Psychotherapie: Unterschied zwischen den Versionen
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Ein ausführliches [[Bibliotherapie|Buch]]: "[[Buddhismus|Buddhistische Psychotherapie]]" [http://www.buddhistischepsychotherapie.de/literatur.html] ähnelt [[kleidung|äußerlich]] (der[[zeit]]iger Einband) dem [[Pschyrembel]] (= medizinisches Nachschlagelexikon, das wohl jeder [[Arzt]] usw. hat). [[Es]] [[Namarupa|ist]] etwas ganz anderes, [[Werbung|wirbt]] daher... auch so vielleicht gut; der oben mit verlinkte, gezeigte [[Text]] vom [[Verlag]] - indes Leseprobe, hier: [http://www.windpferd.de/media/downloads/177/LP_978-3-89385-639-8.pdf], ab S. 9: | |||
:''"..die außerordentlich große Menge an Literatur aus den westlichen Traditionen zur klinischen Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie (...) konzentriert sich fast ausschließlich a. die Pathologie, das Kranke, die Defizite, die Störungen etc. Dementsprechend gibt es auch viele Forschungen zu solchen Themen wie Gewalt, [[Stress]], [[Aggression]], [[tratsch|Vorurteile]] etc., während westliche Forscher erst seit relativ kurzer [[Zeit]] beginnen, sich auch mit Themen wie [[Güte]], [[Mitgefühl]], [[Liebe]] oder [[Glück]] zu befassen. Auch Elemente aus der humanistischen und anthroposophischen Philosophie finden wir im klinischen Behandlungskontext eher selten. Die Vorstellungen von Heilung basieren zumeist auf dem Wunsch, Symptome zu lindern oder möglichst ganz zu beseitigen. Heilung wäre demzufolge eine Angleichung an die „Normalität“. Das Ziel einer derart „normalen“ Psychotherapie könnte zum Beispiel darin bestehen, eine [[angst|Panik]]störung nach Möglichkeit zu beseitigen. Danach wäre die Behandlung erfolgreich abgeschlossen. Nur wenige westliche klinische Modelle beziehen jedoch auch die positiven menschlichen [[Potenzial]]e mit ein. Die buddhistische Psychotherapie achtet dagegen nicht nur darauf, was wir lindern oder auflösen wollen, sondern fokussiert und benennt | :''"..die außerordentlich große Menge an Literatur aus den westlichen Traditionen zur klinischen Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie (...) konzentriert sich fast ausschließlich a. die Pathologie, das Kranke, die Defizite, die Störungen etc. Dementsprechend gibt es auch viele Forschungen zu solchen Themen wie Gewalt, [[Stress]], [[Aggression]], [[tratsch|Vorurteile]] etc., während westliche Forscher erst seit relativ kurzer [[Zeit]] beginnen, sich auch mit Themen wie [[Güte]], [[Mitgefühl]], [[Liebe]] oder [[Glück]] zu befassen. Auch Elemente aus der humanistischen und anthroposophischen Philosophie finden wir im klinischen Behandlungskontext eher selten. Die Vorstellungen von Heilung basieren zumeist auf dem Wunsch, Symptome zu lindern oder möglichst ganz zu beseitigen. Heilung wäre demzufolge eine Angleichung an die „Normalität“. Das Ziel einer derart „normalen“ Psychotherapie könnte zum Beispiel darin bestehen, eine [[angst|Panik]]störung nach Möglichkeit zu beseitigen. Danach wäre die Behandlung erfolgreich abgeschlossen. Nur wenige westliche klinische Modelle beziehen jedoch auch die positiven menschlichen [[Potenzial]]e mit ein. Die buddhistische Psychotherapie achtet dagegen nicht nur darauf, was wir lindern oder auflösen wollen, sondern fokussiert und benennt | ||
