Arthur Schopenhauer

Aus Yogawiki

Arthur Schopenhauer (* 22.2.1788 in Danzig; † 21.9.1860 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Philosoph, der sich intensiv mit Yoga beschäftigte. Arthur Schopenhauer studierte intensiv die Upanishaden, empfand Vedanta als "Frucht der höchsten menschlichen Erkenntnis und Weisheit". Die ganze Philosophie von Arthur Schopenhauer war vom Geistesgut von Yoga und Vedanta beeinflusst. Umgekehrt beeinflusste Arthur Schopenhauer durch seine tiefe Hochachtung für die indische Philosophie und Spiritualität viele westliche Denker, Philosophen, Dichter, Komponisten und Intellektuelle wie Friedrich Nietzsche, Richard Wagner, Hermann Hesse. Arthur Schopenhauer steht damit in einer Linie von Philosophen des deutschen Idealismus und Dichter der deutschen Romantik, welche Wegbereiter für Yoga im Westen waren. Neben Schopenhauer gehören dazu Johann Gottfried Herder, Friedrich Schelling, Friedrich Nietzsche, Johann Wolfgang von Goethe, August Wilhelm Schlegel, Novalis, Jean Paul, Heinrich Heine, Friedrich Schlegel.

Arthur Schopenhauers philosophische Lehre

Arthur Schopenhauer entwarf eine Lehre, die gleichermaßen Erkenntnistheorie, Metaphysik, Ästhetik und Ethik umfasst. Er sah sich selbst als Schüler und Vollender Immanuel Kants, dessen Philosophie er als Vorbereitung seiner eigenen Lehre auffasste. Weitere Anregungen bezog er aus der Ideenlehre Platons und Vorstellungen östlicher Philosophien. Innerhalb der Philosophie des 19. Jahrhunderts entwickelte er eine eigene Position des Subjektiven Idealismus und vertrat als einer der ersten Philosophen im deutschsprachigen Raum die Überzeugung, dass der Welt ein irrationales Prinzip zugrunde liegt.

Arthur Schopenhauer und Indien

Arthur Schopenhauer teilte die Faszination für Indien, die viele Philosophen und Schriftsteller seiner Zeit hatten. Durch Friedrich Majer wurde Schopenhauer mit der altindischen Philosophie des Brahmanismus und des Vedanta bekannt gemacht.

Im ersten Band von "Die Welt als Wille und Vorstellung" (S.27) schrieb er:

"Nie hat ein Mythos und nie wird einer sich der so Wenigen zugänglichen, philosophischen Wahrheit enger anschließen, als diese uralte Lehre des edelsten und ältesten Volkes (gemeint ist das indische Volk), bei welchem sie, so entartet es auch jetzt in vielen Stücken ist, doch noch als allgemeiner Volksglaube herrscht und auf das Leben entschiedenen Einfluß hat, heute so gut, wie vor vier Jahrtausenden. Jenes non plus ultra mythischer Darstellung haben daher schon Pythagoras und Plato mit Bewunderung aufgefaßt, von Indien, oder Aegypten, herübergenommen, verehrt, angewandt und, wir wissen nicht wie weit, selbst geglaubt. – Wir hingegen schicken nunmehr den Brahmanen Englische clergymen und Herrnhuterische Leinweber, um sie aus Mitleid eines bessern zu belehren und ihnen zu bedeuten, daß sie aus Nichts gemacht sind und sich dankbarlich darüber freuen sollen. Aber uns widerfährt was Dem, der eine Kugel gegen einen Felsen abschießt. In Indien fassen unsere Religionen nie und nimmermehr Wurzel: die Urweisheit des Menschengeschlechts wird nicht von den Begebenheiten in Galiläa verdrängt werden. Hingegen ströhmt Indische Weisheit nach Europa zurück und wird eine Grundveränderung in unserm Wissen und Denken hervorbringen."

Arthur Schopenhauer und die indische Geisteswelt

Der Indologe Helmuth von Glasenapp schreibt zu Arthur Schopenhauer und die indische Geisteswelt:

Das stärkste Echo hat die indische Gedankenwelt bei Arthur Schopenhauer gefunden, hat er doch ausdrücklich bekannt, das Beste seiner eigenen Entwicklung nächst dem Eindruck der anschaulichen Welt den Werken Platos, Kants und der Inder zu verdanken. Schopenhauer war von den Upanishaden, die er in der Übersetzung Anquetil Duperrons kennen lernte, so tief beeindruckt, daß er sie als fast übermenschliche Konzeptionen bezeichnete. Er sah in ihnen das größte Geschenk des Jahrhunderts und erwartete von ihnen eine tiefe Einwirkung auf das europäische Geistesleben, vergleichbar derjenigen, welche im 15. Jahrhundert von der Wiederentdeckung des Griechischen ausging.

[[Neben dem Vedanta, der auf die Upanishaden gegründeten Lehre vom All-Geist, zog ihn vor allem der Buddhismus in seinen Bann. Als äußeres Sinnbild seiner Verehrung für den Siegreich- Vollendeten thronte eine tibetanische Buddhastatue in seinem Arbeitszimmer und mit Stolz glaubte er seine Lehre in Übereinstimmung mit der Religion, welche, wie er meinte, viel mehr Bekenner zählt als irgend eine andere.]]

