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===Vorbemerkung===
===Vorbemerkung===
Im Verlaufe des Werkes, welches uns beschäftigt, treffen wir mehrfach auf Ausführungen, welche eine gewisse Ähnlich¬keit mit den in der neuem, vorkantischen Philosophie figu¬rierenden Beweisen für das Dasein Gottes haben. Wir teilen dieselben hier unter den bei uns üblichen Namen mit, da eine Vergleichung der beiderseitigen Argumentationen nicht ohne historisches Interesse ist. An eine gegenseitige Abhängigkeit ist dabei nicht zu denken, da Beweise wie der kosmologi¬sche und physikotheologische in der Natur des mensch¬lichen Gedankenganges liegen; zu einem ontologischen Beweise haben die Inder, wie es scheint, sich nicht verstiegen; hin¬gegen treffen wir einen neuen Beweis an, den wir den psychologischen nennen können, und in welchem der Gottesbegriff mit dem der Seele in eins verfliefst. Wir schicken eine kurze und vorläufige Definition des Brahman voraus und bringen dann die betreffenden Stellen unter den genannten Rubriken unter, ohne behaupten zu wollen, dais ihr ganzer Inhalt zu den um der Vergleichung willen gewählten liber-schriften passt.
Im Verlaufe des Werkes, welches uns beschäftigt, treffen wir mehrfach auf Ausführungen, welche eine gewisse Ähnlichkeit mit den in der neuem, vorkantischen [[Philosophie]] figurierenden Beweisen für das [[Dasein]] [[Gott]]es haben. Wir teilen dieselben hier unter den bei uns üblichen Namen mit, da eine Vergleichung der beiderseitigen Argumentationen nicht ohne historisches Interesse ist. An eine gegenseitige Abhängigkeit ist dabei nicht zu denken, da Beweise wie der kosmologische und physikotheologische in der [[Natur]] des menschlichen [[Gedanke]]nganges liegen; zu einem ontologischen Beweise haben die Inder, wie es scheint, sich nicht verstiegen; hingegen treffen wir einen neuen Beweis an, den wir den psychologischen nennen können, und in welchem der Gottesbegriff mit dem der [[Seele]] in eins verfließt. Wir schicken eine kurze und vorläufige Definition des [[Brahman]] voraus und bringen dann die betreffenden Stellen unter den genannten Rubriken unter, ohne behaupten zu wollen, dass ihr ganzer Inhalt zu den um der Vergleichung willen gewählten Überschriften passt.


===Definition des Brahman===
===Definition des Brahman===
(p. 38,2:) „Die Ursache, aus welcher Ursprung, Bestehen „und Untergang dieser in Namen und Formen ausgebreiteten, „viele Handelnde und Geniefsende beschliefsenden, die nach „Raum, Zeit und Ursache speziell bestimmte Frucht der Werk; „enthaltenden, in einer auch für den Geist unfafsbaren An-„ordnung gestalteten Welt [herrührt], — diese allwissende „und allmächtige Ursache ist das Brahman."
(S. 38,2:) "Die Ursache, aus welcher Ursprung, Bestehen und Untergang dieser in [[Name]]n und [[Form]]en ausgebreiteten, viele Handelnde und Genießende beschließenden, die nach [[Raum]], [[Zeit]] und [[Ursache]] speziell bestimmte Frucht der Werke enthaltenden, in einer auch für den [[Geist]] unfassbaren Anordnung gestalteten [[Welt]] [herrührt], — diese allwissende und allmächtige [[Ursache]] ist das Brahman." (S. 90,3:) "Das Brahman ist die allwissende und allmächtige Ursache des Entstehens, Bestehens und Vergehens der Welt."


(p. 90,3:) „Das Brahman ist die allwissende und allmäch-„tige Ursache des Entstehens, Bestehens und Vergehens der „AVelt."
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===Kosmologischer Beweis===
===Kosmologischer Beweis===
Unter diesem Titel übersetzen wir das Sûtram 2,3,9 mit Çankara's Auslegung desselben (p. G27-628).
Unter diesem Titel übersetzen wir das Sutram 2,3,9 mit [[Shankara]]s Auslegung desselben (S. 627-628).