sehr klar, was wir erreichen können. (...) Grundsätzlich geht die buddhistische Philosophie davon aus, dass nicht nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung erkrankt ist, sondern dass jeder Mensch immer wieder Leiden erfährt. Davon ist vieles unvermeidbar, doch es gibt auch einen sehr großen Anteil an vermeidbarem Leiden. Es ist unvermeidbar, dass wir altern, manchmal erkranken und sicher sterben werden. Ebenso ist es unvermeidbar, dass Menschen, die wir lieben, sich von uns trennen oder ebenfalls erkranken, uns verlassen und sterben. Hinzu kommen unendlich viele alltägliche, kleine und große unvermeidbare Probleme. Es gibt jedoch auch Leidensformen, die wir [[eigentlich]] vermeiden könnten, nämlich unsere unheilsamen Reaktionen | sehr klar, was wir erreichen können. (...) Grundsätzlich geht die buddhistische Philosophie davon aus, dass nicht nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung erkrankt ist, sondern dass jeder Mensch immer wieder Leiden erfährt. Davon ist vieles unvermeidbar, doch es gibt auch einen sehr großen Anteil an vermeidbarem Leiden. Es ist unvermeidbar, dass wir altern, manchmal erkranken und sicher sterben werden. Ebenso ist es unvermeidbar, dass Menschen, die wir lieben, sich von uns trennen oder ebenfalls erkranken, uns verlassen und sterben. Hinzu kommen unendlich viele alltägliche, kleine und große unvermeidbare Probleme. Es gibt jedoch auch Leidensformen, die wir [[eigentlich]] vermeiden könnten, nämlich unsere unheilsamen Reaktionen |
Version vom 3. Mai 2012, 16:16 Uhr
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Psychotherapie:
Die Menschen sind sehr unterschiedlich und oft helfen passende, maßvolle Arbeit und sich möglichst viel im Grünen bei Tageslicht zu bewegen beispielsweise gegen hier sog. "tamas"en. Im Yogawiki gehört auch hinein Yoga-Stunden unterstützen vielleicht noch mehr als eine Zeit in der Sonne; beides zusammen im Park kann auch gelingen, um es wissenschaftlich ausdrücklich zu formulieren...)
Ein ausführliches Buch: "Buddhistische Psychotherapie" [1] ähnelt äußerlich (derzeitiger Einband) dem Pschyrembel (= medizinisches Nachschlagelexikon, das wohl jeder Arzt usw. hat). Es ist etwas ganz anderes, wirbt daher... auch so vielleicht gut; der oben mit verlinkte, gezeigte Text vom Verlag - indes Leseprobe, hier: [2], ab S. 9:
- "..die außerordentlich große Menge an Literatur aus den westlichen Traditionen zur klinischen Psychologie, Psychotherapie und Psychiatrie (...) konzentriert sich fast ausschließlich a. die Pathologie, das Kranke, die Defizite, die Störungen etc. Dementsprechend gibt es auch viele Forschungen zu solchen Themen wie Gewalt, Stress, Aggression, Vorurteile etc., während westliche Forscher erst seit relativ kurzer Zeit beginnen, sich auch mit Themen wie Güte, Mitgefühl, Liebe oder Glück zu befassen. Auch Elemente aus der humanistischen und anthroposophischen Philosophie finden wir im klinischen Behandlungskontext eher selten. Die Vorstellungen von Heilung basieren zumeist auf dem Wunsch, Symptome zu lindern oder möglichst ganz zu beseitigen. Heilung wäre demzufolge eine Angleichung an die „Normalität“. Das Ziel einer derart „normalen“ Psychotherapie könnte zum Beispiel darin bestehen, eine Panikstörung nach Möglichkeit zu beseitigen. Danach wäre die Behandlung erfolgreich abgeschlossen. Nur wenige westliche klinische Modelle beziehen jedoch auch die positiven menschlichen Potenziale mit ein. Die buddhistische Psychotherapie achtet dagegen nicht nur darauf, was wir lindern oder auflösen wollen, sondern fokussiert und benennt
