Absolute

Aus Yogawiki

Das Absolute, die höchste Wahrheit, das Ewige, das von einschränkenden Bedingungen Losgelöste. Von lateinsch absolutum, „das Losgelöste“. Ein Begriff, der in Theologie und Philosophie verwendet wird und die Wahrheit jenseits aller (einschränkenden) Bedingungen oder Beziehungen bezeichnet. Im Yoga wird das Absolute meist mit Brahman gleichgesetzt und in Beziehung gesetzt zum Relativen. Oft wird auch vom "absoluten" und "relativen" Standpunkt aus gesprochen. Der relative Standpunkt ist meist der lebensnahere, für den Alltag tauglichere. Der absolute Standpunkt ist der ewige, langfristig gültige.

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Das Absolute und das Relative

Von Sri Swami Krishnananda

Das Lustspiel der Seele, die in der Herrlichkeit von Gottes Königreich, Brahmaloka, ewig mit sich Zwiesprache hält, hat sich augenscheinlich gewandelt in einen vielmehr tragischen Zustand der Seele, die sich, durch eine rätselhafte Tendenz zur individuellen Selbstwahrnehmung losgelöst hat von der allumfassenden Herrlichkeit. Dies führt dazu, dass sie sich von ihrem natürlichen Eingebundensein ins allumfassende Le ben entfremdet.

Dies kann man sich vorstellen als einen Sturz der Seele, kopfüber und unkontrolliert in den riesigen Ozean des Tumultes, der entsteht, wenn statt der allumfassenden Existenz eine äußere Welt der Wahrnehmung angenommen wird, die jede einzelne Seele als eine abgespaltene eigene Einheit begreift.

Dieser Fall aus der Ewigkeit in die Zeitlichkeit hat die folgenden drei qualvolle charakteristische Merkmale:

1. Die sofortige Trennung der Seele von der allumfassenden erhaltenden Kraft.

2. Die daraus folgende Furcht, die die Seele mit Hunger, Durst und der ständigen Vorahnung auf allseitige Verunsicherung fesselt.

3. Die permanente Einbindung der Seele in ein andauerndes unzuverlässiges Verhältnis zu den ähnlichen Seelen in der Gesellschaft außerhalb ihrer selbst. Es sieht so aus, als ob der Tod gähnend den Kiefer spreizte, Zähne und Klauen zum Fürchten gewetzt.

Dieser dreifache Streich, der die Seele aus drei – im Grunde aus allen – Richtungen trifft, nimmt ihr praktisch ihre Existenz. Mehr noch: es mag noch einen vierten Einfluss aus der Außenwelt geben, nämlich die Vorstellung einer gewaltigeren Dimension, die das räumlich begrenzte Individuum gar nicht erfassen kann. Folglich fühlt es sich unterlegen, um sich darum in demütiger Knechtschaft von all dem abhängig zu machen, aus dem die äußere Welt besteht.

Die Seele folgt der irrigen Annahme, durch Anhäufen und Hinzufügen von materiellem Reichtum, sozialer Macht und Sinnesfreuden unendlich zu werden. So wird versucht, das Leid des Lebens zu vermeiden oder wenigstens zu verringern. Diese gesamte Anstrengung resultiert im äußeren Versagen darin, irgendwas zustande zu bekommen, für das es sich lohnen würde, durch absurde Maßnahmen sich selbst in einen Zustand der Sicherheit, der Macht und des Glücks zu versetzen. Dieses Fehlgeleitet sein der Seele in einer Welt quälender Widerwärtigkeiten findet kein natürliches Ende in seiner Niederlage gegen die Wirklichkeiten des Lebens, denn diese schicken die Seele in einen hoffnungslosen Teufelskreis, ein sich immerwährend drehendes Rad aus Geburt und Tod. Dies ist ein ernstzunehmendes Drama der Seele, die sich mehr und mehr von einem Leid zum nächsten bewegt.

