaçmira ? Dem in die Ebenen des Penjab und nach Madhyadeça hinabgestiegenen Volke konnte dasselbe Behr wohl parena Himavantam Ait. Br. 8, 14 erscheinen; sind doch ansehnliche Berggipfel ihm vorgelagert. Schon oben Seite 32 ff. habe ich wahrscheinlich zu machen gesucht, dass Kaçmira in alt-vedischer Zeit von arischen Stämmen bewohnt war.

Noch weitergehende Combinationen knüpfen sich an. Im Ait. Br. und Çatap. Br. sowie späterhin vielfach finden wir vereint und verbündet genannt das Volk der Kuru-Pancalah (s. Lassen Alterth. 12, 743 ff.). Nach Çatap. Br. 13, 5, 4, 7 wurden die Pancâla in alter Zeit (pura) Krivi genannt. Glänzend wird diese Angabe durch den Rigveda bestätigt : »Mit welchen Hülfen ihr (o Marut) die Sindhu fördert, mit welchen ihr sie vorwärts treibt, mit welchen ihr dem Krivi --- d. h. nach vedischer Sprache dem Volk der Krivi — Hülfe leistet: mit diesen werdet uns zum Heil, o heilsame, mit den holden, ihr, die ihr den nicht ergebenen verfolget. Welches Heilmittel ihr in der Sindhu, welches in der Asikni, welches in den Meeren ihr besitzt, o Marut mit schönem Opfersitz« 11v. 8, 20, 24. 25; cf. 8, 22, 12. Es werden hier die Krivi vereint mit Sindhu, Asikni genannt und an dem Oberlauf dieser Flüsse waren daher aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Wohnsitze, also ganz denen der Uttarakuru benachbart, mit denen sie Jahrhunderte später — als Pancala — verbündet auftreten. Den Namen der Kuru deutet Lassen durch Annahme einer Zwischenform karu; fasst man sie nun als die »Hauer, Metzler« oder auch als die »Thätigen«, sicher aus derselben Wurzel und mit einem nahe verwandten Suffixe gebildet ist der Name der Krivi, aus karvi durch krvi (cf. jagrvi).

Nach so vielen Vermuthungen schliesslich noch eine über den gemeinsamen Namen der Kuru- Krivi (Kuru -Pancala) in vedischer Periode. Als Doppelvolk im Dual erscheinen im Rigveda die Vaikarna 11v. 7, 18, 11 : »Er, der als Herrscher flugs 21 Geschlechter der Vaikarna (Yaikarnayoh) niederwarf, er goss die Feinde hin wie ein Opferpriester (curo dasmah) auf dem Opferplatz die Spreu hinbreitet«. Die Vaikarna treten hier auf als Theilnehmer an dem Bunde der Anu, Druhyu u. s. w., das heisst der nordwestlichen Stämme gegen die Trtsu, einen mächtigen arischen Stamm, der schon bis zur Yamuna sass. Der Name lässt sich etymologisch ebenso wie Kuru, Krivi deuten. Hinzu kommt noch folgende Notiz, die bisher ziemlich unverständlich blieb: nach Wilson s. vikarnika soll ein District im nordwestlichen Hindustan oder im Penjab vikarnika heissen, nach andern selbst mit Kashmir identificiert werden. Hemacandra Abhidhânac. bietet für Vikarnikah das Synonymum Kaçmira! Karna heisst im Mahabharata und sonst ein Führer der Kuru, dessen Sohn wiederum Vikarna ist.

Als Resultat unserer an Hypothesen reichen Untersuchung ergab sich zwar nicht, dass in den Nachrichten über die Uttara-Kuru eine Erinnerung an frühere, ausserindische Wohnsitze der indischen Arier erhalten sei, wie Muir annimmt; sie ist jedoch, wenn richtig befunden, für die älteste indische Geschichte nicht minder wichtig. Zwei arische Völker, Kuru und Krivi, finden wir unter dem gemeinsamen Namen Vaikarna im Thale Kaçmiras, der obern Sindhu und Asikni in ältester vedischer Periode angesiedelt. Gegen Ende dieses Zeitraums treffen wir sie sodann im Bunde mit andern Völkern des Nordwestens unter dem Namen Vaikarna wie sie auf die schon an der Sarasvati und obern Yamunä angesiedelten arischen Brüder drücken. Gelang es auch Sudâs durch seinen Sieg in der Zehnkönigschlacht (daçarajna) die Dränger für den Augenblick in Schach zu halten, so dauerte dies nicht lange. Denn in der zweiten Periode arischen Lebens in Indien sind die Trtsu und ihr erlauchtes und von Indra begünstigtes Herrschergeschlecht vom Schauplatz verschwunden, in hellstem Lichte strahlen die Kuru-Pancala, nun im eigentlichen Hindostan, mitten in Madhyadeça angesiedelt.

