Staat und Recht: Unterschied zwischen den Versionen

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::»Gut sollen diesem die Gütigen auf die Dauer verleihen, [[Indra]], Pushan, [[Varuna]], [[Mitra]], [[Agni]]; diesen sollen die [[Aditya]] und die Allgötter in höchstem Glanz erhalten. 1.
::»Gut sollen diesem die Gütigen auf die Dauer verleihen, [[Indra]], Pushan, [[Varuna]], [[Mitra]], [[Agni]]; diesen sollen die [[Aditya]] und die Allgötter in höchstem Glanz erhalten. 1.
:Ihm stehe zu Gebote, o Götter, alle Herrlichkeit ([[jyoti]]s), [[Surya]] und Agni, oder überhaupt was golden ([[hiranya]]) ist; seine Nebenbuhler sollen ihm unterworfen sein : zur höchsten Würde (uttamam nakwim) führe diesen. 2.
:Ihm stehe zu Gebote, o Götter, alle Herrlichkeit ([[jyoti]]s), [[Surya]] und Agni, oder überhaupt was golden ([[hiranya]]) ist; seine Nebenbuhler sollen ihm unterworfen sein : zur höchsten Würde (uttamam nakam) führe diesen. 2.
:Durch das sehr wirksame Andachtswerk, wodurch du, o Jntavedas, dem Indra Kräfte zubrachtest: mit dem, o Agni, fördere jetzt diesen, stelle ihn an die erste Stelle (çreshthya) unter seinen Verwandten (sajaianam). 3.
:Durch das sehr wirksame Andachtswerk, wodurch du, o Jatavedas, dem Indra Kräfte zubrachtest: mit dem, o Agni, fördere jetzt diesen, stelle ihn an die erste Stelle (çreshthya) unter seinen Verwandten (sajatanam). 3.
:Ihr [[Opfer]] und Glanz, ihr Gedeihen und ihre Absichten habe ich an mich genommen, o Agni : die Nebenbuhler sollen ihm unterworfen sein, zur höchsten Würde führe diesen.« 4.
:Ihr [[Opfer]] und Glanz, ihr Gedeihen und ihre Absichten habe ich an mich genommen, o Agni : die Nebenbuhler sollen ihm unterworfen sein, zur höchsten [[Würde]] führe diesen.« 4.


Ob zwischen dem erblichen Königthum und dem letzterer Art in Bezug auf die Machtbefugnisse ein Unterschied bestand, lässt sich nicht bestimmen. Rv. 10, 173 liegt ein Lied vor, das bei der Einführung eines Wahlkönigs gesprochen wurde:
Ob zwischen dem erblichen Königthum und dem letzterer Art in Bezug auf die Machtbefugnisse ein Unterschied bestand, lässt sich nicht bestimmen. Rv. 10, 173 liegt ein Lied vor, das bei der Einführung eines Wahlkönigs gesprochen wurde:
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:Des festen Soma gedenken wir mit festgesetztem Opferguss; aber Indra soll dir die Gaue ausschliesslich eigen, Spenden darbringend machen.« 6.
:Des festen Soma gedenken wir mit festgesetztem Opferguss; aber Indra soll dir die Gaue ausschliesslich eigen, Spenden darbringend machen.« 6.


Eine ganze Reihe von Segensprüchen für die Wahl und Weihe des Herrschers bietet der Atharvaveda; ich wähle zwei davon aus:
Eine ganze Reihe von Segensprüchen für die Wahl und Weihe des Herrschers bietet der [[Atharvaveda]]; ich wähle zwei davon aus:
Av. 3, 4. »An dich ist die Herrschaft gelangt mit Herrlich¬keit, tritt hervor ale Herr der Gaue, unumschränkter Könige: alle Himmelsrichtungen sollen dich, o König, rufen; verehrungsvoll soll man an dich herantreten und sich dir verneigen. 1.
 