Zweifellos weist Schopenhauers Lehre eine Fülle von Zügen auf, welche für alle indischen metaphysischen Systeme mehr oder weniger charakteristisch sind. Dazu gehören:

  1. die übergeschichtliche Betrachtung des Weltprozesses, der im Gegensatz zu der Anschauung der meisten abendländischen Philosophen keinen Anfang hat und keinem letzten Ziel zustrebt,
  1. die Einsicht, daß alles irdische Dasein leidvoll und im letzten Sinne zwecklos ist und deshalb besser nicht wäre,
  1. die Vorstellung, daß das Begehren der eigentlich unerschöpfliche Quell alles individuellen Lebens ist und dieses auch über den Tod hinaus verlängert,
  1. die Hoffnung, durch eine Verneinung des Willens zum Leben, wie sie in der Askese praktisch vollzogen werden kann, die Erlösung von den Fesseln des Daseins zu erreichen.

Ungeachtet dieser Übereinstimmung mit den großen Heilslehren der Brahmanen und Buddhisten kann Schopenhauers System jedoch weder als eine Art Vedanta noch als eine Form des Buddhismus angesprochen werden. Zwar lehrt Schopenhauer gleich dem späteren Vedanta einen erkenntnistheoretischen Idealismus, für welchen alle Vielheit eine Maya, ein Trug ist; aber das All-Eine, das hinter der Erscheinungswelt steht, ist für ihn der blinde Weltwille, der aufgehoben werden muß, um das Heil zu erreichen - nicht ein ewig-seliger Allgeist, der nach Tilgung aller täuschenden Aufbildungen als ens realissimum (das Allerrealste) übrig bleibt.

Und ebensowenig behauptet der radikale Pluralismus des alten Buddhismus, daß der Wille das in Raum und Zeit erscheinende Ding an sich sei, sondern sieht in dem Lebensdurst (Trishna) einen von den zahllosen vergänglichen Daseinsfaktoren, die gesetzmäßig in funktioneller Abhängigkeit voneinander entstehen und durch ihr Zusammenwirken den Strom (santana, Kontinuum) des scheinbaren Einzelwesens hervorbringen. So ist Schopenhauers Metaphysik ein Denkgebilde durchaus eigener Prägung, mag er selbst auch geglaubt haben, sich mit den an sich so stark verschiedenen indischen Philosophien des Seins ( Vedanta ) und des Werdens ( Buddhismus ) in innerer Übereinstimmung befunden zu haben.

Zit. aus: Helmuth von Glasenapp, Die indische Welt. Baden-Baden 1948, S. 292 ff. Dazu ausführlichere Darstellung dieses Themas in: Helmuth von Glasenapp, Das Indienbild deutscher Denker (dort bes. 1. Teil, Nr.7. Schopenhauer ), S. 68-101.


Arthur Schopenhauer und Yoga

Auf Yoga selbst nahm Arthur Schopenhauer nur selbst direkt Bezug. In "Parerga und Paralipomena" ("Nebenwerke und Nachträge") schreibt Schopenhauer:

"Am besten versteht es der Yogui oder Saniassi, welcher methodisch sich zurechtsetzend, alle seine Sinne in sich zurückzieht, die ganze Welt vergißt und sich dazu: was alsdann noch in seinem Bewusstsein übrig bleibt ist das Urwesen. Nur dass die Sacher leichter gesagt, als getan ist".

Schopenhauer bezieht sich alo durchaus auf Konzepte des Yoga, auch wenn er da mehr von Askese und Sanniassithum (Sannyasa = Entsagung, Mönchsleben) spricht. Siehe unten die Aussagen zum Sanniassithum.

Arthur Schopenhauer und Vedanta

Arthur Schopenhauer schätzte Vedanta sehr. Er schätzte Vedanta als "die Frucht der höchsten menschlichen Erkenntniß und Weisheit". Arthur Schopenhauers philosophisches Grundkonzept war "Die Welt als Wille und Vorstellung" - was der Grundaussage des Vedanta, dass die Welt eine Art Traum ist, recht nahe kommt.

Arthur Schopenhauer und Sannyasa

Arthur Schopenhauer und Buddhismus

Die Verbreitung des Buddhismus in Deutschland lässt sich auch auf das Wirken von Arthur Schopenhauer zurückführen. Schopenhauer sah im Buddhismus einen Gegenentwurf zur abendländischen Metaphysik und deutete deren Erkenntnisstreben als Mittel, die geistige Isolierung des Individuums zu durchbrechen. Schopenhauer fand zahlreiche Verbindungen zwischen seiner eigenen Philosophie und der buddhistischen Lehre, etwa den Atheismus. Die Indien-Begeisterung vieler damaliger Intellektueller wie auch die ersten Übersetzungen asiatischer Texte wurden durch seine Schriften angeregt.

