Zeitschrift Impulse über Sukadev Volker Bretz: Unterschied zwischen den Versionen

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Artikel aus der Zeitschrift "Impulse" vom August 2013 über [[Sukadev Volker Bretz]]. Publiziert aus Anlass des 50. Geburtstags von Sukadev. Titel des Artikels "Alles ist erleuchtet".
Artikel aus der Wirtschaftszeitschrift "Impulse" vom August 2013 über [[Sukadev Volker Bretz]]. Publiziert aus Anlass des 50. Geburtstags von Sukadev.  


==Alles ist erleuchtet==


YOGA Volker Bretz hätte die Sofafabrik seines Vaters übernehmen können.  
===YOGA===
Doch er wollte nicht Unternehmer werden, sondern den Sinn des Lebens   
'''Volker [[Bretz]] hätte die Sofafabrik seines Vaters übernehmen können.  
finden. Heute führt er die größte Yogakette Europas.
Doch er wollte nicht Unternehmer werden, sondern den [[Sinn des Lebens]]  
finden. Heute führt er die größte Yogakette Europas.'''


Das mit der Vision, so
Das mit der [[Vision]], so
viel wird schnell klar,
viel wird schnell klar,
meint Volker Bretz
meint Volker Bretz
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habe er schon immer gemocht, sagt Bretz – und
habe er schon immer gemocht, sagt Bretz – und
wenig später einen denkwürdigen Satz: „Ich
wenig später einen denkwürdigen Satz: „Ich
habe den Meister gesehen.“
habe den [[Meister]] gesehen.“


Der Meister, das ist Swami Sivananda, ein indischer
Der Meister, das ist [[Swami Sivananda]], ein indischer
Arzt, der einst eine nach ihm benannte
Arzt, der einst eine nach ihm benannte
Yogarichtung begründet hatte. Sivananda
Yogarichtung begründet hatte. [[Sivananda]]
starb 1963. Bretz begegnete ihm 1992.
starb 1963. Bretz begegnete ihm 1992.


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Bretz. Es sei, nun ja – Bretz atmet schnappend
Bretz. Es sei, nun ja – Bretz atmet schnappend
ein, massiert seinen großen Zeh –, ein erweitertes
ein, massiert seinen großen Zeh –, ein erweitertes
Bewusstsein gewesen. In diesem hätte
[[Bewusstsein]] gewesen. In diesem hätte
ihm der Meister, Bretz würde das jetzt anders
ihm der Meister, Bretz würde das jetzt anders
formulieren, einen Businessplan diktiert. Erster
formulieren, einen Businessplan diktiert. Erster
Schritt: Yogaschule in Frankfurt eröffnen.
Schritt: [https://www.yoga-vidya.de/center/ Yogaschule] in [[Frankfurt]] eröffnen.
Nach spätestens fünf Jahren: erstes Yogahaus.
Nach spätestens fünf Jahren: erstes Yogahaus.
Später mehr davon. Außerdem: Yogastudios
Später mehr davon. Außerdem: Yogastudios
in jeder Stadt und Region Deutschlands. Die
in jeder Stadt und Region Deutschlands. Die
Sache musste groß werden.
Sache musste groß werden.
===Volker Bretz betreibt Europas größte Yogakette===


Heute kontrolliert Bretz von seiner Zentrale
Heute kontrolliert Bretz von seiner Zentrale
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nach seinem Prinzip. Er hat die ehemalige
nach seinem Prinzip. Er hat die ehemalige
Kurklinik des Städtchens Bad Meinberg
Kurklinik des Städtchens Bad Meinberg
zu einem Yogahotel umgebaut. Ashram nennt
zu einem Yogahotel umgebaut. [[Ashram]] nennt
Bretz es. Morgens und abends besteigt er eine
Bretz es. Morgens und abends besteigt er eine
Bühne im Schwimmbad des Hauses, trommelt,
Bühne im Schwimmbad des Hauses, trommelt,
singt und erzählt von Shiva oder Vishnu.
singt und erzählt von [http://www.yoga-vidya.de/Bilder/Galerien/Shivatext.html Shiva] oder [http://www.yoga-vidya.de/Bilder/Galerien/Vishnu.html Vishnu].
 