Ost-Kabulistan und die Ufer des obern Induslaufs batten, wie schon öfter hervorgehoben, die ältesten Ansiedlungen der indischen Arier in historischer Zeit. Von diesen Sitzen aus drangen die einzelnen Stämme nach Süden das Industhal entlang, nach Osten in das Gebiet der Sapta sindhavah vor, trieben die Eingeborenen (dasam varnam) aus ihren blühenden Besitzungen (pushtani) und nahmen dieselben für sich Rv. 2, 12, 4. Die Gesänge der Rishi sind reich an Episoden aus diesen Kämpfen, reich an Preisliedern an die Götter für die gewährte Hülfe. Schwierigkeiten beim Vordringen machten besonders die vielen Flüsse; an ihnen setzten sich die Feinde kräftig zur Wehr: »Bei uns, o Marut, sei der starke Held, der göttliche Erhalter der Menschen, durch den wir über die Wasser setzen mögen zu herrlichem Wohnsitz; durch ihn mögen wir erlangen ein eigenes Heim« Rv. 7, 56, 24. »Du verhalfst (o Indra) ihrem (der Puru) Schlachtruf zum Siege in den Kämpfen; einen Strom nach dem andern brachten sie in ihre Gewalt« Rv. 1, 131, 5. »Wir kamen in eine kein fruchtbares Weideland in sich fassende Gegend; die Erde, o Götter, die doch weit ist, war uns eingeengt; o Brhaspati, zeige im Kampfe um Herden, zeige, o Indra, dem Sänger, mit dem es so steht, den Weg. Von Tag zu Tag trieb er (Indra) hinweg die gleiches Aussehen habenden schwarzen Leute aus ihrem Wohnsitz von Ort zu Ort« Rv. 6, 47, 20. 21, so schildert ein Sänger die wechselreichen Kämpfe ums Land. Episoden derselben werden uns auch in dem Hymnus Rv. 1, 33 vorgeführt:

»Tretet herzu, lasst uns beuteverlangend Indra nahen, seine Fürsorge für uns soll er steigern. Ob er wohl der unbekämpfbare unser sehnlichstes Verlangen nach diesem Schatz, den Rindern uns erfüllt ? 1.
Zu ihm, dem Schätze spendenden, Unwiderstehlichen fliege ich wie ein Adler zum geliebten Nest, ihn, den Indra, mit den herrlichsten Liedern verehrend, ihn der beim Feste von den Sängern anzurufen ist. 2.
Er der Herr der Heerscharen hängt um den Köcher, er treibt des Feindes Rinder weg, wessen er will; da du viel herrliches Gut in deiner Gewalt hast, sei nicht karg gegen uns, gepriesener ! 3.
Den Schätze besitzenden Dasyu schlugst du mit der Keule, allein ausziehend mit den starken; vor deinem Bogen stoben sie nach allen Seiten auseinander, die gottlosen, alten wandten sich zur Flucht. 4.
Kopfüber stürzten sie vor dir weg, o Indra, die Gottlosen, die zu kämpfen wagten mit den Frommen; als du, Herr der Falben, ungestümer Wagenlenker, vom Himmel her wegbliesest aus den beiden Welten die Ruchlosen. 5.
Bekämpfen wollten sie des untadligen Heer; es verbündeten sich die neun (?) Stämme; Entmannten gleich die Männer bekämpfend flohen sie zerstreut vor Indra raschen Laufs, es sich merkend. 6.
Du hast sie Indra, weinten sie oder lachten sie, an des Luftraums Ende zum Kampfe gezwungen; verbrannt hast du den Dasyu hoch am Himmel, des kelternden, preisenden Loblied hast du dir wohlgefallen lassen. 7.
Mit einer Decke die Erde überziehend, mit Gold- und Perlenschmuck geziert entgingen sie, wie sie auch eilten, dem Indra nicht ; ringsum hatte er Späher aufgestellt durch Surya. 8.
Als du, o Indra, mit deiner Grösse beide Welten ringsum umspanntest, da bliesest du die nichts Vermuthenden durch die Frommen nieder, den Dasyu, Indra, durch die Verehrer. 9.
Sie die nicht des Himmels noch der Erde Ende erreichten, die dem Schätzespender an wunderbarer Kraft nicht gleichkamen — zum Genossen machte Indra den Donnerkeil, zog mit dem Lichtstrahl die Kühe aus dem Dunkel heraus. 10.
Ungehindert strömten nun seine Wasser, er erstarkte in der Mitte der grossen Ströme : festen Sinnes schlug ihn Indra mit wuchtigem Hiebe für alle Tage. 11.
Zerschmettert hat er, Indra, des Ilibiça Festen, zerspalten den gehörnten Çushna; mit grösster Schnelle, aller Kraft schlugst du Indra mit dem Donnerkeil den zum Kampf sich widersetzenden Gegner. 12.
Der gerade aufs Ziel losgehende Donnerkeil überwand die Feinde, mit dem scharfen Stier zermalmte er die Burgen: er traf den Vrtra mit dem Donnerkeil, triumphierend steigerte er sein Vorhaben (d. h. er leistete noch mehr als er anfangs beabsichtigte). 13.
Du schützest Kutsa, o Indra, an dem du Gefallen fandest, du fördertest Daçadyu, den Helden im Kampfe : von den Hufen aufgeworfen stieg der Staub zum Himmel, zur Männerbewältigung erhob sich der Çvitrasohn. 14.
Zur Seite standest du dem sich mühenden Helden unter den Tugriern, dem Sohne der Çvitra, dem Stiere beim Kampf ums Land; lange hielten sie dort Stand, der Feinde Habe unterwarfst du ihm«. 15.