Als der Buddhismus in Deutschland Ende des 19. Jahrhunderts besonders im Bildungsbürgertum bekannt wurde, war das vor allem Arthur Schopenhauer zu verdanken. So kamen z. B. Karl Eugen Neumann, der berühmte Übersetzer der Lehrreden des Buddha, und Georg Grimm, Gründer der Altbuddhistischen Gemeinde und einer der wichtigsten Interpreten des alten Buddhismus, über Schopenhauer zum Buddhismus.

Schopenhauer selbst bekannte sich zum Buddhismus und nannte sich und seine Anhänger “Buddhaisten”. Trotz vieler Übereinstimmungen – wie z. B. in der Mitleidsethik, welche auch die Tiere einbezieht – gibt es zwischen der Philosophie Schopenhauers und dem älteren Buddhismus (Theravada Buddhismus)einige wesentliche Unterschiede. Im Gegensatz zu Schopenhauer wurde vom Buddha die Willensfreiheit des einzelnen Menschen bejaht.


Arthur Schopenhauer und die Upanishaden

Wie kein anderer bedeutender westlicher Philosoph dürfte Arthur Schopenhauer dazu beigetragen haben, den Upanishaden die Tore des Abendlandes zu öffnen. Anders als zu Zeiten Schopenhauers sind heute jedem die Upanishaden durch gute Übersetzungen, und zwar direkt aus dem Sanskrit, leicht zugänglich. Schopenhauers Philosophie kann für einen in westlicher Philosophie geschulten Menschen auch heute noch für das Verständnis der Upanishaden eine wesentliche Hilfe sein.

Arthur Schopenhauer kannte die Upanishaden durch die "Oupnek'hat" genannte Übersetzung von 50 Upanishaden (1657 ins Persische, 1801/1802 ins Lateinische). Die Begeisterung von Arthur Schopenhauer ist bekannt. Folgendes Zitat von Arthur Schopenhauer über die Upanishaden:

Denn wie atmet doch der Oupnek'hat [die persisch-lateinische Übersetzung der Upanishad's] durchweg den heiligen Geist der Veden! Wie wird doch der, dem, durch fleißiges Lesen, das Persisch-Latein dieses unvergleichlichen Buches geläufig geworden, von jenem Geist im Innersten ergriffen! Wie ist doch jede Zeile so voll fester, bestimmter und durchgängig zusammenstimmender Bedeutung! Und aus jeder Seite treten uns tiefe, ursprüngliche, erhabene Gedanken entgegen, während ein hoher und heiliger Ernst über dem Ganzen schwebt. Alles atmet hier Indische Luft und ursprüngliches, naturverwandtes Dasein. Und o, wie wird hier der Geist rein gewaschen von allem ... Aberglauben und aller diesem fröhnenden Philosophie! Es ist die belohnendste und erhebendeste Lektüre, die (den Urtext ausgenommen) auf der Welt möglich ist; sie ist der Trost meines Lebens gewesen und wird der meines Sterbens sein.“ Arthur Schopenhauer, Parerga II, § 185 (Werke VI, 427).

Arthur Schopenhauer als Weisheitslehrer

Arthur Schopenhauer ist nicht nur für Philosophiestudenten von Bedeutung - und auch nicht nur als Philosoph mit großem Einfluss auf das Geistesleben.

Vielmehr gilt Arthur Schopenhauer als ein Weisheitslehrer - der spirituelle Aspiranten auch heute noch inspirieren kann. Alle Weisheit, meinte Arthur Schopenhauer, beruhe auf Anschauung und nicht auf abstrakten Sätzen; daher sei sie nicht mitteilbar. Demnach, so könnte man folgern, gäbe es keine Weisheitslehrer. Was ist mit dem Buddha, mit Lao-tse, Heraklit, Sokrates, ja mit Schopenhauer selbst - waren das keine Weisheitslehrer? Arthur Schopenhauer fand in den altindischen Upanishaden den Trost seines Lebens - waren diese für ihn keine Quelle der Weisheit? Im Gegenteil, Schopenhauer hatte die Upanishaden, den philosophischen Kern der Veden, als die "Frucht der höchsten menschlichen Erkenntnis und Weisheit" gepriesen!

Ein altes Beispiel/Analogie (Nyaya) ist. "Der Finger, der auf den Mond zeigt, ist nicht der Mond." Daher suche in Weisheitsschriften nicht "die Wahrheit" selbst, sondern "Fingerzeige" auf sie, Hinweise auf den Weg, der zu ihr hinführen kann.

Die "Wahrheit" zu erkennen, setzt die eigene Suche, die eigene Kontemplation voraus, denn Kontemplation ist das Fundament der Erkenntnis. Demenstprechend ist die "rechte Anschauung" ein wesentlicher Teil des vom Buddha gelehrten Edlen Achtfachen Pfades - und ist Vichara, Befragung, Untersuchung, Erkenntnis, im Vedanta so wichtig.

Man findet bei Arthur Schopenhauer zahlreiche wertvolle Hinweise zu Kontemplation und Meditation, also zur "rechten Anschauung". Für Schopenhauer war es die "willensfreie" Anschauung, die nicht durch irgendein Wollen getrübte Wahrnehmung. "Reines Schauen" kann zur Erkenntnis dessen führen, was durch Worte und somit auch durch Weisheitsschriften nicht mehr mitteilbar ist.