Deutschlandweit hat Bretz
Deutschlandweit hat Bretz
vier solcher Yogahäuser errichtet.
vier solcher Yogahäuser errichtet.
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in Bad Meinberg zählte er vergangenes
in Bad Meinberg zählte er vergangenes
Jahr 85 000 Übernachtungen.
Jahr 85 000 Übernachtungen.
Mehr als 1000 Menschen
Mehr als 1000 [[Mensch]]en
gleichzeitig können hier
gleichzeitig können hier
Selbstfindungsseminare, Ayurvedakuren,
Selbstfindungsseminare, Ayurvedakuren,
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und -ferien buchen – oder gleich für immer in
und -ferien buchen – oder gleich für immer in
eines der Plattenbau-Apartments ziehen. Ein
eines der Plattenbau-Apartments ziehen. Ein
Wochenende „Kantha Yoga für eine schöne
Wochenende „[[Kantha Yoga]] für eine schöne
Stimme“ ist inklusive Vollpension für 200 Euro
Stimme“ ist inklusive Vollpension für 200 Euro
zu haben, für die „Ayurvedische Verjüngungskur“
zu haben, für die „[[Ayurvedische Verjüngungskur]]“
werden 800 Euro berechnet.
werden 800 Euro berechnet.
Volker Bretz hat es geschafft, aus einer indischen
Volker Bretz hat es geschafft, aus einer indischen
Philosophie ein deutsches Unternehmen
[[Philosophie]] ein deutsches Unternehmen
zu machen. Yoga Vidya heißt sein Imperium.
zu machen. [[Yoga Vidya]] heißt sein Imperium.
2012 machte es knapp 10 Millionen Euro Umsatz
2012 machte es knapp 10 Millionen Euro Umsatz
– Tendenz steigend. Es ist das größte Yoga-
– Tendenz steigend. Es ist das größte Yoga-
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Bücher, CDs und eine Kosmetikserie verkauft.
Bücher, CDs und eine Kosmetikserie verkauft.
Jedes Jahr bildet Bretz mehr als 1000 Yogafans
Jedes Jahr bildet Bretz mehr als 1000 Yogafans
zu Yogalehrern aus. Manche behaupten, er betreibe
zu [https://www.yoga-vidya.de/ausbildung-weiterbildung/yogalehrer-ausbildung/ Yogalehrern] aus. Manche behaupten, er betreibe
eine Yogalehrerfabrik.
eine Yogalehrerfabrik.
Marke. Franchise. Fabrik! Bretz mag es nicht,
Marke. Franchise. Fabrik! Bretz mag es nicht,
wenn diese Begriffe im Zusammenhang mit Yoga
wenn diese Begriffe im Zusammenhang mit Yoga
Vidya fallen. Und überhaupt: Der Papst bezeichne
Vidya fallen. Und überhaupt: Der [[Papst]] bezeichne
sich doch auch nicht als Unternehmer,
sich doch auch nicht als Unternehmer,
sagt Bretz. „Yoga, das ist was Spirituelles.“
sagt Bretz. „Yoga, das ist was [[Spirituell]]es.“
 
In den USA hat sich jedoch längst ein eigener
In den USA hat sich jedoch längst ein eigener
Industriezweig entwickelt: Der Yogahosenhersteller
Industriezweig entwickelt: Der Yogahosenhersteller
Lululemon ist ein börsennotierter Konzern
[[Lululemon]] ist ein börsennotierter Konzern
mit Milliardenumsatz. Die Lifestyle-Firma
mit Milliardenumsatz. Die Lifestyle-Firma
Gaiam wächst mit DVDs und Online-Yoga zweistellig.
[[Gaiam]] wächst mit DVDs und Online-Yoga zweistellig.
2012 gaben die Amerikaner fast 7 Milliarden
2012 gaben die Amerikaner fast 7 Milliarden
Dollar für Yoga aus.
Dollar für [http://www.yoga-vidya.de Yoga] aus.