Dich sollen die Gaue (viçah) erwählen zum Königthum, dich die Weltgegenden hier, die fünf göttlichen; auf der Herrschaft Höhe, auf dem Gipfel stehe fest. von dort theile uns als gewal¬tiger Güter zu. 2.
:Av. 3, 4. »An dich ist die Herrschaft gelangt mit Herrlichkeit, tritt hervor ale Herr der Gaue, unumschränkter Könige: alle Himmelsrichtungen sollen dich, o König, rufen; verehrungsvoll soll man an dich herantreten und sich dir verneigen. 1.
Heran zu dir sollen die Verwandten (saj[Ita) in Gehorsam (havinah eigentlich »bittend«) treten, Agni soll als geschickter Bote sich einstellen, die Gattinnen, die Söhne sollen wohlgesinnt sein, reichlichen Tribut mögest du ale mächtiger (Herrscher von den Feinden) erleben. 3.
:Dich sollen die Gaue (viçah) erwählen zum Königthum, dich die Weltgegenden hier, die fünf göttlichen; auf der Herrschaft Höhe, auf dem Gipfel stehe fest, von dort theile uns als gewaltiger Güter zu. 2.
Es sollen dich rufen zuerst die Açvin, Mitra und Varuna, alle Götter, die Mark; den Sinn wende zur Güterspende. daher theile uns als mächtiger Güter zu. 4.
:Heran zu dir sollen die Verwandten (sajata) in Gehorsam (havinah eigentlich »bittend«) treten, Agni soll als geschickter Bote sich einstellen, die Gattinnen, die Söhne sollen wohlgesinnt sein, reichlichen Tribut mögest du als mächtiger (Herrscher von den Feinden) erleben. 3.
Eile herbei aus entferntester Ferne, hold sollen dir Himmel und Erde sein; das hat dieser König Varuna so verkündet, der selbst rief dich herbei : tritt hierher. 5.
:Es sollen dich rufen zuerst die Açvin, Mitra und Varuna, alle Götter, die Marut; den Sinn wende zur Güterspende, daher theile uns als mächtiger Güter zu. 4.
0 Indra, Indra, geh zu den menschlichen Gauen, du wurdest erfunden mit den Varuna (varunaih) übereinstimmend**: er da (Agni?) rief dich auf seinem Sitz, er soll den Göttern opfern, er soll die Gaue fügsam machen. 6.
:Eile herbei aus entferntester Ferne, hold sollen dir Himmel und [[Erde]] sein; das hat dieser König Varuna so verkündet, der selbst rief dich herbei : tritt hierher. 5.
Die Göttinnen der Wohlfahrt, die aller Orten und ver¬schiedengestaltig sind, alle kamen zusammen und schufen dir freie Bahn; sie alle sollen einträchtig dich rufen. Ale mächtiger und wohlwollender Herrscher verweile hier das zehnte Lebens¬alter (d. h. bis du 100 Jahre alt wirst)«"*. 7.
:0 Indra, Indra, geh zu den menschlichen Gauen, du wurdest erfunden mit den Varuna (varunaih) übereinstimmend: er da (Agni?) rief dich auf seinem Sitz, er soll den Göttern opfern, er soll die Gaue fügsam machen. 6.
• tvar» vi riùa ist, wie Metrum und Sinn zeigt, erklärende Glosse zu ekaraj.
:Die Göttinnen der Wohlfahrt, die aller Orten und verschiedengestaltig sind, alle kamen zusammen und schufen dir freie Bahn; sie alle sollen einträchtig dich rufen. Als mächtiger und wohlwollender Herrscher verweile hier das zehnte Lebensalter (d. h. bis du 100 Jahre alt wirst)«" 7.
** Unter Indra kann nur der neue Herrscher gemeint sein; mit dem Plural varunaih sind die Götter bezeichnet, die hier als Unterthanen Indrâs betrachtet werden.
:Av. 4, 22 : »Erhöhe mir, o Indra, diesen Herrscher, mache ihn zum einzigen Stier der Gaue, zerstreue alle seine Feinde, unterwirf sie ihm in dem Wettstreit um den Vorrang. 1.
*** Der Praesensstamm vaça- ist in vedischer und nachved. Litteratur nur zweimal belegt Rv. 8, 20, 17; 8, 28, 4 in der Form vdçanti und diese kann an diesen beiden Stellen leicht eine Rückbildung sein nach den zahl
:Theil diesem zu Dorf, Rosse, Rinder, schliess aus vom Antheil den, welcher sein Feind; an der Spitze der königlichen Familie stehe dieser als König, unterwirf ihm, Indra, jeden Feind. 2.
:Dieser soll sein der Schätzeherr der Schätze, dieser König soll sein der Gauherr der Gaue, in ihn, o Indra, leg grossen Glanz, glanzlos mache seinen Feind. 3.
STAAT UND RECHT. 165
:Ihm sollt ihr, Himmel und Erde, viel liebliches zuströmen lassen, wie zwei warme [[Milch]] spendende Milchkühe; dieser König sei lieb dem Indra, lieb den Rindern, Pflanzen, Herden. 4.
:Ich verbünde dir den siegreichen Indra, durch den man siegt und nicht besiegt wird: er soll dich machen zum einzigen Stiere (Herrscher) der Leute und zum höchsten der menschlichen Könige. 5.
:Du bist oben, unterlegen sind deine Gegner und alle, die dich befeindeten: Als einziger Stier, der Indra zum Freund hat, bring siegreich herbei der Feinde Habe (zur Vertheilung). 6.
:Löwengleich vernichte alle ihre (der Feinde) Gaue, tigergleich verjag die Feinde: Als einziger Stier, der Indra zum Freund hat, bring siegreich herbei der Feinde Habe.« 7.


Av. 4, 22 : »Erhöhe mir, o Indra, diesen Herrscher, mache ihn zum einzigen Stier der Gaue, zerstreue alle seine Feinde, unterwirf sie ihm in dem Wettstreit um den Vorrang. 1.
Theil diesem zu Dorf, Rosse, Rinder, schliess aus vom An¬theil den, welcher sein Feind; an der Spitze der königlichen Familie stehe dieser als König,* unterwirf ihm, Indra, jeden Feind. 2.
Dieser soll sein der Schätzeherr der Schätze, dieser König soll sein der Ganherr der Gaue, in ihn, o Indra, leg grossen Glanz, glanzlos mache seinen Feind. 3.
Ihm sollt ihr, Himmel und Erde, viel liebliches zuströmen lassen, wie zwei warme Milch spendende Milchkühe; dieser König sei lieb dem Indra, lieb den Rindern, Pflanzen, Heerden. 4.
Ich verbünde dir den siegreichen Indra, durch den man siegt und nicht besiegt wird: er soll dich machen zum einzigen Stiere (Herrscher) der Leute und zum höchsten der mensch¬lichen Könige. 5.
Du bist oben, unterlegen sind deine Gegner und alle, die dich befeindeten: Als einziger Stier, der Indra zum Freund hat, bring siegreich herbei der Feinde Habe (zur Vertheilung). 6.
Löwengleich vernichte alle ihre (der Feinde) Gaue, tiger¬gleich verjag die Feinde: Als einziger Stier, der Indra zum Freund hat, bring siegreich herbei der Feinde Habe.« 7.
Kämpfe um die Herrschaft, Verdrängung eines berechtigten Thronerben werden ebenso wenig wie in den altgermanischen Staaten gefehlt haben: »Nicht fürwahr begünstigt Soma den ränkevollen, nicht den, der auf unrechte Weise die Herrschaft in seinem Besitz hält« Rv. 7, 104, 13.
Kämpfe um die Herrschaft, Verdrängung eines berechtigten Thronerben werden ebenso wenig wie in den altgermanischen Staaten gefehlt haben: »Nicht fürwahr begünstigt Soma den ränkevollen, nicht den, der auf unrechte Weise die Herrschaft in seinem Besitz hält« Rv. 7, 104, 13.
Was die Befugnisse des Königs anlangt, so hat er im Kriege das Recht des Oberbefehls, er ist satpati; er hat weiter die Ver¬pflichtung, in ernsten Momenten wie z. B. bei einer bevor¬stehenden Schlacht far den Stamm das Opfer zu veranstalten, es
Was die Befugnisse des Königs anlangt, so hat er im Kriege das Recht des Oberbefehls, er ist satpati; er hat weiter die Ver¬pflichtung, in ernsten Momenten wie z. B. bei einer bevor¬stehenden Schlacht far den Stamm das Opfer zu veranstalten, es