sehr klar, was wir erreichen können. (...) Grundsätzlich geht die buddhistische Philosophie davon aus, dass nicht nur ein kleiner Prozentsatz der Bevölkerung erkrankt ist, sondern dass jeder Mensch immer wieder Leiden erfährt. Davon ist vieles unvermeidbar, doch es gibt auch einen sehr großen Anteil an vermeidbarem Leiden. Es ist unvermeidbar, dass wir altern, manchmal erkranken und sicher sterben werden. Ebenso ist es unvermeidbar, dass Menschen, die wir lieben, sich von uns trennen oder ebenfalls erkranken, uns verlassen und sterben. Hinzu kommen unendlich viele alltägliche, kleine und große unvermeidbare Probleme. Es gibt jedoch auch Leidensformen, die wir eigentlich vermeiden könnten, nämlich unsere unheilsamen Reaktionen auf das unvermeidbare Leiden, so wie Ärger, Hass, Wut, Hadern, Grübeln, Selbstzweifel, Selbstvorwürfe, Selbstmitleid etc. Diese sekundären emotionalen Reaktionen, die sich vor allem auf uns selbst, aber auch auf andere schädlich auswirken, können zum vermeidbaren Leiden gezählt werden. Der Buddhismus und die buddhistische Psychotherapie vermitteln konkrete Erkenntnisse und Techniken zum Umgang mit und zur Beendigung von vermeidbarem und zur besseren Bewältigung von unvermeidbarem Leiden. 11 EINLEITUNG Dieser Grundsatz wird in diesem Buch so vermittelt, dass die Leserinnen und Leser seine Richtigkeit selbst überprüfen können. Die westlichen geisteswissenschaftlichen Traditionen, wie die Psychologie, Th eologie, Philosophie und Soziologie, haben außerordentlich große Qualitäten entwickelt. Gleichzeitig zeigen sie aber auch eine sehr klare Konzentration auf die theoretischen Aspekte und sind im Wesentlichen kaum als erfahrungsbezogen zu bezeichnen. Diese Eigenart wird von vielen Menschen als Defi zit empfunden. Die stärkere Ausgewogenheit zwischen Th eorie und Praxis scheint wohl eine der Facetten zu sein, die den Buddhismus für viele Menschen heute so attraktiv machen. Gleich zu Beginn sei angemerkt, dass der Buddhismus bekanntlich zu den nicht-theistischen Weltreligionen zählt, also eine Religion ohne den Glauben an ein göttliches Wesen ist. Trotzdem dürfte er von vielen Menschen aus dem westlichen Kulturkreis immer noch mit einer exotischen fernöstlichen Religion assoziiert werden. Der Buddhismus schließt zwar eine Vielzahl von religionstypischen Aspekten ein, wie beispielsweise die Heiligenverehrung, Feiertage, Rituale und Zeremonien, Gebetsrezitationen und Gesänge. Das Besondere am Buddhismus ist aber, dass er sich damit nicht erschöpfend defi niert. Wichtige buddhistische Repräsentanten aus Ost und West, wie zum Beispiel der Dalai Lama, Yongey Mingyur Rinpoche oder Jack Kornfi eld erklären, dass der Buddhismus von seiner Entstehung bis zur heutigen Praxis weniger eine Religion als vielmehr eine Wissenschaft des Geistes ist: eine Wissenschaft, die im Laufe vieler Jahrhunderte erprobt wurde und sowohl detaillierte und überprüfbare Erklärungen und Beschreibungen für menschliches Empfi nden und Verhalten liefert als auch konkrete Übungen und Techniken zur Überwindung vieler menschlicher Konfl ikte und Sorgen bietet. Damit überbrückt der Buddhismus die oft als schmerzlich empfundene Kluft zwischen Wissenschaft und Religion, zwischen Innovation und alter Tradition und Überlieferung. In diesem Zusammenhang bemerkte Albert Einstein einmal, dass es, wenn es irgendeine Religion gebe, die sich mit den Erfordernissen der modernen Wissenschaft vereinbaren