Schriftzeichen

Aus Yogawiki
Ganesha

Als Schriftzeichen bzw. sprachliche Zeichen bezeichnet man die kleinsten, beim Schreiben (bzw. Drucken) einer bestimmten Schrift nicht weiter teilbaren Einheiten. Ein bestimmter Satz bzw. ein System von Schriftzeichen bildet somit den Zeichensatz einer bestimmten Schrift, die wiederum zum Schreiben einer (oder mehrerer) Sprachen bzw. "Schriftsprachen" dient.

Arten von Schriftzeichen

Je nach Kulturraum werden verschiedene Arten von Schriftzeichen zum Darstellen des geschriebenen Wortes, also der Schrift, benutzt. Eine wichtige Unterteilung der Schriftsysteme ist die in Buchstabenschriften und Silbenschriften, in denen jeweils der Buchstabe bzw. die Silbe die kleinste Einheit der Schrift bildet.

Buchstabenschriften

In den in Europa gebräuchlichen Schriftsystemen sind diese kleinsten Einheiten der Schrift (Schriftzeichen) die einzelnen Buchstaben der jeweiligen Alphabete, also die Buchstaben a, b, c usw. oder а, б, в usw. oder α, β, γ usw. der lateinischen, kyrillischen oder griechischen Schrift. Diese Schriften, die zudem über eine Unterscheidung von Groß- und Kleinbuchstaben verfügen, werden als Buchstabenschriften bezeichnet.

Silbenschriften

Schriftzug in Tamil für das Wort "Tamil"

Die Schriftzeichen der in Indien und anderen Teilen Südasiens verwendeten Silbenschriften (auch Abugida genannt) sind, wie der Name schon sagt, keine Buchstaben, sondern Silben (Sanskrit: akṣara "unzerstörbar"). Hierbei werden die jeweiligen Konsonanten (Mitlaute) und Vokale (Selbstlaute) nicht wie in der lateinischen Schrift isoliert, sondern graphisch zu einer Silbe verbunden geschrieben. Silbenschriften verfügen folglich auch über keine Unterscheidung von Groß- und Kleinbuchstaben.

Alle in Indien verwendeten, auf die sogenannte Brahmi Schrift zurückgehenden Schriften (Schriftsysteme) wie die nordindische Devanagari und Gurmukhi Schrift oder die südindische Tamil und Malayalam Schrift sind Silbenschriften.

Typischerweise gibt es im indischen Schriftenkreis für alle Vokale eine unabhängige Form bzw. "Initialform", die nur am Wortanfang verwendet wird, und eine abhängige Form, die mit dem entsprechenden Konsonanten eine Silbe (Akshara) ergibt. So besteht das Wort akṣara bspw. aus den drei Silben a-kṣa-ra, die in der Devanagari als अक्षर erscheinen.

Schriftzeichen und Ausprache

Seite aus dem Guru Granth Sahib

Alle Schriftzeichen einer Schrift werden traditionell in einer bestimmten Reihenfolge, dem Alphabet, aufgelistet und so in ein System gebracht. Dabei hat jeder "Buchstabe" einen Namen, der seine Aussprache enthält, wie etwa A (IPA): [a:], B [be:], C [t͡se:] usw. Diese Aussprache stellt jedoch oft nur eine von mehreren Möglichkeiten dar, wie das jeweilige Schriftzeichen innerhalb verschiedener Worte in einer bestimmten Sprache ausgesprochen wird. Hinzu kommt noch, dass ein bestimmter Buchstabe in Kombination mit einem oder zwei weiteren Buchstaben wiederum eine spezifische Aussprache ergibt.