Freilich mischen sich dem Sänger die Kämpfe Indras gegen Vrtra und andere Dämonen des Luftraums mit denen um das eroberte Land. Doch dies darf uns nicht Wunder nehmen; waren doch seine Feinde auch Indras Feinde, da sie dessen Gottheit nicht anerkennen wollten. Die Vermischung treffen wir sehr oft: »Er von Geburt ein Kämpfer, auf seine Kraft vertrauend, schritt dahin der Dämonen Burgen brechend: mit kundiger Hand, o Träger des Donnerkeils, schleudere die Waffe auf den Dasyu, der Arier Kraft und Macht mehre, Indra« Rv. 1, 103, 3. »Als des çushna Zermalmer schwang ich die Todeswaffe, nicht gab ich Preis den arischen Namen dem Dasyu« rühmt sich Indra Rv. 10. 49. 4. Auch die Açvin standen dem arischen Volke bei, bliesen mit dem Bakura auf den Feind los und bliesen ihn nieder Rv. 1, 117, 21.

Die Eingeborenen , die in diesen Kämpfen nicht umkamen oder vor den vordringenden Ariern nach Norden in den Himalaya, nach Südosten in das Vindhyagebirge zurück wichen — »Den der andere Satzungen (als wir) befolgt, den uns nicht angehörigen (amanusha), den nicht opfernden, den der andere Götter (als wir) verehrt, den schüttele sein eigner Freund ab der Berg, zur leichten Bewältigung den Dasyu der Berg« Rv. 8, 70. 11. »Wie ein pflichtgetreuer König, o Soma, drangst du in die Berge ein« Rv. 9, 20, 5 —, wurden zu Sklaven gemacht. So kommt das Wort dasa verschiedene Male im Rigveda vor. »Wie ein Dasa dem gnädigen Herrn will ich dir, dem gestrengen Gotte, dienen schuldlos« Rv. 7, 86, 7 betet Vasishtha zu Varuna. »Und zur Bedienung schenkte mir Yadu und Turva zwei geschickte Sklaven (dasa), die eine Fülle von Rindern besitzen« Rv. 10, 62, 10 d. h. zwei Sklaven und eine Fülle von Rindern. »Hundert Esel, hundert Schafe, hundert Sklaven (dasan) ausser Kränzen« empfing ein Sänger Rv. 8, 56, 3; dasapravargain rayim »mit einer Schar von Sklaven versehenen Besitz« wünscht sich der Sänger Rv. 1, 92, B. Drei Untergebene, Sklaven (dasa), hat die heilkräftige Salbe, die vom Trikakud kommt: Takman, Balâsa, Ahi Av. 4, 9, B.

Ebenso wurden die Frauen und Töchter der Unterworfenen zu Sklavinnen: »50 Mädchen (vadhu) schenkte Trasadasyu der Spross der Purukutsa« Rv. 8, 19, 36. Roth im Wtb. findet es unwahrscheinlich, dass von geschenkten Sklavinnen dieser Ausdruck in alter Zeit gebraucht wäre; er vermuthet daher »Zugthier, zum Wagen gewohnte Stute«. Grassmann fasst es als »Gespann«. Dass es in jener Zeit weibliche Sklavinnen gab, folgt sicher aus Rv. 8, 46, 33; nachdem der Sänger mannigfacher Geschenke gedacht, die er empfangen hat, fährt er daselbst fort: »Und ein prächtiges (mahi), mit Gold geschmücktes Weib wurde für mich, den Sänger Vaça Açvya (pratici Vaçamaçvyam), weg geführt«. Die Vermuthungen von Roth und Grassmann über vadhu in Rv. 8, 19, 36 sind auch sprachlich nur haltbar bei ihrer Ansicht über die Etymologie von vadha, die aber unhaltbar ist.

Man pflegt das Wort wie schon Yaska Nir. 2, 2 von Wurzel vah abzuleiten und statuiert fürs Sanskrit einen Übergang des h (gh) in dh; vgl. Roth im Wtb., Weber Ind. Stud. 5, 218, Grassmann s. v. Litauisch und Slavisch beweisen nun evident, dass in Skrt. vah eine Wurzel vadh mit vagh zusammengeflossen ist. Erstere liegt vor in lit. vedù, vedziaù, vèsti führen, heirathen, Kinder, Junge erziehen, hervorbringen, altslov. vedq vesti führen, heirathen, russ. vedý, vesti und irisch fedaim (nubo), lit. vedýs Freier; letztere in lit. vezú, veziuú, vèzti etwas zu Wagen fahren, altslov. vezq, vesti vehere, russ. vezý, vezti zu Wagen führen, fahren. Zu ersterer Wurzel gehört Sanskrit vadhu und eine Anzahl Bedeutungen von vah, die eich schwer ausschälen lassen. Zur Zeit der indo-éranischen Einheit waren die Wurzeln noch gesondert, da das Altbaktr. in schönster Übereinstimmung mit dem Lettoslav. neben vazaiti ein vadhayeiti hat : upa va nairikâm vadhayaeta Vend. 4, 21, vademno der Bräutigam Yaçna 52, 5.