lasse, der Buddhismus sei, der dies vermöge. Carl Friedrich von Weizsäcker stellte sich den Zukunftsmenschen als ein Individuum vor, in dem christliche Ethik, wissenschaftliches Denken und die buddhistischen Stärken integriert sind. 12 EINLEITUNG In diesem Buch werden in erster Linie Inhalte und Techniken des Buddhismus und der buddhistischen Psychotherapie beschrieben, doch die BPT versteht sich als Integrationsprojekt mit dem Wunsch, möglichst viele Ressourcen auch aus sehr unterschiedlichen Quellen zu nutzen. Nur zum leichteren Verständnis wird hier von dem Buddhismus gesprochen, obwohl es viele verschiedene buddhistische Traditionen gibt. Der Buddhismus hat sich in den 2500 Jahren seiner Existenz anfangs über Asien, in der Neuzeit weitgehend über den ganzen Globus ausgebreitet. Jedes Land, in dem Buddhisten leben, entwickelt auf der Basis seiner eigenen Kultur seine eigenen buddhistischen Schwerpunkte. Dementsprechend gibt es zum Beispiel den japanischen, vietnamesischen, tibetischen, chinesischen, indischen und heute auch den amerikanischen und europäischen Buddhismus. Vielleicht benötigen die westlichen Kulturen aber noch etwas Zeit, um ihre eigene buddhistische Form zu fi nden. Auf diese Weise entstand im Laufe der Jahrhunderte eine vielschichtige, in jeweils verschiedenen Aspekten ausgereifte und alltagstaugliche Lehre und Praxis. Die besondere Leistung des Buddhismus ist die erhebliche Integrationsfähigkeit der Lehre und ihrer Meister und Schüler. Diese Fähigkeit zeigt sich zum Beispiel darin, dass die Lehre trotz aller Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen und auch ohne eine übergeordnete Instanz wie beispielsweise den Vatikan im Laufe der Zeit unter Beibehaltung der buddhistischen Grundsätze immer vielfältiger wurde und dabei doch ihre Kohärenz bewahrte. Die buddhistische Psychotherapie nutzt die Gemeinsamkeiten innerhalb der verschiedenen buddhistischen Richtungen mit anderen Kulturen und mit der Wissenschaft und fügt sie konstruktiv zusammen. Die hierbei oft herangezogene Gegenüberstellung von östlicher und westlicher Tradition dient lediglich der Veranschaulichung. Wie bereits erwähnt, versteht sich die BPT als Integrationsmodell, um verschiedene Ansätze für uns nutzbar zu machen. Dementsprechend werden hier nicht nur buddhistische, sondern auch psychologische, medizinische und psychosomatische Erkenntnisse anderer Kulturen integriert. Von vielen Menschen werden die in der Neuzeit entstandenen Aufspaltungen und Polarisierungen von wichtigen Lebensbereichen als schmerzlich empfunden: Arbeitswelt und Kreativität; Schulbildung und 13 EINLEITUNG Charakterbildung; bürokratische Verwaltung und Menschlichkeit; Religion und lebensnahe Bedürfnisse; konsumorientierte Wirtschaft und eigentliche Grundbedürfnisse des Menschen etc. Die buddhistische Psychotherapie wird in diesem Buch als ein sehr umfassendes integratives Modell dargestellt, das – je nach individueller Notwendigkeit – sowohl in der Breite, d. h. auf einer praktischen und alltagstauglichen Ebene, als auch in der Tiefe, d. h. auch bei einer eher spirituellen Sinn- oder Verständnissuche, wichtige Inspirationen und Hilfestellungen zu geben vermag. Sie entspricht damit einem Modell, das dabei helfen kann, wichtige Lebensbereiche wieder zusammenzubringen und miteinander zu versöhnen. Die BPT integriert sowohl individuell-persönliche als auch universelle Bezüge. Das bedeutet, dass jeder