Affenliebe
Affenliebe ist nicht, wie das Wort vermuten lassen würde, Liebe zu Affen oder die Liebe der Affen untereinander. Affenliebe ist vielmehr eine umgangssprachliche Bezeichnung einer für übertrieben gehaltenen Liebe, insbesondere einer für übertrieben zärtlich und liebevoll gehaltenen Liebe.
Ursprung des Ausdrucks Affenliebe als übertriebene zärtliche Elternliebe
Im 18. Jahrhundert galt eine zärtliche und liebevolle Erziehung bzw. ein Verhalten voller Zärtlichkeit gegenüber Kindern für unvernünftig und schädlich. Bei Affenmüttern konnte man beobachten, wie sie ihre Kinder herzten, zärtlich liebkosten, ableckten. Diese Art der Affenliebe wurde für schädlich gehalten. Affenliebe wurde als blinde, unvernünftige Liebe, besonders der Eltern gegenüber ihren Kindern bezeichnet (z.B. in Adelungs Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, 1793). Kirchner/Michaelis definieren Affenliebe in ihrem Wörterbuch der Philosophischen Grundbegriffe (1907) als "blinde Zärtlichkeit der Eltern gegen ihre Kinder, welche deren Fehler übersieht, ableugnet und ihnen schadet".
Heute sieht man die Zärtlichkeit der Eltern gegenüber ihren Kindern positiver, die Affenliebe als Liebe der Affenmutter zur ihrem Baby gilt eher als Vorbild, weniger als Warnung: Kinder brauchen Hautkontakt. Kinder, insbesondere Babys, brauchen Zärtlichkeiten. Das bei Affen übliche Streicheln und Liebkosen tut auch menschlichen Babys und Kleinkindern gut. Im 19. Jahrhundert kam ja die Mode auf, Kindern die Beine zuzuwickeln und möglichst selten Hautkontakt zu ihren Eltern zu ermöglichen. Dies hat zu Generationen von emotional teilweise verkümmerten Menschen geführt, was vermutlich den Militarismus und die Nazi-Diktatur erst ermöglicht haben.
Heute weiß man, dass Affenliebe im Sinne der zärtlichen, liebkosenden Liebe der Affenmutter zu ihrem Kind etwas Natürliches ist. Menschen können von dieser Art der Affenliebe lernen.
Affenliebe als blinde Liebe der Eltern
Zärtlichkeiten der Eltern zu den Babys/Kleinkindern als Bestandteil der Affenliebe werden heute als positiv gesehen. Aber ab einem bestimmten Alter, und das beginnt im Kleinkindalter, brauchen Kinder auch Regeln und Grenzen. In diesem Sinn ist eine blinde Affenliebe, die alles erlaubt und keine Grenzen setzt, für das Wohl des Kindes nicht förderlich. Affenliebe kann auch dazu führen, dass die Eltern ihre Bedürfnisse und andere Anliegen stark zurücksetzen - was sich nicht als hilfreich für das Kind erwiesen hat. Auch hilft es dem Kind/Jugendlichen nicht, wenn Eltern aus blinder Liebe, aus Affenliebe, heraus immer die Partei des Kindes ergreifen.
Affenliebe als jede Form der übertriebenen Liebe
Heutzutage wird der Ausdruck Affenliebe nicht nur auf die Liebe der Eltern zu ihren Kindern bezogen. Der Ausdruck Affenliebe wird auf jede Art der übertriebenen Liebe angewandt. Affenliebe kann die übertriebene Liebe zwischen zwei Menschen sein. Wenn die Verliebtheit zweier Menschen offen und als übertrieben zärtlich empfunden ausgelebt wird, wird das als Affenliebe bezeichnet. Wenn jemand über seiner Verliebtheit alles anderen, Hobbys, andere Freundschaften, ehrenamtliches Engagement, seine Yoga Praxis vergisst, ist das Affenliebe. Auch eine übertriebene Liebe zu einem neuen Hobby oder zu seinem neuen Auto oder Handy wird in diesem Kontext als Affenliebe bezeichnet.
An jemandem einen Affen gefressen haben - Affenliebe
An jemandem einen Affen gefressen haben, heißt jemanden über alle Maße zu schätzen. Das muss sich gar nicht auf zärtliche Liebe, auf Liebe eines Elternteils zum Kind, auf Liebe zwischen zwei Liebende beziehen: Ein Vorgesetzter kann an einem Mitarbeiter einen Affen gefressen haben... Hier hat sich die Bedeutung des Ausdrucks Affenliebe verwandelt...
Affenliebe und spirituelle Liebe
Vom spirituellen Standpunkt aus kann Liebe nicht übertrieben sein - sie kann nur unvollständig sein. Affenliebe im Sinne von zärtlicher Liebe der Eltern zum Kind oder auch intensive Liebe zweier Liebenden kann sehr spirituell sein. Wenn Affenliebe sich weiter entwickelt zu Respekt vor dem Anderen, zu tiefer innerer Verbindung unter Respektierung des andersartigen Karmas des Anderen, kann Affenliebe eine gute Grundlage spiritueller Liebe sein. Affenliebe führt zu starker Verbundenheit. Affenliebe ist ein tiefes Gefühl. Tiefe Gefühle sind oft Ausdruck einer spirituellen Erfahrung. Die Liebe zu einem Menschen kann als Erfahrung der Gottesliebe angesehen werden. Aus Affenliebe heraus kommt dann auch die Liebe zu anderen Menschen. Wenn aus Affenliebe heraus ein Gefühl der Liebe zu allen Wesen kommt, kann sie eine gute Grundlage spiritueller Liebe sein.
Charakteristika der Affenliebe, die auch spirituelle Liebe hat
Affenliebe ist bedingungslose Liebe, erwartungslose Liebe, das Gegenteil von krämerischen Liebe. Genau das ist auch spirituelle Liebe.
Affenliebe ist tiefe Verbundenheit, Freiheit vom Ego. Auch das ist Charakteristikum spiritueller Liebe.
Affenliebe ist tiefes Gefühl, intensives Gefühl - das ist auch das Charakteristikum von Gottesliebe.
Allerdings macht Affenliebe blind - während spirituelle Liebe und Gottesliebe zur Erkenntnis führt.
So ist Affenliebe etwas, was eine spirituelle Erfahrung ist, was, recht verstanden, zu einer Bewusstseinserweiterung führen kann.
Siehe auch
- Tierliebe
- Katzenliebe
- Liebe
- Menschenliebe
- Pferdeliebe
- Tierschutz
- Gottesliebe
- Hundeliebe
- Bedingungslose Liebe
- Elternliebe
Literatur
- Albert Schweitzer, Aus meinem Leben und Denken (2011)
- Albert Schweitzer, Glauben, lieben, handeln (1980)
- Kordula Witjes u.a., Die Liebe wählen: Frère Roger, Taizé 1915-2005 (2013)
- Petra und Erwin Würth, Zur Liebe befreit: Szenen aus dem Leben des Franziskus von Assisi (2011)
Weblinks
- Swami Sivananda: Diene, liebe, gib, reinige dich, meditiere, verwirkliche
- Swami Sivananda, Götter und Göttinnen: Was ist Gott?
Seminare
Spiritualität
Hier erscheint demnächst wieder eine Seminarempfehlung: url=interessengebiet/spiritualitaet/?type=2365 max=2
Multimedia
Liebe ist das Gesetz des Lebens