Es erhellt, dass sowohl Roths Deutung »Zugthier, zum Wagen gewohnte Stute« als Grassmanns »Gespann« für vadhu nur möglich ist, wenn man annimmt, es sei in Folge des Zusammenfalls der beiden Wurzeln vadh und vagh in der einen Form vah auch vadhu missverständlich als Repräsentant beider gefasst, und demnach theilweise umgedeutet worden. Diese Annahme ist höchst unwahrscheinlich, weil wir ein solches Missverständniss gerade der ältesten Periode und ihr allein zuschreiben müssten. Vadhu ist daher in allen Stellen des Rigveda als »Braut, Frau, Weib« und weiterhin im Zusammenhang als »weibliche Sklavin« zu fassen; dies ist ohne grosse Schwierigkeit möglich. In Betracht kommen hier die Stellen, die vadhumant enthalten ; als Bedeutungen gibt Roth »1) mit Zugthieren versehen, bespannt, 2) zum Zuge tauglich«, Grassmann »1) mit Gespann, mit Zugthieren versehen (vom Wagen). 2) mit Geschirr (zum Ziehen) versehen, von Rossen und Rindern«. Ein wichtiger, von Roth und Grassmann, wie es scheint, ganz übersehener Punkt ist der, dass das Wort nur in Danastuti vorkommt (4 mal). Warum heisst in den zahlreichen Vergleichen aus Kampf und Wagenrennen, der mit Epithetis hervorgehobene Wagen niemals vadhumant, wenn dies »mit Zugthieren versehen« oder »mit Gespann versehen« bedeutete, warum bekommen »Rosse und Rinder« in dem häufig vorkommenden Preis ihrer Tüchtigkeit nie das Beiwort vadhûmant, wenn es aussagte »zum Zuge tauglich« ? Sodann, wie matt sind diese Epitheta, wenn man sich die Stellen ansieht; lohnt es sich der Mühe, dass der Sänger von Rv. 8, 68, 17 hinterher noch erwähnt, dass die 6 geschenkten Rosse »mit Strängen versehen« oder »zum Zuge tauglich« waren? Was hätte er mit andern als »zum Zuge tauglichen« anfangen sollen, da dies, wie sich ergeben wird, die einzige Verwendung des Rosses ist? Mit dem Begriff »Ross« ist dem vedischen Arier der andere »Streitwagen« (ratha) unzertrennbar verbunden ; wenn Indra sein Falbenpaar besteigt (Rv. 6, 20, 9), so ist es der von demselben gezogene Wagen, ebenso wenn er das mähnige, feiste Rossepaar besteigt (Rv. 10, 105, 5). Ratha und açva gehören eng zusammen, eines ist ohne das andere unbrauchbar; wenn Priyamedha shalaçván vadhumatah (Rv. 8, 68, 17) erhält, so sind es 6, wohl an 3 Streitwagen geschirrte Rosse und auf diesen Wagen befinden sich die Sklavinnen. Die andern Stellen erklären sich ebenso. In Av. 12, 4, 9: »Wenn in ihren (der Kuh) Koth eine Dasi Waschwasser schüttet« wird unter Dâsi »Sklavin« gemeint sein; vgl. Av. 5, 22, 6. B.

Betrachten wir nun die Unterschiede beider Nationen etwas näher. Von wem stammt der Name Dasyu, Dasa und was bedeutet er? Derselbe ist, wie das lautliche Vorkommen desselben Wortes bei den dem vedischen Volke verwandten éranischen Stimmen zeigt, arischer Herkunft, den Urbewohnern des Landes von den Eindringlingen beigelegt worden. Nach Roth im Wtb. bezeichnet Dasyu »eine Klasse übermenschlicher Wesen, welche Götter und Menschen gleicherweise missgünstig gegenüber stehen und vorzüglich von Indra und Agni überwunden werden.

Öfters findet sich der Gegensatz zwischen dem frommen, rechtgläubigen Manne (arya) und dem Dämon, selten nur, wenn überhaupt, scheint in den ältern Schriften die Deutung des Dasyu auf den Nichtarier, den Barbaren rathsam«. Gegen diese Bedeutungsentwicklung lässt sich viel einwenden. Steht das Wort, wie Roth selbst angibt, mit dasa in Verwandtschaft, so ist seine Grundbedeutung sicher »Schädiger, Feind« überhaupt. Im Altbaktr. bezeichnet nun danhu, daqyu Gau, Bezirk, auch im altp. dahyaus tritt öfters diese einfache Bedeutung hervor; deutlich hat es aber dort in verschiedenen Stellen eine Nebenbeziehung. so z. B. in der Inschrift von Behistun nennt sich Darius gleich im Anfang Khsayathiya Khsayathiyanam, Khsayathiya Parçay, Khsayathiya dahyunam. Er scheidet also Persien und die dahyava, das heisst doch Persien, das Stammland und die Provinzen. In anderen Stellen bedeutet es, wie schon bemerkt, Gau, Provinz schlechtweg (Behist. I, § 6. III, § 5) und so bis zum mittel-und neupers. dih einfach topographisch ohne jede Andeutung der Fremdheit »Ort, Dorf«.

Suchen wir nun alle diese Bedeutungen von einem Grundbegriff aus zu entwickeln, so müssen wir, wie nicht schwer zu erkennen ist, von »vernichtend, feindlich, Feind« ausgehen. Nach der einen Seite (éranisch) entwickelte sich daraus die Bezeichnung des von den Feinden ursprünglich besetzten Landes, daher »unterworfener Landstrich« und endlich »Gau, Land« überhaupt; vgl. provincia. Ganz anders bei den indischen Ariern. Wie ihre Feinde, die Urbewohner, ihnen jeden Strich Landes streitig machten, wie sie immer aufs Neue sie wieder belästigten, ihnen die Erde öfters einengten (Rv. 6, 47, 20), so stellten sich auch dem kriegerischen Indra in seinem Gebiete ähnliche Feinde entgegen; auch er bat zu kämpfen und zu ringen, dass es jenen Dämonen des Luftraums nicht gelingt, ihn zu verdrängen.