Mensch in seiner Individualität gesehen wird, ebenso aber auch als Mitglied größer Systeme: von der Familie angefangen über unterschiedliche Gruppenzugehörigkeiten und die Gesellschaft bis hin zur Naturverbundenheit und darüber hinaus. Das ist sowohl für die Behandler als auch für die Hilfesuchenden eine sehr förderliche und konstruktive Erweiterung des Bezugsrahmens. Die BPT hat eine deutlich spirituelle Ebene, doch der Schwerpunkt liegt – nicht anders als im gesamten Buddhismus – in der Verknüpfung zwischen den geistig-spirituellen Aspekten der Existenz und den praktischen Aspekten unseres Alltagslebens. Von daher geht es im Buddhismus auch nicht um Weltfl ucht, sondern in seinen Lehren wird eher die Kunst vermittelt, ganz in der Welt zu sein, doch ohne sich darin zu verstricken. Buddha könnte dazu anmerken: Meditiere, aber binde deinen Elefanten an. Oder anders ausgedrückt: Bete oder meditiere, aber achte auf die alltäglichen Notwendigkeiten. Buddha legte großen Wert darauf, dass jeder persönliche Fortschritt des Einzelnen so umgesetzt wird, dass er allen Wesen zugutekommen kann. Wenn wir zu den Ursprüngen des Buddhismus zurückschauen, sollten wir uns bewusst machen, dass der historische Buddha ein Mensch war. Bis zu seiner Erleuchtung oder Befreiung hieß er Siddhartha Gautama. Buddha, ein Begriff aus dem Sanskrit und dem Pali, bedeutet „Erwachter“. Oft ist auch die Rede von Buddha Shakyamuni, was sich auf die Herkunft von Siddhartha aus dem nordindisch-nepalesischen Adelsgeschlecht der Shakyas bezieht. Der Buddhismus hat keinen religiösen Ursprung. 14 EINLEITUNG Siddhartha war ein Mann Ende 20, der sich nicht auf die Suche nach Gott begab, sondern für sich und seine Mitmenschen einen Weg fi nden wollte, um das menschliche Leiden zu beenden. Nachdem er im Alter von 35 Jahren diesen Weg entdeckte und damit erwachte, fand er eine große Gefolgschaft und konnte sowohl durch seine Lehrreden als vor allem auch durch die vermittelten Übungstechniken sichere Übertragungslinien auf seine Schüler und von diesen auf deren Schüler und deren spätere Schüler sichern. Erst ungefähr 500 Jahre nach Buddhas Tod wurden seine Lehrreden, die Sutras, niedergeschrieben. Davor existierte nur eine mündliche Weitergabe jeweils von Lehrer auf Schüler. Wahrscheinlich aus Gründen der besseren Erinnerung werden die beachtenswerten Fakten in den Buddhareden numerisch aufgezählt, wie zum Beispiel die Vier Edlen Wahrheiten und der Edle Achtfache Weg, die Vier Grenzenlosen Geisteszustände, die Sieben Faktoren des Erwachens, die Drei Juwelen etc. Dieses Buch wird auch versuchen, die buddhistische Wissenschaft des Geistes als eine nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben sehr detaillierte und exakte Betrachtung und Beschreibung menschlichen Funktionierens darzulegen. Des Weiteren wird der Buddhismus als eine Wurzel der modernen psychotherapeutischen Methoden dargestellt, die in ihrer Tiefe und der jahrhundertealten Praxis nichts an Aktualität, Relevanz, Anwendbarkeit und Eff ektivität verloren hat. Im Gegenteil, der Buddhismus liefert ein umfassendes und integratives heilsames Verständnis menschlicher Probleme sowie auch die notwendigen Methoden und eine Vielzahl von konkreten zeitgemäßen Techniken zur Linderung beziehungsweise zur Überwindung unserer unterschiedlichsten Schwierigkeiten. Er kann als eine der ältesten und am intensivsten erprobten psychotherapeutischen Behandlungsmethoden