Sûtram: «Nichtentstehung aber [ist] des Seienden, Wege» der Unmöglichkeit.» Auslegung: „Nachdem jemand aus der „Schrift darüber belehrt worden, dais auch Äther [oder: Raum] „und Luft, obgleich man sich ihren Ursprung nicht vorstellen „kann, entstanden sind, so könnte er auf den Gedanken kom-„men, dais auch das Brahman irgendworaus entstanden sei; „denn wenn er vernimmt, wie aus dem Äther usw., die „doch blofse Umwandlungen sind, weitere Umwandlungen „entspringen, so könnte er meinen, dafs auch der Äther aus „dem Brahman als aus einer blofsen Umwandlung entsprungen „sei. Zur Beseitigung dieses Zweifels dient das vorliegende „Sùtram: «Nichtentstehung abers usw.; d. h.: nicht aber darf „man meinen, dafs das Brahman, dessen Wesen das Sein ist (sad-ätmaka), aus irgend etwas anderem könne entstanden, „hervorgegangen sein; warum? «wegen der Unmöglichkeit). „Denn Brahman ist reines Sein. Als solches kann es [erstens] „nicht aus reinem Sein entsprungen sein, weil [zwischen bei-„den] kein Vorrang besteht, so dais sie sich nicht wie Ur-„sprüngliches und Umgewandeltes [zueinander] verhalten „können; — aber auch [zweitens] nicht aus unterschiedlichem „Sein, weil dein die Erfahrung widerspricht; denn wir sehen, „wie aus der Gleichheit die Unterschiede entspringen, z. B. „aus dem Ton die Gefäfse, nicht aber aus den Unterschieden „die Gleichheit; — ferner [drittens] auch nicht aus dem Nicht ,,seienden 68, weil dasselbe wesenlos (nirdtmaka) ist; und weil „die Schrift es verwirft, wenn sie sagt (Chdnd. 6,2,2) : «Wie „sollte aus dem Nichtseienden das Seiende entstehen?« und „weil sie einen Erzeuger des Brahman nicht zuläfst, wenn es „heilst (Çvet. 6,9);
Sutram: "Nichtentstehung aber [ist] des Seienden, wegen der Unmöglichkeit." Auslegung: Nachdem jemand aus der Schrift darüber belehrt worden, dass auch [[Äther]] [oder: Raum] und [[Luft]], obgleich man sich ihren Ursprung nicht vorstellen kann, entstanden sind, so könnte er auf den [[Gedanke]]n kommen, dass auch das Brahman irgendworaus entstanden sei; denn wenn er vernimmt, wie aus dem Äther usw., die doch bloße Umwandlungen sind, weitere Umwandlungen entspringen, so könnte er meinen, dass auch der Äther aus dem Brahman als aus einer bloßen [[Umwandlung]] entsprungen sei. Zur Beseitigung dieses [[Zweifel]]s dient das vorliegende Sutram. Man darf also nicht meinen, dass das Brahman, dessen [[Wesen]] das [[Sein]] ist (Sad Atmaka), aus irgend etwas anderem könne entstanden, hervorgegangen sein; warum? wegen der Unmöglichkeit. Denn Brahman ist reines Sein. Als solches kann es [erstens] nicht aus reinem Sein entsprungen sein, weil [zwischen beiden] kein Vorrang besteht, so dass sie sich nicht wie Ursprüngliches und Umgewandeltes [zueinander] verhalten können; — aber auch [zweitens] nicht aus unterschiedlichem Sein, weil dem die Erfahrung widerspricht; denn wir sehen, wie aus der [[Gleichheit]] die [[Unterschied]]e entspringen, z. B. aus dem Ton die Gefäße, nicht aber aus den Unterschieden die Gleichheit; — ferner [drittens] auch nicht aus dem Nichtseienden, weil dasselbe wesenlos ([[Niratmaka]]) ist; und weil die Schrift es verwirft, wenn sie sagt (Chand. 6,2,2): "Wie sollte aus dem Nichtseienden das Seiende entstehen?" und weil sie einen Erzeuger des Brahman nicht zulässt, wenn es heißt (Shvet. 6,9);


„Ursache ist er, Herr des Herrn der Sinne,
:Ursache ist er, Herr des Herrn der Sinne,
„Kein Herr ist Ober ihm und kein Erzeuger.'
:Kein Herr ist Ober ihm und kein Erzeuger.


„Für Äther und Wind hingegen wird ein Ursprung sui- „gewiesen, nicht aber gibt es einen solchen von Brahman, ,,das ist der Unterschied. Und weil man sieht, wie aus Um-„wandlungen andere Umwandlungen entspringen , deswegen „braucht nicht auch Brahman eine Umwandlung zu sein; denn „wäre dem so, so würden wir zu keiner Wurzelnatur (tniila-„prakriti) gelangen und hätten einen regressus in infinitum „ (anuvasthei). Was man als Wurzelnatur annimmt, das eben „ist unser Brahman; so stimmt es zusammen."
Für Äther und Wind hingegen wird ein Ursprung aufgewiesen, nicht aber gibt es einen solchen von Brahman, das ist der Unterschied. Und weil man sieht, wie aus Umwandlungen andere Umwandlungen entspringen, deswegen braucht nicht auch Brahman eine [[Umwandlung]] zu sein; denn wäre dem so, so würden wir zu keiner Wurzelnatur (Mula [[Prakriti]]) gelangen und hätten einen "Regressus in Infinitum" (Anavastha). Was man als Wurzelnatur annimmt, das eben ist unser Brahman; so stimmt es zusammen.


