Herzensgebet: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 29. Juli 2023, 15:51 Uhr

Ein Herzensgebet ist ein weit verbreitetes Gebet. In den spirituellen Traditionen dürfte die Bedeutung des Herzens gleich nach dem Atem kommen. Auch das Schweigen ist wichtig - u.a. gegen Wissensfluten. Gesunde Einfachheit, ein Yogawiki darf daran auch immer wieder erinnern...

Die Konzentrationshilfen von Gebetsketten - z. B. griechisch Komboskini und russisch Tschotki; (sanskrit Mala f., माला, Vorlage:IAST) (im Hinduismus und Buddhismus) - haben 30, 33, 50, 100 oder mehr Knoten: weniger, um die Gebete zu zählen, sondern als Hilfe zur Konzentration und für einen gleichmäßigen Rhythmus. Die geschlossene Schnur zeigt das ewige Gebet. In der orthodoxen Kirche erhalten die Mönche und Nonnen eine solche Gebetskette zur Profess. Etwa soll der Aufforderung „Betet ohne Unterlass!“ (Bibel|1 Thess|5|17) des Apostels Paulus genüge getan werden. Auch im Hesychasmus und anderen Meditationsformen der Ostkirchen nimmt dieses Gebet eine zentrale Stellung ein, ebenso in der Spiritualität der Kartäuser.

Eine gesunde, aufrechte Körperhaltung spielt diese "Herzöffnung" ein: "Open your heart" - offener Brustkorb - heisst es gerade auch weise im Yoga bzw. Joga...

Geschichte

Im Christlichen beispielsweise reichen Anfänge bis in die Zeit des frühen östlichen Mönchtums zurück: kurze Bibelzitate, oft Psalmverse, wurden meditiert, ständig wiederholt, teilweise innerlich rezitiert. Mit der Zeit wurde Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner üblich.

Viele Verbindungen zum Hinduismus zeigt Raimon Panikkars "Der Weisheit eine Wohnung bereiten" auf...

Die zweite große Phase in der Geschichte des Jesusgebetes ist der Hesychasmus, im 12. Jahrhundert auf dem Berg Athos praktiziert. Im Hesychasmus wird das Jesusgebet beim bewussten Sitzen in der Stille im Rhythmus von Atmung und Herzschlag rezitiert.

Die dritte Phase in der Geschichte des Jesusgebetes beginnt im 16. Jahrhundert in Russland, wo es bis ins 18. Jahrhundert hinein eine große Blütezeit erlebte. Insbesondere die Starzen Nil Sorski (1433-1508) und Païssi Welitschkowski (1722-1794) sorgten für seine Verbreitung. In Russland entstand Ende des 19. Jahrhunderts ein Buch mit dem Titel Aufrichtige Erzählungen eines Pilgers, seinem geistlichen Vater mitgeteilt, das in viele Sprachen übersetzt wurde und so die Tradition des Jesusgebetes weltweit verbreitete, auch im deutschsprachigen Raum, wo es unter dem Titel Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers erschien. Insbesondere durch dieses Buch fand das Jesusgebet Anhänger in allen christlichen Konfessionen, sodass heute schon von einer „Ökumene des Jesusgebetes“ gesprochen werden kann.

Gebetstext

Es gibt keinen einheitlichen Gebetstext. Stets wird der Name Jesu angerufen. Mögliche Formulierungen sind:

Herr Jesus Christus.
Jesus Christus.
Jesus.
Christus Jesus.

Nach der Anrufung des Namens Jesu kann eine Erbarmungsbitte angeschlossen werden. Mögliche Formulierungen sind:

Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner.

Statt der Erbarmungsbitte kann auch eine Bitte um Hilfe geäußert werden. Mögliche Formulierungen sind:

Herr Jesus Christus, steh' mir bei.
Herr Jesus Christus, (du) Sohn Gottes, steh' mir bei.
Heiligstes Herz Jesu, sei meine Rettung.

Diese kurzen Wiederholungen erinnern an ein Mantra.

Einübung: Praxis mit Konzentration auf Atem, Haltung....