Die heutige Menschheit, mit all ihrem Wissen und all der Erfahrung, die sie über Tausende von Jahren erworben hat, hat nichts darüber gelernt, wo die wahre Glückseligkeit zu finden ist, oder aber welches die Fehler sind, die wir tagtäglich begehen. Die Fehltritte der Menschheit in ihrer gänzlich auf Erfahrung basierenden Wahrnehmung der Werte des Lebens sind die zuvor erwähnten. Wenn das menschliche Individuum auf dieser Art des Denkens besteht und nach innen wie nach außen auf diese Weise handelt, kann dieses Leben des Individuums nichts weiter sein als ein Hexenkessel des Höllenfeuers, welches für eben dieses Individuum unglücklicherweise ein hochgradig zufriedenstellender Zustand zu sein scheint, frei nach dem Motto: ...“..dass es besser ist, in der Hölle zu regieren als im Himmel zu dienen“.

Die Menschheit wird nicht auf den Fortbestand dieser Sachlage hoffen, auch wenn sich in den nächsten Millionen von Jahren nichts daran ändern wird. Die einzige Möglichkeit zu wahrer Freiheit und entgültiger Glückseligkeit ist eine Umwertung aller Werte und eine Seele, die eine klare Ausrichtung hat, anstatt die Dinge wie durch einen Spiegel oder kopfüber zu betrachten. Die gesamte Situation muss neu erarbeitet werden im Bewusstsein eines jeden Einzelnen, zunächst dadurch, sich nicht vorzustellen, dass die menschliche Gesellschaft sich selbst fremd ist; dass die Welt wahrhaftig außerhalb des Wahrnehmungsvorganges ist, oder dass die Ewigkeit durch räumliche Distanz von der Zeitlichkeit abgezogen wurde. Dies ist so, da die Wahrnehmung einer äußeren Mannigfaltigkeit der Gesellschaft (bestehend aus menschlichen und anderen Lebewesen) eben dieser umgedrehten Wahrnehmung entspringt, verursacht durch die Entfremdung des Einzelnen von der Gesamtheit des Absoluten. Sich selbst zu erschaffen, in einem Bewusstseinszustand welcher unser Sein in der reinen Subjektivität des Egos verfestigt, ist ein sicherer Weg, um das endliche Leben kummervoll zu gestalten. Dies ist die bedeutende Meditation, auf die jede Seele sich, während ihres gesamten Werdeganges im Leben, einlassen sollte. Das ist die letzte Pflicht, die untrennbar mit dem menschlichen Streben verbunden ist, oder sogar die einzige Pflicht im Leben.

„Bejahende“ und „Verneinende“ Meditation

Alles ist in mir enthalten

- Auszug aus dem Buch "Konzentration und Meditation" von Swami Sivananda -

Klassischerweise gibt es zwei Arten, sich dem Absoluten, das nicht in Worte gefasst werden kann, in der Meditation zu nähern: Einmal die „positive“ Annäherung, indem man über eine Vorstellung meditiert, die das Absolute annähernd zu beschreiben versucht. Oder die „negative“ Annäherung, die alles verneint, da nichts, was benennbar ist, das Absolute sein kann.

„Positive“ Meditation

  • Ich bin alles (sarvata),
  • Ich bin in allem/allen (sarvatmika).

Bei einer Meditation über diese Gedanken werden Körper und Welt als brahman kontempliert. Als Ausdruck brahmans sind sie im Absoluten enthalten. Es ist absurd, anzunehmen, brahman an sich sei reine Wonne und all seine Manifestationen nur Leiden, Mühe und Kummer. Letzteres ist jiva-srishti, die Wahrnehmung aus der Sicht des Individuums. Aus göttlicher Sicht, ishvara-sristhi, gibt es nichts Falsches und kein Leid. Es sind Wünsche, Ärger, die Vorstellung von Wünschen, von Mein, Dein, „Ich bin der Handelnde“ und so weiter, die die Probleme schaffen. Und dies wiederum ist zurückzuführen auf Ajnana, Unwissenheit, welche zur Identifikation mit dem begrenzten Geist-Psyche-System führt.

Habe als geistigen Gedankenhintergrund diese obigen Vorstellungen. Spüre, dass du alles bist, dass deine Shakti in allen Körpern wirkt. Reflektiere immer wieder über: „Die ganze Welt ist mein Körper. Alle Körper, alles Leben, alles Leiden, alle Freuden sind meine.“ Eifersucht, Ärger, Hass, Selbstsucht werden schwinden.

