Herrlichkeit

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Himmlische Herrlichkeit und schließliche Erlösung der Frommen

Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, Leipzig (1906), S. 479-483.

Die Herrlichkeit (Aishvaryam)

Der Zustand der auf dem Götterwege zu Brahman Eingegangenen wird bezeichnet durch das von Ishvara (Herr, Gott) abgeleitete Wort Aishvaryam, d. h. das Herr-sein oder Gott-sein. Als eine Beschreibung dieses Zustandes gilt unter anderm die Stelle Chand. 8,2 (S. 173), wo geschildert wird, wie der zur Freiheit (Kamachara) Gelangte die Erfüllung aller Wünsche genießt. Mag derselbe begehren nach dem Verkehre mit den Abgeschiedenen, mit Vätern, Müttern, Brüdern, Schwestern, Freunden, mag sein Sinn nach Wohlgerüchen und Kränzen, nach Speise und Trank, nach Gesang und Musik oder nach Weibern verlangen, — „welches Ziel er immer begehren, was er immer wünschen mag, das erstehet ihm auf seinen Wunsch und wird ihm zuteil; des ist er fröhlich."

Wenn man fragt, ob hierbei zur Erfüllung des Wunsches der bloße Wunsch genügt, oder ob es außer ihm noch besonderer Mittel bedarf, so ist zu bemerken, dass die Schrift nur den Wunsch und sonst keine Mittel der Erfüllung erwähnt (S. 1144,10); sind solche gleichwohl dabei mitwirkend, so doch jedenfalls ohne dass irgend eine Mühe dabei obwaltet, und ohne dass der Wunsch dadurch vereitelt werden könnte; auch ist, im Gegensatze zu den irdischen Wünschen, die Erfüllung hier nicht vorübergehend, sondern solange beharrend, wie der Zweck (die Befriedigung des Wünschenden) es erheischt (S. 1144,14). Hierauf, dass die Wünsche der Erlösten nicht vergeblich sind, beruht auch ihre Freiheit, da niemand, wenn er es vermeiden kann, unter einem andern Oberherrn stehen mag (S. 1145,3).

Existenzform der zur Herrlichkeit Eingegangenen

Das Wunschvermögen der Herrlichen setzt voraus, dass sie auch das Manas als das Organ des Wünschens besitzen. Ob sie außerdem mit Leib und Sinnen ausgestattet sind, ist zweifelhaft. Badari bestreitet es, weil es sonst nicht ausschließend heißen dürfte: „mit dem Manas schaut er jene Wünsche und freut sich in der Brahmanwelt;" Jaimini hingegen behauptet es, indem er sich auf die Stelle beruft: „er ist einfach, er ist dreifach" usw. (Chand. 7,26,2): die Verdreifachung setzt ein körperliches Dasein voraus; und wenn auch die angeführte Stelle der Bhumavidya, also einer Nirguna Vidya entnommen ist, so gehört doch das Aishvaryam, auf welches sie sich bezieht, zu der Frucht der Saguna Vidyah (S. 1146,5). Badarayana endlich nimmt an, weil die Schrift beides lehrt, dass der Herrliche nach Belieben in körperlicher oder körperloser Weise bestehen kann (S. 1146,10); im letztern Falle ist der Genuss der Wünsche so wie im Traume, im erstem so wie im Wachen zu denken (S. 1146,15. 1147,4).

Aber wie soll man sich die Existenz in drei und mehr Leibern zugleich vorstellen? Sind sie sämtlich als beseelt, oder vielmehr, da die Seele sich doch nicht vervielfachen kann, bis auf einen als seelenlos, wie Automaten (Holzmaschinen, Daruyantram) zu denken? Darauf ist zu antworten: wie ein Licht sich in mehrere Lichter zerteilen kann, so kann der zur Herrlichkeit Eingegangene in den verschiedenen Körpern zugleich sein, da ohne dieses die Bewegung derselben nicht möglich sein würde; sein Atman regiert dieselben, indem er mittels einer Teilung der Upadhis in sie eingeht; wie ja auch die Lehrbücher des Yoga eine solche Verbindung des Yogin mit mehreren Leibern lehren (S. 1148,10; vgl. S. 72). — Man darf hier nicht mit den Stellen kommen, welche die zweitlose Einheit des Atman lehren (S. 469), denn die hier geschilderte Herrlichkeit ist nur die herangereifte Frucht der attributhaften Wissenschaften (S. 1149,13).