Die Praxis des Jesusgebetes kann auf der Grundlinie geschehen, die schon die Kirchenväter vorgegeben haben: Dabei geht es darum, sich zu bemühen, rein und ununterbrochen betend den Atem durch die Nase ins Herzinnere einzuführen (Vgl. "Symeon der Neue Theologe" (Nikephoros der Mönch), La méthode d'oraison hésychaste, hg. u. Übers. v. I.Hausherr, in: Orientalia Christiana 9 (1927), 164; Abhandlung über die drei Arten des Gebetes, Philokalie, Bd. 5, Würzburg 2, 2007, 418; Alfons Rosenberg (Hg.), Die Meditation des Herzensgebets, München 1983, 51f.), und sich dabei einzig auf die Worte des Gebetes zu konzentrieren, sie zu meditieren und im Denken zu umkreisen.

Traditionell (nach dem Vorbild des russischen Pilgers) erfolgt die Einübung in drei Schritten, die bei den meisten Menschen jeweils mehrere Jahre dauern werden:

  1. Häufiges mündliches Rezitieren,
  2. innerliches Beten und
  3. selbständiges Beten im Rhythmus von Atmung und Herzschlag.

Inneres Gebet

Im zweiten Schritt wird das Gebet zum inneren Gebet. Nun kann bewusst auf die Atmung beim Gebet geachtet werden, also beim Einatmen etwa Herr Jesus Christus und beim Ausatmen erbarme dich meiner gebetet werden. Danach kann der Rhythmus des Herzschlags in das Beten einbezogen werden. Beim ersten Herzschlag wird Herr, beim zweiten Jesus, beim dritten Christus usw. gebetet. Die Koordination mit Atmung und Herzschlag sollte behutsam und am besten unter Anleitung (und Segnung) eines erfahrenen geistlichen Begleiters geschehen.

Beten im Rhythmus von Atmung und Herzschlag

In der dritten Phase schließlich ist das Gebet so sehr verinnerlicht, dass es gleichsam automatisch mit jedem Atemzug oder Herzschlag gebetet wird. Nach langer Übung kommt es aus dem Unterbewusstsein hoch und anfangs ist man erstaunt, da man sich plötzlich innerlich beten hört, ohne das Gebet willentlich "angeschaltet" zu haben. Das Jesusgebet hat sich verselbständigt.

Heutige Formen der Einübung

Moderne Lehrer des Jesusgebetes wie Jalics, Jungclaussen oder Maschwitz raten vom oben beschriebenen Zählen ab. Franz Jalics empfiehlt einen sanften und sehr soliden Weg. Zuerst führt er zur Wahrnehmung der Natur, um die Aufmerksamkeit auf das Göttliche zu erwecken. Anschließend führt er in die Wahrnehmung des Atems und der Hände, um das Jesusgebet körperlich zu unterstützen. Als Gebetswort dient ihm der Name "Jesus Christus", wobei "Jesus" mit dem Ausatmen und "Christus" mit dem Einatmen verbunden wird!

Mündliches Rezitieren und Körperhaltung..

Zur Einübung sollte eine aufrechte Sitzposition, auf einer Meditationsbank oder einem Stuhl eingenommen werden. Um Einseitigkeiten und Verfälschungen der Übungsidee zu vermeiden, ist es sinnvoll einen Lehrer oder spirituellen Ratgeber hinzuzunehmen, der schon Erfahrung damit hat; dabei muss es sich nicht unbedingt um einen Priester oder Mönch handeln.

Im ersten Schritt wird der Gebetstext sehr häufig laut gesprochen oder zumindest mit den Lippen geformt. Das Gebet wird dabei zunächst dreitausendmal am Tag gesprochen – an einem Rosenkranz abgezählt oder noch besser, da kein störendes Klickern entsteht, an einer Knotenschnur –, dann sechstausendmal, dann zwölftausendmal und schließlich sooft wie möglich. Das bewusste häufige Sprechen des Gebetes in der ersten Phase dient der Verinnerlichung. Man kann auch mit einer kleineren Zahl beginnen, sollte anfänglich auch nicht zu schnell steigern, da sich sonst beim Übenden leicht extremer Überdruss und geistliche Leere einstellen kann und die Übung dann abgebrochen wird; so haben schon einige Leute ihren ganzen Glauben verloren. Man muss auch darauf achten, andere Aspekte des Lebens, wie etwa Arbeit und tätige Nächstenliebe, nicht wegen der Übungen zu vernachlässigen.

