Purna Matsyendrasana - Voller Drehsitz
Purna Matsyendrasana, der volle Drehsitz, ist eine fortgeschrittene Yoga Stellung, Asana, bei welcher aus dem Lotussitz heraus der Rumpf gedreht wird. Erfahre hier, was Purna Matsyendrasana ist, wie aus Ardha Matsyendrasana der volle Drehsitz entsteht, wozu er gut ist. Mit Videos und Fotos. Purna Matsyendrasana wird auch genannt Paripurna Matsyendrasana.
Das Sanskritwort Purna Matsyendrasana
Purna Matsyendrasana, Sanskrit पूर्नमत्स्येन्द्रासन pūrnamatsyendrāsana n.: Die volle Yogastellung des Matsyendra. Purna=voll, vollständig. Matsya = Fisch. Indra = Herr, höchster Gott. Matsyendra = Herr der Fische, Name eines großen Hatha Yogi. Asana = Stellung, Körperhaltung, Yogastellung.
Heinz Grill zu "Purna matsyendrasana- der vollständige Drehsitz"
Während ein Bein im Lotus in die Leistenbeuge angewinkelt ist, führt der Übende gleichermaßen, wie beim halben Drehsitz ardha matsyendrasana den Arm mit Gegendruck auf das hochgestellte Bein und ergreift den auf den Boden gestellten Fuß an seiner Innenseite. Durch die besondere Stellung der Lotushaltung des unteren Beines, entwickelt sich die Übung nur innerhalb eines großen Spannungsverhältnisses in den Beinen, von Zug und Gegenzug. Der okzidentale Yogapraktizierende, der weniger an die Sitzhaltung am Boden gewohnt ist, erlebt diese Stellung meist mit unaufhaltsamen Schwierigkeiten.
Zur Ausführung von Purna Matsyendrasana, vollständiger Drehsitz
- Zunächst bereite man sich am besten auf die intensive Haltung vor, indem man zumindestens für jeweils 2 Minuten den halben Drehsitz auf jede Seite praktiziert. Auch die Praxis des Lotus empfiehlt sich.
- Eine Ausdehnung der Wirbelsäule in eine größere Drehung, die beim vollständigen Drehsitz sinngemäß erscheint, geschieht durch eine weitere Vorübung. Der Übende winkelt ein Bein in den halben Lotus und hält das andere am Boden entlang gestreckt. Nun wird die Wirbelsäule der ganzen Länge nach aufgerichtet und der Übende ergreift mit dem gegensätzlichen Arm das angewinkelte Schienbein, knapp oberhalb des Knöchels. Jeweils werden beide Seiten geübt.
- Nun winkelt der Übende nochmals den linken Fuß in die rechte Leistenbeuge und schlägt das rechte Bein aufgestellt über das linke Knie. Man beachte dabei explizit, dass dieser Fuß nur knapp an der Innenseite des Kniegelenkes postiert wird. Die Bewegung sollte mit diesem angewinkelten Bein von allem Anfang an aktiv aus der Hüfte geschehen, damit das Kniegelenk innerhalb der starken Gesamtspannung eingebunden bleibt und der Übende Aussenbandüberdehnungen oder Meniskusverletzungen vorbeugen kann.
- Nun stützt sich der Übende mit dem rechten Arm nach der Seite auf und führt mit groß ausladender Gegenbewegung den linken Arm hinüber und ergreift den rechten Fuß. Weiterhin hält er über die gesamte Haltedauer das angewinkelte Bein, von der Hüfte ausgehend, in einer durchlaufenden Spannung. Der Kopf dreht sich entsprechend über die Schulter nach rechts. (Foto)
- Vorsichtig wird die Stellung wieder gelöst und schließlich im gleichen Sinn auf die andere Seite geübt.