===Physikotheologischer Beweis===
===Physikotheologischer Beweis===
(p. 500,3:) „Wenn man die Sache nur mit Hilfe von „Beispielen erwägt, so sieht man, wie in der Welt kein Un-„geistiges aus sich selbst und ohne von einem Geistigen re-„giert zu werden die Produkte hervorbringt, welche zur För-„derung der bestimmten menschlichen Zwecke dienen. Denn „z. B. Häuser, Paläste, Betten, Sessel, Lustgärten usw. wer-„den im Leben [nur] von einsichtigen Künstlern der Zeit „gemäfs zum Zwecke, Lust zu befördern, Unlust abzuhalten, „eingerichtet. Ebenso nun steht es mit dieser ganzen Welt; „denn wenn man sieht, wie z. B. die Erde dem Zwecke des „Genusses der Frucht der mancherlei Werke entspricht, und „wie z. B. der Leib von aufsen und von innen dadurch, dais „er eine den verschiedenartigen Geschöpfen gemäfse, bis ins .,Einzelne bestimmte Anordnung der Teile besitzt, sich als ,,den Standort des Geniefsens der Frucht der mannigfaltigen .,\Verke darstellt, — also, dais auch einsichtsvolle und höchst ..bewährte Künstler es nicht einmal mit ihrem Verstande zu „fassen vermögen, — wie sollte diese Anordnung von der „ungeistigen Urmaterie [der Sânkhya's] herrühren, da doch „Erdklumpen, Steine usw. zu so etwas nicht imstande sind? „Denn auch der Ton z. B. formt sich, wie die Erfahrung „lehrt, zu verschiedenen Gestalten [nur], sofern er vom „Töpfer regiert wird, und ebenso mufs die Materie von einem „andern, Geistigen regiert werden. Wer sich daher nur auf ,,die materielle Ursache wie Ton usw. stützt, der kann nicht „mit Recht behaupten, dais er die Wurzelursache besitze; „wohl aber steht dem nichts im Wege, wenn man aufser „jenem [dem Ton] noch auf einen Töpfer usw. sich stützt. „Denn bei dieser Annahme ist kein Widerspruch vorhanden, „auch kommt die Schrift dabei zu Ehren, welche ein Geistiges als Ursache lehrt. Also, weil die Anordnung [des Kosmos] „unmöglich werden würde, deswegen darf man nicht auf ein „Ungeistiges als Ursache der Welt zurückgehen."
(S. 500,3:) Wenn man die Sache nur mit Hilfe von Beispielen erwägt, so sieht man, wie in der [[Welt]] kein Ungeistiges aus sich selbst und ohne von einem Geistigen regiert zu werden die Produkte hervorbringt, welche zur Förderung der bestimmten menschlichen Zwecke dienen. Denn z. B. Häuser, Paläste, Betten, Sessel, Lustgärten usw. werden im [[Leben]] [nur] von einsichtigen Künstlern der [[Zeit]] gemäß zum Zwecke, Lust zu befördern, Unlust abzuhalten, eingerichtet. Ebenso nun steht es mit dieser ganzen Welt; denn wenn man sieht, wie z. B. die [[Erde]] dem Zwecke des Genusses der Frucht der mancherlei Werke entspricht, und wie z. B. der Leib von außen und von innen dadurch, dass er eine den verschiedenartigen Geschöpfen gemäße, bis ins Einzelne bestimmte Anordnung der Teile besitzt, sich als den Standort des Genießens der Frucht der mannigfaltigen Werke darstellt, — also, dass auch einsichtsvolle und höchst bewährte Künstler es nicht einmal mit ihrem [[Verstand]]e zu fassen vermögen, — wie sollte diese Anordnung von der ungeistigen Urmaterie [der [[Sankhya]]s] herrühren, da doch Erdklumpen, Steine usw. zu so etwas nicht imstande sind? Denn auch der Ton z. B. formt sich, wie die Erfahrung lehrt, zu verschiedenen Gestalten [nur], sofern er vom Töpfer regiert wird, und ebenso muss die [[Materie]] von einem andern, Geistigen regiert werden. Wer sich daher nur auf die materielle Ursache wie Ton usw. stützt, der kann nicht mit Recht behaupten, dass er die Wurzelursache besitze; wohl aber steht dem nichts im [[Weg]]e, wenn man außer jenem [dem Ton] noch auf einen Töpfer usw. sich stützt. Denn bei dieser Annahme ist kein Widerspruch vorhanden, auch kommt die Schrift dabei zu Ehren, welche ein Geistiges als Ursache lehrt. Also, weil die Anordnung [des Kosmos] unmöglich werden würde, deswegen darf man nicht auf ein Ungeistiges als [[Ursache]] der Welt zurückgehen.
 
