Alexander Technik
Das Erlernen der Alexander-Technik ermöglicht es uns, uns freier und in Balance zu bewegen, konstruktiv mit Stress umzugehen, natürlicher zu atmen und zu sprechen, klarer zu denken und fast jede erdenkliche Tätigkeit besser und wirksamer auszuüben.
Die Alexander-Technik ist eine pädagogische Methode und beschäftigt sich mit dem Erkennen und Ändern von Gewohnheiten, besonders von körperlichen Fehlhaltungen, die sich durch Verspannungen, Schmerzen oder Funktionseinschränkungen äußern. Die Alexander-Technik bietet eine individualisierte Methode, um Fertigkeiten zur Selbsthilfe zu erlernen. Ihre Prinzipien sollen dabei helfen, Gewohnheiten, die den Haltungstonus und die neuromuskuläre Koordination negativ beeinträchtigen, wahrzunehmen, zu verstehen und zu vermeiden. Besondere Bedeutung hat die Methode für Menschen, die ihrem Körper oder ihrer Stimme besondere professionelle Leistungen abverlangen: z. B. Musiker, Schauspieler, Sänger, Tänzer oder Sportler. Benannt ist sie nach ihrem Begründer Frederick Matthias Alexander.
Grundannahmen der Alexander Technik
Eine grundlegende Annahme der Alexander-Technik ist, dass Gewohnheiten einen maßgebenden Einfluss auf die Ausführung alltäglicher Handlungen haben. Es wird davon ausgegangen, dass die menschliche Körperwahrnehmung (u.a. die Kinästhesie = Bewegungsempfindung) durch jahrelange Gewohnheiten unzuverlässig wird, jedoch durch einen entsprechenden Lernprozess wieder zurückgewonnen werden kann. Die Beziehung zwischen Kopf, Hals, Nacken und Rumpf hat in der Alexander-Technik eine zentrale Bedeutung und wird mit dem Begriff "Primärkontrolle" (englisch "primary control") bezeichnet. Wichtige Prinzipien der Alexander-Technik sind das Innehalten (engl. "inhibition") und die Arbeit mit mentalen Direktiven (englisch "directions").
Alexander Technik – Entscheidungsfreiheit in Deinen Bewegungen trotz Gewohnheiten
Frederick Matthias Alexander (1869 - 1955) war ein junger, talentierter Schauspieler. Seine besondere Vorliebe galt der Rezitation großer Shakespeare-Monologe. Einige Jahre nach Beginn einer vielversprechenden Karriere begann er jedoch unter Heiserkeit zu leiden, die regelmäßig während seiner Darbietungen auftrat. Die Heiserkeit konnte so stark werden, dass ihm die Stimme versagte. Die Schwierigkeiten mit seiner Stimme drohten, seiner Karriere ein Ende zu setzen. Medizinische Behandlungen und Sprechtraining brachten ihm zu seiner großen Enttäuschung nicht den gewünschten Erfolg.
Alexander entschloss sich, den Ursachen seiner Beschwerden selbst auf den Grund zu gehen. Er hatte dabei den Verdacht, dass er seine Schwierigkeiten womöglich selbst verursachte. Also begann er, systematisch und minutiös mithilfe von Spiegeln zu beobachten, was er eigentlich tat, um zu sprechen.
Er fand unter anderem grundlegende Zusammenhänge zwischen seiner Stimme und der gesamten Körperkoordination (Zusammenspiel aller Körperteile). Eine besonders wichtige Entdeckung bestand darin, dass er bereits auf die Vorstellung des Sprechens mit einer Anspannung reagierte.
Da es in der Alexander-Technik darum geht, "wie wir Dinge tun" und nicht so sehr darum, "was wir tun", gibt es praktisch unbegrenzte Anwendungsmöglichkeiten.