Weisheitsschriften, die auf spirituellen Erfahrungen beruhen, haben hierbei durchaus ihre Bedeutung, denn sie können helfen, die Augen zu öffnen, aber sehen müssen wir selbst. In diesem Sinne kann Arthur Schopenhauer auch in schweren Stunden des Lebens helfen. Deshalb ist er nicht irgendeiner der vielen Philosophen, über die in Universitätsseminaren theoretisiert wird: Arthur Schopenhauer war nie Philosophieprofessor, und seine Philosophie stand und steht immer noch abseits des akademischen Philosophiebetriebes. Wer seine Schriften liest, hat keinen Gelehrten vor mir, sondern einen Suchenden und Erfahrenen, einen, der "geschaut" hat. Gerade dadurch konnte Schopenhauer zu dem werden, was er für viele geworden ist, zum Weisheitslehrer.

Swami Krishnananda über Arthur Schopenhauer

Swami Krishnananda, Schüler von Swami Sivananda, schreibt in seinem Buch "Studies in Comparative Philosophy":

Wenn man Hegel als den intellektuellen Philosophen betrachtet, so muss man Schopenhauer als den Philosophen des Willens bezeichnen. Arthur Schopenhauer nimmt seinen Anfang bei Kants "Kritik der reinen Vernunft" und beharrt darauf, dass das Ding-in-sich-selbst, das für Kant bloß eine unbekannte I-dee war, aus eigenem Willen heraus bewusst gemacht werden kann. Der Wille ist das Ding-in-sich-selbst. Schopenhauers Wille ist nicht der indivi-duelle psychologische Wille, sondern ein universales metaphysisches Prinzip, raum- und zeitlos und ohne Ursache, genauso wie Hegels Verstand nicht nur eine individuelle Funktion ist. Schopenhauer sagt, dass der Wille sich selbst im Individuum als Impuls, Instinkt und Verlangen offenbart. Der Wille ist es, der als Bewusstsein und Körper erscheint. Auf diese Weise wird das wahre Selbst des Menschen mit dem Willen identifiziert.

So wird alles in der Welt zum Ausdruck des Willens. Die Welt ist Wille und Idee, und sie hat keine unabhängig existierende Materie. Der Wille steht über der Idee und ist die einzige Wirklichkeit. Der Wille ist blind, unbewusst, und die Idee, die bewusst ist, ist nur dessen Erscheinung im Intellekt. Wir sehen überall nichts weiter als Willen und Körper, die Ausdruck des Willens sind. Angefangen von der unbewussten Materie bis hin zum selbstbewussten Menschen regiert allein der absolute Wille. Er ist einerseits bewusst und andererseits unbewusst. Er ist der Streit, die Aktivität und die Sehnsucht, die man überall beobachten kann. Der Wunsch ist die Ursache aller Dinge. Im Sinne der Yoga Vasishtha würde Arthur Schopenhauer sagen, dass das Auge da ist, weil es Wünsche zu sehen gibt, dass das Ohr da ist, weil es Wünsche zu hören gibt. Der Körper und die körperliche Funktionen sind der Ausdruck des Willens. Die Verdauungsorgane sind die Objekte des Hungers, die Füße sind der Wunsch für die Fortbewegung, das Gehirn ist der Wunsch nach Wissen. Es gibt niemanden und keine Welt oh-ne den Willen. Das Verlangen, das Wünschen oder die Funktionen bestim-men die Natur des Seins in einer Organisation, die zum Willenskörper wird. Der Lebenswille ist die Wurzel aller Dinge. Er ist die Ursache für das Be-mühen, das Leid, der Schmerz. Der Wille ist das größte Übel, das für die Misere allen Seins verantwortlich ist.

Arthur Schopenhauers Konzept des Willens ist faszinierend. Der Wille ist die Wirklichkeit und er ist blindes Verlangen. Das Bewusstsein, bzw. die Intelligenz ist seine phänomenale Auswirkung, die sich in höheren Orga-nismen offenbart, um den Weg für das Wirken des Willens in der Welt zu ebenen. Für Schopenhauer ist die Intelligenz nicht die wesentliche Natur des Selbst. Sie ist nur ein Produkt des Gehirns, das durch den Willen für die eigenen Zwecke geschaffen wurde. Das Bewusstsein ist eine Erscheinung, der Wille ist Wirklichkeit, der die unsterbliche Macht darstellt, der niemals mit dem Tod des Menschen endet, und der niemals durch Veränderungen versiegt. Er kann sich selbst in einem sterblichen Muster als Individuum offenbaren, aber kann niemals aufhören zu sein. Der Wille ist unsterbliches Sein.