Version vom 8. Oktober 2013, 09:43 Uhr

Aus dem Buch "Altindisches Leben: Die Cultur der vedischen Arier", nach den Samhita dargestellt von Heinrich Zimmer, Berlin 1879

Kapitel 6: Staat und Recht

Wie wir oben S. 119 ff. sahen, zerfiel das Volk der indischen Arier in eine grosse Anzahl von Stämmen. Zwischen einzelnen derselben fanden, sobald gemeinsame Interessen es erheischten behufs Abwehr drohender Angriffe oder zum Zwecke von Beutezügen in das Gebiet anderer Stämme, Verbindungen statt; solche Vereinigungen verschiedener Stämme lieferten sich die Schlachten an der Parushni und Yamuna. War man aber von einem Zuge glücklich heimgekehrt, so stand für gewöhnlich jeder Volksstamm wieder für sich als Ganzes da. Wir haben also hier ganz dieselben Verhältnisse, wie sie zu Tacitus Zeit unter den Germanen bestanden. Wie bei jenen die staatlichen Einrichtungen bei weitern nicht überall dieselben waren, so werden wir Gleiches auch von den vedischen Stämmen vermuthen dürfen: einige Angaben dahin werden wir im Verlauf kennen lernen.

Die höchste politische Einheit der vedischen Arier ist der Stamm; er ist eine Vereinigung mehrerer Gaue. Fragen wir nach einer einheimischen Bezeichnung dieses Staatsganzen, so müssen wir jana als solche ansehen. So sagt Viçvamitra Rv. 3. 53, 12: »Viçvamitras Gebet da schützt den Bharata-Stamm (janam bharatam)« ; yadvo janah und yadvali stehen sich Rv. 8, 6, 46. 43 gleich; rajan König und gopa janasya Beschützer des Stammes ist dasselbe Rv. 3, 43, 5; König Soma heisst gopati janasya »Gebieter des Stammes« Rv. 9, 35, 5. Rv. 10, 159 haben wir einen Zauberspruch, in dem eine Frau eines Königs die Nebengattinnen unschädlich zu machen sucht, damit sie beim Gatten am meisten geehrt sei, ihre Söhne die Herrschaft einst bekämen und ihre Tochter Königliche Hoheit würde; sie schliesst ihre Beschwörung mit dem Wort: »Verdrängt habe ich diese Nebenbuhlerinnen ihnen überlegen seiend damit ich über diesen Mann und diesen Stamm (jana) herrsche« d. h. über König und sein Volk. König (rajan) und Volk (jana) stehen auch Rv. 5, 58, 4 gegenüber: »Ihr schafft dem Stamm einen kräftigen König«. Panca janah war, wie wir oben sahen, ursprünglich eine Bezeichnung von fünf näher zu einander stehenden Stämmen.

Die nächste Unterabtheilung des Stammes ist der Gau; sein einheimischer Name ist vic. Wie viele solcher viç zu einem Stamme gehörten, wissen wir nicht; ihre Zahl war jedenfalls verschieden nach der Grösse des einzelnen Volkstammes, wie auch bei den alten Germanen die Anzahl der Gaue (pagus), die zu einer thiuda (civitas) vereint waren, unterschiedlich war. Nach Besiegung des Volkes (jana) der Bharata breiteten sich die Gaue (vicah) der Trtsu aus Rv. 7, 33, 6; die vereinigten Gaue wählen den König Rv. 10, 124, 8; »wie ein König die Gaue im Zaume hält« heisst es in einem Vergleich Rv. 9, 7, 5; »alle Gaue (sarva viçah) wünschen dich, nicht soll die Herrschaft von dir fallen« wird Rv. 10, 173, 1 dem neugewählten König zugerufen; des Trnaskanda Gaue (viçah) verschont, o Marut« fleht Agastya Rv. 1, 172. 3.

In der weiteren Abstufung kommt die Dorfschaft grama, vrjana, vollständig gleich dem altgermanischen vicus. Die Dorfgemeinde selbst beruht wieder auf der Vereinigung der einzelnen Familien.

