Mulaprakriti

Aus Yogawiki

Mulaprakriti (Sanskrit: मूलप्रकृति mūlaprakṛti f.) Urnatur, Urmaterie. In der Sankhya-Philosophie ist die Mulaprakriti neben dem Purusha eine der beiden grundsätzlichen, einander auf ewig getrennt gegenüberstehenden Prinzipien. Die Mulaprakriti wird auch als (Pradhana "die Hauptsache, das Grundlegende") und (Avyakta "das Unentfaltete") bezeichnet. In der Mulaprakriti, dem unentfalteten Urgrund, sind die drei Gunas bzw. "Eigenschaften" (Sattva, Rajas und Tamas) im absoluten Gleichgewicht. Sobald dieses Gleichgewicht gestört wird (indem die Gunas ihrer natürlichen Tendenz gemäß danach streben, über die jeweils anderen zu dominieren), tritt die entfaltete (Vyakta) Natur (Prakriti), die eigentliche Schöpfung, ins Dasein.

In der Aufzählung der 25 (Tattva)s des (Sankhya) erscheint die Mulaprakriti nicht bzw. sie wird als unentfaltete (Avyakta) Voraussetzung der Prakriti durch die Anwendung des logischen Grundsatzes erschlossen, dass alles, was als Wirkung (Karya) wahrnehmbar ist, eine Ursache (Karana) haben muss, selbst wenn die Ursache als solche (aus verschiedenen Gründen) nicht wahrnehmbar ist (vgl. Sankhya Karika 7 - 9).


Die Sankhya Karika des Ishvarakrishna

मूलप्रकृतिरविकृतिर्महदाद्याः प्रकृतिविकृतयः सप्त |

षोडशकस्तु विकारो न प्रकृतिर्न विकृतिः पुरुषः || 3 ||


mūlaprakṛtir avikṛtir mahadādyāḥ prakṛtivikṛtayaḥ sapta |

ṣoḍaśakas tu vikāro na prakṛtir na vikṛtiḥ puruṣaḥ || 3 ||


Die Urnatur (Mulaprakriti) ist nicht geschaffen, [sondern existiert durch sich selbst]. Die Sieben, angefangen mit dem Großen [dem Verstand (Mahat), zudem Ichbewußtsein und die fünf Reinstoffe], sind [produktive] Natur (Prakriti) und geschaffen [indem die Urnatur sich umgestaltet]. Die Gruppe der Sechzehn [nämlich das Denkvermögen, die fünf Wahrnehmungsvermögen, die fünf Tatvermögen und die fünf Elemente] aber ist eine Umgestaltung [der Natur]. Nicht Natur, nicht geschaffen ist das Selbst (Purusha).


अतिदूरात्सामीप्यादिन्द्रियघातान्मनोऽनवस्थानात् |

सौक्ष्म्याद्व्यवधानादभिभवात्समानाभिहाराच्च || 7 ||


atidūrāt sāmīpyād indriyaghātān mano'navasthānāt |

saukṣmyād vyavadhānād abhibhavāt samānābhihārāc ca || 7 ||


[Wenn etwas nicht wahrgenommen wird,] kann das seinen Grund darin haben, dass es allzu fern oder allzu nah ist, dass die Vermögen verletzt sind, dass das Denkvermögen unstet ist, dass es allzu fein oder verdeckt ist, dass es von anderen Dingen überlagert ist, und dass es mit gleichen Dingen vermischt ist.


सौक्ष्म्यात्तदनुपलब्धिर्नाभावात्कार्यतस्तदुपलब्धिः |

महदादि तच्च कार्यं प्रकृतिविरूपं सरूपं च || 8 ||


saukṣmyāt tadanupalabdhir nābhāvāt kāryatas tadupalabdhiḥ |

mahadādi tac ca kāryaṃ prakṛtivirūpaṃ sarūpaṃ ca || 8 ||


Etwas kann nicht deswegen nicht in Erfahrung gebracht werden, weil es nicht ist, sondern weil es allzu fein ist. [Die Urnatur kann als solche nicht in Erfahrung gebracht werden. Durch ihre] Wirkung aber kann sie in Erfahrung gebracht werden. Angefangen mit dem Großen ist [alles ihre] Wirkung. Sie gleicht der Natur in ihrer Gestalt und gleicht ihr auch nicht.


असदकरणादुपादानग्रहणात्सर्वसम्भवाभावात् |

शक्तस्य शक्यकरणात्कारणभावाच्च सत्कार्यम् || 9 ||


asadakaraṇād upādānagrahaṇāt sarvasambhavābhāvāt |

śaktasya śakyakaraṇāt kāraṇabhāvāc ca sat kāryam || 9 ||


Weil aus Nichtseiendem nichts entstehen kann, weil [durch die Wirkung] eine Grundlage zu erfassen ist, weil Bestehendes nicht aus allem entstehen kann, weil Fähiges nur bewirkt, wozu es fähig ist, und weil eine bestimmte Ursache existiert, gibt es eine bestimmte Wirkung.


Siehe auch