Mandala

Aus Yogawiki

Mandala (Sanskrit मण्डल: „Kreis, Bogen, Kugel“, tib.: dkyil 'khor) besteht aus dem Wortstamm „manda“ (welcher „Essenz“ bedeutet) und dem Suffix „la“ („Behältnis“). Somit ist Mandala „ein Gefäß, das die Essenz enthält“.

Der Begriff stammt aus der Hymnensammlung des Rigveda und bezeichnet dort die 10 Abschnitte (Liederkreise) des Werkes. Man glaubte, dass der Ursprung des Universums in diesen Hymnen liegt, deren heilige Klänge die genetische Struktur der Wesen und Dinge beinhalten. Hier sieht man schon die Bedeutung von „Mandala“ als Modell des Kosmos.

Neben diesem bekannteren Sinngehalt des Wortes bezeichnet Mandala auch die Bahn der Planeten oder den Umkreis und Einflussbereich eines Königs oder eines anderen Machthabers.

Als geometrische, traditionell meist runde, aber auch quadratische, Form ist das Mandala symmetrisch auf den Mittelpunkt hin ausgerichtet und dient der Meditation, Verinnerlichung und Konzentration. Es ist ein Symbol von Heilung, Ganzheit, Einheit und des Absoluten. Außerdem repräsentiert es die göttliche Ordnung des Universums, und erinnert uns so an unsere Beziehung zum Unendlichen, jene Welt, die sich innerhalb und über unseren Körper und unseren Geist hinaus ausdehnt.

Mandalas dienen als Sammelpunkte universeller Kräfte. Indem der Praktizierende geistig in das Mandala eintritt und sich auf das Zentrum hin bewegt, wird er durch die kosmischen Prozesse von Zerfall bzw. Auflösung und Wiedergeburt geleitet und zur Essenz der Realität geführt.

Chinesische, Japanische und tibetische Mandalas stellen im Wesentlichen zwei Aspekte des Universums dar: das Garbha-Dhatu (Sanskrit: “Mutterschoß-Welt” (Garbha: Keim, Embryo; Dhatu: essentieller Teil); japanisch: taizō-kai), in dem eine Bewegung vom Einen zum Vielen stattfindet, und das Vajra-Dhatu (Sanskrit: “Diamant-Welt” (Vajra: Diamant); japanisch: kongō-kai), mit der Bewegung vom Vielen zum Einen.

Jedes einzelne Element der Mandalas besitzt einen Sinn. So haben zum Beispiel folgende Formen die nachstehende Bedeutung:

Beispiele für die Bedeutung der Farben sind:

Mandalas werden vor allem im Buddhismus verwendet, im Hinduismus werden Yantras benutzt.

Mandalas im Buddhismus

Vajrayana Buddhismus in Tibet

Das tibetische Mandala ist ein Mittel, um Weisheit und Mitgefühl zu erlangen, und dient dazu, Menschen auf dem Weg der Erleuchtung zu leiten. Die Mönche meditieren über das Mandala, indem sie es sich als dreidimensionales Gebilde vorstellen. Mandalas sind somit meist zweidimensionale Darstellungen dreidimensionaler geistiger Objekte. Die Visualisierung fördert die geistige Konzentrationsfähigkeit des Praktizierenden. Auch wird dabei die Ich-Anhaftung, die im Buddhismus als Ursache allen Leids gesehen wird, mehr und mehr aufgelöst.

Das Mandala spiegelt die Essenz der Vajrayana Lehren. Jedes einzelne Detail ist durch die Tradition festgelegt und trägt eine bestimmte symbolische Bedeutung, oft auf mehr als einer Ebene. Das Mandala stellt sowohl die Natur der Erfahrung als auch die Komplexität des erleuchteten und des verwirrten Geistes dar. Es wird als ein Ort betrachtet, der getrennt und geschützt vom immerwährenden Wandel und der Unreinheit der äußeren Welt des Samsara ist, und wird deshalb auch als „Buddhafeld“ oder Ort des Nirvana und Friedens angesehen.

Im Vajrayana Buddhismus wurden die Sandmandalas entwickelt: Nachdem ein besonderes Mandala ausgewählt wurde, beginnen die Mönche damit, mit heiligen Gesängen und Rezitationen jenen Ort zu weihen, an dem das Mandala gestaltet werden soll. Als nächstes skizzieren sie das Mandala aus der Erinnerung heraus auf einer speziell dafür angefertigten Ebene und füllen es dann sorgfältig mit buntem Sand aus. Traditionell arbeiten vier Mönche an einem Mandala, das entsprechend in vier Viertelkreise aufgeteilt wird. Das Mandala wird vom Zentrum beginnend nach außen aufgebaut. Während der Arbeit an dem Mandala singen und meditieren die Mönche, um die himmlischen Energien und den Segen der Gottheiten anzurufen. Nach Vollendung wird das Mandala geweiht.