Wir sehen also, dass der altindische Staat sich ganz entsprechend dem altéranischen, altgermanischen, altslavischen und altitalischen aufbaut. Das Staatsganze beruht auf dem Hause (altb. nmana, dmana) , der Einzelfamilie. Sie ist nur ein Theil der Gesamtfamilie, Sippe oder Dorfschaft : altind. grama, vrjana, éran. viç, altit. gens, germ. vicus, langob. fara cf. Paulus Diaconus 2, 9 — slav. rodu, obistina. Eine Vereinigung dieser Sippen, Clane zu einem grösseren Ganzen ist bei den Indern die vif, Eraniern zantu (shoithra Yaçna 31. 18), Ital. tribus, Germanen pagus (skandin. fylki, syssel, angels. scir), Slaven pléme. Die Verbindung endlich einer Anzahl solcher Gaue bildete den Stamm oder das Einzelvolk : ind. jana, éran. daqyu, lat. civitas, osk. und umbr. tota, germ. friuda, slav. narodu, jçzyku. Dieselbe Verfassung besteht bei den Afghanen noch bis jetzt, wie Wilken in den Abhandlungen der Berliner Akademie 1818 , pag. 237 ff. nach Elphinstones Bericht ausgeführt hat.

Am deutlichsten findet sich für den altindischen Staat die dargelegte Gliederung ausgesprochen Rv. 2, 26, 3: »Wer den Vater der Götter für sich zu gewinnen sucht, gläubigen Sinnes durch Opfer Brahmanaspati, der erlangt Beute und Reichthum durch die Männer: durch Stamm (janena), durch Gau (viça), durch Verwandtschaft (janmana), durch Familie (putraih).« Deutlich steht hier jan man Angehörige, Sippschaft für grama, vrjana; die Bewohner des Dorfes waren eben ursprünglich nur eine Verwandtschaft. Durch »Söhne« (putraih) ist pars pro toto die Familie bezeichnet; sie sind es ja, auf denen, wie im Verlauf noch gezeigt wird, die Fortsetzung des Hauses und des Geschlechts beruht.

Dies war aber nicht allein im Frieden die Eintheilung des Stammes, sondern auch — und hier wieder in schönster Analogie zu altgermanischen Verhältnissen — für den Krieg und in der Schlacht. Aus Tacitus Germania Kap. 7 sowie aus einheimischen Quellen wissen wir, dass bei den alten Deutschen Heereseintheilung war, dass Gau neben Gau stand und diese wieder nach Verwandtschaften, und Familienkreisen sich ordneten. In einem Hymnus an Manyu, den personificierten »Muth« Rv. 10, 84 heisst es nun Vers 3 ff.: »Wirf nieder, o Manyu, die, die uns nachstellen; zerbrechend , zermalmend, vernichtend gehe auf die Feinde los; sie hemmen nicht deine gewaltige Kraft, du Herrscher bringst sie unter deine Herrschaft, du einzig gearteter, einziger. Du allein, o Manyu , bist von vielen angefleht; von Abtheilung zu Abtheilung (viçamviçam) gehend feure sie zum Kampfe an; mit dir verbündet wollen wir lautes Geschrei erschallen lassen zum Siege«. Deutlich haben wir in viçamviçam eine Heereseintheilung. Vergleiche ferner: »An des Himmels Ende schmücken sich die Morgenröthen mit Glanz, wie ein in geschlossenen Schaaren ziehendes Heer reihen sie sich aneinander (viço na yukta yatante) Rv. 7, 79, 2. Die Marut, beständig ja ein Volk in Waffen, sind in viçah gegliedert Rv. 5, 61, 1; »als sich der Marut Scharen (Marutirviçah) anschlossen« Rv. 8, 12, 29. »Hör Indra uns, wir rufen dich an, um grosse Beute zu erlangen; wenn in dem Schlachtgewühl die Scharen (viçah) auf einander prallen, gewähr uns kräftigen Beistand am Tage der Entscheidung« Rv. 6, 26, 1. »Es entwickeln Kraft die Leute bei der Arbeit, o ungestümer, wenn sie auf einander schnauben im Kampfgewoge ; wenn die kämpfenden Heerhaufen (viço yudhmah) handgemein werden, dann entwickeln manche Indra gleiche Kraft, Mann gegen Mann« Rv. 4, 24, 4.

Als weitere Unterabtheilung des Heeres ist, entsprechend der Organisation des altindischen Staates, grama, vrjana anzusehen, die Kriegerschaar einer Ortschaft. Nirgends jedoch zeigen die vedischen Lieder diese ursprüngliche Bedeutung deutlich, vielmehr nur die allgemeinere »Kriegerschar« überhaupt. So nennt Viçvamitra R. 3, 33, 11 die mit Streit- und Trosswagen am Ufer der Vipaç angekommenen Bharata poetisch gavyan¬gramah »eine kampflustige Schar«, Rv. 3, 53, 12 nennt er sie bharatam janam »Bharatastamm«. Vergleiche ferner: »Nicht mögen fremde, bösgesinnte Scharen (vrjanah), unheilvolle uns überfallen« Rv. 7, 32, 27. »Mögen wir unter unsern Führern vorzügliche Beute erliegen mit unserer Kriegerschar (asmakena vrjanena)« Rv. 10, 42, 10. Vielleicht lässt sich für zwei andere Ausdrücke der specielle Sinn »Kriegerschar einer Ortschaft« nachweisen: Rv. 1. 126, 5 heisst es, dass die Pajra Ruhm erstrebten wie die mit Wagen versehenen, verwandten Scharen, die eine Viç bilden (subandhavo ye viçya iva vra anasvantah); vra bezeichnet demnach eine Abtheilung der Viç, deren Glieder unter einander nahe verwandt (subandhu) waren, was auf die Kriegerschar des Dorfes passt. Rv. 10, 179, 2 = Av. 7, 12, 2 sagt ein Sänger : »Dich Indra umsitzen mit Darbringungen die Freunde wie Familienoberhäupter (kulapa) den thätigen Führer der Dorfschar (vrajapati)«.