angesehen werden. Im Vergleich dazu scheint die westliche Psychologie, die mit William James vor etwa 100 Jahren ihre ersten Schritte versuchte, noch in den Kinderschuhen zu stecken und ist zudem ohne die älteren geisteswissenschaftlichen Quellen kaum denkbar. Ebenso wie die psychoanalytische und die tiefenpsychologische Methode beinhaltet auch der Buddhismus Persönlichkeits- und Charaktertypologien, formuliert die Probleme im Zusammenhang mit dem menschlichen Unbewussten und hat schon vor über 2500 Jahren 15 EINLEITUNG die Relevanz von Träumen erkannt. Er liefert eine ausgefeilte strukturierte Darstellung menschlicher Bewusstseins-, Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeiten. Das Weltverständnis des Buddhismus ist zutiefst systemisch und zudem auf das Hier und Jetzt konzentriert. Auf genau diese Schwerpunkte fokussieren auch die modernen System- und Verhaltenstherapeuten. Die Verhaltenstherapie (VT), neben der Psychoanalyse und der Tiefenpsychologie eine der zentralen westlichen Th erapieformen, verändert sich stetig. Die Verhaltenstherapeuten sprechen von „Wellen“ der Entwicklung: In der ersten Welle, zu Beginn der VT-Entwicklung, konzentrierte sich die VT noch völlig auf das Verhalten. Der Fokus lag dementsprechend auf der Verhaltensebene. Hier sollten Trainingsprogramme neues Verhalten fördern. Im weiteren Verlauf kam es zu einer zweiten Welle: Jetzt wurden die Kognitionen (Gedanken) in den Mittelpunkt gestellt. Die VT nannte sich nun Kognitive Verhaltenstherapie (KVT), ihr Schwerpunkt lag bei den Bewertungen und Erwartungen eines Menschen. Aktuell entwickelt sich gerade die dritte Welle: Die KVT entdeckt für sich die Achtsamkeit und damit einen der zentralen Eckpfeiler buddhistischer Praxis, die nun auch in der westlichen Behandlungswelt ankommt. Dem Th ema Achtsamkeit werden wir in diesem Buch noch häufi g begegnen. Die hier gewählte Darstellungsform der BPT umfasst grob gesehen zwei Bereiche: Zunächst werden die für die Psychotherapie relevanten Aspekte, insbesondere die wichtigsten buddhistischen Lehren, dargelegt. Danach werden konkrete buddhistisch-psychotherapeutische Techniken beschrieben und anhand von Beispielen nachvollziehbar gemacht. Neben psychotherapeutischen und buddhistischen Übungen, die verschiedene Meditationsformen beinhalten, werden auch sehr alte, teilweise bislang weitgehend unbekannte buddhistische Befreiungswege und Heilungsverfahren in die BPT integriert und anhand von Beispielen aus der Praxis anschaulich dargestellt. Es gibt eine fast verwirrende Vielzahl ganz unterschiedlicher Behandler, wie Ärzte, Psychologen, Psychotherapeuten der verschiedensten Schulen, Heilpraktiker, Berater jeder Art, Neurologen, Psychiater etc., und noch mehr psychotherapeutische Methoden, etwa die Psychoanalyse, die Tiefenpsychologie, die systemische Th erapie, die Verhaltens-, Gesprächs-, 16 EINLEITUNG Gestalt-, Hypnosetherapie und vieles mehr. Neben den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Techniken liefern die verschiedenen Schulen auch sehr unterschiedliche Erklärungsmodelle für das Entstehen von Krankheiten. Eine große Mehrheit der Behandler muss – scheinbar in Ermangelung von konkurrenzfähigen Alternativen – immer noch auf psychoanalytische Krankheitsmodelle zurückgreifen. Die Ursachen für aktuelle Konfl ikte und Symptome werden von ihnen vorzugsweise in der Kindheit gesucht. Andere forschen in den Stoff wechselprozessen