Die Kunst still zu sitzen
Die Kunst still zu sitzen Ein Skeptiker auf der Suche nach Gesundheit und Heilung: Buch von Tim Parks, erschienen im Antje Kunstmann Verlag, gebundene Ausgabe.
Ein Mann in den besten Jahren (51) mit Schmerzen im Unterleib geht durch ein Martyrium von Leiden, Schmerzen, Krisen und Behandlungsmöglichkeiten, bis er den Rat erhält, einfach still zu sitzen und zu atmen. Schließlich landet der Ich-Erzähler in einer Meditationsgruppe buddhistischer Ausprägung und erhält folgenden Rat: "Du musst dir sagen, macht nichts, Schmerzen, Schmerzen, nicht meine Schmerzen. Du musst sagen, Gedanken, Gedanken, macht nichts, nicht meine Gedanken." Der Autor versteht diesen Rat nicht, und es wird auch nicht weiter darauf eingegangen. (Leider.)
Es geht meines Erachtens um das Verhältnis von Materie und Geist oder vermeintlichem Ich und dem wirklichen Ich und gibt mir die Gelegenheit, aus yogischer Sicht, eine Erklärung zu versuchen und auf die Yogaphilosophie, auf Buddha und den Buddhismus einzugehen. Anlässlich einer Buchvorstellung im hiesigen Buchladen habe ich das auch getan, der Kürze halber hier nur soviel:
So heißt es in der Bhagavad Gita: "Da sich die Seele innerhalb der Natur befindet, erfährt sie die aus der Natur stammenden Eigenschaften. Verhaftung an die Eigenschaften ist die Ursache für ihre Geburt in guten und nicht so guten Mutterschößen."
Und der Yogameister Sukadev (Volker Bretz) erläuterte einst:"Du bist das Bewusstsein hinter allem. Immer wieder werde dir bewusst: Ich bin nicht der Handelnde. Ich bin auch nicht Vergnügen und Schmerz. Ich bin auch nicht Anhaftung. Ich bin auch nicht meine Wünsche." (Vortrag über das "Ego", das "wahre Selbst", "Buddha" und "Buddhistische Lehre mit den vier Wahrheiten" folgte)
Gehen wir nun zu dem Buch von Tim Parks zurück, so verliert der Mensch den Schmerz, wenn seine Wünsche, sein Begehren erlöschen. Der Yogi würde hier von Verhaftungslosigkeit sprechen. Man identifiziert sich nicht mehr mit seinem Schmerz. Lässt los. "Schmerzen, Schmerzen, nicht meine Schmerzen."
Ich persönlich habe während der Lektüre des Buches oft gedacht, ob ich wirklich über die Befindlichkeiten eines in die Jahre kommenden Mannes und seine Leidensgeschichte so bescheid wissen muss. Es schien mir ein Buch eines Mannes für Männer zu sein. Am Ende hat es sich gelohnt, dieses Buch doch zu Ende zu lesen, allein, um einen Mann (also einen Alien) besser begreifen zu lernen. Es gibt auch manch' eine Stelle zum Schmunzeln und Tim Parks schreibt einfach gut.