Evolution
Evolution
Yoga und (naturwissenschaftliche) Evolution
Artikel von Narada, Dr. Christian Brehmer, Futurologe und Yogalehrer, erschienen im Yoga Vidya Journal Nr. 15, Frühjahr 2006
Yoga ist eine Erfahrungswissenschaft. Yoga kennt das wissenschaftliche Konzept der Evolution, einer langsam fortschreitenden Entwicklung hin zu "höheren" Formen, zumindest im geistig-spirituellen Sinne: Die Entwicklung des Bewusstseins! Yoga-Übende, Meditierende werden deshalb auch als evolutionäre Wegbereiter eines kommenden, "bewussteren" Zeitalters angesehen.
Aber auch das Wissen um involutive/evolutive Prozesse in der Natur findet sich z. B. in der Bhagavad Gita: Die Natur selbst wird dort sowohl als Ursache wie auch als Ergebnis aller Evolution und Involution verstanden; eine sehr "moderne", wissenschaftliche Sicht der Dinge, lässt man das yogische Konzept des unvergänglichen Brahman hinter allen Erscheinungen sowie des unvergänglichen Selbst jenseits allen Handelns und Wirkens einmal unberücksichtigt. Denn dies wäre auch heute noch, trotz der Erkenntnisse von Einstein, Heisenberg usw., eher "Metaphysik" und nicht Naturwissenschaft.
Gott wissenschaftlich beweisen zu wollen macht keinen Sinn; moderne wissenschaftliche Erkenntnisse nur deshalb in Frage zu stellen, weil sie sich mit dem eigenen Weltbild und Selbstverständnis nicht zusammenfügen lassen, aber auch nicht. Man sollte generell sehr zurückhaltend damit sein, visionäre Erkenntnisse alter Rishis und moderner Wissenschaftler bewertend vergleichen zu wollen. Beide könnten sich "geirrt", beide könnten "Recht gehabt" haben. Zu unterschiedlichen Zeiten mag es unterschiedliche Wahrheiten geben, und unterschiedliche Ebenen des Bewusstseins bedingen unterschiedliche Erkenntnisse.
Es spricht auch nichts dafür, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse früherer Zeitalter per se dauerhafter, besser, wahrer sind als diejenigen der Jetztzeit, oder umgekehrt! Und vermutlich machte es wenig Sinn, alle Aussagen z. B. der Rishis heute wissenschaftlich beweisen zu wollen. Es würde nur Verwirrung stiften, Chaos, das Gegenteil von Yoga. Wie man sich selbst damit aufs Glatteis führen könnte, möchte ich kurz an einem Beispiel zeigen: Noch zu Zeiten von Charles Darwin, einem der Begründer der Evolutionsforschung Mitte des 19. Jahrhunderts, gingen auch die angesehensten westlichen Wissenschaftler davon aus, dass unsere Erde einige Tausend, höchstens vielleicht einige Zehntausend Jahre alt ist. Yogische Schriften rechneten damals schon seit fast 2.000 Jahren mit dem, was heute "Geologische Zeit" genannt wird: in Jahrmilliarden seit Entstehung der Erde.
Heute setzt die westliche Wissenschaft das Erdalter mit etwa 4.5 Milliarden Jahren an. Überträgt man nun die Visionen vedischer Rishis über Yugas (Zeiträume) auf unsere moderne Zeitskala, beträgt ein Tag Brahmas, also eine komplette Entfaltung der Schöpfung, wenn ich richtig gerechnet habe 4.32 Milliarden Jahre! - Verblüffend, oder? Jetzt könnte man also denken: Die Rishis haben eben schon damals durch Intuition, innere Schau das gewusst, was unsere Wissenschaft erst heute herausfindet. Möglich, nur: Änderte dies irgend etwas am bisherigen Lauf der Welt? Zudem: Die uns betreffende kosmische Schöpfung, das Universum, in dem wir leben, ist vermutlich schon über 15 Milliarden Jahre alt. Wieso haben die Rishis das nicht gewusst bzw. notiert? Weiterhin leben wir derzeit mitten im Kali Yuga, welches noch eine ganze Zeit andauern wird. Danach kommen noch einige weitere Yugas, und dann erst, in weiter Zukunft, geht der momentane Tag Brahmas zu Ende. Das passt dann schon gar nicht mehr mit den genannten 4.5 Milliarden Jahren zusammen. Schlussendlich: Auch die moderne Naturwissenschaft könnte sich grandios geirrt haben bei ihrer Altersschätzung, so etwas passiert schon mal. - Man sieht: kein einziges Problem gelöst durch diesen Vergleich.