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===Psychologischer Beweis===
===Psychologischer Beweis===
(p. 32,4:) „Ist das zu erforschende Brahman bekannt oder „unbekannt? Ist es bekannt, so braucht man es nicht zu er-„forschen, ist es unbekannt, so kann man es nicht erforschen! —„Antwort: Das seiner Natur nach ewige, reine, weise, freie, „allwissende, allmächtige Wesen ist das Brahman. Denn aus „der Etymologie des Wortes Brahman werden die Bedeu-„tungen «ewig, rein» usw. gewonnen, indem man dem Sinne „der Wurzel barh [«losreifsen»; siehe oben S. 1281 nach¬geht. Das Dasein aber des Brahman ist dadurch erwiesen, „dafs es das Selbst (die Seele, âtnaan) von allem ist. Denn „jeder nimmt das Dasein seiner selbst an, denn er kann nicht „sagen: «ich hin nicht ». Denn wäre nicht das Dasein des „Selbstes erwiesen, so könnte alle Welt annehmen: «ich bin „nicht». Und das Selbst ist das Brahman. — Aber wenn „das Brahman dadurch, dafs es das Selbst ist, allgemein er-„wiesen ist, so ist es doch bekannt, und der Einwurf, dafs es „nicht erforscht zu werden braucht, kehrt wieder? — Doch „nicht! Denn in bezug auf seine Merkmale ist Widerspruch. „Denn das gemeine Volk und die Materialisten [Lo1ôyatikn: „«die nach der 'Welt sich strecken»] behaupten: «das Selbst „ist blofs der mit Intelligenz versehene Leib »; -- andere „wieder: «das Selbst sind nur die [ihrer Natur nach] intel-„lektuellen Sinnesorgane»; — andere: aes ist der Verstand „(manasV»; — etliche: «nur die hinfällige Erkenntnis»; —„andere: «das Leere»; — noch andere: «es ist die Tiber den „Leib hinausreichende, wandernde, tätige und leidende [in-„dividuelle Seele; — einige: «nur die leidende ist es, nicht „die tätige»; — manche: e es ist der über diese [Welt] „hinausreichende, allwissende, allmächtige Herr»; — noch „andere: «es ist das Selbst des, der da leidet [oder: ge-„niefst] — So stehen sich viele entgegen und stützen sioh „dabei auf Argumente und [Schrift-] Worte oder ihren Schein. „Wer nun ohne Bedacht eines oder das andere annimmt, der „könnte an seiner Seligkeit Schaden nehmen und ins Ver-„derben geraten. Darum wird, weil dieselben die Brahman-„forschung darlegen, die Betrachtung der Vedänta-[Upanishad-1 „Texte, unterstützt durch eine ihnen nicht widersprechende „Reflexion, als ein Mittel zur Seligkeit empfohlen."
(S. 32,4:) Ist das zu erforschende Brahman bekannt oder unbekannt? Ist es bekannt, so braucht man es nicht zu erforschen, ist es unbekannt, so kann man es nicht erforschen! — Antwort: Das seiner [[Natur]] nach ewige, reine, weise, freie, allwissende, allmächtige [[Wesen]] ist das Brahman. Denn aus der Etymologie des Wortes Brahman werden die [[Bedeutung]]en ewig, rein usw. gewonnen, indem man dem Sinne der Wurzel "barh" nachgeht. Das [[Dasein]] aber des Brahman ist dadurch erwiesen, dass es das [[Selbst]] (die Seele, [[Atman]]) von allem ist. Denn jeder nimmt das Dasein seiner selbst an, denn er kann nicht sagen: "Ich nin nicht.". Denn wäre nicht das Dasein des Selbstes erwiesen, so könnte alle Welt annehmen: "Ich bin nicht." Und das Selbst ist das Brahman. — Aber wenn das Brahman dadurch, dass es das Selbst ist, allgemein erwiesen ist, so ist es doch bekannt, und der Einwurf, dass es nicht erforscht zu werden braucht, kehrt wieder? — Doch nicht! Denn in Bezug auf seine Merkmale ist Widerspruch. Denn das gemeine Volk und die Materialisten [Lokayatika: "die nach der Welt sich strecken"] behaupten: "das Selbst ist bloß der mit [[Intelligenz]] versehene Leib; andere wieder: "das Selbst sind nur die [ihrer [[Natur]] nach] intellektuellen Sinnesorgane"; — andere: Es ist der Verstand. [[Manas]]; — etliche: nur die hinfällige [[Erkenntnis]]; — andere: das [[Leere]]; — noch andere: Es ist die über den Leib hinausreichende, wandernde, tätige und leidende individuelle Seele.; — einige: Nur die leidende ist es, nicht die tätige; — manche: Es ist der über diese [Welt] hinausreichende, allwissende, allmächtige Herr; — noch andere: Es ist das Selbst dessen, der da leidet [oder: genießt]. — So stehen sich viele entgegen und stützen sich dabei auf Argumente und [Schrift-] Worte oder ihren [[Schein]]. Wer nun ohne Bedacht eines oder das andere annimmt, der könnte an seiner [[Seligkeit]] Schaden nehmen und ins Verderben geraten. Darum wird, weil dieselben die Brahmanforschung darlegen, die Betrachtung der Vedanta-[[Upanishad]]-Texte, unterstützt durch eine ihnen nicht widersprechende [[Reflexion]], als ein Mittel zur Seligkeit empfohlen.


(p. 78,6:) „Denn der von dem Täter [der individuellen „Seele], welcher das Objekt der Vorstellung des Ich ist, ver-„schiedene, als Zuschauer (skkshin) in allen Wesen wohnende, „gleiche, eine, höchste, ewige Geist (purusha) wird von nie-„mandem aus dem Werkteile [des Veda] oder aus einem auf „Reflexion beruhenden Lehrbuche erfafst; er, der die Seele „von allem ist; und darum kann ihn auch keiner leugnen „oder zu einem Bestandstücke des Werkteiles machen; denn „wer ihn leugnet, eben dessen Selbst (Seele) ist er; und weil „er das Selbst von allem ist, darum ist es nicht möglich, ihn „zu fliehen, noch auch zu suchen. Denn alles, was vergeht, „ist durch Umwandlung entstanden und vergeht, indem es „sein Ende findet in dem Geiste; der Geist aber ist, weil „keine Ursache des Vergehens da ist, unvergänglich, und weil „keine Ursache der Veränderung da ist, darum ist er der [üher die Veränderung] erhabene und ewige, und darum eben „seiner Natur nach ewig, rein und frei [oder: erlöst]."
(S. 78,6:) Denn der von dem Täter [der individuellen Seele], welcher das [[Objekt]] der Vorstellung des Ich ist, verschiedene, als Zuschauer ([[Sakshin]]) in allen Wesen wohnende, gleiche, eine, höchste, ewige [[Geist]] ([[Purusha]]) wird von niemandem aus dem Werkteile [des [[Veda]]] oder aus einem auf Reflexion beruhenden Lehrbuche erfasst; er, der die Seele von allem ist; und darum kann ihn auch keiner leugnen oder zu einem Bestandstücke des Werkteiles machen; denn wer ihn leugnet, eben dessen Selbst (Seele) ist er; und weil er das Selbst von allem ist, darum ist es nicht möglich, ihn zu fliehen, noch auch zu suchen. Denn alles, was vergeht, ist durch Umwandlung entstanden und vergeht, indem es sein Ende findet in dem Geiste; der [[Geist]] aber ist, weil keine Ursache des Vergehens da ist, unvergänglich, und weil keine Ursache der [[Veränderung]] da ist, darum ist er der [über die Veränderung] erhabene und ewige, und darum eben seiner Natur nach ewig, rein und frei [oder: erlöst].