Wie ihre Feinde die arischen Götter nicht anerkennen, Indra nicht verehren, keine Opfer darbringen, die Satzungen und Gebote desselben verachten (anindra, ayajna, avrata) so auch jene Gegner Indras; auch sie erkennen, wie die übermüthigen Kämpfe zeigen, seine Herrschaft und Gottheit nicht an. Wundern wir uns etwa darüber, dass die Sänger die Bezeichnung ihrer Feinde auch auf die des Gottes übertrugen, hatten sie doch dieselben nach den irdischen Vorbildern idealisiert. Oder will Jemand das Umgekehrte annehmen? Sollte, während die Sonne erst ein Ross genannt werden kann oder ein Rad, nachdem man diese kennt, während man zuerst die Sapta sindhavah vor Augen haben musste, ehe man sie am Himmel localisierte, die Götter nicht mit Wagen fahrend denken konnte, ehe man selbst welche hatte, sollte hier in dem einen Fall das Abstracte, Fernerliegende ursprünglich, das Concrete, des Lebens Mühen und Freuden Ausmachende secundär sein? Kurz sollte, wie Roth und Grassmann annehmen, für dasyu, dasa die Bedeutung »Götter und Menschen feindlicher Dämon« ursprünglich und daraus erst durch Abstraction »Nicht-Arier, Feind der Arier« gefolgert sein? Solche Auffassung kann ich mir nicht aneignen. Ich bin daher auch der Überzeugung, dass noch viel mehr als von den neuern Vedenerklärern geschieht, die Ausdrücke dasyu, dasa in ihrer ursprünglichen und geschichtlichen Bedeutung zu nehmen sind, und pflichte Ludwig Nachr. Seite 32 bei, wo er bemerkt, dass »mancher wirkliche Dasafürst manchen modernen Mythologen als Dämon gelte«. Wenden wir zum Beispiel Ausdrücke wie »Cannae, Jena, Sedan« auch in den verschiedensten Übertragungen an; sollte nicht ein vedischer Rishi, wenn er Indras Wunderthaten, die in Gewitter und Sturm vor sich gingen, recht drastisch schildern wollte, einfach habe sagen können: jetzt hat er den Çambara von dem Berge herabgeworfen, des Varcin Scharen zerstreut? Hier musste sich jedem vedischen Arier sofort ein Kampfgemälde entrollen, war es doch oft ein Stück Selbsterlebtes, was er hörte.

Auch Lassen Altherth. 12, 633 ff. berührt das Verhältnis von dasyu : daqyu. Er stellt diesen Unterschied auf gleiche Stufe mit deva : daeva und sieht darin eine Entgegensetzung, die »sich von dem religiösen Gebiet auf das politische ausgedehnt hat«. »Wir können in dieser Fassung des gemeinschaftlichen und ursprünglich nicht verunehrenden Wortes dasyu von Seiten der Inder keine nur zufällige Änderung der Bedeutung erblicken, sondern sie muss Folge des lebhaften Bewusstseins einer grossen, eingerissenen Entzweiung sein, durch welche Völker, denen auch die Benennung dasyu gehörte und eine ehrenvolle war, den Indern in dem Lichte abtrünniger und gesetzloser Menschen erscheinen, so dass ihr Name ein unrühmlicher wurde. Die Inder übertragen zwar das Wort auch auf nichtéranische, indische Völker; die eigentliche Anwendung muss aber gegen Eranier sein, da wir nur bei ihnen den Namen als einen ehrenvollen gebraucht wissen«.

Hiergegen ist vorerst zu erinnern, dass es nicht richtig ist, dass das Wort »auch auf nichtéranische, indische Völker« übertragen wurde: es ist im Veda, und der spricht zuerst, eben nur von nicht-arischen Indern gebraucht, nie von Eraniern. Sodann wäre dasyu : daqyu doch der einzige Gegensatz, in dem die indischen Arier den Bruch der alten Gemeinschaft mit den éranischen Stämmen ihrerseits zum Ausdruck gebracht hätten. Aber noch mehr: die besonders von Haug vertretene Ansicht von der Trennung der Inder und Eranier durch ein religiöses Schisma, auf die Lassens Erklärung sich aufbaut, hat die Forschung als unhaltbar dargethan; siehe Justi Gött. Gel. Anz. 1866 pag. 1446 ff., Abfertigung des Dr. M. Haug p. 23 ff. Dass die Benennung dasyu ursprünglich eine »ehrenvolle« war, ruht allein auf der Annahme, dass dasa, mit dem es auch nach Lassen wurzelverwandt ist, ursprünglich »dienend, gehorsam« bedeutet habe (1. c. p. 633 Anm. 3). Auch dies ist ein Irrthum.

Einen schwerwiegenden Grund für die Richtigkeit meiner Ansicht über das Verhältniss von dasyu : daqyu habe ich bis jetzt übergangen. Alle, die die Sache berührt haben, statuieren nächste Verwandtschaft zwischen Dasyu und Dasa; keines kann ohne das andere gedeutet werden, ja Lassen geht wesentlich von der spätern Bedeutung des Wortes dasa aus. Wie nun indisch dasyu lautlich éran. daqyu entspricht, so ind. dasa éran. daha. Schon Herodot 1. 126 kennt den skythischen, d. h. turanischen Stamm der Dáoi, Dáai südlich vom kaspischen Meer, bei Plinius erscheint derselbe als Dahae, Bundehesh 15 werden die Daischen Gegenden erwähnt, der Farv. Yt. endlich kennt ebenfalls die dâhischen Gaue: Es ist demnach nicht zu zweifeln, dass dasa eine gemeinsame indo - éranische Bezeichnung für »Feind« war, die dann die Eranier später auf ein bestimmtes turanisches Volk übertrugen. Hierdurch wird auch die indoéranische Bedeutung von dasyu unzweifelhaft festgestellt.