Allerdings bleibt, unabhängig davon, ob die "Rechnungen" im Einzelfall wissenschaftlich "korrekt" (gewesen) sind, die erstaunliche Tatsache, dass die alten Rishis überhaupt in den "richtigen Dimensionen rechneten", dass sie heutigen wissenschaftlichen Zeitvorstellungen manchmal geradezu unfassbar nahe kamen. Um das Ganze für alle am Thema Interessierten etwas durchschaubarer zu machen und Hilfe zur persönlichen Weiterforschung zu geben, habe ich versucht, eine Art Synopse aus ausgewählten yogischen und westlich-naturwissenschaftlichen Daten zu erstellen. Man darf diese Daten nicht als absolut ansehen. Sie spiegeln in etwa das wieder, was von maßgebenden Experten derzeit mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit angenommen wird. Dabei habe ich versucht, die manifesten "Uranfänge" der einzelnen Evolutionsstränge in etwa zu datieren, auch wenn mir sehr bewusst ist, dass ursächlich alles vermutlich eins war und ist. Ich verbinde mit dieser Aufstellung die Hoffnung, dass sie Yoga Übenden und Lehrenden ein kleines Stück Vidya: Wissen bringt über das, was war bzw. ist, und dass sie, gerade für Nicht-Biologen etc. im Einzelfalle hilfreich ist. Jede/r kann sie zudem problemlos um eigene Prioritäten erweitern.
Wann (in Jahren) Was geschah?
Vorzeit
4.5 Mrd.
- Entstehung der Erde,-Energie- und Materie manifestieren sich
- Beginn der chemisch-mineralischen Evolution
3.5 Mrd.
- Bildung einer geschlossenen Gesteinskruste
- Erste pflanzliche Lebensspuren in Graphit
- Beginn der biologischen Evolution
2.5 Mrd.
- Erste Tiere erscheinen: Algen, Wirbellose, Armfüßler
- Beginn der geistig-intellektuellen Evolution?
Erdaltertum
570 Mio. Alle Tierstämme außer den Wirbeltieren vorhanden 500 Mio. Erste Gefäßpflanzen und Wirbeltiere erscheinen Erste Landtiere Reptilien, Amphibien, Insekten Farne, Schuppenbäume Erdmittelalter 225 Mio. Saurier, Urvogel, Vögel und Säugetiere erscheinen 135 Mio. Saurier verschwinden, Säuger breiten sich aus Erdneuzeit 65 Mio. Tertiär: höhere Blütenpflanzen, Menschenaffen 4.5 Mio. Holozän: erste Vormenschen erscheinen Beginn der Ich-Bewusstseinsevolution? 2.5 Mio. Die Tiergattung Homo (Mensch) erscheint Erste Werkzeugkulturen Beginn der technischen Evolution 1.8 Mio. Homo erectus erscheint out of Africa Feuer, Faustkeile, Hütten ab 1.4 Mio. Mensch lebt als Jäger und Sammler 350. 000 Der vormoderne Mensch erscheint Zelte, Hütten, Kleidung, Speere 220. 000 Der Neandertaler erscheint Bestattungen, Kunsthandwerk Beginn der geistig-spirituellen Evolution? 150. 000 Der moderne Mensch erscheint 100. 000 Der vormoderne Mensch verschwindet 40. 000 Homo erectus verschwindet 25. 000 Der Neandertaler verschwindet; die Gattung homo lebt seitdem (vermutlich) in nur noch einer einzigen Art weiter: dem modernen Menschen h. sapiens sapiens Geschichtliche Zeit vor Christus bis 10.000 v. Chr.40 Gartenbaukulturen erscheinen Verehrung der großen Erdmutter Matriarchat, Menschenopfer bis 8000 v. Chr. Erste größere "Vorstädte" in Vorderasien; Sintflut? um 4000 v. Chr. Ackerbaukulturen erscheinen Polytheismus Patriarchat Kriege, Völkerwanderungen Erste indoarische Einwanderung bringt schamanistisch-vedisches Gedankengut nach Indien Megalithkulturen in Europa und Nordafrika
Weblinks