Hierzulande ist das Geschäft mit der Seelengymnastik
Hierzulande ist das Geschäft mit der [[Seelengymnastik]]
weniger ausgereift: Auf der einen
weniger ausgereift: Auf der einen
Seite stehen die Fitnessketten. Sie haben Geld
Seite stehen die Fitnessketten. Sie haben [[Geld]]
und das betriebswirtschaftliche Know-how,
und das betriebswirtschaftliche Know-how,
aber außer ein paar Stunden im Kursprogramm
aber außer ein paar Stunden im Kursprogramm
kein Interesse an Yoga. Auf der anderen Seite
kein Interesse an Yoga. Auf der anderen Seite
gibt es diejenigen, die zwar Interesse haben, eine
gibt es diejenigen, die zwar Interesse haben, eine
biegsame Wirbelsäule und ein gütiges Lächeln,
biegsame [[Wirbelsäule]] und ein gütiges [[Lächeln]],
aber sie haben...nun ja, eben nur das.
aber sie haben...nun ja, eben nur das.
Und es gibt Volker Bretz. Sohn des Sofafabrikanten
Und es gibt Volker Bretz. Sohn des Sofafabrikanten
Karl-Fritz Bretz aus dem rheinlandpfälzischen
[[Karl-Fritz Bretz]] aus dem rheinlandpfälzischen
Gensingen.
[[Gensingen]].
 
Bretz, geboren am 3. Februar 1963, ist ein
Bretz, geboren am 3. Februar 1963, ist ein
Junge mit wenigen Freunden und vielen Büchern.
Junge mit wenigen Freunden und vielen Büchern.
Er liest über Cäsar und Alexander den
Er liest über [[Cäsar]] und Alexander den
Großen. Dass sie mächtig, aber nie glücklich
Großen. Dass sie mächtig, aber nie glücklich
waren. Bretz ist weder das eine noch das andere.
waren. Bretz ist weder das eine noch das andere.
Statt mit den Brüdern im elterlichen Partykeller
Statt mit den Brüdern im elterlichen Partykeller
Mädchen zu beeindrucken, überspringt
Mädchen zu beeindrucken, überspringt
er eine Klasse, wird im Abitur Jahrgangsbester.
er eine Klasse, wird im [[Abitur]] Jahrgangsbester.
Schnitt: 1,1. Leistungskurs: Mathematik. Weil
Schnitt: 1,1. Leistungskurs: [[Mathematik]]. Weil
der Vater sich ihn als Nachfolger wünscht,
der Vater sich ihn als [[Nachfolger]] wünscht,
macht Bretz ein Praktikum in der elterlichen
macht Bretz ein [[Praktikum]] in der elterlichen
Sofafabrik. Er fühlt sich weit entfernt vom
Sofafabrik. Er fühlt sich weit entfernt vom
Glück.
[[Glück]].
 
Weil man es immer gebrauchen kann, studiert
Weil man es immer gebrauchen kann, studiert
Bretz in München Betriebswirtschaft.
Bretz in [[München]] Betriebswirtschaft.
Aber eigentlich interessieren ihn andere Dinge:
Aber eigentlich interessieren ihn andere Dinge:
An der Uni belegt er Psychologievorlesungen,
An der Uni belegt er [[Psychologie]]vorlesungen,
besucht abends ein Astrologie-Institut und
besucht abends ein [[Astrologie]]-Institut und
schließlich – eine Yogaschule. „Tiefes Berührtsein“
schließlich – eine Yogaschule. „Tiefes [[Berührtsein]]“
notiert er dazu in seinem Lebenslauf. Im
notiert er dazu in seinem Lebenslauf. Im
Jahr darauf, 1981, zieht Bretz in der Yogaschule
Jahr darauf, 1981, zieht Bretz in der Yogaschule
ein, schläft auf einer Isomatte im
ein, schläft auf einer Isomatte im
Übungsraum. Der Vater telefoniert nun regelmäßig
Übungsraum. Der Vater telefoniert nun regelmäßig
mit dem Sektenbeauftragten der Kirche,
mit dem Sektenbeauftragten der [[Kirche]],
fordert vom Bruder: „Du musst den Volker da
fordert vom [[Bruder]]: „Du musst den Volker da
loseisen!“
loseisen!“
Wenig später wird Bretz zum Leiter des Münchener
Wenig später wird Bretz zum Leiter des Münchener
Yogazentrums ernannt. Man braucht
Yogazentrums ernannt. Man braucht
einen, der was von Zahlen versteht. Im Jahr darauf
einen, der was von Zahlen versteht. Im Jahr darauf
schickt man ihn nach Wien. Dann Genf.
schickt man ihn nach [[Wien]]. Dann [[Genf]].
Los Angeles, Paris, London, New York, Toronto.
[[Los Angeles]], [[Paris]], [[London]], [[New York]], [[Toronto]].
Volker Bretz, der etwas eigenbrötlerische Diplomkaufmann
Volker Bretz, der etwas eigenbrötlerische [[Diplomkaufmann]]
aus Deutschland, macht sich auf
aus [[Deutschland]], macht sich auf
der ganzen Welt einen Namen, weil er die kurz
der ganzen Welt einen Namen, weil er die kurz
vor der Pleite stehenden Yogaschulen auf Vordermann
vor der Pleite stehenden Yogaschulen auf Vordermann
bringt. Bretz sagt: „Ich war so was
bringt. Bretz sagt: „Ich war so was
wie die Feuerwehr.“
wie die Feuerwehr.“
Knapp zehn Jahre geht das so. Bis zu jenem
Knapp zehn Jahre geht das so. Bis zu jenem
Tag im März 1992: „Vision Swami Sivanandas
Tag im März [[1992]]: „Vision [[Swami]] Sivanandas
mit Berufung, Yogazentren in Deutschland zu
mit Berufung, [[Yogazentren]] in Deutschland zu
eröffnen“, steht im Internet, wo Bretz – damit
eröffnen“, steht im [[Internet]], wo Bretz – damit
es jeder nachlesen kann – seine gesammelten
es jeder nachlesen kann – seine gesammelten
Lebensdaten veröffentlicht hat. Derzeit baut er
Lebensdaten veröffentlicht hat. Derzeit baut er
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habe nichts zu verbergen, sagt Bretz. Aber etwas
habe nichts zu verbergen, sagt Bretz. Aber etwas
später muss er es doch loswerden: „Ich bin
später muss er es doch loswerden: „Ich bin
sicherlich der relevanteste Mensch in der Yogaszene
sicherlich der relevanteste [[Mensch]] in der [[Yogaszene]]
in Deutschland.“
in Deutschland.“
Der lohnende Teil des Yoga
 
