Demokratie
Demokratie. Die Demokratie ist vermutlich die beste Herrschaftsform, die es gibt. Das Wort Demokratie bedeutet Herrschaft des Volkes.
Demokratie
Die griechischen Staatstheoretiker*innen unterschieden bereits verschiedene Herrschaftsformen. Es gibt zum einen die Monarchie, die Herrschaft eines Menschen über das ganze Land und typischerweise handelt es sich dabei um Erbherrschaft. Eine Unterart der Monarchie stellt die Tyrannei dar, das heißt, da ist ein einzelner Mensch, der seine Herrschaft nicht an eine Dynastie weitergibt. Als nächstes gibt es die Oligarchie, die Herrschaft weniger über alle, etwa einige Adelsrepubliken, die es gibt, beziehungsweise gab. Aber es gibt auch die Demokratie, die Herrschaft des Volkes. Es wurden bereits einige Versuche der Nicht-Herrschaft, der Anarchie, unternommen. Aber diese sind nicht gut ausgegangen. Eventuell da man ihnen nicht ausreichend Gelegenheit gegeben hat. Denn eigentlich kann man sagen, die urmenschliche Herrschaftsform ist vermutlich sogar die Anarchie. Man nimmt an, dass Menschen in geraumer Vorzeit in kleineren Gruppen von 10 bis 40 oder 60 Menschen zusammengelebt haben. Es musste keine Hierarchie, das heißt keinen Menschen geben, der*die über die Oberherrschaft verfügte. Einzelne Menschen hatten entsprechend ihrer Fähigkeiten ihre besonderen Aufgaben und erhielten ihren besonderen Respekt. Je nachdem, was anfiel, hat der*die eine oder andere die Führungsrolle übernommen.
Diese Gesellschaftsstruktur findet sich auch unter den noch heute existierenden archaischen Gesellschaften. Noch mehr über die Anarchie weiß man aus der Gruppenstruktur der frühen Jungsteinzeit. Dort gab es keine größeren und kleineren Häuser. Es gab keine Menschen, die besser oder schlechter gekleidet haben. Dort existierten keine Führer. So handelte es sich nicht einmal um Demokratie, sondern eher um eine Anarchie. Ab einer gewissen Größe funktioniert, meiner Ansicht nach, die Anarchie nicht mehr so gut.
Verschiedene Formen der Demokratie
Ich habe auch selbst ein bisschen Erfahrung mit Gesellschaftsordnung: Als wir Yoga Vidya 1992 gegründet haben, da lebten wir nicht wirklich in einer Anarchie, aber es war vieles nicht fest ausgemacht. Wir haben irgendwie entschieden. Als wir dann unseren ersten Ashram gegründet haben und unsere Gemeinschaft auf 10 bis 15 Menschen gestiegen ist, könnte man sagen, es handelte sich um eine Basisdemokratie. Man hat sich verstanden. Man hat sich abgesprochen. Es gab bestimmte Regeln. Irgendwie lief die Verständigung. Als wir eine gewisse Größe erreicht haben, entwickelte es sich zu einer regen Demokratie. Wir haben ein Regelbuch, die Yoga Vidya Smriti, erstellt. Wir haben regelmäßige Abstimmungen gemacht. Irgendwann führten wir Ämter ein. Es gab schon immer einen Vereinsvorstand, der aber nichts zu bestimmen hatte. Das lief nun irgendwie anders. So entstand eine Art demokratische Verfassungsstruktur einer letztlich spirituellen Gemeinschaft.
In der Moderne kann man zwischen zwei verschiedenen Formen der Demokratie unterscheiden. Es gibt die Basisdemokratie und die parlamentarische Demokratie. Basisdemokratie würde bedeuten, dass das ganze Volk über alles abstimmt. So war es zum Beispiel in Athen, wo nicht das ganze Volk, aber diejenigen, die eine Wahlberechtigung hatten, auf dem Marktplatz zusammengekommen sind, dann dort diskutiert und schließlich abgestimmt haben. Das verlief eine Weile problemlos, solange es sich im Rahmen eines kleinen Stadtstaats verhielt. Auch in Rom wurde es zu Beginn so gehandhabt. Aber irgendwann wurden Wahlen eingeführt. Es wurden Ämter bestimmt und ein Senat festgelegt, welcher für eine längere Zeitperiode kandidierte. Der große Vorteil der parlamentarischen Demokratie ist, dass sich Menschen – immer noch in einer gewissen Menge von 3 bis 12 Personen – normalerweise am besten verstehen und miteinandersprechen sowie zu den kreativsten Lösungen kommen. Man kann auch noch Diskussionen führen und Reden halten, bei denen man bis zu 200, 300 anwesende Menschen überzeugen kann. Alles, was sich über dieser Anzahl befindet, sind nur noch Showkämpfe. So können in der parlamentarischen Demokratie alle beteiligt sein, aber sie wählen eine gewisse Anzahl von Menschen und diese können sich dann in den sogenannten Ausschüssen beraten und um die beste Lösung ringen. In dem großen Plenum können dann Abstimmungen gemacht werden. Auch wenn das Wirtschafts-, Sozial- und politische System in Deutschland im Jahr 2018 nicht den besten Ruf hat, bin ich der Meinung, dass es das Beste ist, was wir hatten - auch wenn ich so nicht zufrieden bin. Auch ich denke, manches müsste anders sein.