Schranken der Herrschaft

Die Herrschaft der Frommen im Jenseits erstreckt sich unbeschränkt auf alles, mit Ausnahme der Weltregierung. Sie besitzen also die mit dem Aishvaryam verbundenen Vollkommenheiten, und nur die Regierung der Welt, d. h. ihre Schöpfung, Lenkung und Vernichtung, bleibt dem ewig vollkommenen Ishvara vorbehalten, weil er einmal dazu bestimmt ist, und weil das Aishvaryam der andern nicht von Ewigkeit her, sondern in der Zeit beginnend ist. Auch könnten sonst Misshelligkeiten entstehen, indem z. B. der eine das Fortbestehen der Welt, der andere ihren Untergang wünschen könnte; wie denn überhaupt dem höchsten Ishvara insofern eine Herrschaft über die andern zusteht, als er ihre Wünsche in Einklang zu setzen hat (S. 1151,1). Ihre Freiheit (Svarajyam) „beruht" auf der des höchsten Ishvara; zu ihm, der in diesem Sinne „der Herr der Wünsche" (Manasaspati) genannt wird (Taitt. 1,6,2), geht der Fromme ein, so dass seine Herrlichkeit durch die des höchsten Ishvara bedingt ist (S. 1151,14). Wenn es Rigv. 10,90,3 (vgl. S. 181) heißt:

„So groß die Majestät ist der Natur,
So ist doch größer noch der Geist erhoben,
Ein Fuß von ihm sind alle Wesen nur,
Drei Füße sind Unsterblichkeit da droben,"

so ist hier von zwei Formen des höchsten Gottes die Rede, einer wandelbaren, nur dem Bereiche des Veränderlichen angehörenden (Vikara-Madra-Gochara) und einer unwandelbaren, zu der alle Wandlungen zurückkehren (Vikara-Avartin), und von der es heißt (Kath. 5,15): „ihm dem Glänzenden glänzt alles nach, von seinem Glanze erglänzt diese ganze Welt.“ Von diesen beiden Daseinsformen, der wandellosen und wandelbaren (Avikritam und Karyam Brahma, S. 1119,11), welche für Shankara mit der attributlosen und attributhaften Vorstellungsform zusammenfallen, erreichen die Frommen, weil sie sich nur auf das attributhafte Brahman stützen, nur die letztere (S. 1152,6), weil nur bis zu dieser ihre Einsicht (Kratu) reicht. Und wie sie nicht das höhere, attributlos, sondern nur das niedere, attributhafte Brahman erreicht haben, so ist auch innerhalb des letztern ihre Herrschaft nicht schrankenlos, sondern beschränkt (S. 1152,8), und nur in Bezug auf den Genuss kommt ihre Herrlichkeit, der des höchsten Ishvara gleich (S. 1153,2).

Schließliche Erlösung der Frommen

Aber wenn dem so ist, wenn die Herrlichkeit der Frommen nicht-unübertrefflich (Sa-Atishaya) ist, muss sie nicht dann auch endlich sein, so dass ihre Inhaber zuletzt zum Erdendasein zurückkehren? — Darauf antwortet „der heilige Badarayana" im letzten Sutram des Werkes: „Keine Wiederkehr nach der Schrift, keine Wiederkehr nach der Schrift." Das heißt: „Diejenigen, welche durch Ader und Strahl über die „Stationen der Flamme usw. auf dem Götterpfade in die von „der Schrift geschilderte Brahmanwelt gelangen, woselbst die Seen Ara- und -Nyam sind, in der Brahmanwelt, im dritten Himmel von hier, wo das Gewässer Airammadiyam ist und der Feigenbaum Somasarana, und die Brahmanburg Aparajita, und der goldene Palast Prabhuvimitam (Chand. 8,5,3), wie es von vielen Liedern und Erklärungen geschildert wird; (vgl. haush. 1,3-5), — die dorthin gelangt sind, die kehren nicht, wie die in der Mondwelt, nach Ablauf des Genusses zurück: «Unsterblichkeit erlangt wer auf ihr aufsteigt» (Chand. 8,6,6), — «für sie ist keine Wiederkehr» (Brih. 6,2,15), — «die auf ihm eingehen, kehren zu diesem irdischen Strudel nicht zurück» (Chand. 4,15,6), — «er geht zur Brahmanwelt und kehrt nicht wieder» (Chand. 8,15,1), —wie die Schrift sagt. Sondern vielmehr, wenn auch die Herrlichkeit zu Ende geht, so kehren sie doch nicht zurück, sondern gehen, wie gezeigt (S. 477), wenn das umgewandelte [[[Brahman]]] aufhört, mitsamt seinem Vorsteher in das höchste ein. Nämlich, nachdem die Finsternis [ihres Nichtwissens] durch das Samyagdarshanam verscheucht worden ist, so tut sich ihnen als höchstes Ziel das ewige, vollendete Nirvanam auf (vgl. ad Brih. 548,12 Sarva-Utsado Nama-Matra-Avasheshah Pradipa-Nirvana-Vat); zu diesem nehmen sie ihre Zuflucht, und darum ist auch für solche, welche sich unter den Schutz des attributhaften Brahman stellen, gewisslich keine Wiederkehr."

Siehe auch

Literatur

  • Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda
  • Vedanta - Der Ozean der Weisheit von Swami Vivekananda
  • Paul Deussen: Das System des Vedanta, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
  • Soami Divyanand: Vedamrit - Die Botschaft der Veden. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
  • Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur. (edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-22-8
  • Moritz Winternitz: Geschichte der Indischen Literatur, Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: History of Indian Literatur, Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985.
  • Aurobindo: Das Geheimnis des Veda, 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
  • Lokamanya Bâl Gangâdhar Tilak: Orion ou Recherches sur l'Antiquité des Védas, Milan, Éditions Archè, 1989

Weblinks

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