Der äussere Unterschied beider Stämme drückte sich deutlich in der verschiedenen Farbe des Gesichtes und Körpers aus, daher aryam varnam »arische Farbe« und dasam varnam »dasische Farbe« concret zur Bezeichnung beider Nationen verwendet werden. »Der das däsische Volk (dasa varna) beseitigte, das o (arisehe) Menschen ist Indra« Rv. 2, 12, 4. »Er erkämpfte die Rosse, er erkämpfte die Sonne, er erkämpfte die viele ernährende Kuh, er erkämpfte den Besitz des Goldes, die Dasyu schlagend half er dem arischen Volke (arya varna)« Rv. 3, 34, 9. Ja varna kann sogar ohne jene significanten Beiwörter, sobald ein deutlicher Gegensatz vorhanden ist, die Bedeutung »Volk« an¬nehmen : »Die Götter dämpften die Wuth des Däsa, sie sollen unser Volk (no varnam) zu glücklichen Verhältnissen führen« Rv. 1, 104, 2. Welcher Art war der Unterschied in der Farbe, der als eine der Hauptursachen jenes Gefühl der Fremdheit und Ungleich¬artigkeit hervorrief? Die Urbewohner, der däsische Stamm, waren von schwarzer Hautfarbe, sie heissen daher gerade zu die »schwarze Haut«: »Indra unterstützte in den Kämpfen den ihm opfernden Arier in allen Schlachten, er der hundert Hülfen hat; für die (arische) Menschheit züchtigte er die gesetzlosen und unterwarf die schwarze Haut (tvacaria krshnam)« Rv. 1, 130, B. »Von Tag zu Tag trieb er (Indra) hinweg aus ihrem Wohnsitz von Ort zu Ort die gleiches Aussehen habenden schwarzen Leute (krshWli jaJJ sadrçih)« Rv. 6, 47, 21. »Aus Furcht vor dir entflohen die schwarzen Leute (viça asiknih), sie zerstoben Hab und Gut zurücklassend, als du Agni Vaiçvänara, für den Püru flammend, ihre Burgen zerbrechend aufleuchtetest« Rv. 7, 5, 3. In Stellen wie Rv. 2, 20, 7; 4, 16, 13 ; 8, 73, 18 u. a. finden sich die Be¬zeichnungen der irdischen Feinde auf die des Luftreichs über¬tragen ; die Beziehungen fliessen in einander, dass sich schwer scheiden Iässt. Dieser schwarzen Haut gegenüber waren die arischen Stämme von weisser Hautfarbe ; am grellsten wird der Unterschied gewesen sein in den ersten Zeiten der Einwanderung, als das Klima Indiens auf die Farbe der Arier noch nicht viel eingewirkt hatte. »Er der vielgerufene schlug die Dasyu und die Çimyu in gewohnter Weise, er warf sie mit dem Geschoss zur Erde, Zimmer, Mtindisches Leben. 8

114 KAPITEL IV. er erkämpfte das Land mit seinen weissen Freunden (sakhibhih çvitnyebhih), er erkämpfte Licht und Wasser« Rv. 1, 100, 18. Vgl. Wilson Rgv. I. 259, Anm. d; Muir ST. 2, 384, Anm. 28. Ahoratre »Tag und Nacht« sind nach V. S. 24, 30 die Ober¬herrinnen von Çûdraryau d. h. von Çüdra und Vaiçya. Spätere Angaben über Verschiedenheit der Hautfarbe siehe bei Muir ST. 12, 140 ; Ind. Stud. 10, 10. 11. 24; Çamkara in der Vajrasüci, Abhandl. der Berl. Akad. 1859 pag. 214. 215. Ein weiterer Unterschied beider Nationen lag, wie noch die heutigen Nachkommen beweisen, in der Verschiedenheit der Sprache. »Menschen (janam) trägt die Erde allerorts, ver¬schieden redende (vivacas), verschiedene Sitten habende (nana¬dharman) je nach ihrem Wohnsitz« Av. 12, 1, 45. Man hat auch versucht aus dem Rigveda die Sprachverschiedenheit zu erweisen (vgl. Muir ST. 2, 393 ff.). Es handelt sich um das Wort mrdhraväc. Yäska Nir. 6, 36 erklärt es durch mrduvac »leise, sanft sprechend«, Säyana umschreibt es an mehreren Stellen durch himsitavacaska oder hithsilavagindriya; Roth Erl. zu Nir. Seite 97 sagt »mrdhravac ist, wer verletzende Reden führt«. Die betreffenden Stellen sind: Rv. 1, 174, 2: »Du züchtigtest, o Indra, die mrdhravacah Stämme, als du die sieben herbstlichen Burgen, ihre Wehr, brachst; du setztest die wogenden Wasser in Flues, unterwarfst dem jugendlichen Purukutsa den Feind«. Rv. 5, 32, 8: »Den fusslosen Fresser warfst du mit gewal¬tiger Waffe nieder, im eignen Hause den, der mrdhravac«. Rv. 7, 6, 3: »Die unverständigen, ränkevollen, mrdhravacah Geizhälse, die Ungläubigen, die Götter nicht labenden, nicht opfernden hat er niedergeworfen; ein drang Agni auf die Dasyu, die Unfrommen machte er zu den Letzten, er der Vordere«. Rv. 7, 18, 13: »In kurzer Zeit brach Indra all ihre Festen, zerspaltete mit Gewalt die sieben Burgen; er theilte den Titau zu des Anava Habe; wir besiegten den Peru, den mrdhravac, in geordnetem Kampfe«. Rv. 10, 23, 5: »Der die mit der Zunge streitenden (vaca vivacah), die mrdhravacah, viel tausendfaches Unheil abwendete«. Unter allen diesen Stellen findet sich keine einzige, in der mit Sicherheit ein Sinn wie »stotternd oder unverständlich