Wir lernen uns von einfachen zu komplexen Bewegungen und Tätigkeiten zu entwickeln
Die Alexander-Technik wird zumeist an einfachen alltäglichen Bewegungen und Tätigkeiten wie Hinsetzen, Aufstehen, Stehen, Gehen oder Liegen gelernt. Nach einigen Unterrichtsstunden können Bücken, Greifen, Heben und viele sonstige Bewegungen und Tätigkeiten des alltäglichen Lebens dazu kommen. Schließlich wird die Alexander-Technik je nach Wunsch angewendet auf komplexere Aktivitäten, die die Schülerin oder den Schüler besonders interessieren. Das kann sowohl das Arbeiten am Computer, das Spielen eines Musikinstrumentes, Laufen, Radfahren oder Reiten sein.
Innehalten und die Befreiung von hinderlichen Gewohnheiten und Vorstellungen
Im Zuge des Lernens bemerken die Schülerinnen (bzw. Schüler) ungünstige Gewohnheiten, die sie in ihren Bewegungen und Tätigkeiten behindern und die häufig dazu führen, dass viel zu viel Kraft aufgewendet wird, der Körper aus der Balance gerät und die unterschiedlichsten Beschwerden entstehen. Gleichzeitig entwickeln die Schülerinnen eine zuverlässigere Sensibilität für veränderte Bewegungsweisen und deren Auswirkungen. Im Unterricht wird auch erkundet, inwieweit sich die Schülerinnen von vorgefassten und evtl. hinderlichen Ideen darüber leiten lassen, wie etwas getan werden sollte. Solche zumeist unbewussten Vorstellungen und Überzeugungen stellen häufig den Kern und die Ursache ungünstiger Gewohnheiten dar.
Neben der Selbstbeobachtung und Selbstwahrnehmung lernen die Schülerinnen, auf Reize nicht unmittelbar zu reagieren und auch ganz bewusst eine einmal als ungünstig erkannte Bewegungsgewohnheit zu unterlassen. Diese Fähigkeit wurde von F. M. Alexander inhibition genannt (im Deutschen Innehalten oder Stoppen). Sie ist eine Schlüsselfähigkeit, um einen Umgang mit sich selbst und dem eigenen Körper zu entwickeln, der unseren natürlichen Anlagen entspricht.
Eine neue gedankliche Selbstorientierung
Schließlich wird im Unterricht auch die Fähigkeit eingeübt, sich selbst gedanklich neu zu orientieren (auszurichten). Beispielsweise durch die Vorstellung, den Hals frei zu lassen, sodass sich der Kopf nach vorne und oben orientieren kann, die ganze Wirbelsäule lang und der Brustkorb weit werden können. Diese neue Art zu denken wird sowohl vor der Ausführung einer Bewegung oder Tätigkeit als auch während ihres Ablaufs geschult und ausgebildet. Es ist diese Fähigkeit, die es den Schülerinnen ermöglicht, einen natürlich koordinierten Bewegungsfluss zu erreichen.
Welchen Nutzen haben sie von der Alexander Technik?
- um ihren täglichen Aufgaben und Aktivitäten mit mehr Leichtigkeit, Beweglichkeit und Gelassenheit nachzugehen,
- um in ihren anspruchsvollen Berufstätigkeiten, z.B. bei der Computerarbeit, leistungsfähig, kreativ und gesund zu bleiben,
- um ihr Körperbewusstsein, ihre Körperhaltung und ihren Gesundheitszustand zu verbessern,
- um ihren musikalischen, tänzerischen oder schauspielerischen Ausdruck zu verfeinern,
- um mit mehr Präsenz und Ausstrahlung vor Publikum zu sprechen,
- um den Freizeitsport besser genießen zu können und im Leistungssport noch erfolgreicher zu werden,
- um auch in besonderen Lebenslagen wie dem Altern, einer Behinderung, nach einem Unfall oder während einer Krankheit innerlich aufrecht, lebendig und zuversichtlich zu bleiben,
- um den besonderen Herausforderungen von Schwangerschaft und Geburt koordiniert und in Balance zu begegnen,
- um sich durch mehr Bewusstheit in alltäglichen Situationen persönlich zu entwickeln und das eigene Potential zu entfalten.