Schopenhauers Wille ist vielmehr die Mula Prakriti von Vedanta, was so viel wie unbewusste Aktivität bedeutet, als die Wirklichkeit, dessen wesentliche Natur das Bewusstsein ist. Das individuelle Bewusstsein, das sich im Intellekt ausdrückt, ist auf die Prakriti begründet, dessen Ausdruck durch den Intellekt geschieht. Der Intellekt ist das Medium, durch das sich die Intelligenz offenbart. Doch in der Vedanta ist die Prakriti nicht die Wahrheit, die Wirklichkeit. Das Bewusstsein ist nicht Ausdruck der Prakriti. Das Bewusstsein ist das Wesen der Wirklichkeit, das sich jenseits der Prakriti befindet. Doch es ist richtig, dass die Intelligenz im Menschen durch seinen unbewussten Meister, der Prakriti mit ihrer primären Lebenseinstellung von Sattva, Rajas und Tamas, kontrolliert wird. Vielleicht würde die Psychoanalyse nach S. Freud mit Schopenhauer freundlich umgehen, denn er wäre eine Hilfestellung für das Untermauern ihrer Theorie der psychologischen Bestimmung, dass das Bewusstsein immer durch die Natur des Unbewussten bestimmt wird, und dass der Freie Wille eine Illusion ist, der durch die falsche Vorstellung von einem Bewusstsein, das unabhängig vom Unbe-wussten ist, hervorgebracht wird. Der Instinkt, das Verlangen und der Drang selbst sind die Wurzel des aktiven Verstandes. Man wird dabei an Bradley erinnert, der gesagt hat, dass Metaphysik das Aufspüren der schlechten Gedanken ist, die uns an den Instinkt glauben lassen, und das Aufsuchen dieser Gedanken wiederum, ist nicht minder ein Instinkt. Doch der Wissensdrang ist keine irrationale blinde Macht. Der Instinkt, der es uns unmöglich macht, von dem ehrenwerten Unternehmen der Metaphysik abzulassen, ist ein überrationales Streben, das sich aus der Ewigkeit in uns Bahn bricht. Schopenhauers blinder Wille hat keine Antwort auf diese tiefe Wahrheit in uns, noch kann das Freud'sche Unbewusste über die Summe der nicht offenbarten schöpferischen Eindrücke und Impulse hinausgehen, die wir seit Generationen durch unsere in der Vergangenheit bewussten Handlungen hinterlassen haben. Das Bewusstsein ist weder ein Abfallprodukt des unbewussten Willens noch ist es eine Absonderung des materiel-len Gehirns.

Arthur Schopenhauers Theorie, dass das Bewusstsein nur ein Spiegel des unbewussten Willens ist, wie man sehr leicht erkennen könnte, ist eine unhaltbare Annahme. Die Argumente gegen den Materialismus wiegen sich gegen diese Sichtweise von Schopenhauer auf. Wie kann Bewusstsein durch ein unbewusstes Prinzip offenbart werden, wenn es im Unbewussten nicht bereits vorhanden ist? Wenn das Bewusstsein latent im Unbewussten vorhanden ist, dann muss selbst im Unbewussten Bewusstsein vorhanden sein, obwohl sich dieses Bewusstsein noch nicht offenbart hat. Wenn sich das Bewusstsein vom Unbewussten unterscheidet, so ist selbst dies keine Offenbarung des Unbewussten, und in dieser Lage kann selbst die Existenz des Unbewussten nicht bekannt sein, auch wenn eine Beziehung zwischen beiden gewünscht wird. Man kann genauso gut sagen, das Unbewusste existiert überhaupt nicht. Selbst wenn andererseits das Bewusstsein und das Unbewusste von derselben Wesensart sind, so wird das Unbewusste durch das Bewusstsein erleuchtet und sein Wesen wird zu Bewusstsein. Selbst unter dieser Bedingung, hört das Unbewusste auf zu existieren. Wenn das Unbewusste für sich allein steht, dann gibt es kein Bewusstsein, da es in diesem Falle nichts Unbewusstes gibt, und es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass etwas Unbewusstes existiert. Für Schopenhauer gibt es keinen Grund, sich vor der Wirklichkeit zu drücken. Die Wirklichkeit kann weder unterdrückt noch zerstört oder überwunden werden; sie ist Absolutes Sein, das jeder in sich selbst verwirklichen kann. Wie kann solch eine Wirklich-keit ein blinder Wille oder ein Körper des Verlangens sein, der Unglück hervorruft? Anstatt zu hinterfragen, um sich zum Phänomen der Wirklichkeit zu erheben, will er uns von der Wirklichkeit befreien. Zudem sollte das Wirkliche notwendigerweise gut sein. Es bedarf keiner Argumente, um dies zu beweisen, denn das Wirkliche unterscheidet sich nicht vom eigenen Selbst. Müssen wir von unserem eigenen Selbst davonlaufen? Haben diese Lehren irgendeinen Sinn?