Sofern nun Gott das (metaphysische) Ich des Menschen selbst ist, läfst sich sein Dasein eigentlich gar nicht beweisen, bedarf dessen aber auch nicht., weil er das allein unmittelbar Bewufste und somit die Basis aller Gewifsheit ist, wie fol¬gende höchst merkwürdige Stelle ausführt.
Sofern nun Gott das (metaphysische) Ich des [[Mensch]]en selbst ist, lässt sich sein [[Dasein]] eigentlich gar nicht beweisen, bedarf dessen aber auch nicht, weil er das allein unmittelbar Bewusste und somit die Basis aller Gewissheit ist, wie folgende höchst merkwürdige Stelle ausführt.


===Cogito, ergo sum===
===Cogito, ergo sum===
(p. 619,8:) „Denn wäre das Selbst [d. h. das Brahman] „auch [wie Äther, Wind, Feuer, Wasser, Erde] eine Umwand-„lung, so würde, weil die Schrift über dasselbe hinaus nichts „Höheres lehrt, alle Wirkung vom Äther an abwärts ohne „Selbst (virâtmieka, seelenlos, wesenlos) sein, da [auch] das „Selbst [nur] eine Wirkung wäre, und somit würden wir beim „Nihilismus (playa-râda) ankommen. Ehen weil es das Selbst „ist. deswegen geht es nicht an, das Selbst zu bezweifeln. „Denn das Selbst kann man niemandem [durch Beweise] bei-„bringen, weil es an sich schon bekannt ist. Denn das Selbst „wird nicht durch einen Beweis seiner selbst erwiesen. Denn „es ist dasjenige, welches alle Beweismittel wie Wahrnehmung „usw. in Anwendung bringt, um eine Sache, die nicht be-„kannt ist, zu beweisen. Denn die Objekte der Ausdrücke „Äther usw. bedürfen eines Beweises, weil sie nicht als von „selbst bekannt angenommen werden. Das Selbst aber ist „die Basis (4çraya) für die Tätigkeit des Beweisens, und „mithin ist es auch vor der Tätigkeit des Beweisens aus-„gemacht. Und weil es so beschaffen ist, deshalb geht es „nicht an, dasselbe in Abrede zu stellen. Denn in Abrede „stellen können wir eine Sache, die [von aufsen] an uns heran-„kommt (âgantuka), nicht aber, die unser eigenes Wesen ist. „Denn wer es in Abrede stellt, eben dessen eigenes Wesen „ist es [vgl. p. 79,1. 823,2]; das Feuer kann nicht seine eigene „Hitze in Abrede stellen. Und weiter, wenn man sagt: eich „bin es, der jetzt das gegenwärtige Sein erkennt, ich bin es, „der das vergangene und vorvergangene erkannte, und ich, „der das künftige und überkünftige erkennen wird», so liegt „in diesen Worten, dafs, wenn auch das Objekt der Erkennt-„nis sich ändert, der Erkennende, weil er in Vergangenheit, „Zukunft und Gegenwart ist, nicht sich ändert; denn sein „Wesen ist ewige Gegenwart (sarvadd-vartamâna-svabhâ-„vatvâd); daher, wenn auch der Leib zu Asche wird, kein „Vergang des Selbstes ist, weil sein Wesen die Gegenwart ist; „ja es ist sogar nicht einmal denkbar, dafs sein Wesen etwas „anderes als dieses wäre."
(S. 619,8:) Denn wäre das Selbst [d. h. das [[Brahman]]] auch [wie Äther, Wind, [[Feuer]], [[Wasser]], [[Erde]]] eine Umwandlung, so würde, weil die Schrift über dasselbe hinaus nichts Höheres lehrt, alle [[Wirkung]] vom Äther an abwärts ohne Selbst (Niratmaka, seelenlos, wesenlos) sein, da [auch] das Selbst [nur] eine Wirkung wäre, und somit würden wir beim [[Nihilismus]] (Shunga Vada) ankommen. Ehen weil es das Selbst ist, deswegen geht es nicht an, das Selbst zu bezweifeln. Denn das Selbst kann man niemandem [durch Beweise] beibringen, weil es an sich schon bekannt ist. Denn das Selbst wird nicht durch einen Beweis seiner selbst erwiesen. Denn es ist dasjenige, welches alle Beweismittel wie [[Wahrnehmung]] usw. in Anwendung bringt, um eine Sache, die nicht bekannt ist, zu beweisen. Denn die Objekte der Ausdrücke Äther usw. bedürfen eines Beweises, weil sie nicht als von selbst bekannt angenommen werden. Das Selbst aber ist die Basis ([[Ashraya]]) für die Tätigkeit des Beweisens, und mithin ist es auch vor der Tätigkeit des Beweisens ausgemacht. Und weil es so beschaffen ist, deshalb geht es nicht an, dasselbe in Abrede zu stellen. Denn in Abrede stellen können wir eine Sache, die [von außen] an uns herankommt ([[Agantuka]]), nicht aber, die unser eigenes Wesen ist.  
 
