Beifuß
Beifuß (Artemisia vulgaris) Der Gemeine Beifuß oder Gewöhnliche Beifuß gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae); er wächst am Wegesrand, auf Geröll- und Schuttplätzen, an Flussufern und im Gebüsch; heute wird er wenig beachtet, ist jedoch ein wertvolles Heilkraut und wurde in früheren Jahrhunderten als "Mutter aller Kräuter" angesehen und hoch geschätzt, auch schon bei den alten Ägyptern und Römern. Beifuß wird bis zu 2 m hoch und es gibt eine europäische und eine asiatische Art. Beifuß ist gut zu erkennen an seinem rötlichen Stengel und an der weißlich filzigen Unterseite der Blätter.
Beifuß soll nicht über längere Zeit oder in hoher Dosis verabreicht werden, da Thujon (ätherisches Öl) giftig ist. In der frühen Schwangerschaft kann Beifuß Fehlgeburten auslösen; Schwangere sollten daher auf den Verzehr lieber verzichten.
Der Beifuß soll auch magischen Schutz verleihen und wird von Schamanen und Heilern vielfach eingesetzt, um schlechte Energien zu vertreiben; dies ist noch an vielen "magischen" Namen zu erkennen ("Besenkraut, Fliegenkraut, Weiberkraut, Thorwurz, Dianakraut, Sonnenwendkraut, Sonnenwendgürtel" usw.). Der Beifuß ist wärmespendend und findet auch als Gewürzpflanze Verwendung; darauf deutet sein Name "Gänsekraut" hin.
Die Pollen des Beifuß können starke Allergien auslösen.
Der Beifuß als Johanniskraut und Schamanenpflanze
Der Beifuß ist ein altes Räucherkraut; schlechte Energien wurden mit ihm vertrieben. Schon in der Altsteinzeit wurden mit dem Rauch Schamanen geweiht; der Rauch des Beifuß diente der Reinigung auch vor der schamanischen Reise. Die Südtiroler Bezeichnung "Besenkraut" deutet noch auf diese "Flugunterstützung" hin.
Schwangeren Frauen drückte die Hebamme bei der Geburt ein Büschel Beifuß in die Hand, um die Niederkunft zu erleichtern und zu beschleunigen. Das Frauenkraut Beifuß stand für die Anwesenheit und den Beistand der Großen Göttin, der Frau Holle, die die Mütter beschützte, oder der Artemis, Schutzgöttin der Hebammen. Die Geburt war heilig, sie wurde erlebt als ein Augenblick der Extase und der Transzendenz des sterblichen Egos der Gebärenden (Storl, Hexenmedizin, S. 82). Der Beifuß regte die ausbleibende Menstruation an, wurde zur Abtreibung toter Föten und der Nachgeburt genutzt. Dazu wurden den Frauen Sitzbäder und Tees verabreicht, die schon Dioskurides erwähnt (siehe unten).
Mit Büscheln von Beifuß wurden Kranke abgerieben, um die Krankheit zu vertreiben. Ein Büschel Beifuß, mit den Spitzen nach unten am Dach aufgehängt, sollte nach dem Volksglauben auch vor Blitzschlag schützen.
Der Beifuß gehörte oft zum Büschel der Johanniskräuter (Arnika, Bärlapp, Beifuß, Hartheu, Kamille, Quendel, Ringelblume, Schafgarbe, Salbei und andere, je nach Region) die am 23./24. Juni, also in der Nähe der Sommersonnenwende, zu einem Strauß von jeweils 9 Kräutern zusammengebunden wurden. Schamaninnen (weise Frauen, Kräuterkundige, "Hexen") wie auch Bäuerinnen sollen diese Kräuter nackt um Mitternacht gepflückt haben. Um die Heilkraft der Kräuterbüschel zu stärken, schauten die Frauen "durch das Büschel hindurch ins Feuer und sprachen dazu einen Spruch, etwa: 'Keine Beule werde an meinem Leibe, kein Bruch an meinem Fuße'" (Storl, Hexenmedizin, S. 20) u.ä.