===Der lohnende Teil des Yoga===
Bretz’ Hochrechnungen zufolge üben mittlerweile
Bretz’ Hochrechnungen zufolge üben mittlerweile
eine halbe Million Deutsche nach seinem
eine halbe Million Deutsche nach seinem
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in Deutschland durch Yoga Vidya angestoßen
in Deutschland durch Yoga Vidya angestoßen
wurde – und damit durch mich.“
wurde – und damit durch mich.“
Tatsache ist, dass Bretz einen recht effizienten
Tatsache ist, dass Bretz einen recht effizienten
Mechanismus entwickelt hat, um seine Anhängerschaft
Mechanismus entwickelt hat, um seine [[Anhänger]]schaft
zu vergrößern: Bis heute hat Yoga
zu vergrößern: Bis heute hat Yoga
Vidya über 10 000 Yogalehrer „zertifiziert“.
Vidya über 10 000 [[Yogalehrer]] „zertifiziert“.
Was für den Einzelnen nicht viel heißt, weil
Was für den Einzelnen nicht viel heißt, weil
sich in Deutschland ohnehin jeder Yogalehrer
sich in Deutschland ohnehin jeder Yogalehrer
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später selbst in das Geschäft mit der Lehrerausbildung
später selbst in das Geschäft mit der Lehrerausbildung
ein. Teile des Programms müssen
ein. Teile des Programms müssen
in der Bad Meinberger Zentrale absolviert
in der [[Bad Meinberg]]er Zentrale absolviert
werden, was dort für steigende Übernachtungszahlen
werden, was dort für steigende Übernachtungszahlen
sorgt.
sorgt.
Dass dies der lohnende Teil des Yoga-Business
Dass dies der lohnende Teil des Yoga-Business
ist, entdeckte Bretz Anfang der 90er-Jahre:
ist, entdeckte Bretz Anfang der 90er-Jahre:
Sein erstes Frankfurter „Yoga Center am
Sein erstes Frankfurter „[[Yoga Center am
Zoo“ lief schleppend. Bretz klebte Plakate, verteilte
Zoo]]“ lief schleppend. Bretz klebte Plakate, verteilte
Handzettel, nichts half. In jener Zeit
Handzettel, nichts half. In jener Zeit
wollten die Deutschen an die Börse, nicht ins
wollten die Deutschen an die Börse, nicht ins
Yogastudio. Sein Erbteil aus der Sofafabrik
Yogastudio. Sein Erbteil aus der Sofafabrik war fast aufgebraucht, als Bretz feststellte, dass
 