Denn wer es in Abrede stellt, eben dessen eigenes Wesen ist es [vgl. S. 79,1. 823,2]; das Feuer kann nicht seine eigene Hitze in Abrede stellen. Und weiter, wenn man sagt: "Ich bin es, der jetzt das gegenwärtige Sein erkennt, ich bin es, der das vergangene und vorvergangene erkannte, und ich, der das künftige und überkünftige erkennen wird", so liegt in diesen Worten, dass, wenn auch das Objekt der Erkenntnis sich ändert, der Erkennende, weil er in [[Vergangenheit]], [[Zukunft]] und [[Gegenwart]] ist, nicht sich ändert; denn sein Wesen ist ewige Gegenwart (Sarvada Vartamana Svabha Vatvad); daher, wenn auch der Leib zu Asche wird, kein Vergang des Selbstes ist, weil sein Wesen die Gegenwart ist; ja es ist sogar nicht einmal denkbar, dass sein Wesen etwas anderes als dieses wäre.
 
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==Siehe auch==
* [[Jnana Yoga]]
* [[Vedanta Schulen]]
 
==Literatur==
* [https://www.yoga-vidya.de/shop/product_info.php?info=p927_Vedanta-fuer-Anfaenger// Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda]
* [https://www.yoga-vidya.de/shop/product_info.php?info=p484_Vedanta-----Der-Ozean-der-Weisheit// Vedanta - Der Ozean der Weisheit von Swami Vivekananda]
*Paul Deussen: Das System des Vedanta, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
*Soami Divyanand: ''Vedamrit - Die Botschaft der Veden''. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
*Wilfried Huchzermeyer: ''Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur.''(edition-sawitri.de)  ISBN 3-931172-22-8
* Moritz Winternitz: ''Geschichte der Indischen Literatur'', Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: ''History of Indian Literatur'', Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985.
*[[ Aurobindo]]: ''Das Geheimnis des Veda'', 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
*Lokamanya Bâl Gangâdhar Tilak: ''Orion ou Recherches sur l'Antiquité des Védas'', Milan, Éditions Archè, 1989
 
==Weblinks==
* [https://blog.yoga-vidya.de/category/podcast/meditationsanleitung/ Meditation Anleitungen, darunter einige abstrakte Techniken aus dem Vedanta]
* [http://www.yoga-vidya.de/Yoga--Artikel/Art-Artikel/art_vedanta.html Artikel von Swami Sivananda: Vedanta]
* [http://www.sivananda.org/ Divine Life Society - Sivananda Ashram]
 
==Seminare==
===Jnana Yoga, Philosophie===
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===Seminare zum Thema indische Schriften===
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[[Kategorie:Indische Philosophie]]
[[Kategorie:Hinduismus]]
[[Kategorie:Sanskrit]]
[[Kategorie:Deussen Vedantasystem]]
[[Kategorie:Vedanta]]

Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 16:38 Uhr

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Beweise für das Dasein Gottes

Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906, S. 132-138.

Vorbemerkung

Im Verlaufe des Werkes, welches uns beschäftigt, treffen wir mehrfach auf Ausführungen, welche eine gewisse Ähnlichkeit mit den in der neuem, vorkantischen Philosophie figurierenden Beweisen für das Dasein Gottes haben. Wir teilen dieselben hier unter den bei uns üblichen Namen mit, da eine Vergleichung der beiderseitigen Argumentationen nicht ohne historisches Interesse ist. An eine gegenseitige Abhängigkeit ist dabei nicht zu denken, da Beweise wie der kosmologische und physikotheologische in der Natur des menschlichen Gedankenganges liegen; zu einem ontologischen Beweise haben die Inder, wie es scheint, sich nicht verstiegen; hingegen treffen wir einen neuen Beweis an, den wir den psychologischen nennen können, und in welchem der Gottesbegriff mit dem der Seele in eins verfließt. Wir schicken eine kurze und vorläufige Definition des Brahman voraus und bringen dann die betreffenden Stellen unter den genannten Rubriken unter, ohne behaupten zu wollen, dass ihr ganzer Inhalt zu den um der Vergleichung willen gewählten Überschriften passt.

Definition des Brahman

(S. 38,2:) "Die Ursache, aus welcher Ursprung, Bestehen und Untergang dieser in Namen und Formen ausgebreiteten, viele Handelnde und Genießende beschließenden, die nach Raum, Zeit und Ursache speziell bestimmte Frucht der Werke enthaltenden, in einer auch für den Geist unfassbaren Anordnung gestalteten Welt [herrührt], — diese allwissende und allmächtige Ursache ist das Brahman." (S. 90,3:) "Das Brahman ist die allwissende und allmächtige Ursache des Entstehens, Bestehens und Vergehens der Welt."

Kosmologischer Beweis

Unter diesem Titel übersetzen wir das Sutram 2,3,9 mit Shankaras Auslegung desselben (S. 627-628).