VOLKER UND STIMME. 115

redend« durch mrdhravac ausgedrückt wäre; im Gegentheil, die zuletzt angeführte Stelle Rv. 10, 23, 5 fordert gerade zu die Bedeutung »verletzende Rede führend, Sehmäher«. Auch in Rv. 7, 18, 13 wird dieselbe unumgänglich nothwendig, wenn man vidathe nicht wie ich mit Roth im Wtb. durch »in geordnetem Kampfe« sondern »in der Festversammlung« übersetzt. Die Pâru sind zudem Arier. Die noch übrige Stelle Rv. 5, 29, 10 fügt sich; dieselbe ist eines anderen Wortes wegen wichtig: »Du zermalmtest mit der Waffe die anaso Dasyûn, im eigenen Hause die Schmäher (mrdhravacah).« Anasah erklärt Säyana durch asyarahiian des Mundes d. h. der Worte beraubt. Roth im Wtb. sagt »ohne Mund, ohne Gesicht«; er sucht wohl den Sinn »miss¬gestaltet« darin, wie auch Grassmann in der Uebersetzung. M. Müller Last Res. of Tur. Res. p. 346 trennt das Wort in a-nas und bezieht es auf die kürzeren Nasen der Eingeborenen. In letzterer Weise scheint auch Ludwig Nachr. S. 33 die Stelle zu fassen, indem er »plattnasig« übersetzt. Vergl. noch Wilson Rgv. III, 276, Anm. 3; Muir ST. 2, 394. Die grösste Verschiedenheit zwischen Ariern und Urbewohnern des Landes, die von den Sängern immer wieder hervorgehoben wird, bestand auf religiösem Gebiet. Sie bringen den (arischen) Göttern keine Opfer dar, sie melken nicht Milch (für die Götter), sie machen nicht glühend den heissen Opfertrank, heisst es von den Kikata Rv. 3, 53, 14. Dasyu und Geizhals (pani) wird (Rv. 7, 6, 3) gleichbedeutend verwendet; sie sind daher unvernünftig (akratu), unverständig, ungläubig (açraddha), die Götter nicht labend (avrdha), ihnen nicht spendend (aprnant): »Es möge Atri (der Sänger) besiegen die nicht Spendenden, o Agni, er möge von den Dasyu, den Männern Beute ersiegen« Rv. 5, 7, 10 ; sie vernachlässigen überhaupt alle dem Arier am Herzen liegenden religiösen Obliegenheiten, sind avrata: »Denn die Frommen , o Agni, streben nach mancherlei Schätzen zum Schutz ; die (arischen) Menschen den Dasyu überwältigend sind bereit zu bezwingen mit frommen Werken (vrataih) den, der sie nicht ausübt« Rv. 6, 14, 3. Arier und fromm, Dasyu und gottlos wird daher gleich¬bedeutend : »Sondere ab Arier und Dasyu, dem Frommen (barhishmant) unterwirf zur Strafe die Gottlosen (avrata)« Rv. 1, 53, B. 8'

116 KAPITEL IV.

Welches die Religion dieser Urbewohner Indiens gewesen, worin ihre Gottesverehrung bestand, davon melden uns die Lieder des Rigveda so gut wie nichts. An zwei Stellen kommt das Wort çiçnadeva vor,, nach Roth Erläut. zu Nir. 47 fasst man es allgemein als »Schwanzgötter« und sah darin »geschwänzte Dämonen« oder »Wollüstlinge« wie Sàyana. Ludwig Nachr. Seite 50 wendet mit Recht dagegen ein, dass, läge letzterer Sinn darin, das Wort deva nicht verwendet wäre ; er betrachtet das Wort daher als Bahuvrihi und übersetzt »Phallusverehrer«. Dies könnte möglicher Weise ein Beiname der Urbewohner sein und gewährte uns wenigstens einen Blick in ihre Religion. Rv. 7, 21, 5: »Der hehre (Indra) schiert sich nicht um das Gesindel mancherlei Art; nicht sollen Phallusverehrer in unser Heiliges (d. h. unser Opfer) eindringen«. Rv. 10, 99, 3: »Er fährt in den Kampf, dahin ziehend ohne fehlzutreten : des Sieges gewiss (sanishyan) umzingelt er seine Feinde bei der Gewinnung des Lichtes (svarshata d. h. um Freiheit, Wohlergehen u. d.), wenn er die Phallusverehrer schlagend, er der unwiderstehliche , der Habe der hundertthorigen Burg mit List (varpasa) sich bemäch¬tigt«. Dass çiçnadeva sich auf den Cult der Urbevölkerung be¬zieht, dafür scheint mir auch eine Angabe Lassens Ind. Alterthk. 1 2, 924 ff. zu sprechen : »Die Verehrung Çiva's unter dem Bilde des linga, des Phallus, wird schon in mehreren Stellen des grossen Epos erwähnt. Da dieses Symbol besonders bei den Verehrern des Çiva im südlichen Indien in Gebrauch ist, lässt sich ver muthen, dass es bei den Urbewohnern sich vorfand und erst später auf Çiva übertragen worden ist. Was dafür spricht ist dieses, dass noch jetzt die Brahmanen des Südens nie bei Tempeln, in welchen das linga verehrt wird, das Amt des Priesters an¬nehmen«. Vgl. Stevenson im J. of the R. A. S. 8, 337: Wuttke Geschichte des Heidenthums 2, 204. Nicht viel mehr wissen wir über den Kulturzustand der Eingeborenen. Sie besassen reiche Rinderheerden, in den Augen der Arier schon Grund genug, um sie zu bekämpfen; häufiger Gegenstand des Gebetes an die Götter ist daher , der Feinde Habe (vedas) zu besitzen. Ueber den blossen Zustand . eines Nomaden - und Hirtenvolkes scheinen sie kaum viel hinaus ge¬wesen zu sein ; es werden die blühenden Besitzungen derselben