des Gehirns, wieder andere konzentrieren sich eher auf problematische systemische Interaktionsprozesse oder auf die individuellen Aspekte der Gesellschaftsschicht oder der Geschlechtszugehörigkeit des Klienten. Wieder andere Behandler vermeiden derartige Überlegungen ganz und gehen davon aus, dass wir sozusagen als leere Wesen, also als unbeschriebenes Blatt diese Welt betreten und das gesamte Emotionsspektrum sowie auch das Verhalten an- oder abtrainierbar sind. Die Vorstellungen und die Erklärungs- beziehungsweise Krankheitsmodelle des Behandlers sind von entscheidender Bedeutung für die Behandlung. Für Hilfesuchende ist dieser Aspekt oft nicht klar erkennbar, aber trotzdem von größter Relevanz, denn alle Aspekte der bei ihnen durchgeführten therapeutischen Maßnahmen, angefangen von der Suche nach den Ursachen bis hin zu den Behandlungsmethoden, sind abhängig von dem ihnen zugrunde liegenden Verständnis der Behandler. In der Regel sind viele Behandlungsmodelle nur auf die Beseitigung der Symptome konzentriert und übersehen leider oftmals das menschliche Potenzial. Wir Menschen wollen jedoch nicht nur nicht leiden, sondern auch glücklich sein. Wir brauchen daher dringend Arbeitsmodelle, deren Zielsetzung die aktive und konkrete Förderung von positiven Geisteszuständen wie Güte, Zufriedenheit, Mitgefühl, Freude etc. ist. Der Begriff „Gesundheit“ wurde bereits 1948 in der Konstitution der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschrieben als „ein Zustand vollständigen physischen, geistigen und sozialen Wohlbefi ndens, der sich nicht nur durch die Abwesenheit von Krankheit oder Behinderung auszeichnet“. Mehr als 60 Jahre nach dieser Forderung der WHO können viele Th erapiemethoden heute immer noch keine Konzepte vorlegen, die 17 EINLEITUNG über eine bloße Beseitigung von Symptomen hinausgehen. Damit wird der Mensch in seinen Bedürfnissen und auch Potenzialen nicht ausreichend gewürdigt. Die buddhistische Psychotherapie erfüllt die von der WHO aufgestellte Forderung nach einer Erweiterung des Begriff s Gesundheit, denn sie behandelt nicht nur Krankheiten, sondern fördert gleichzeitig die in allen Menschen angelegten positiven Möglichkeiten. Ein zentraler Aspekt der buddhistischen Psychotherapie ist die Besonderheit, dass die detaillierte Vermittlung des ihr zugrunde liegenden Konzepts, das in den 22 Grundlagen der BPT dargelegt wird, ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung ist. Um vorab einen Überblick über den Inhalt dieses Buches zu geben, sei erwähnt, dass die buddhistische Psychotherapie hier sehr strukturiert in 22 Grundsätzen dargestellt ist. In diesem Rahmen werden ganz unterschiedliche Aspekte der buddhistischen Psychotherapie dargestellt und sowohl die Form, der Ablauf, der Inhalt als auch deren mögliche Ziele im Hinblick auf die Lehre und Praxis beschrieben. Die 1. Grundlage möchte die Essenz des gesamten Buddhismus und der buddhistischen Psychotherapie prägnant darstellen. Die 2. bis 4. Grundlage beschreibt relevante Details für Hilfesuchende und Th erapeuten und Aspekte des Behandlungsablaufs. Die 5. bis 7. Grundlage vermittelt das notwendige Basiswissen über unsere körperlichen, geistigen und emotionalen Belange. Die 8. bis 18. Grundlage vermittelt die notwendigen buddhistischen Lehren und Anleitungen zur Übungspraxis. Die 19. Grundlage umfasst die konkreten buddhistisch-psychotherapeutischen Übungen, Maßnahmen, Interventionen und