Schopenhauers Wille, das Prinzip des Übels, muss als ein kosmisches Konzept des individuellen Willens betrachtet werden, was durch das Übel des Verlangens charakterisiert ist. Ein kosmisches Sein kann für sich selbst nicht übel sein, denn kein ethischer oder moralischer Wert, kein Wunsch, kein Vergnügen oder Schmerz kann einem Über-Individual zuge-ordnet werden. Das Übel findet sich nur im Individuellen und nicht in der Wirklichkeit. Man kann die Theorie einer ursprünglichen kosmischen Exis-tenz akzeptieren, da die Prakriti der Vedanta und eine bewusste Idee darin als Ishvara oder Hiranyagarbha erscheinen. Doch wir können diese bewusste Idee nicht zu einer Erscheinung des Unbewussten machen, denn Bewusstsein kann sich nicht aus dem Unbewussten entwickeln. Wir müs-sen eine Wirklichkeit postulieren, dessen wesentliche Natur das Bewusst-sein ist, und das sich selbst im kosmischen Unbewusstsein als die bewusste Idee offenbart. Außerdem muss das Übel dem individuellen psychologi-schen Willen zugeordnet werden, der sich wie ein verzogenes Kind des kosmischen Willens gebärdet, und er sollte nicht wie der kosmische Wille selbst betrachtet werden, der als metaphysisches Prinzip das Gute und das Übel transzendiert. Schopenhauers Rat, dass man sich selbst vom üblen Willen befreien sollte, läuft auf nichts weiter hinaus, als das die individuelle Existenz durchdrungen wird; es kann nicht bedeuten, dass die Wirklichkeit zu vermeiden sei, was unmöglich ist. Er hat den Fehler gemacht, den individuellen Willen in den Kosmos zu projizieren und ihn dabei als eine metaphysische Wirklichkeit anzusehen. Selbst wenn der Wille aller ein Übel wäre, so bedeutet dies nicht, dass der kosmische Wille ein Übel ist, denn selbst alle individuellen üblen Willen zusammengenommen können nicht den kosmischen Willen ausmachen. Die Argumentation gegenüber Kants Annahme, dass die Kategorien des Verstehens, die in den Sinnen aller Menschen objektiv vorhanden sind, die Natur der wahrgenommenen Objekte bestimmen, ist auch auf Schopenhauers Glaube anwendbar, dass der üble Wille eine metaphysische Existenz hat. Wille ist nicht gleich Wirk-lichkeit; er ist die dynamische ausführende Macht des Bewusstseins, kos-misch wie individuell. Im Kosmos ist er frei; im Individuum ist er gebunden und bestimmt das Geschehen.

Schopenhauers Philosophie ist sehr wertvoll, wenn man sie auf die Psychologie anwendet und nicht als ein überzeugendes System der Meta-physik betrachtet, ohne dabei gleichzeitig zu vergessen, dass während sich die Psychologie mit den Verhaltensweisen und den Funktionen des indivi-duellen Geistes befasst, sie völlig das transzendentale Streben und das ech-te bewusste Bemühen des höheren Verstandes im Menschen außer Acht lässt. Unser Wünschen, sagt Schopenhauer, ist die Grundlage des Verstan-des und bestimmt das Denken. Es ist nicht so, dass wir denken, und damit wünschen wir, sondern das Denken ist der Diener des Wünschens, - der Wunsch ist der Vater des Gedankens. Der Wunsch wird als Meister des Ge-dankens selbst betrachtet. Man kann nicht die Menschen dadurch beein-flussen, dass man immer an ihr Verständnis appelliert; das Verstehen wird durch das Verlangen dominiert. Wir müssen auf den Willen verweisen, der der Sitz des Wunsches ist. Schopenhauer glaubt, dass es sinnlos ist mit den Menschen zu diskutieren und zu argumentieren, denn sie können niemals gedanklich überzeugt werden, sondern sie geben nur nach, wenn man ihren "freien" Willen, ihre persönlichen Wünsche, ihr Verlangen oder ihre Inte-ressen anspricht. Wir vergessen, was wir wirklich nur verstehen, sondern wir erinnern uns, was wir wünschen. Der Verstand oder das Verstehen ist lediglich ein Werkzeug in den Händen des Verlangens und den Befürchtun-gen des Willens. Der Wille zu leben, und nicht das Verstehen, ist die Trieb-feder aller Handlungen. Schopenhauer würde uns zustimmen, wenn wir behaupteten, dass das ganze Leben ein Kampf um Nahrung, Kleidung, Schutz von äußeren Angriffen und Sex ist. Wir müssen nur hinzufügen, obwohl Schopenhauer offensichtlich nicht die Geduld hatte, darüber nach-zudenken, dass es einen höheren Instinkt, ein geheimes Streben im Menschen gibt, das alle niederen Instinkte ablöst, das Streben nach dem Wissen um die Wahrheit, ungeachtet dessen, dass dieses bei den Menschen selten zu beobachten ist.