Heutige Verbreitung

Durch seine Entstehung im Osten ist das Jesusgebet in der Orthodoxie bzw. den Kirchen des byzantinischen Ritus am weitesten verbreitet. Wahrscheinlich ist es sogar stärker im Volk verwurzelt als der Rosenkranz bei den Gläubigen des lateinischen Ritus, dem es als repetitive Gebetsform entspricht.

In Russland ist es eine in der Bevölkerung sehr populäre Gebetsform, seitdem dort das BuchAufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers“ erschienen ist. Obwohl dieses Buch eher von der wohlhabenden Bevölkerung als von normalen Gläubigen gelesen wurde, fand das Jesusgebet dadurch sehr viel Anhänger, weil die Geistlichkeit den Gläubigen diese Gebetsform vermittelt hat. Hinzu kommt der Umstand, dass es der orthodoxen Lehre entspricht, dass man eine gewisse Anzahl von Jesusgebeten beten kann, wenn man nicht in der Lage ist, an der Liturgie teilzunehmen. Vgl. Sluschebnik, Moskau 1996, 461f. Die Bedingung dafür ist, dass die Kirche weit entfernt ist und die Betreffenden nicht lesen können.

Im deutschen Sprachraum fand das Jesusgebet in jüngster Zeit vor allem durch die Publikationen und Exerzitienkurse des Jesuiten Franz Jalics und des Benediktiners Emmanuel Jungclaussen bei den Gläubigen Anklang. Beide verfassten Standardwerke zum Jesusgebet. Ähnliches gilt für Peter Dyckhoff, der mit dem Ruhegebet nach Johannes Cassian eine Vorform des Jesusgebets praktiziert und lehrt.

Gesundheitliche Aspekte

Das British Medical Journal berichtete von einer Studie der Universität Pavia, bei der herausgefunden wurde, dass sich die Einübung eines Mantras positiv auf das Herz-Kreislauf-System ausübt. Durch den gleichbleibenden Gebetsrhythmus reduziert sich die Atemfrequenz auf etwa sechs Atmungen in der Minute. (online verfügbar) Konzentration und innere Ruhe werden gefördert.

Der Präventivmediziner Gerd Schnack hat gemeinsam mit dem Musikpädagogen Hermann Rauhe das sog. repetitive Meditationstraining (RMT) entwickelt und sich hierbei am Konzept wiederholender Gebetsformeln orientiert, wozu auch das Jesusgebet zählt. Schnack und Rauhe schreiben: "Fünf Minuten RMT haben einen stärkeren Wiederherstellungseffekt auf die körperliche Fitness als eine Stunde Erholung ohne RMT." Zur Entspannung für den Körper komme auch eine völlig neue Kreativität für den Geist.

  • Durch den Benediktinerabt Emmanuel Jungclaussen wurde das Jesusgebet auch als unterstützende Maßnahme der Psychotherapie bekannt, als er bei den 46. Lindauer Psychotherapiewochen 1996 einen Vortrag vor Ärzten und Psychotherapeuten hielt. Wegen der großen Resonanz der Fachöffentlichkeit ist Jungclaussens Vortrag danach etwas modifiziert als Buch erschienen. Emmanuel Jungclaussen: Unterweisung im Herzensgebet, EOS-Verlag, 2. Auflage, St. Otilien 2003

Ausführungen von Swami Chidananda über Herzensgebet von Shivaji

Ein Gebet kann viel bewirken. Insbesondere, wenn ein Gebet vom Herzen kommt, kann es Wunder bewirken. Swami Chidananda, der große Yoga Meister und Schüler von Swami Sivananda, hat immer wieder von Gebeten gesprochen. Sukadev referiert hier über ein wichtiges Herzensgebet.

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Siehe auch

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