Es ordnete sich demnach die Kriegsmacht eines Stammes zuerst nach Viç, dann nach Vraja oder Vra, welche letzteren wieder aus den kampffähigen Gliedern des Kula zusammengesetzt waren. Diese Dreitheilung des Heeres ist uns an einer Stelle des Rigveda sicher angegeben; die Marut, Indras Heer und ein Volk in Waffen, sind geordnet çardhamçardham, vratumvratam, ganamganam,d. h. nach einzelnen Scharen, Haufen, Rotten Rv. 5. 53, 11: vgl. Rv. 3, 26, 6.

Die Regierung der in der angegebenen Weise gegliederten arischen Staaten war durchaus eine monarchische. Gemäss ihres Ursprungs aus der Familie lässt sich dies auch kaum anders erwarten.

An der Spitze des Staates steht als Lenker des Ganzen der König (rajan). Die Herrscherwürde im Stamme ist in vielen Fällen eine erbliche: Vadhryaçva, Divodasa Atithigva, Pijavana, Sudâs finden wir der Reihe nach als Urgrossvater, Grossvater, Vater und Sohn über die Trtsu gebieten; eine noch längere Genealogie lässt sich bei den Puru herstellen. Nicht so bei allen Stämmen. Wir haben sichere Zeugnisse, dass auch Wahlmonarchien bestanden, in denen die Könige von den Gauen gewählt wurden: »Wie die Gaue sich den König küren« heisst es Rv. 10, 124, B. Ob eine bestimmte Herrscherfamilie da war, aus deren Mitgliedern eines zum Throne ausersehen wurde, oder ob die Wahl unter den edlen Geschlechtern vorgenommen wurde, wissen wir nicht. Auf eine Wahlmonarchie ersterer Art könnte der Spruch Av. 1, 9 bezogen werden:

»Gut sollen diesem die Gütigen auf die Dauer verleihen, Indra, Pushan, Varuna, Mitra, Agni; diesen sollen die Aditya und die Allgötter in höchstem Glanz erhalten. 1.
Ihm stehe zu Gebote, o Götter, alle Herrlichkeit (jyotis), Surya und Agni, oder überhaupt was golden (hiranya) ist; seine Nebenbuhler sollen ihm unterworfen sein : zur höchsten Würde (uttamam nakam) führe diesen. 2.
Durch das sehr wirksame Andachtswerk, wodurch du, o Jatavedas, dem Indra Kräfte zubrachtest: mit dem, o Agni, fördere jetzt diesen, stelle ihn an die erste Stelle (çreshthya) unter seinen Verwandten (sajatanam). 3.
Ihr Opfer und Glanz, ihr Gedeihen und ihre Absichten habe ich an mich genommen, o Agni : die Nebenbuhler sollen ihm unterworfen sein, zur höchsten Würde führe diesen.« 4.

Ob zwischen dem erblichen Königthum und dem letzterer Art in Bezug auf die Machtbefugnisse ein Unterschied bestand, lässt sich nicht bestimmen. Rv. 10, 173 liegt ein Lied vor, das bei der Einführung eines Wahlkönigs gesprochen wurde:

»Ich habe dich herbeigeholt, sei festen Sinnes (eigentlich »fest im Innern«), steh' und wanke nicht: alle Gaue lieben dich, nicht soll deinem Haupt das Diadem entgleiten. 1.
Hier bleibe, nicht mehr entferne dich, wie ein Fels sei unbeweglich; stehe fest wie Indra, hier erhalte das Reich. 2.
Diesen soll Indra bleibend erhalten durch das festgesetzte Opfer, ihm soll Soma tröstend zusprechen, ihm Brahmanaspati. 3.
Fest steht der Himmel, fest die Erde, fest die Berge da; treu ist alles Lebende hier, treu sei der Herrscher da der Gaue. 4.
Dauernd soll dir die Herrschaft erhalten König Varuna, dauernd der Gott Brhaspati, dauernd Indra und Agni. 5.
Des festen Soma gedenken wir mit festgesetztem Opferguss; aber Indra soll dir die Gaue ausschliesslich eigen, Spenden darbringend machen.« 6.

Eine ganze Reihe von Segensprüchen für die Wahl und Weihe des Herrschers bietet der Atharvaveda; ich wähle zwei davon aus:

Av. 3, 4. »An dich ist die Herrschaft gelangt mit Herrlichkeit, tritt hervor ale Herr der Gaue, unumschränkter Könige: alle Himmelsrichtungen sollen dich, o König, rufen; verehrungsvoll soll man an dich herantreten und sich dir verneigen. 1.
Dich sollen die Gaue (viçah) erwählen zum Königthum, dich die Weltgegenden hier, die fünf göttlichen; auf der Herrschaft Höhe, auf dem Gipfel stehe fest, von dort theile uns als gewaltiger Güter zu. 2.
Heran zu dir sollen die Verwandten (sajata) in Gehorsam (havinah eigentlich »bittend«) treten, Agni soll als geschickter Bote sich einstellen, die Gattinnen, die Söhne sollen wohlgesinnt sein, reichlichen Tribut mögest du als mächtiger (Herrscher von den Feinden) erleben. 3.
Es sollen dich rufen zuerst die Açvin, Mitra und Varuna, alle Götter, die Marut; den Sinn wende zur Güterspende, daher theile uns als mächtiger Güter zu. 4.
Eile herbei aus entferntester Ferne, hold sollen dir Himmel und Erde sein; das hat dieser König Varuna so verkündet, der selbst rief dich herbei : tritt hierher. 5.
0 Indra, Indra, geh zu den menschlichen Gauen, du wurdest erfunden mit den Varuna (varunaih) übereinstimmend: er da (Agni?) rief dich auf seinem Sitz, er soll den Göttern opfern, er soll die Gaue fügsam machen. 6.
Die Göttinnen der Wohlfahrt, die aller Orten und verschiedengestaltig sind, alle kamen zusammen und schufen dir freie Bahn; sie alle sollen einträchtig dich rufen. Als mächtiger und wohlwollender Herrscher verweile hier das zehnte Lebensalter (d. h. bis du 100 Jahre alt wirst)«" 7.
Av. 4, 22 : »Erhöhe mir, o Indra, diesen Herrscher, mache ihn zum einzigen Stier der Gaue, zerstreue alle seine Feinde, unterwirf sie ihm in dem Wettstreit um den Vorrang. 1.
Theil diesem zu Dorf, Rosse, Rinder, schliess aus vom Antheil den, welcher sein Feind; an der Spitze der königlichen Familie stehe dieser als König, unterwirf ihm, Indra, jeden Feind. 2.
Dieser soll sein der Schätzeherr der Schätze, dieser König soll sein der Gauherr der Gaue, in ihn, o Indra, leg grossen Glanz, glanzlos mache seinen Feind. 3.
Ihm sollt ihr, Himmel und Erde, viel liebliches zuströmen lassen, wie zwei warme Milch spendende Milchkühe; dieser König sei lieb dem Indra, lieb den Rindern, Pflanzen, Herden. 4.
Ich verbünde dir den siegreichen Indra, durch den man siegt und nicht besiegt wird: er soll dich machen zum einzigen Stiere (Herrscher) der Leute und zum höchsten der menschlichen Könige. 5.
Du bist oben, unterlegen sind deine Gegner und alle, die dich befeindeten: Als einziger Stier, der Indra zum Freund hat, bring siegreich herbei der Feinde Habe (zur Vertheilung). 6.
Löwengleich vernichte alle ihre (der Feinde) Gaue, tigergleich verjag die Feinde: Als einziger Stier, der Indra zum Freund hat, bring siegreich herbei der Feinde Habe.« 7.

Kämpfe um die Herrschaft, Verdrängung eines berechtigten Thronerben werden ebenso wenig wie in den altgermanischen Staaten gefehlt haben: »Nicht fürwahr begünstigt Soma den ränkevollen, nicht den, der auf unrechte Weise die Herrschaft in seinem Besitz hält« Rv. 7, 104, 13. Was die Befugnisse des Königs anlangt, so hat er im Kriege das Recht des Oberbefehls, er ist satpati; er hat weiter die Ver¬pflichtung, in ernsten Momenten wie z. B. bei einer bevor¬stehenden Schlacht far den Stamm das Opfer zu veranstalten, es reichen Singularformen vaçmi, vakshi, vashti, vaças etc. Am einfachsten ist es, dass man vaseha liest »verweile, erlebe hier; bei dem in vedischen Texten vielfach belegten Wechsel zwischen ç und s ist eine Aenderung der Lesart vaçeha nicht einmal unbedingt nothwendig. • Kshatrânâm ist völlig gleich mit sajatanlim Av. 1, 9, 3, wie varshman gleich çreshthye 1. c.; vgl. auch Av. 3, 4, 3.

166 KAPITEL Vi.

selbst darzubringen oder durch einen ihm befreundeten Sänger darbringen zu lassen. Ueber seine Aufgabe im Frieden melden uns die vedischen Lieder sehr wenig. Er war gopa janasya, »Beschützer seines Volkes« Rv. 3, 43, 5, musste also darauf bedacht sein, nach aussen bin zu wachen und besonders gegen die ins Gebirge zurückgewichene Urbevölkerung auf der Hut sein, im Falle der Noth gegen sie ausziehn — »Du o Soma nahmst wie ein pflichtgetreuer König die Berge in Besitz« Rv. 9, 20, 5 —, wie es Divodasa that, der den im Gebirge herrschenden Çambara aufsuchte und seine auf den Bergen an¬gelegten Zufluchtsstätten zerstörte Rv. 2, 12, I 1 ; 4, 26, 3; 6, 26, 5 ; 6, 33, 4 u. ö. Vergleiche Seite 107. Dauernden Gehorsam hatte das Volk andererseits seinem Herrscher zu erweisen (Rv. 1, 67, 1; 4, 50, 8), widrigenfalls er sich denselben erzwang (Rv. 9, 7, 5). Festgesetzte Abgaben zahlte das Volk an den König nicht, es brachte ihm freiwillig Geschenke; denn balihrt in Rv. 10, 173 bedeutet nur dieses. Bali heisst Rv. 1, 70', 9; 5, 1, 10 einfach Spende, Geschenk. Der Wunsch, Indra soll die Gaue steuerpflichtig machen, hätte keinen Sinn, wenn bali ein mit der Königswürde verbundenes, gesetzlich bestimmtes Einkommen wäre — verlangten doch nach Vers 2 die Gaue den Herrscher —; wohl aber ist der Wunsch berechtigt, wenn bali eine freiwillige Leistung war. Das Ergeb¬niss stimmt ebenfalls gut zu den .altgermanischen Verhältnissen: »Mos est civitatibus u l t r o ac viritim conferre principibus vel armentorum vel frugum, quod pro honore acceptum etiam necessi¬tatibus subvenit« Tacitus Germania 15. Wie die freiwillige Gabe nach und nach zur Pflicht wurde, die bêle zur Forderung bei den Deutschen (Grimm Deutsche Rechtsalterth. 246 ff.; 297 ff.) , so wohl auch bei den vedischen Stämmen. Nur wo ball bei besiegten arischen Stämmen gebraucht wird, dürfen wir »Tribut, Abgabe« darin suchen: »Er der mit seinen Keulenschlägen die Erdwälle niederwarf, die Morgenröthen (d. h. das Land gegen Osten) den Ariern zu eigen machte, der warf die Gaue der Nahus nieder, or der ewig junge Agni und machte sie mit Gewalt zins¬pflichtig« rühmt Vasishtha Rv. 7, 6, 5; vgl. 7, 18, 19: »Den Indra unterstützten die Yamuna und das Volk der Trtsu, dort beraubte er den Bheda seines Lebens; die Aja, Çigru, Yakahu