Organische Anziehungskraft und mechanische Zugwirkung sind für Schopenhauer Ausdrucksformen des Lebenswillens. Dieser Wille versucht fälschlicherweise den Tod durch Selbstreproduktion zu überwinden. Dies ist gemäß Schopenhauer der Grund für den starken Sexualtrieb bei allen Lebewesen. Dies ist nur eine andere Ebene des Lebenswillens, seine Behauptung der Unsterblichkeit, sein Versuch als Individuum der Spezies ewig zu leben. Die Instinkte der Selbsterhaltung und der Selbstreproduktion unterscheiden sich nicht voneinander. Die Letztere ist nur der Prozess, um die Existenz des Vorangegangenen auch in Zukunft sicherzustellen. Und doch gibt es nur einen Instinkt des turbulenten unstillbaren Lebenswillens. Der Intellekt hat keine Macht über diesen Instinkt. Schopenhauer macht die Liebesromanzen zu einem feinen Plan des Lebenswillens, zu Instrumenten, mit denen er sich in seinen dunklen und wilden Handlungen selbst schützen will. Er schließt damit, dass die sexuelle Liebe dem Individuum Kummer bereitet, denn ihr Ziel ist weder zum Vergnügen noch zum Wohle für das Individuum, sondern dient der Fortpflanzung der Spezies, denn dessen Na-tur, die klugerweise den Verstand des Individuums beherrscht und dazu bringt, der Illusion des eigenen Vergnügens zu vertrauen, wird fortbestehen. Auf diese Weise endet der Wille zum ewigen Leben mit einem Sieg, denn was hier unsterblich gemacht wird, ist nicht das Individuum, sondern die Spezies. Das Individuum wurde geschickt getäuscht! Vergnügen hat keinen Platz im Prozess der Erhaltung der Spezies.

An dieser Stelle gibt Schopenhauer lediglich eine psychologische Interpretation des Lebenswillens, der sich selbst als Wille zur Reproduktion behauptet. Seine metaphysischen Verwicklungen bedürfen der Entdeckung im dialektischen Prozess von Hegel und in der "Zufriedenheit der tatsächlichen Existenz" in der Philosophie von Whitehead. Das Neutralisieren von Thesen und Antithesen in der Synthese, was der Weg aller Dinge ist, die sich selbst erschaffen und wieder neu beleben, und was Hegel bewog, den Integrationsprozess der höheren Evolution der Individuen auf dem Weg der Verwirklichung des Selbstbewusstseins im Absoluten zu beschreiben, wird bei den relativen Individuen verzerrt angewendet, denn solch ein höherer Zweck der Reproduktion ist unbekannt. Bei Whitehead wird die Hegel'sche Dialektik weiter ausgeführt. Die "tatsächlichen Existenzen" von Whitehead liefern die Informationen, nach denen gesucht wird, um den natürlichen Drang der Schöpfung zur Zufriedenheit zu vereinen. Einer "tatsächlichen Existenz" wird nachgesagt, dass sie sich des Schöpfungsprozesses aus ihren eigenen Daten heraus erfreut und eine Zufriedenheit in ihrer Einmischung empfindet. Eine "tatsächliche Existenz" wird zu einem "Übersubjekt", wenn es aus der zuvor existierenden Welt "tatsächlicher Existenzen" auf-taucht. Dieses deutet darauf hin, dass der Schöpferdrang in allen Dingen gegenwärtig ist, was sie in ihrer höheren typischen Existenz zu einem in-tegrierenden bewussten Marsch zur Verwirklichung des Absoluten führt, und sie in ihrem weniger gebundenen und widergespiegelten Aspekt in sterblichen Individuen eine Form eines blinden Suchens nach einem Auf-rechterhalten der Spezies annehmen lässt. Hier wird der niedere Aspekt zum Hohn des Höheren. Die griechischen Philosophen hatten offensichtlich diesen Hintergedanken, wenn sie darauf beharrten, dass sexuelle Liebe in der Welt der Sinne einen Schatten göttlicher Liebe repräsentiert. Auch die hinduistische Ethik sieht die Hochzeit nicht als einen Liebesvertrag, son-dern als Sakrament, als eine fromme Vereinigung der Seelen zur Erfüllung in einem höheren Sinne als die Banalität an. Es war nicht irgendein Ele-ment der Leidenschaft, sondern eine pflichtbewusste Hingabe zum Gesetz, dass die Bedeutung der Heirat in der früheren Hindugesellschaft bestimm-te. Es war ein spirituelles Ziel, das die Vereinigung zum Sex steuerte.

Es muss jedoch angefügt werden, dass all diese reine Metaphysik in den hoch entwickelten Gesellschaften angesiedelt ist, da die normal Sterb-lichen in der Welt der Sinne ihre Augen ständig verschlossen und dum-merweise die Natur der Spiritualität in allen Dinge vergessen haben, und ihnen bleibt damit nicht nur der Segen durch das Verlangen dieser höheren Verwicklungen versagt, sondern sie werden kopfüber in den Morast von Bindungen und Kümmernissen gestürzt. Es muss wie eine Regel aufrecht erhalten werden, die solange keine Möglichkeit zulässt, die Spiritualität in den äußeren Objekten zu erkennen, wie man in einem Gefängnis der Welt der Unwissenheit, des Wünschens und der Bindungen eingekerkert ist. Schopenhauer beschreibt die niedere empirische Seite bildlich und erhebt sich nicht zu den Höhen, denn bekanntermaßen ist der Mensch heutzutage nicht in der Lage zu verstehen. Für Schopenhauer ist Heirat die Desillusion von Liebe, - ein Trick, durch den jeder zum Opfer des blinden Willens ge-macht wird. Schopenhauer sagt, dass der Wille besiegt werden kann, wenn der Wille zur Reproduktion überwunden wird. Der Wille zur Reproduktion ist das größte Übel, denn er versucht die Misere der individuellen Existenz unsterblich zu machen.