Sandmandalas werden nur für eine begrenzte Zeit erschaffen. Nach oft tage- oder wochenlanger Arbeit wird der Sand während einer Zeremonie, in dem die Mönche tiefe Klänge ertönen lassen, auf einen Haufen zusammengekehrt und in fließendes Wasser (einen Bach oder einen Fluss) ausgeschüttet, um die Segnungen des Mandalas mit allem zu teilen. Dies symbolisiert die Vergänglichkeit des Lebens und das Ideal der Entsagung von der materiellen Welt.

Buddhistische Schriften erklären, dass Sandmandalas positive Energien aussenden. Beruhend auf der zentralen Bedeutung der Vier Edlen Wahrheiten gründen fast alle tibetischen Mandalas auf der Zahl vier (oder dem Quadrat) und ihren Vielfachen (8, 16 usw.). Von jedem Mönch eines tibetisch-buddhistischen Klosters wird erwartet, dass er während seiner Ausbildung die Konstruktion von Mandalas erlernt.

Das Mandala stellt Weisheit und Unbeständigkeit dar. Der äußere Ring symbolisiert normalerweise Weisheit bzw. die Ermahnung, sich immer an den Tod zu erinnern und die Unbeständigkeit des Samsara, die Vergänglichkeit des Lebens, zu erkennen. Innerhalb dieses Ringes befinden sich die Mauern des Mandala Palastes (das Quadrat), der von Gottheiten und Buddhas bewohnt und vom sogenannten Reinen Land umgeben wird. Der Mittelpunkt repräsentiert den Samen oder das Zentrum des Universums.

Eine bekannte Mandala-Form ist das Mandala der „Fünf Buddhas“, in dem archetypische Buddha-Gestalten verschiedene Aspekte der Erleuchtung verkörpern. Ihre bildliche Darstellung ist von der jeweiligen buddhistischen Schule und sogar von dem bestimmten Zweck des Mandalas abhängig. Ein verbreitetes Mandala dieser Art ist das der „Fünf Weisheitsbuddhas“. Wenn es gemeinsam mit dem Mandala der „Fünf Weisheitskönige“ abgebildet wird, bilden sie das „Mandala der zwei Reiche“.

Andere Länder

Im chinesisch-japanischen Kulturraum bestehen Mandalas oft aus Schriftzeichen anstatt aus Bildern.

Shingon Buddhismus

Dieser japanische Zweig des Mahayana Buddhismus benutzt Mandalas regelmäßig in seinen Ritualen. Als Shingon Gründer Kukai von seiner Ausbildung in China zurückkam, brachte er zwei Mandalas mit, die ins Zentrum der Shingon Rituale rückten: das „Mandala des Mutterschoß-Reiches“ und das „Mandala des Diamantreiches“. Diese zwei Mandalas werden für die Initiierungsriten der Shingon-Studenten verwendet. So muss zum Beispiel jeder Student mit verbundenen Augen jeweils eine Blume auf jedes Mandala werfen. Der Bereich, auf dem die Blume landet, gibt Hinweise darauf, welcher Schutzgottheit der Neuling folgen sollte. Sandmandalas, die im tibetischen Buddhismus zu finden sind, werden im Shingon Buddhismus nicht verwendet.

Nichiren Buddhísmus

Der von Nichiren gegründete Zweig des Japanischen Buddhismus nennt das Mandala moji-mandala (japanisch „moji“: Buchstabe). Es ist eine hängende Papierrolle oder Holztafel, die eine Inschrift aus chinesischen und mittelalterlichen Sanskrit Zeichen trägt, die Aspekte der Erleuchtung des Buddhas, buddhistische Schutzgottheiten und bestimmte buddhistische Konzepte darstellen. Das Mandala, das ursprünglich von Nichiren im späteren 13. Jahrhundert beschriftet wurde, wird auch Gohonzon genannt. Es gilt in einigen Schulen des Nichiren Buddhismus als Verkörperung des höchsten Dharma und der inneren Erleuchtung Nichirens und ist deshalb das primäre Objekt der Verehrung, in anderen Schulen sogar das höchste und einzige.