war fast aufgebraucht, als Bretz feststellte, dass
es Schüler gab, die lieber Lehrer sein wollten –
es Schüler gab, die lieber Lehrer sein wollten –
und die richtigen Schlüsse zog. Wenige Monate
und die richtigen Schlüsse zog. Wenige Monate
später schrieb seine Yogaschule Gewinne.
später schrieb seine Yogaschule Gewinne.
Eine gewöhnliche Yogastunde kostet zwischen
Eine gewöhnliche Yogastunde kostet zwischen
10 und 15 Euro. Eine Yogalehrerausbildung
10 und 15 Euro. Eine [https://www.yoga-vidya.de/ausbildung-weiterbildung/yogalehrer-ausbildung/ Yogalehrerausbildung]
bei Yoga Vidya – je nach Dauer – zwischen
bei Yoga Vidya – je nach Dauer – zwischen
3000 und 7000 Euro. Vier Wochen dauert
3000 und 7000 Euro. Vier Wochen dauert
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mehr Yogalehrer als andere Schulen, deren
mehr Yogalehrer als andere Schulen, deren
Ausbildungen oft über vier Jahre gehen. Was
Ausbildungen oft über vier Jahre gehen. Was
vor allem den alteingesessenen Bund Deutscher
vor allem den alteingesessenen [[Bund Deutscher
Yogalehrer ärgert. Eine Vierwochen-Ausbildung
Yogalehrer]] ärgert. Eine Vierwochen-Ausbildung
sei Schmalspur, findet dessen Chefin
sei Schmalspur, findet dessen Chefin
Angelika Beßler. „Die Leute haben dann ein
[[Angelika Beßler]]. „Die Leute haben dann ein
Zertifikat und werden aufs Volk losgelassen.“
Zertifikat und werden aufs Volk losgelassen.“
Bretz sagt: „Ich habe mein BWL-Grundstudium
Bretz sagt: „Ich habe mein BWL-Grundstudium
auch in nur einem Semester gemacht. Das hat
auch in nur einem Semester gemacht. Das hat
mir nicht geschadet.“
mir nicht geschadet.“
So oder so. Der Verband weigert sich, mit
So oder so. Der Verband weigert sich, mit
Bretz zusammenzuarbeiten, weshalb der einfach
Bretz zusammenzuarbeiten, weshalb der einfach
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zwei Über- und sechs Unterverbände dieser
zwei Über- und sechs Unterverbände dieser
Verbände.
Verbände.
Das Prinzip „Viel hilft viel“ hat Bretz auch
Das Prinzip „Viel hilft viel“ hat Bretz auch
in eine effektive Onlinestrategie verwandelt:
in eine effektive Onlinestrategie verwandelt:
Unter seinem gelben Yogakittel trägt er stets
Unter seinem gelben Yogakittel trägt er stets
ein winziges MP3-Aufnahmegerät samt Mikrofon.
ein winziges MP3-Aufnahmegerät samt Mikrofon.
Wenn er ein Seminar oder einen Workshop
Wenn er ein [[Seminar]] oder einen Workshop
gibt, und das ist mehrmals täglich, schneidet er
gibt, und das ist mehrmals täglich, schneidet er
seine Worte mit oder lässt sich per Video aufzeichnen.
seine Worte mit oder lässt sich per Video aufzeichnen.
Dann stellt er alles ins Netz.
Dann stellt er alles ins Netz.
Insgesamt bespielt Yoga Vidya zehn Youtube-
 