Es gibt somit in vielen Sprachen eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Diskrepanz zwischen Schreibung und Aussprache bzw. zwischen der graphischen Repräsentation eines Lautes in der Schrift und seiner phonetischen Umsetzung in der gesprochenen Sprache. Dies wird sowohl innerhalb einer einzigen Sprache deutlich, mehr noch aber zwischen Sprachen, die nahezu ein und dasselbe Zeichensystem (Alphabet) benutzen, wie etwa die europäischen Sprachen. Hier folgen einige Beispiele für die unterschiedlichen Aussprachemöglichkeiten des Buchstaben C (IPA: [t͡se:]), einzeln und in Kombination:

Wortbeispiel Sprache Aussprache laut IPA
Café deutsch [a'fe:]*
Cicero deutsch ['t͡sit͡sero:]
Schaf deutsch ['ʃa:f]
Bach deutsch ['baχ]
ich deutsch ['iç]
chip englisch ['t͡ʃɪp]
ocho spanisch ['ot͡ʃo]
chic französisch ['ʃik]
cento italienisch ['t͡ʃɛnto]

*Anmerkung: Ein Doppelpunkt [ : ] bezeichnet im Internationalen Phonetischen Alphabet (kurz IPA) die Länge eines Vokals, bspw. die Länge des e in Café. Ein Apostroph steht vor einer betonten Silbe: in Café ([kʰa'fe:]) wird die zweite Silbe betont.

Phonetische Schriften

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Es gibt auch Schriftsysteme, in denen eine nahezu hundertprozentige Übereinstimmung zwischen einem Schriftzeichen und seiner lautlichen Umsetzung besteht. Viele der Indischen Schriftsysteme sind Beispiele für diesen Typus.

Sanskrit

Im Sanskrit Alphabet, das in verschiedenen indischen Schriften wie der Devanagari oder der Bengali Schrift dargestellt werden kann, sind die Laute streng systematisch nach phonetischen (die Lautbildung betreffenden) Gesichtspunkten angeordnet. Jedem Laut bzw. jeder als Silbe (Akshara) erscheinenden Lautverbindung entspricht wiederum ein Schriftzeichen, dessen Aussprache, unabhängig von seiner lautlichen Umgebung, in der Regel unverändert bleibt.

Eine Außnahme hierzu bilden lediglich die beiden Anusvara und Visarga genannten Zeichen, deren Aussprache je nach lautlicher Umgebung differiert. So wird Anusvara (), der in der Devanagari durch einen Punkt über der jeweiligen Silbe dargestellt wird (तं taṃ), am Wortende entweder als der Konsonant m ausgesprochen, oder, je nach Art des folgenden Konsonanten, als einer der fünf Klassennasale , ñ, , n oder m.

Neuindische Sprachen

In den neuindischen Sprachen wie Hindi, Bengali, Panjabi, Malayalam oder Tamil herrscht ein unterschiedlicher Grad der Übereinstimmung zwischen einem Schriftzeichen und seiner lautlichen Umsetzung vor. In besonders hohem Maße besteht diese Entsprechung noch in der Malayalam Schrift, deren Anordnung und lautliche Wiedergabe stark am Sanskrit orientiert ist.

In der Tamil Schrift gibt es hingegen eine große Anzahl unterschiedlicher Aussprachmöglichkeiten ein und desselben Schriftzeichens, da diese Schrift in ihrer normalen, nicht um die entsprechenden Zeichen aus der Grantha Schrift erweiterten Form nicht zwischen stimmlosen und stimmhaften Konsonanten unterscheidet. So kann bspw. das Schriftzeichen த், das in der wissenschaftlichen Transliteration einheitlich mit t wiedergegeben wird, in unterschiedlichen Wörtern entweder als stimmloser Dental [t̪], als dessen stimmhafte Variante [d̪], oder als stimmhafter Reibelaut bzw. Frikativ [ð] (wie in engl. "the") realisiert werden.

Während das korrekte Lesen bzw. Aussprechen der Tamil Schrift also eine genaue Kenntnis der verschiedenen Ausspracheregeln und eventueller Ausnahmen voraussetzt, erlaubt eine phonetische Schrift, wie etwa die für das Sanskrit verwendete Devanagari Schrift, eine korrekte Aussprache, auch wenn man das entsprechende Wort nicht kennt, ja selbst wenn man die Sprache Sanskrit gar nicht beherrscht.

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Pranayama

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