Im Samadhi dieser Art von Meditation erkennt man in sich die ganze Welt als Bewusstsein, als Gedankenschwingungen – gleichzeitig sowohl mit relativen Attributen wie auch als das Absolute (saguna-nirguna).

„Negative“ Meditation

„Ich bin nicht der Körper. Ich bin nicht der Geist. Ich bin reiner Sat Chit Ananda“.

Meditiere darüber. Fühle, dass deine Natur immer reines Sein, Bewusstsein und reine Wonne ist – alle vierundzwanzig Stunden des Tages. Negiere die Körper-Identifikation. Es braucht anhaltende Sadhana, um die Körper-Identifikation (deha-adhyasa) zu überwinden, welche auf undenkliche Zeiten zurückgeht (anadi samskaras). Wenn du über das Körperbewusstsein hinausgehen kannst, mit deinem Bewusstsein den Körper willentlich verlassen kannst, hast du drei Viertel deiner Sadhana erreicht. Es ist nur noch wenig übrig: Den Vorhang zurückzuziehen, den Schleier von Avidya zu beseitigen. Das kann dann recht leicht geschehen. Was immer du tust – wenn du gehst, dich bewegst, arbeitest und so weiter – fühle immer, dass du das alldurchdringende, unendliche brahman bist. Denken, Konzentration und das Bemühen, zu erkennen, dass du nicht der Körper bist, sollten zusammengehen.

Bei dieser Art von Meditation verweilt man im reinen abstrakten Absoluten (shuddha nirguna brahman) und ist sich keiner Welt mehr bewusst.

Viveka Chudamani – Brahma Aham – Ich bin das Absolute

Dehne dich vom Herzen aus und spüre: Ich bin das Absolute

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 104 von Sukadev Bretz -

Nur der Unwissende meint, er sei der Körper. Der Gelehrte denkt, er sei Körper und Seele. Der Erkennende, der Mahatman, der spirituell hoch entwickelte, der zwischen vergänglichem und ewigem unterscheidet, weißt: Brahma Aham. Ich bin Brahman – die absolute Wirklichkeit.

Der Dummkopf denkt: Ich bin der Körper

Jadasia – Jada – ein Dummkopf denkt: Deha aham - Ich bin der Körper. Das denkt der Dummkopf. Der Gelehrte, der Vidva denkt: Ja, ich bin der Körper und ich bin die Seele - Jiva.

Und es gibt ja auch viele westliche Philosophen, die sprechen von Körper und Psyche und es gibt diesen Dualismus - Körper und Psyche. Man sagt auf der einen Seite, bin ich der Körper, auf der anderen Seite die Psyche.

Der Weise weiß: Ich bin Brahman

Aber der wirklich Weise, der weiß: Brahma Aham, also der Mahatmana - die große Seele, die weiß: Viveka shikvig jnanavatar – der hat die Erkenntnis, die Unterscheidungsfähigkeit. Also Viveka und Vijnana. Die Erkenntnis Vijnana und Viveka, die Unterscheidungsfähigkeit. Der weiß: Aham Brahma. Und so könntest du auch zu dir selbst sprechen. Du hast in dir selbst, zum einen den Dummkopf. Du hast zum anderen den Gelehrten und zum dritten hast du in dir den Weisen.

Manchmal, wenn du dir Sorgen um den Körper machst, sage dir: Ich bin nicht dieser Dummkopf. Manchmal, wenn du dir zu viel Sorgen machst, über deinen Charakter, deine Psyche, deine Emotionen, deine Talente und wie gekränkt du bist und was du noch alles machen musst, um gesund zu werden, damit du deine kalten Themen abarbeitest und wie du durch deine Prozesse hindurch gehst – blablabla... dann halte einen Moment inne! Einen Moment! Werde zum Weisen und sage: Brahma Aham – Ich bin Brahman, unsterbliche Seele.