Demokratie braucht ein gebildetes Volk
Aber Demokratie hilft, dass das Volk mitbeteiligt ist. Demokratie braucht natürlich auch ein gebildetes Volk. Nicht grundlos haben Menschen auch Diktatoren und Menschenschlächter gewählt, wie zum Beispiel in Deutschland: Hitler ist durch eine Mehrheit an die Macht gekommen. So hat die Demokratie auch ihre Schwächen. Insbesondere sollte die Demokratie es nicht ermöglichen, dass ein Autokrat, ein Tyrann an die Macht kommt. Aber das ist ein schwieriges Thema. Demokratie gibt es natürlich auch im Kleinen. Wenn du einen Verein gründest, dann sorge dafür, dass es zum einen eine Grundsatzung gibt, die genau beschreibt, wofür es den Verein gibt. Dann bedarf es zum anderen Vorgehensweisen, wie zu Entscheidungen gekommen wird. Demokratie, meine ich, ist dort immer etwas Gutes. Ich glaube an die Intelligenz der Masse. Ich glaube auch insbesondere an die Intelligenz der Masse, wenn sich Menschen gegenseitig achten, respektieren und bereit sind, voneinander zu lernen, wenn man vorher eine offene Diskussion geführt hat. Auch in der Familie können bis zu einem gewissen Grad demokratische Entscheidungen gefällt werden. Natürlich haben die Eltern mehr als die Kinder zu sagen. Sie wissen etwas mehr. Dennoch ist es gut, zu schauen, wie viel Demokratie man in jedes Familiensystem hineingeben kann. So würde es Unternehmen ebenso guttun, öfters mal demokratische Elemente einzufügen, alle miteinzubeziehen, alle zu Wort kommen zu lassen und letztlich die Weisheit von vielen zu haben. Wenn jedoch alle bestimmen und nachher nur der Chef daran verdient, dann ist das natürlich auch nicht gut. Es handelt sich um ein heikles Thema.
Demokratie in spirituellen Gemeinschaften
In spirituellen Gemeinschaften ist die Demokratie traditionellerweise viel verbreiteter als man es denkt. Zum Beispiel sind es in der katholischen Kirche die Kardinäle, die den Papst wählen. Es war in früheren Zeiten auch nicht der Papst, der die Bischöfe bestimmt hat, nicht einmal der Kaiser, sondern die örtliche Gemeinde hat zum einen ihren Priester bestimmt und zum anderen ihren Bischof gewählt. Lange Zeit war es auch mit dem Papst so, dass er von den Römern, von dem römischen Volk, gewählt wurde. Die Abstimmungsverfahren waren nicht die modernste, aber das Prinzip war demokratisch. Erst im Lauf des Mittelalters gab es andere Weisen, den Bischof und den Papst zu bestimmen. Die christlich-katholischen Klöster unterliegen in der Theorie dem Prinzip des Gehorsams, bei dem alle dem Abt gehorchen müssen. Aber Äbte und andere Verantwortungspositionen werden in den meisten Orden von den Klostermitgliedern gewählt. Es waren typischerweise die Mönche und Nonnen, die gemeinsam wichtige Dinge bestimmt haben.
Indien
Auch in Indien lässt sich ähnliches festhalten: Dort gibt es Ashrams mit Gurus. Doch es sind nicht die Gurus, die alles entscheiden, sondern die Ashrambewohner*innen, die sich gegenseitig absprechen, auch wenn sie nicht so viele formelle Wahlen durchführen. So ist die natürlichste Form, wie Menschen zusammenwirken, eigentlich die Demokratie. Wenn es wenige Personen sind, dann gleicht es nahezu einer Anarchie. Es braucht keine formelle Herrschaft. Ab einer gewissen Gruppengröße ist jedoch eine Demokratie im Sinne der Basisdemokratie hilfreich. Mit steigender Größe einer Gesellschaft braucht es letztlich die repräsentative Demokratie. Darüber hinaus bedarf es Prinzipien, die nicht über Bord geworfen werden können. In Staaten sind es die Verfassung, die Gesetze und unabhängige Richter. Die Gesetze werden durch eine von der Exekutive getrennte Legislative erlassen. In mittelgroßen Gemeinschaften muss man auch zu etwas Vergleichbarem kommen. Auch bei Yoga Vidya sind wir so weit: Wir haben zwar erst ein paar hundert Sevakas, die ein Teil der Gemeinschaft sind und in verschiedenen Orten leben. Aber wir haben schon eine Strategiekommission gewählt. Wir haben einen Shanti-Rat, Vertrauenspersonen und vieles mehr. Die wichtigen Entscheidungen lassen wir jedoch basisdemokratisch von allen gemeinsam fällen. Wenn dir dieses Video gefallen oder dich interessiert hat, dann klicke auf den Gefällt mir-Button oder teile diese Sendung mit anderen. Mehr über Yoga Vidya als demokratische, teilweise basisdemokratische Gemeinschaft findest du auf www.yoga-vidya.de/gemeinschaft/.
Video Demokratie
Hier findest du ein Vortragsvideo mit dem Thema Demokratie :
Autor/Sprecher/Kamera: Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, Seminarleiter zu Yoga und Meditation.
Demokratie Audio Vortrag
Hier die Audiospur des oberen Videos zu Demokratie :
Siehe auch
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