Techniken. Es werden Beispiele aus der Praxis beschrieben (da es in der BPT nur Menschen und keine Fälle gibt, bezeichnen wir die Beispiele auch nicht als Fallbeispiele). Einige der dargestellten Techniken sind weit über 2500 Jahre alt, andere über 1000 Jahre lang erprobt und erst seit kurzer Zeit auch westlichen Hilfesuchenden zugänglich. Bevor wir uns aber mit dieser 19. Grundlage beschäftigen, bevor wir also zu den praktischen Übungen kommen, müssen die vorausgegangenen Grundlagen 1 bis 18 der buddhistischen Lehre erkannt, verstanden und verinnerlicht werden. Wir 18 EINLEITUNG müssen erst einen ungefähren Kurs festlegen und die Grundlagen, das Fundament erst sichern, bevor wir uns auf den Weg machen und in das aktive Training einsteigen können. Die 20. Grundlage der BPT konzentriert sich auf die konkrete Umsetzung der buddhistischen Maßnahmen, unserer Erkenntnisse und Fortschritte im Alltag. Abschließend wird in der 21. Grundlage ein Ausblick sowie auch eine Relativierung angeboten. Die 22. Grundlage bietet eine Auswahl an Literatur an, deren Studium für die BPT hilfreich sein könnte. Die hier dargestellten Grundlagen der BPT haben sich im Laufe vieler Jahre der Anwendung in Einzel- und Gruppenarbeit im Klinikkontext von verschiedenen psychosomatischen Einrichtungen und in privater Praxis bewährt. Aufgrund von Erfahrungswerten werden die 22 Grundlagen der BPT in dieser Reihenfolge vorgestellt. Diese Abfolge ist zwar gut erprobt, aber dennoch sollte jeder Th erapeut seine Schwerpunkte nach eigenen Gesichtspunkten oder den Bedürfnissen der Hilfesuchenden auswählen. Falls es in diesem Buch Bereiche geben sollte, von denen sich die Leserinnen oder Leser nicht so angesprochen fühlen, ist es kein Problem, sich seine eigenen Schwerpunkte zu wählen. Das buddhistische Lehr- und Praxisgebäude funktioniert holistisch. Das bedeutet, dass in jedem kleineren Fragment bereits der ganze Geist und Sinn enthalten ist. Wir können uns also ein einzelnes, uns besonders ansprechendes Th ema herausgreifen und dieses intensiv vertiefen, sodass wir auch über diesen Zugang sehr profi tieren können. Grundsätzlich sollten aber stets vor den jeweiligen praktischen Übungen klare Unterweisungen erfolgen, die das notwendige Wissen um die Hintergründe und das angestrebte Ziel vermitteln. Ohne eine solche Kursbestimmung verlieren wir schnell das Ziel aus den Augen und laufen Gefahr, uns zu ver(w)irren. Die gute Nachricht lautet, dass Buddha ein sehr wertvoller Wegbereiter war und auch immer noch ist, der exakte theoretische und praktische Anweisungen hinterließ, die uns eine gute Chance geben, ihm zu folgen. 19 EINLEITUNG Seiner Spur zu folgen und an seinem Weg teilhaben zu können macht Hoff nung. Die vielleicht weniger gute Nachricht lautet, dass der Weg – oder genauer: die Wege – zwar markiert wurden und durch viele, die sie vor uns beschritten haben, immer deutlicher wurden, doch für jeden einzelnen Menschen, der sich aufmacht, ist es immer noch ein spannendes und zum Teil auch anstrengendes Abenteuer. Es braucht Mut, sich den Tücken und Abgründen, den Verlockungen und Ablenkungen dieser Reise zu stellen. Doch vielleicht ahnen die Leserinnen und Leser ja schon: Der Weg lohnt sich! Sich einem Buch zu widmen ist immer kostbare Lebenszeit. Matthias Ennenbach
Weitere Beispiele: "Es scheint besser zu sein, einmal mehr zu unterstützen und zu fördern, als vorschnell zu konfrontieren" (S.55).
Siehe auch