Sutram: "Nichtentstehung aber [ist] des Seienden, wegen der Unmöglichkeit." Auslegung: Nachdem jemand aus der Schrift darüber belehrt worden, dass auch Äther [oder: Raum] und Luft, obgleich man sich ihren Ursprung nicht vorstellen kann, entstanden sind, so könnte er auf den Gedanken kommen, dass auch das Brahman irgendworaus entstanden sei; denn wenn er vernimmt, wie aus dem Äther usw., die doch bloße Umwandlungen sind, weitere Umwandlungen entspringen, so könnte er meinen, dass auch der Äther aus dem Brahman als aus einer bloßen Umwandlung entsprungen sei. Zur Beseitigung dieses Zweifels dient das vorliegende Sutram. Man darf also nicht meinen, dass das Brahman, dessen Wesen das Sein ist (Sad Atmaka), aus irgend etwas anderem könne entstanden, hervorgegangen sein; warum? wegen der Unmöglichkeit. Denn Brahman ist reines Sein. Als solches kann es [erstens] nicht aus reinem Sein entsprungen sein, weil [zwischen beiden] kein Vorrang besteht, so dass sie sich nicht wie Ursprüngliches und Umgewandeltes [zueinander] verhalten können; — aber auch [zweitens] nicht aus unterschiedlichem Sein, weil dem die Erfahrung widerspricht; denn wir sehen, wie aus der Gleichheit die Unterschiede entspringen, z. B. aus dem Ton die Gefäße, nicht aber aus den Unterschieden die Gleichheit; — ferner [drittens] auch nicht aus dem Nichtseienden, weil dasselbe wesenlos (Niratmaka) ist; und weil die Schrift es verwirft, wenn sie sagt (Chand. 6,2,2): "Wie sollte aus dem Nichtseienden das Seiende entstehen?" und weil sie einen Erzeuger des Brahman nicht zulässt, wenn es heißt (Shvet. 6,9);

Ursache ist er, Herr des Herrn der Sinne,
Kein Herr ist Ober ihm und kein Erzeuger.

Für Äther und Wind hingegen wird ein Ursprung aufgewiesen, nicht aber gibt es einen solchen von Brahman, das ist der Unterschied. Und weil man sieht, wie aus Umwandlungen andere Umwandlungen entspringen, deswegen braucht nicht auch Brahman eine Umwandlung zu sein; denn wäre dem so, so würden wir zu keiner Wurzelnatur (Mula Prakriti) gelangen und hätten einen "Regressus in Infinitum" (Anavastha). Was man als Wurzelnatur annimmt, das eben ist unser Brahman; so stimmt es zusammen.

Physikotheologischer Beweis

(S. 500,3:) Wenn man die Sache nur mit Hilfe von Beispielen erwägt, so sieht man, wie in der Welt kein Ungeistiges aus sich selbst und ohne von einem Geistigen regiert zu werden die Produkte hervorbringt, welche zur Förderung der bestimmten menschlichen Zwecke dienen. Denn z. B. Häuser, Paläste, Betten, Sessel, Lustgärten usw. werden im Leben [nur] von einsichtigen Künstlern der Zeit gemäß zum Zwecke, Lust zu befördern, Unlust abzuhalten, eingerichtet. Ebenso nun steht es mit dieser ganzen Welt; denn wenn man sieht, wie z. B. die Erde dem Zwecke des Genusses der Frucht der mancherlei Werke entspricht, und wie z. B. der Leib von außen und von innen dadurch, dass er eine den verschiedenartigen Geschöpfen gemäße, bis ins Einzelne bestimmte Anordnung der Teile besitzt, sich als den Standort des Genießens der Frucht der mannigfaltigen Werke darstellt, — also, dass auch einsichtsvolle und höchst bewährte Künstler es nicht einmal mit ihrem Verstande zu fassen vermögen, — wie sollte diese Anordnung von der ungeistigen Urmaterie [der Sankhyas] herrühren, da doch Erdklumpen, Steine usw. zu so etwas nicht imstande sind? Denn auch der Ton z. B. formt sich, wie die Erfahrung lehrt, zu verschiedenen Gestalten [nur], sofern er vom Töpfer regiert wird, und ebenso muss die Materie von einem andern, Geistigen regiert werden. Wer sich daher nur auf die materielle Ursache wie Ton usw. stützt, der kann nicht mit Recht behaupten, dass er die Wurzelursache besitze; wohl aber steht dem nichts im Wege, wenn man außer jenem [dem Ton] noch auf einen Töpfer usw. sich stützt. Denn bei dieser Annahme ist kein Widerspruch vorhanden, auch kommt die Schrift dabei zu Ehren, welche ein Geistiges als Ursache lehrt. Also, weil die Anordnung [des Kosmos] unmöglich werden würde, deswegen darf man nicht auf ein Ungeistiges als Ursache der Welt zurückgehen.

Psychologischer Beweis

(S. 32,4:) Ist das zu erforschende Brahman bekannt oder unbekannt? Ist es bekannt, so braucht man es nicht zu erforschen, ist es unbekannt, so kann man es nicht erforschen! — Antwort: Das seiner Natur nach ewige, reine, weise, freie, allwissende, allmächtige Wesen ist das Brahman. Denn aus der Etymologie des Wortes Brahman werden die Bedeutungen ewig, rein usw. gewonnen, indem man dem Sinne der Wurzel "barh" nachgeht. Das Dasein aber des Brahman ist dadurch erwiesen, dass es das Selbst (die Seele, Atman) von allem ist. Denn jeder nimmt das Dasein seiner selbst an, denn er kann nicht sagen: "Ich nin nicht.". Denn wäre nicht das Dasein des Selbstes erwiesen, so könnte alle Welt annehmen: "Ich bin nicht." Und das Selbst ist das Brahman. — Aber wenn das Brahman dadurch, dass es das Selbst ist, allgemein erwiesen ist, so ist es doch bekannt, und der Einwurf, dass es nicht erforscht zu werden braucht, kehrt wieder? — Doch nicht! Denn in Bezug auf seine Merkmale ist Widerspruch. Denn das gemeine Volk und die Materialisten [Lokayatika: "die nach der Welt sich strecken"] behaupten: "das Selbst ist bloß der mit Intelligenz versehene Leib; andere wieder: "das Selbst sind nur die [ihrer Natur nach] intellektuellen Sinnesorgane"; — andere: Es ist der Verstand. Manas; — etliche: nur die hinfällige Erkenntnis; — andere: das Leere; — noch andere: Es ist die über den Leib hinausreichende, wandernde, tätige und leidende individuelle Seele.; — einige: Nur die leidende ist es, nicht die tätige; — manche: Es ist der über diese [Welt] hinausreichende, allwissende, allmächtige Herr; — noch andere: Es ist das Selbst dessen, der da leidet [oder: genießt]. — So stehen sich viele entgegen und stützen sich dabei auf Argumente und [Schrift-] Worte oder ihren Schein. Wer nun ohne Bedacht eines oder das andere annimmt, der könnte an seiner Seligkeit Schaden nehmen und ins Verderben geraten. Darum wird, weil dieselben die Brahmanforschung darlegen, die Betrachtung der Vedanta-Upanishad-Texte, unterstützt durch eine ihnen nicht widersprechende Reflexion, als ein Mittel zur Seligkeit empfohlen.