STAAT UND RECHT. 167

brachten Pferdehäupter als Tribut dar«. Ob der Tribut zins¬pflichtig gemachter Stämme dem Herrscher allein zufloss, wiesen wir nicht; wohl aber geht aus einer ganzen Reihe von Dänastuti hervor, dass dem König als Heerführer ein bedeutenderer Theil der Beute zufiel. Vielleicht wurden auch deni Herrscher, wenn ein Stamm nach Wanderungen und Kämpfen in einer Landschaft sich dauernd niederliess, bei Vertheilung des Landes grössere Gebiete zugewiesen, eine grössere Anzahl der Urbewohner als Sklaven gegeben; nähere Angaben hierüber fehlen jedoch. Vor den Unterthanen zeichnete sich der König äusserlich dadurch aus, dass er prachtvoll geschmückt war. Früher sahen wir, wie sehr die vedischen Arier den blinkenden Goldschmuck liebten; kein Wunder wenn öfters Herrscher bei feierlichen Gelegenheiten sich so damit behängten, dass sie goldähnlich (hiranyasamüdrç) aussahen Rv. 8, 5, 38. »Die Marut sind Helden von funkelndem Aussehen (tveshasa»cdrç) wie Könige« heisst es Rv. 1, 85, 8; auch Rv. 10, 78, 1 werden die Marut glänzenden (citra) Königen von schönem Aussehen (suswiidrç) verglichen. Umgeben war der Herrscher von einem grösseren Gefolge (ibha). Unter letzterem Ausdrucke hat man nicht blos Hörige und Dienerschaft zu verstehen ; er kann und wird zugleich die ganze, oft weitverzweigte königliche Familie bezeichnen, womöglich auch Jünglinge aus den angesehensten Geschlechtern des Stammes mit einbegreifen. Den Fürsten Tugra und sein Gefolge vollständig liefert Indra dem Dyotana aus nach Rv. 6, 20, B. »Fahr hin, o Agni, (so glänzend) wie ein gewaltiger König mit seinem Ge¬folge (ibhena)« Rv. 4, 4, 1. Nach Rv. 2, 41, 5; 7, 88, 5 bewohnen Mitra-Varuna einen grossen Palast mit 1000 Säulen und 1000 Thoren. »Varuna der einsichtige, der feste Satzungen hat, setzte sich in seinem Palaste zur Allherrschaft nieder; von dort überschaut er achtsam alles Verborgene, was geschehen ist und noch geschehen wird; er trägt einen goldenen Mantel, es kleidet sich Varuna in Pracht¬gewänder; seines Befehls gewärtige Diener (spaçah) sitzen um ihn herum« Rv. 1, 25, 10f. Diesen Schilderungen dienten that-sächlich gesehene Zustände zweifelsohne als Vorbild, die nur entsprechend der Würde des höchsten Aditya weiter ausgeschmückt und vergrössert wurden.

168 KAPITEL VI.

Ein gerechter und pflichtgetreuer König war bei seiner Um¬gebung geehrt (Rv. 9, 57, 3) ; es gab jedoch auch harte und grausame Naturen, die gegen Familie und Gefolge wütheten: »Agni vernichtet die Wälder wie ein König die Glieder seines Gefolges« (ibhyan) Rv. 1, 65, 4. Fast in jedem Stamme finden wir Sängerfamilien, die sich in der Umgebung des Königs aufhielten; sie priesen die Thaten des Herrschers und seines Volkes: »Wie Könige durch Preis gesänge verherrlicht werden, so der Soma durch die beigemischte Milch« Rv. 9, 10, 3. So ist die Familie der Vasishtha bei den Trtsu , der Viçvâmitra bei dem Bharatavolke thätig. Von der Freigiebigkeit der Herrscher mussten diese Sänger grösstentheils leben, sie suchten sich daher, soviel es angieng, unentbehrlich zu machen. Ein Opfer ohne Preisgesang, Somakelterungen ohne Loblied sind Indra und den Göttern nicht angenehm: »Aus den Lobgesängen schaffe das Falsche weg, mit Preisgesang wollen wir die besiegen, die keinen darbringen ; nicht sonderlich gefällt dir ein Opfer ohne brünstiges Gebet« Rv. 10, 105, 8.* »Nicht erfreut ungekelterter Soma den Indra, auch nicht der gekelterte den Mächtigen, wenn derselbe ohne Gebet dargebracht wird: ihm will ich einen Preisgesang zeugen, an dem er Gefallen finden soll, einen neuen, damit er uns höre. Bei jedem Preis¬gesang erfreut der Soma Indra, bei jeder neuen Weise den Schätzeherrn die Kelterungen« Rv. 7, 26, 1. 2. »Es verschmäht der jugendliche (Indra) den Opferbrei, der ohne Lied (paro gira) ihm bereitet wird« Rv. 8, 69, 14. — Nicht aber war es jedem Könige und jedem Reichen gegeben, bei einem grösseren Opfer einen solchen Preisgesang kunstvoll und wohlgeordnet (sudhita) zu Stande zu bringen. Da trat ein Mitglied aus einer Sänger¬familie an seine Stelle (purohita); war das Opfer von sichtlichem Erfolg begleitet, so wussten die Sänger diesen Umstand wohl auszunützen. Weil er puraetar bei Sudâs war, siegten die Sehaaren der Trtsu, unterlagen die Bharata, schärft Vasishtha Rv. 7, 33, 6 dem Herrscher ein; »des Viçvämitra Preisgesang schützt das Bharatavolk« behauptet sein Gegner Rv. 3, 53, 12. • Die im ersten Pada fehlenden zwei Silben erganze ich und lese; .Bcamava no vrjina çiçtli..