Reines-Land-Buddhismus / Amitabha-Buddhismus

Im Reines-Land-Buddhismus wurden Mandalas für eine geografische Darstellung des Reinen Landes verwendet. Diese Darstellung beruht auf Beschreibungen, die sich zum Beispiel im Sutra über Kontemplation von Amitabha finden lassen. Auf diesem Sutra basiert auch das Taima Mandala – das berühmteste Mandala Japans. Es wird auf das Jahr 763 datiert. Im Gegensatz zum Vajrayana Buddhismus dienen Mandalas im Reines-Land-Buddhismus nicht der Meditation. Stattdessen stellen sie eine visuelle Ausführung der Reine-Land-Texte zur Verfügung und werden als Lehrhilfe benutzt.

Ein besonderes Mandala: Der Berg Kailash (auch als Berg Meru anerkannt)

„In dieser Weise ist Kailas [Kailash] für Hindus der Sitz Sivas [Shivas], während er für die Buddhisten ein riesiges Mandala von Dhyani-Buddhas und –Bodhisattvas darstellt, wie dies in dem berühmten Demtschog Tantra, dem „Mandala der höchsten Glückseligkeit“ (Tib.: dPal hKhor-lo bDe-mChog) beschrieben wird. (…) Der Kailas bildet den höchsten Punkt des „Daches der Welt“, wie das tibetische Plateau genannt wird, und von diesem geographischen Zentrum fließen eine Anzahl großer Flüsse nach allen Himmelsrichtungen, vergleichbar den Speichen eines Rades, die von der Nabe ausgehen.“ (Lama Anagarika Govinda: Der Weg der weißen Wolken – Erlebnisse eines buddhistischen Pilgers in Tibet, S. 306)

Mandalas in der westlichen Kultur

Im Westen finden sich Mandalas in verschiedenen Kulturen, so bei den Kelten, den australischen Aborigines oder den Eingeborenen Nord- und Südamerikas (insbesondere bei den Inkas). Mandalas tauchen zum Beispiel in indianischen Malereien oder dem charakteristischen Schmuck eines Stammes auf, der mit Stickereien und Federn verziert ist. Außerdem in Form von Medizinrädern oder den Sandmalereien der Navajo Indianer, die in geistigen Ritualen verwendet werden. Diese Sandmalereien, obwohl gleichfalls unbeständig, dienten als zeitweiliger Altar und zur Anrufung der heiligen Wesenheiten.

Auch der kreisrunde Kalender der Azteken, der nicht nur die Zeit maß, sondern auch religiöser Ausdruck der Azteken war, gleicht einem Mandala. Gleichsam gibt es in den afrikanischen Kulturen runde Formen mit verschiedenen Mustern. In der ägyptischen Kultur wurden Mandalas wegen der Kraft, die sie verströmten, als Meditationshilfe benutzt, sowie dazu, negative in positive Energien umzuwandeln und die Energien in seinem Haus zu harmonisieren und auszugleichen.

Bei den Dogon, einer Volksgruppe aus Mali, gibt es eine metaphorische Beziehung zwischen Sprache und Symbolen. Ihre aufwendigen Mandalas sprechen von dem Ei „Amma“ (ein kosmisches Ei, das den Schöpfergott Nommo gebärt) als der Schoß, der die Eigenschaften der verschiedenen Welten enthält. Daher ist das repräsentativste Mandala dieser Kultur eiförmig, und innerhalb dieser Form befindet sich ein Kreuz, das das Mandala in vier klare Teile teilt, die die vier Elemente vertreten. Um ihren Platz in der Welt zu verstehen und um sich mit dem Universum und dem Unendlichen zu verbinden ist es für die Dogon ein wesentlicher Bestandteil ihrer Kultur, zu meditieren und sich mit der Evolution auf der Grundlage ihrer Mandalas auseinanderzusetzen.

Die Kabbalah benutzt zwei tragende Prinzipien, die hebräischen Buchstaben und die zehn Sephiroth des kabbalistischen Lebensbaumes. Die Sephiroth bilden zehn Bereiche, in denen das göttliche Licht empfangen wird und es sich manifestiert, und mit deren Hilfe sich der Kabbalist stufenweise dem Göttlichen nähert. Indem sie die 10 Sephiroth durchwandern, bilden die 22 hebräischen Buchstaben ein Mandala. Jedes Sephiroth steht für eine bestimmte Bewusstseinsebene, durch die man gehen muss, um sich zu entwickeln und so die Essenz des Seins, die Einheit mit dem Absoluten, zu erkennen.

In der christlichen Tradition finden sich Mandalas seit dem Mittelalter. Ein Beispiel stellen die Fensterrosen (auch Rosetten genannt) mittelalterlicher Kirchen dar. Weit verbreitete Mandala-Formen erscheinen auch im keltischen Kreuz, als Rosenkranz, Heiligenschein und Dornenkrone. Ebenso gestaltete Hildegard von Bingen viele Mandalas, um ihre Visionen und ihren Glauben auszudrücken.