Viveka Chudamani – Das Universum existiert nicht getrennt vom Absoluten

Brahman ist Eins

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 235 von Sukadev Bretz -

Deshalb existiert das Universum nicht getrennt vom Höchsten. Die Wahrnehmung von ihrer Getrenntheit ist so falsch wie das Erscheinungsbild eines Seils als Schlange/ wie eine Schlange in einem Seil gesehen wird. Kann eine Überlagerung / Erscheinung eine eigene Existenz haben neben seiner eigenen Grundlage / Substanz? Durch Verblendung erscheint es so, als sei die Grundlage selbst, die so als Überlagerung erscheint.

Das Seil wurde nie zur Schlange

Hier gebraucht Shankara wieder das Beispiel der Schlange. So wie wenn du ein Seil hast und du darin eine Schlange siehst, dann verwandelt sich das Seil nicht in eine Schlange. Und selbst wenn du Angst hast vor der Schlange, ist das Seil noch lange keine Schlange geworden. Es war immer ein Seil. Es scheint wie eine Schlange.

Und so ähnlich ist das Universum nichts anderes als Brahman. Das Universum mag als diese Namen und Formen erscheinen. Trotzdem ist das Universum nur Brahman. Oder angenommen du siehst eine Fata Morgana in der Wüste. Nicht dadurch, dass du eine Fata Morgana in der Wüste siehst, wird die Luft, die du siehst, zu Palmen und zu einer ganzen Oase. Es spielt sich nur in deiner Vorstellung ab.

Alles um dich herum ist nur Traum Gottes

So ähnlich wird das Universum nie zum Universum. Es ist nur Brahman. Das Universum scheint von Brahma oder Ishvara geträumt zu werden, dem Schöpfer, aber das Universum ist trotzdem nur Brahman. So wie dein Traum nur aus deinem Bewusstsein besteht, also aus dem Bewusstsein des Träumenden, so existiert dieses Universums nur aus Brahman, dem Bewusstsein des scheinbaren Schöpfers Brahma. Mache dir bewusst, dass alles um dich herum nur Traum Gottes ist.

Viveka Chudamani - Du bist das Absolute - jederzeit

Konzentriere dich auf das was du bist - Das Absolute

- Kommentar zum Viveka Chudamani Vers 533 von Sukadev Bretz -

„Ich bin Devadatta“, diese Erkenntnis ist von keiner anderen Erkenntnis abhängig. Genau so verhält es sich auch mit der Erkenntnis des Erleuchteten: „Ich bin das Absolute“.

Die Erkenntnis kann dir in jedem Moment kommen

Es bezieht sich auf eine bestimmte Vedanta Geschichte. Es gibt verschiedene Vedanta Geschichten. Nehmen wir mal an du hast vorübergehend einen Gedächtnisschwund. Du hattest vielleicht einen Unfall. Vielleicht hast du einen Schlag auf den Kopf bekommen und weißt nicht, wer du bist. Plötzlich kommt dir schlagartig die Erkenntnis: ich bin Devadatta. Ich bin dieser.

Diese Erkenntnis kann dir in jedem Moment kommen. Sie hängt nicht davon ab, wo du bist. Ob du in einem Tempel bist, an einer vielbefahrenen Straße bist, dich gerade an alle Sattva-Regeln hältst. In dem Moment, in dem dein Geist wieder klar ist, erkennst du, dass du devadatta bist und genauso ist es auch mit der Erkenntnis des Selbst. Die Erkenntnis des Selbst ist von nichts abhängig. Die Erkenntnis des Selbst braucht nichts außer die Selbsterkenntnis. In dem Moment, wo dein Geist klar ist, weißt du, dass du das unsterbliche Selbst bist.

Aber wenn das alles nicht möglich ist, dann nutze es nicht als Ausrede dafür, dass du denkst, du kannst das Selbst nicht verwirklichen.

Alles was nötig ist, ist Klarheit des Geistes

Du bist das Selbst und es braucht nichts, um das Selbst zu verwirklichen außer der Klarheit des Geistes. Die äußeren Dinge erleichtern die Erkenntnis des Selbst. Aber außerhalb von äußeren Dingen spüre immer wieder die Einheit des Selbst mit dem Selbst.

In diesem Sinne mache dir bewusst: Tat tvam asi – das bist du. Aham brahmasmi – ich bin das Selbst.

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Siehe auch

Literatur

Weblinks

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