ViiL[EA UND STÂYYE. 117

erwähnt (Rv. 2, 12, 4), man gedenkt in den Liedern auch öfters fester Plätze (pur), wo sie erfolgreichen Widerstand leisteten. Näheres hierüber bringt das fünfte Kapitel. So lange die arischen Stämme noch gezwungen waren, jeden Fuss Landes mit dem Bogen in der Hand zu erobern und gegen die Urbevölkerung zu vertheidigen, bestand der glühende Hass zwischen den beiden Nationen fort. Dieser Zustand tritt uns besonders in den Liedern des Rigveda entgegen. Im Verlaufe rücken zahlreiche arische Stämme nach Osten vor und erobern das eigentliche Hindostan zwischen Himalaya und Vindhya dauernd. Die zahlreiche Urbevölkerung, die sich nicht in die genannten Gebirge zurückzieht, unterwirft sich, nimmt arischen Glauben an und assimiliert sich etwas. Auch die gesellschaft¬lichen Zustände der eingewanderten Arier erfahren, wie später ausführlich erörtert werden soil, bedeutende Umgestaltungen, das Kastenwesen bildet sich immer mehr aus; die unterworfenen Urbewohner erhalten eine existenzberechtigte Stellung im Staate, indem sie als vierte Kaste zu den drei obern treten. Dass in dem langen Zeitraum bis dahin vielfach Mischung arischen Blutes mit dem der Urbewohner Statt gefunden hatte, ist nicht zu be¬zweifeln. Dasyujungfrauen und Weiber kamen, wie wir sahen, in das Haus der arischen Männer als Sklavinnen; die eine oder die andere mag es wohl zur Herrin gebracht haben. »Hundert (Büffel) bei Balbütha dem D a s a und bei Taruksha empfing ich der Sanger; diese deine Anhänger, o Väyu, freuen sich von Indra behütet, sie freuen sich von den Göttern behütet« Rv. 8, 46, 32. Ob Balbütha, etwa weil seine Mutter keine Arierin war, den Namen Daea erhielt, oder ob er überhaupt nicht arischem Blute entstammte, wissen wir nicht; jedenfalls war er ein An¬hänger arischer Götter. Der Name Dasyu in ethnologischem Sinne schwindet nun völlig; sind doch diese Ureinwohner in Hindostan, die sitzen blieben, nicht mehr »Schädiger, Feinde« der Arier. An Stelle desselben tritt die Bezeichnung Ç ü d r a , welches Wort der alten vedischen Zeit völlig unbekannt ist; in der l k-Samhità erscheint der Çâdra nur 10, 90, 12 neben brahmana, rajanya, vaiçya, in einem Lied, das erst entstanden sein kann, als das indische Volk streng nach brahmanischer Ordnung gegliedert

118 KAPITEL IV.

war. Wie in dieser Periode indischer Entwicklung, in die noch bedeutende Theile unserer Quellen hinabreichen, an Stelle des Begriffes »Arier« der »Mitglied des brahmanischen Staates« trat oder ihm untergeschoben wurde, so konnte leicht die alte Be¬zeichnung für »Feinde der Arier« in die »Feinde des brahma¬nischen Staatswesens« übergehen. Es ist denn auch Dasyu nach Manu »eine allgemeine Bezeichnung für Volksstämme, welche ausserhalb des brahmanischen Staatsverbandes stehen, sie mögen arische oder barbarische Sprache reden« ; siehe Belege im Wtb. Nach den in die Berge und Wilder zurückgezogenen Ureinwohnern, die von Raub und Plünderung lebten, kommt Dasyu in der spätern Sprache zu der appellativen Bedeutung »Räuber«, wie analog Dasa in ihr nur »Diener, Sklave« meint. Die Stellung der Çüdra in der neuen Ordnung der Dinge wird \weiterhin noch eingehender erörtert werden.


(Aus dem Buch "Altindisches Leben: Die Cultur der vedischen Arier", nach den Samhita dargestellt von Heinrich Zimmer, Berlin 1879)

Siehe auch