Lernen im Einzelunterricht
Den Einzelunterricht kann man sich vorstellen als eine praktische Erkundung, begleitet von Gesprächen zwischen Lehrerin (bzw. Lehrer) und Schülerin (bzw. Schüler), wobei Beobachtungen und evtl. Schwierigkeiten der Schülerin besprochen werden, die Lehrerin ihre eigenen Beobachtungen einbringt und die Schülerin auch mit ihren Händen dabei unterstützt, sich selbst in den gewählten Bewegungen und Tätigkeiten neu zu steuern und zu erfahren. Lehrerinnen und Lehrer der F. M. Alexander-Technik sind darin ausgebildet, feinste Spannungsmuster bei ihren Schülern mit ihren Händen zu bemerken und sie auch in geführten Bewegungen beispielhaft erfahren zu lassen, wie eine fließende Bewegung mit wenig Aufwand entstehen kann. Der Unterricht ist individuell abgestimmt, nach den Bedürfnissen des einzelnen Menschen.
Lernen in der Gruppe
Viele Alexander-Technik-Lehrerinnen und -Lehrer bieten auch Gruppenveranstaltungen an, zum Beispiel Einführungsabende oder mehrwöchige Abendkurse, Wochenend-Seminare oder Ferienkurse, in denen die Alexander-Technik kennengelernt oder vertieft werden kann. Es werden auch Kurse zu speziellen Anwendungsmöglichkeiten der Alexander-Technik, zum Beispiel beim Singen, Tanzen, Wandern, Radfahren oder Reiten angeboten. [1]
Siehe auch
Literatur
- Renate Wehner: Alexander-Technik: Achtsame Übungen für mehr Körperharmonie; 2013
- Adrian Mühlebach: Vom Autopiloten zur Selbststeuerung: Alexander-Technik in Theorie und Praxis; 2011
- Helmut Rennschuh: Das Richtige geschieht ganz von allein: Loslassen mit Alexander-Technik und Zen; 2010
- Pedro del Alcantara: Alexander-Technik für Musiker; 2002
- Peter Geißler: Regression in der Körperpsychotherapie. In: Gustl Marlock, Halko Weiss: Handbuch der Körperpsychotherapie. Schattauer, 2006, ISBN 3-7945-2473-X, S. 601
- Wiltrud Krauss-Kogan: Die Bedeutung des Körpers in der Gestalttherapie. In: Gustl Marlock, Halko Weiss: Handbuch der Körperpsychotherapie. Schattauer, 2006, ISBN 3-7945-2473-X, S. 911
- Alexander-Technik-Verband Deutschland (ATVD) e.V. Alexander-technik.org. Abgerufen am 18. September 2010.
- Jan E. Lindsten: Physiology or medicine: 1971-198. World Scientific, Singapore; River Edge, N.J. 1992, ISBN 981-02-0791-3, S. 124 (Fotos von Sitzpositionen, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche, abgerufen am 18. September 2010).
- Ernst, PH Canter: The Alexander technique: a systematic review of controlled clinical trials. Karger, 2003, PMID 14707481
Studie: Alexander-Technik lindert chronische Rückenschmerzen. aerzteblatt-studieren.de. 22. August 2008
- Maurits van Tulder: Randomised controlled trial of Alexander technique lessons, exercise, and massage (ATEAM) for chronic and recurrent back pain - Little et al. 337. bmj.com.
- JA Dennis, CJ. Cates: Alexander technique for chronic asthma. Cochrane Database of Systematic Reviews 2000, Issue 2. Art. No.: CD000995. doi:10.1002/14651858.CD000995, PMID 10796574
Weblinks
- Alexander Technik Schule Berlin
- Über Frederick Matthias Alexander (Englisch)
- Alexander Technik
- Wikipedia Alexander Technik
- Finde schnell ein Yoga Seminar
- Finde ein Yoga Center in deiner Nähe
- Fragen zu Rückenschmerzen: Um was handelt es sich bei der Alexander-Technik?
- Links zu Verbänden, Freunden und Kollegen rund um Hamburg zum Thema Alexander Technik
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