Eine noch schwierigere Variation zu dieser bereits unter purna matsyendrasana bekannten Drehsitzposition, entwickelt sich, wenn der Übende den aufgestützten Arm über den Rücken führt und mit den Fingern das Schienbein ergreift. Die Drehung wird durch das weite Zurückneigen der Schulter in der ganzen Länge der Wirbelsäule sehr intensiv und gleichzeitig fordert diese Vervollständigung ein höchstes Maß an Gleichgewicht. (Foto)
B.K.S. Iyengar bezeichnet diese Stellung als paripurna matsyendrasana. Pari heißt so viel wie „heftig“ und „herum“. Es wird mit diesem Wort eine noch intensivere Drehung um die Achse des Körpers beschrieben.
Wirkungen von purna matsyendrasana
Es mutet eigenartig an, wenn man bei dieser sehr extrem fortgeschrittenen Stellung von einer Massage der Bauchorgane spricht, die die Verdauung verbessert. Des weiteren entsteht eine starke Entstauung von den seitwärtsgelagerten Organen, wie von der Leber oder der Milz. Die Wirkungen einer intensiven Massage auf die verschiedenen Bauchzonen und Bauchorgane sind zweifelsfrei gegeben. Die Bedeutung von purna matsyendrasana ist jedoch seine hohe Bewusstseinsdimension, die dadurch entsteht, dass der Übende sich außerordentlich intensiv durch die im Lotus gehaltene Beindynamik auf das Zentrum der Wirbelsäule ausrichten muss. Wie erdlosgelöst sitzt der Praktizierende von purna matsyendrasana auf der Seite des Oberschenkels und berührt nur mit einem Fuß den Boden. Das Gleichgewicht muss sensibel koordiniert werden. Von unten nach oben, wie auch von oben nach unten erlebt der Ausführende die zentrale Achse der Wirbelsäule und ihre innerste Linie. Eine intensive Bewegung des Liquors im zentralen Nervenkanal, die jegliche Stauung eliminiert und den Gesamtfluss erhöht (susumna nadi), tritt ein, ist es doch rein physiologisch gesehen der Liquor, in seiner die Nerven umhüllenden Funktion, der dem Gehirn und der Wirbelsäule eine gewisse Schwerelosigkeit verleiht. Die Stellung wirkt dadurch äußerst anregend und gleichzeitig verinnerlichend und beruhigend.
Gegenindikationen zu purna matsyendrasana
Das Üben des vollständigen Drehsitzes sollte nur bei gesunden Kniegelenken riskiert werden. Ein langsames behutsames Vorgehen ist mit Nachdruck zu erwähnen, da die Bänderzonen des angewinkelten Knies sehr leicht verletzt werden können. Wichtig erscheint eine größtmögliche Mobilität im Hüftgelenk, die mit der Zeit die Sitzhaltung am Boden in jeglicher Weise, wie auch im Lotus, ermöglicht.
Des weiteren muss der Übende auf das Umfallen im vollständigen Drehsitz achten, denn bei diesem kann er sehr leicht die Spannung im unteren Bein verlieren und das stark im Lotus angewinkelte Knie verletzen.
Cakren
Je nachdem wie dem Übenden das Aufrichten des Brustkorbes und des Kreuzbeines gelingt, kann er die einzelnen Zentren der Mitte erlebensnah fühlen. Grundsätzlich aber werden in dieser grazilen Haltung das sechste und siebte Zentrum, das ajna und sahasrara cakra, angesprochen, Die Formung einer Linie von unten nach oben, und die hohe Anteilnahme des Bewusstseins, das von oben nach unten oder vom Geist zum Körper wirkt, aktiviert das Haupt von diesen oberen Zentren ausgehend.
Quellen
- Günther Braunger „Rhythmische Strukturen“, 1975.
- B.K.S. Iyengar „Licht auf Yoga“ S. 175, 1990.
- Heinz Grill „Die Vergeistigung des Leibes“, 114 ff., 1995.
Heinz Grill ist Heilpraktiker, Autor spiritueller Literatur und der Begründer eines geistigen Schulungsweges, des „Yoga aus der Reinheit der Seele“, später von ihm auch als „Neuer Yogawille“ benannt.