Die Sonne wurde während der langen Tage um Mittsommer durch Johannisfeuer aus 9 Holzarten und durch das Entzünden von Feuerrädern geehrt; in das Feuer wurde auch Beifuß gegeben. Die Menschen tanzten bis zur Extase und sprangen durch das Feuer, dessen Erlöschen auch für die wieder kürzer werdenden Tage, den nahenden Herbst und Winter, stand.
Den Beifuß trugen die Germanen auch als "Sonnenwendgürtel" (einer der Namen des Beifuß) um die Hüften gewunden; er sollte gegen Dämonen und bösen Zauber schützen.
Beifuß war Bestandteil vieler Zauber und Gegenzauber.
Das Heilkraut Beifuß
Die wichtigsten Wirkstoffe des Beifuß sind ätherische Öle (Cineol, Kampfer, Thujon), Gerbstoffe und Bitterstoffe. Heute wird der Beifuß vor allem bei Magen- und Darmverstimmungen, Verdauungsstörungen, Blähungen, Hämorrhoiden, gegen Appetitlosigkeit, bei Störungen der Galle und als Würzmittel für fette Speisen, insbesondere fette Fleischgerichte ("Gänsekraut"), eingesetzt. Tatsächlich regen die Bitterstoffe des Beifuß die Bildung von Magensäften und Galle an.
Dazu werden 2 TL Beifuß (das ganze Kraut) mit 1/4 l Wasser zum Sieden gebracht und nach 5 Minuten Ziehen gefiltert: Pahlow (Heilpflanzen, S. 7) empfiehlt 2 - 4 Tassen täglich.
Der Gemeine Beifuß hilft auch bei Unruhe, Spannungszuständen und Schlafstörungen.
Eine längere Gabe von Beifuß sollte allerdings vermieden werden, da der ätherische Bestandteil Thujon giftig ist.
Der Beifuß soll jedoch auch ein Frauenkraut sein und menstruations- und wehenfördernd wirken; aus diesem Grund darf er jedoch in der frühen Schwangerschaft nicht verabreicht werden, da er eine Fehlgeburt auslösen kann. Beifuß ist beruhigend und krampflösend, antibakteriell und antimykotisch. Er wurde auch gegen Blasen- und Eierstockentzündung und gegen Periodenschmerz verabreicht.
Aus Beifuß wird bis heute Parfumöl gewonnen.
Der Einsatz von Beifuß als Heilkraut läßt sich bis ins 1. Jh. n. Chr. zurückverfolgen; der berühmte griechische Arzt und Pharmakologe Dioskurides, der den römischen Kaisern Claudius und Nero diente, erwähnt den Beifuß in seinem Traktat "Über Heilmittel" ebenfalls vor allem als Frauenkraut und für Verdauungsbeschwerden. Auch in den mittelalterlichen Handschriften fehlt der Beifuß nicht; Hildegard von Bingen schätzte den Beifuß sehr.
Siehe auch
Literatur
- Claudia Müller-Ebeling, Christian Rätsch, Wolf-Dieter Storl, Hexenmedizin - Die Wiederentdeckung einer verbotenen Heilkunst, schamanische Traditionen in Europa, 9. Aufl., Dezember 2011, At Verlag
- Thomas Kinkele, Räucherstoffe und Räucherrituale
- Maria Treben, Gesundheit aus der Apotheke Gottes, Ratschläge und Erfahrungen mit Heilkräutern, 93. Aufl. 2014., August 2014, Ennsthaler
- Mannfried Pahlow, Heilpflanzen - selber sammeln und anwenden, GU Kompass, ISBN 3-7742-4244-5
- Dieter Podlech, Heilpflanzen, Die wichtigen Heilpflanzen Europas kennenlernen und bestimmen. Mit Tips für die Anwendung zu Hause, 2. Aufl., Gräfe & Unzer
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