(S. 78,6:) Denn der von dem Täter [der individuellen Seele], welcher das Objekt der Vorstellung des Ich ist, verschiedene, als Zuschauer (Sakshin) in allen Wesen wohnende, gleiche, eine, höchste, ewige Geist (Purusha) wird von niemandem aus dem Werkteile [des Veda] oder aus einem auf Reflexion beruhenden Lehrbuche erfasst; er, der die Seele von allem ist; und darum kann ihn auch keiner leugnen oder zu einem Bestandstücke des Werkteiles machen; denn wer ihn leugnet, eben dessen Selbst (Seele) ist er; und weil er das Selbst von allem ist, darum ist es nicht möglich, ihn zu fliehen, noch auch zu suchen. Denn alles, was vergeht, ist durch Umwandlung entstanden und vergeht, indem es sein Ende findet in dem Geiste; der Geist aber ist, weil keine Ursache des Vergehens da ist, unvergänglich, und weil keine Ursache der Veränderung da ist, darum ist er der [über die Veränderung] erhabene und ewige, und darum eben seiner Natur nach ewig, rein und frei [oder: erlöst].

Sofern nun Gott das (metaphysische) Ich des Menschen selbst ist, lässt sich sein Dasein eigentlich gar nicht beweisen, bedarf dessen aber auch nicht, weil er das allein unmittelbar Bewusste und somit die Basis aller Gewissheit ist, wie folgende höchst merkwürdige Stelle ausführt.

Cogito, ergo sum

(S. 619,8:) Denn wäre das Selbst [d. h. das Brahman] auch [wie Äther, Wind, Feuer, Wasser, Erde] eine Umwandlung, so würde, weil die Schrift über dasselbe hinaus nichts Höheres lehrt, alle Wirkung vom Äther an abwärts ohne Selbst (Niratmaka, seelenlos, wesenlos) sein, da [auch] das Selbst [nur] eine Wirkung wäre, und somit würden wir beim Nihilismus (Shunga Vada) ankommen. Ehen weil es das Selbst ist, deswegen geht es nicht an, das Selbst zu bezweifeln. Denn das Selbst kann man niemandem [durch Beweise] beibringen, weil es an sich schon bekannt ist. Denn das Selbst wird nicht durch einen Beweis seiner selbst erwiesen. Denn es ist dasjenige, welches alle Beweismittel wie Wahrnehmung usw. in Anwendung bringt, um eine Sache, die nicht bekannt ist, zu beweisen. Denn die Objekte der Ausdrücke Äther usw. bedürfen eines Beweises, weil sie nicht als von selbst bekannt angenommen werden. Das Selbst aber ist die Basis (Ashraya) für die Tätigkeit des Beweisens, und mithin ist es auch vor der Tätigkeit des Beweisens ausgemacht. Und weil es so beschaffen ist, deshalb geht es nicht an, dasselbe in Abrede zu stellen. Denn in Abrede stellen können wir eine Sache, die [von außen] an uns herankommt (Agantuka), nicht aber, die unser eigenes Wesen ist.

Denn wer es in Abrede stellt, eben dessen eigenes Wesen ist es [vgl. S. 79,1. 823,2]; das Feuer kann nicht seine eigene Hitze in Abrede stellen. Und weiter, wenn man sagt: "Ich bin es, der jetzt das gegenwärtige Sein erkennt, ich bin es, der das vergangene und vorvergangene erkannte, und ich, der das künftige und überkünftige erkennen wird", so liegt in diesen Worten, dass, wenn auch das Objekt der Erkenntnis sich ändert, der Erkennende, weil er in Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart ist, nicht sich ändert; denn sein Wesen ist ewige Gegenwart (Sarvada Vartamana Svabha Vatvad); daher, wenn auch der Leib zu Asche wird, kein Vergang des Selbstes ist, weil sein Wesen die Gegenwart ist; ja es ist sogar nicht einmal denkbar, dass sein Wesen etwas anderes als dieses wäre.

Siehe auch

Literatur

  • Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda
  • Vedanta - Der Ozean der Weisheit von Swami Vivekananda
  • Paul Deussen: Das System des Vedanta, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
  • Soami Divyanand: Vedamrit - Die Botschaft der Veden. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
  • Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur.(edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-22-8
  • Moritz Winternitz: Geschichte der Indischen Literatur, Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: History of Indian Literatur, Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985.
  • Aurobindo: Das Geheimnis des Veda, 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
  • Lokamanya Bâl Gangâdhar Tilak: Orion ou Recherches sur l'Antiquité des Védas, Milan, Éditions Archè, 1989

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