STAAT UND RECHT. 169

Immer wieder führte man es dem Fürsten zu Gemüthe, wie noth¬wendig es sei, Sänger an sich zu fesseln, freigiebig zu beschenken. Wehe dem Herrscher, der nicht nach Wunsch der Sänger ,lohnte: »Mit deinen Hülfen versehen, o Brhaspati, sind die Fürsten (maghavan) unversehrt, heldenreich; die Rose und Rind und Ge¬wänder spenden, unter ihnen sollen beglückende Reichthümer sein. Lass zerrinnen das erworbene Gut derer, welche aus unsern Lobliedern Nutzen ziehen ohne zu spenden; die Gottlosen, die beim Gütererwerb gedeihen, die Gebetshasser halte fern vom Licht der Sonne« Rv. 5, 42, 8-9; und Rv. 1, 120, 12: »Jetzt bin ich des Schlafes überdrüssig und des nichtspendenden Reichen ; mögen beide flugs umkommen«. Um ihren Forderungen Nach¬druck zu verleihen, führten Sänger ihren Beruf geradezu auf Indra zurück , aber auch das Recht, Spende zu empfangen : »Indra weckte den Sänger (mit den Worten) : Erhebe dich, tammle dich und singe, mein des ungestümen Preis verkünde; jeder Fromme soll dir dafür spenden« Av. 20, 127, 11. Gebeten wird daher auch nur für solche Herren, die rind- und rossereiche Spende strömen lassen, den Sänger und sie soll Agni zu höchstem Glück führen Rv. 2, 1, 16; 2, 2, 13. Sind die Kargen in den Augen der Sänger gottlos (avrata), so nennen sie den reichlich Spendenden »fromm, seine Pflichten erfüllend« (suvrata): »La¬bungspendende Fluthen , Milchtränke fliessen zu dem , der geopfert hat und der Opfer bringt; zu dem Freigiebigen, reich¬lich Spendenden eilen von allen Seiten die schwellenden Ströme der Fruchtbarkeit; des Himmelsgewölbes Gipfel ersteigt er. Der, welcher reichlich spendet, wandelt unter den Göttern, ihm strömen die Flüsse Fruchtbarkeit (Fett) zu, ihm strotzt die Milchkuh immerdar; denen, die reichlichen Opferlohn geben, gehören die Sonnen, diejenigen, welche reichen Opferlohn geben, erlangen Unsterblichkeit; die reichen Opferlohn geben, verlängern ihr Leben. Nicht sollen die reichlich Spendenden in Noth und Schuld gerathen, nicht sollen die ihre Pflichten gewissenhaft erfüllenden Opferherrn dahin altem; alles diene ihnen zur Schutzwehr: den Nichtspendenden treffe jegliches Leid« Rv. 1, 125, 4-7. • Dieser Hymnus gehört zu den Jüngern Theilen des Rigveda, was sprachlich durch den Gebrauch von çoka in der Bedeutung 'Leiden' be


Wahrhaft königlich waren aber auch oft die Geschenke der Reichen an die priesterlichen Sänger, besonders nach Besiegung eines gefährlichen Feindes (vgl. Rv. 7, 18, 21 ff.). Oben Seite 129 sind bei anderer Gelegenheit zwei sogenannte Dänastuti, d. h. Aufzählung und Preis empfangener Geschenke. angeführt. Eine weitere findet sich Rv. 1 , 126, 1-4 : »Mit Andacht trag ich vor die muntern Preisgesänge über Bhävya,* den an der Sindhu wohnenden, der mir hundert Kelterungen zutheilte, der unübertreffliche König, nach Ruhm begierig. Hundert Nishka erhielt ich voß dem in Noth befindlichen Herrscher, hundert an einem Tage dargebotene Rosse, hundert Rinder (erhielt ich) Kakshivant von dem himmlischen**: am Himmel breitete er un-alternden Ruhm ans. In meinen Besitz kamen durch Svanaya's Geschenk zehn braune Gespanne sammt Wagen und Sklavinnen, tausend und sechzig Kühe folgten nach; es erlangte sie Kakshi¬vent bei der Einkehr der Tage. Vierzig feuerfarbige Rosse leiteten an der Spitze von Tausend, die von zehn Wagen be¬gleitet waren, den Zug; muntere, mit Perlen geschmückte Renner strichen die Kakshivant, des Pajra Nachkommen ein«. Besonders reich an Dänastuti ist der Anfang des B. Mandala des Rigveda: voll von überschwenglichem Preise des freigiebig Spendenden ist Rv. 10, 107 ein sehr später Hymnus ; wegen der Mannig¬faltigkeit der erwähnten Gaben sind beachtenswcrth Rv. 8, 55. 56 Vülakh. (7. 8). Sind die Dänastuti zum Theil auch tlebertreibungen, durch die ein Sänger den Herrn, bei dem er sich eben befand, zur Nachahmung anspornen wollte,f so bleibt doch immer so viel



(Aus dem Buch "Altindisches Leben: Die Cultur der vedischen Arier", nach den Samhita dargestellt von Heinrich Zimmer, Berlin 1879)

Siehe auch