Mandalas in der westlichen Psychologie

Während er das Unbewusste in seiner eigenen künstlerischen Arbeit erforschte, beobachtete Carl Gustav Jung, der Schweizer Psychoanalytiker, dass das Kreismotiv mehrmals spontan erschien. Die Kreis-Zeichnungen spiegelten seinen momentanen inneren Zustand. Aufgrund seiner Vertrautheit mit den philosophischen Schriften Indiens, bezeichnete Jung die Kreis-Zeichnungen seiner Patienten als Mandalas.

In seiner Autobiografie „Erinnerungen, Träume, Gedanken“ schrieb Jung: „Jeden Morgen entwarf ich eine kleine Kreiszeichnung in meinem Notizbuch (...), die meiner momentanen inneren Situation zu entsprechen schien. (…) Nur allmählich entdeckte ich, was das Mandala wirklich ist: (…) das Selbst, die Ganzheit der Persönlichkeit, die, wenn alles gut geht, harmonisch ist.“

Jung erkannte, dass der Drang, Mandalas zu gestalten, in Momenten intensiven persönlichen Wachstums aufkommt. Ihr Erscheinen weist auf einen tiefgreifenden, in der Seele stattfindenden Ausgleichsprozess hin. Das Ergebnis dieses Prozesses ist eine komplexere und ganzheitlichere Persönlichkeit.

„Ihr Grundmotiv ist die Ahnung eines Persönlichkeitszentrums, sozusagen einer zentralen Stelle im Inneren der Seele, auf die alles bezogen, durch die alles geordnet ist, und die zugleich eine Energiequelle darstellt. (…) Obschon das Zentrum einerseits einen innersten Punkt darstellt, so gehört zu ihm doch andrerseits auch eine Peripherie oder ein Umkreis, der alles in sich enthält, was zum Selbst gehört, nämlich die Gegensatzpaare, welche das Ganze der Persönlichkeit ausmachen.“ C.G. Jung: „Mandala – Bilder aus dem Unbewussten“, S. 81

Mandalas repräsentieren die Gesamtheit unseres Seins. Mandalas zu erschaffen hilft, das innere Leben ins Gleichgewicht zu bringen, zu integrieren und neu zu ordnen. Nach dem Psychologen David Fontana kann ihre symbolische Natur dazu beitragen, Zugang zu zunehmend tieferen Ebenen des Unbewussten zu finden und letztendlich dem Meditierenden ein mystisches Gefühl des Eins-Seins zu ermöglichen, der endgültigen Einheit, aus der das Universum und all seine mannigfaltigen Formen entstehen.

Mandalas malen

Schon die alten Inder und Tibeter nutzen das Gestalten von Mandalas, um selbst zu innerer Klarheit zu finden. Die Praxis des Mandalamalens dient dazu, zur inneren Mitte zu finden, dem eigenen Impuls, dem inneren Schöpfergeist zu folgen und die eigene Intuition zu schulen.

Nach Thorwald Dethlefsen (deutscher Psychologe, Astrologe und Esoteriker) wird das Leben als „ein ständiges Kreisen um die Mitte" verstanden und das Mandala-Malen als „mikrokosmischer Nachvollzug eines ewig gültigen Urmusters". So kann das Mandala-Malen zum persönlichen Ritual werden. [2]

Auch Kindern macht das Mandala-Malen sehr viel Spaß. Es vermittelt ihnen ein Gefühl für Formen und Farben und führt sie so auf den Weg des kreativen Schaffens. Außerdem regt es die Logik an, bewirkt Entspannung, stärkt die Konzentrationsfähigkeit und bietet so die Möglichkeit, das Mandala-Malen bei der Betreuung hyperaktiver Kinder einzusetzen.

Runde Ausmalbilder der Mandalas finden sich in zahlreichen, überaus vielseitigen Malbüchern. So gibt es zum Beispiel indianische, keltische, tibetische, christliche oder orientalische Mandalas zum Ausmalen, ein Mandala-Malbuch mit der Kraft der Kornkreise, Heilungsmandalas oder Mandalas zur Entspannung und zum Wohlbefinden von Körper, Geist und Seele. Aber auch Elfen-Mandalas, Prinzessin Lillifee-Mandalas oder Mandala-Malblocks für den Kindergarten begegnet man in dieser unerschöpflichen Vielfalt.

Siehe auch

Literatur

  • Lama Anagarika Govinda: Mandala – Gedichte und Betrachtungen (1961)
  • Helmut Hansen: Die Physik des Mandala (2007)
  • Gisela Preuschoff: Kinder zur Stille führen. Meditative Spiele, Geschichten und Übungen (1996) (auch mit Yoga-Übungen für Kinder)

Seminare