Schopenhauer sagt, dass die Leidenschaft durch Kenntnis des Wil-lens unterdrückt werden kann. Der meiste Schrecken würde aufhören schrecklich zu sein, wenn er in Beziehung zu seinen Ursachen richtig er-kannt werden könnte. Selbstkontrolle bietet den Menschen den größten Schutz vor allen äußeren Zwängen und Angriffen. Wahre Größe bedeutet die Meisterschaft über sich selbst und nicht der Sieg über die Welten. Die Freude von innen ist größer, als das Vergnügen von außen. In sich selbst zu leben, heißt in Frieden zu leben. Der üble Wille kann durch bewusste Kon-templation auf die Wahrheit der Dinge überwunden werden. Auch Scho-penhauer empfiehlt die Gemeinschaft mit den Weisen und die vertrauens-volle Beziehung zu ihnen als Hilfestellung bei der Kontemplation. Das Wissen ist der große Reiniger des Selbst im Menschen. Wenn die Welt nicht durch die Sinne, sondern durch das Wissen gesehen wird, dann wird der Mensch vom Übel und der Bindung des Willens befreit. Das Wissen bringt uns zum universalen Wesen.

Wie kann dieses tiefe Innere mit der Vorstellung übereinstimmen, dass das Bewusstsein, die Intelligenz oder das Wissen nur Phänomene bzw. Erscheinungsformen des Willens sind? Wie kann das Wissen den Men-schen vom Willen befreien, wenn er nur eine Schöpfung des Willens ist? Und weiter, wenn der Wille Wirklichkeit und auch noch blind und übel ist, dann kann es so etwas wie Freiheit nicht geben, denn das letztendliche Ziel der Existenz ist die Rückkehr zur Wirklichkeit, und dann wäre die ewige Erfahrung das üble Unbewusste, was wir anstreben müssten, um mit ihm eins zu werden. Wie könnte ein Nirvana bzw. ein Erreichen von Glückse-ligkeit oder ein Frieden des Willens möglich sein, wo für Schopenhauer so inständig plädiert, wenn der Wille Wirklichkeit und das Bewusstsein dessen Wirkung ist? Wie könnte Schopenhauer uns solch eine keusche Philosophie geben, wenn sein Intellekt eine Erscheinung des üblen Willens ist? Wird seine Philosophie nicht dann selbst zu einem Produkt des blinden und üblen Verlangens? Schopenhauer gibt den Beweis für einen konfusen Geist, der nach einem universalen und ewigen Frieden in vollkommenem Wissen strebt, dann aber gleichzeitig dieses Streben verdammt, indem er die Wirk-lichkeit als einen blinden und üblen Willen anprangert. Seine Resignation gegenüber dem Askententum, das, wie er sagt, den Willen zerstören und zur Freiheit führen kann, zeigt, dass der Wille nicht die Wirklichkeit, son-dern nur ein Festhalten an der individuellen Existenz sein kann, und dass die Wirklichkeit die Freiheit, die Glückseligkeit und der Friede ist.

Ein Erkennen von Beschränkungen, Leid, Verlangen und Übel in der relativen Welt gehört ohne jeden Zweifel an den Anfang einer jeden Philosophie. Doch Arthur Schopenhauer lässt sich häufig zu extremen Aussagen hinreißen, die ein nüchterner Geist nur mit Schwierigkeiten akzeptieren kann. Die Grenze wird erreicht, wenn die Wirklichkeit als etwas Übles angesehen wird. Solch eine Theorie ist das Ergebnis einer unvollkommenen und ein-seitigen Sichtweise des Lebens, obgleich er manchmal daneben mit einer Art von Vorurteil und einem persönlichen Gefühl den Anschein eines tiefen Wissens und der Weisheit vermittelt, was eine Bewunderung in der den-kenden Welt hervorruft. Schopenhauer ist ebenso wie Kant und Hegel ein Genie, doch dieser geniale Geist wird häufig genug durch bestimmte unrei-ne Schlussfolgerungen, eine fehlerhafte Metaphysik und einen Versuch verdorben, ein Gefühl für etwas Ganzes zu geben, obwohl nur eine Seite der Natur der Dinge angesprochen wird. Das Übel beherrscht uns, wenn wir durch Verlangen gesteuert werden, doch jenseits davon ist ein Ziel, das wir erreichen müssen, das unübertreffliche Schönheit und ewige Glückse-ligkeit verheißt. Es muss jedoch letztendlich hinzugefügt werden, dass Schopenhauer der Menschheit einen großen Dienst erwiesen hat, indem er darauf hingewiesen hat, dass das Leben nicht nur eine rosige Seite hat, sondern dass es auch eine dunkle und bittere Seite der Existenz gibt, dass es Unwissenheit, Betrug, Leid und Schmerz gibt, und dass keine Philoso-phie, die diese Binsenweisheit ignoriert, jemals auf Vollkommenheit hoffen darf.

Quellen

Weblinks