Insgesamt bespielt Yoga Vidya zehn [[Youtube]]-
Kanäle und zwölf weitere bei ähnlichen Portalen.
Kanäle und zwölf weitere bei ähnlichen Portalen.
Hinzu kommen 15 Blogs, 26 Podcasts und
Hinzu kommen 15 Blogs, 26 [[Podcast]]s und
ungefähr 70 Kanäle bei Twitter. Es gibt Sendungen
ungefähr 70 Kanäle bei Twitter. Es gibt Sendungen
zum richtigen Atmen, einen Videokochkurs
zum richtigen Atmen, einen Videokochkurs
für Veganer oder den Burn-out-Podcast.
für [[Veganer]] oder den Burn-out-Podcast.
Bretz sagt: „Wir müssen keine Angst vor
Bretz sagt: „Wir müssen keine [https://www.yoga-vidya.de/yoga-psychologie/einsatzbereiche/beschwerdebilder/angst/ Angst] vor
irgendwelchen Google-Algorithmen haben.“
irgendwelchen Google-Algorithmen haben.“
Angst haben die anderen. Nicht vor Google,
Angst haben die anderen. Nicht vor Google,
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und Dumpingangeboten alle
und Dumpingangeboten alle
anderen Yogalehrer vom Markt“.
anderen Yogalehrer vom Markt“.
Tatsächlich unterbietet Bretz die gängigen
Tatsächlich unterbietet Bretz die gängigen
Preise. Er beschäftigt rund 200 fest angestellte
Preise. Er beschäftigt rund 200 fest angestellte
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im Monat, zweimal täglich Essen, einen Schlafplatz.
im Monat, zweimal täglich Essen, einen Schlafplatz.
Für Teamleiter legt Bretz noch 30 Euro
Für Teamleiter legt Bretz noch 30 Euro
drauf. Ausbeutung, sagen Arbeitsrechtler. Beträgt
drauf. [[Ausbeutung]], sagen Arbeitsrechtler. Beträgt
ein Gehalt weniger als zwei Drittel des üblichen
ein Gehalt weniger als zwei Drittel des üblichen
Tariflohns, spricht das Bundesarbeitsgericht
Tariflohns, spricht das Bundesarbeitsgericht
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Es gehe nicht darum, reich zu werden, sagt
Es gehe nicht darum, reich zu werden, sagt
Bretz. Nur groß.
Bretz. Nur groß.
Dass es ihm nicht ums Geld geht, sondern
 
darum, die Welt mit Yoga zu beglücken, glauben
Dass es ihm nicht ums [[Geld]] geht, sondern
darum, die [[Welt]] mit Yoga zu beglücken, glauben
selbst seine Kritiker: „Bretz ist ein sehr
selbst seine Kritiker: „Bretz ist ein sehr
cleverer Geschäftsmann“, sagt die bekannte  
cleverer Geschäftsmann“, sagt die bekannte  
Yoga-Autorin Anna Trökes.
Yoga-Autorin [[Anna Trökes]].
 
Trotzdem sei er, wie sie es ausdrückt,
Trotzdem sei er, wie sie es ausdrückt,
dem Yogagedanken tief
dem Yogagedanken tief
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Yoga“ investieren – sein System
Yoga“ investieren – sein System
ist zum Wachstum verdammt.
ist zum Wachstum verdammt.
Und weil Bretz findet, dass Yoga für jeden
Und weil Bretz findet, dass Yoga für jeden
gut ist, hat er sich für eine breite Zielgruppe
gut ist, hat er sich für eine breite Zielgruppe
entschieden. Durchtrainierte Großstädter sieht
entschieden. Durchtrainierte Großstädter sieht
man bei Yoga Vidya kaum. Dafür Hausfrauen
man bei Yoga Vidya kaum. Dafür Hausfrauen
aus Diepholz und Menschen mit Vorliebe für
aus [[Diepholz]] und Menschen mit Vorliebe für
bunte Stoffhosen und Wollsocken.
bunte Stoffhosen und Wollsocken.
Ansonsten – und das Problem haben viele,
Ansonsten – und das Problem haben viele,
die ihn kennen – sucht man vergeblich die
die ihn kennen – sucht man vergeblich die
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kontrolliert täglich die Unternehmenszahlen –
kontrolliert täglich die Unternehmenszahlen –
und glaubt doch fest, dass man ohnehin nichts
und glaubt doch fest, dass man ohnehin nichts
unter Kontrolle hat. Er ist der Tiere wegen Veganer
unter Kontrolle hat. Er ist der Tiere wegen [[Veganer]]
– und zu Gast auf dem Bad Meinberger
– und zu Gast auf dem Bad Meinberger
Schützenfest.
Schützenfest.
Yoga- statt Kurbetrieb
 
===Yoga- statt Kurbetrieb===
Seit Jahren lebt Bretz selbst in seinem Yogahochhaus.
Seit Jahren lebt Bretz selbst in seinem Yogahochhaus.
Verfügt über wenige Quadratmeter
Verfügt über wenige Quadratmeter
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und schlechten Handyempfang. Morgens um
und schlechten Handyempfang. Morgens um
halb sechs sitzt er auf dem schmalen Betonbalkon,
halb sechs sitzt er auf dem schmalen Betonbalkon,
macht Atem- und Yogaübungen. Drinnen
macht Atem- und [http://www.yoga-vidya.de/de/asana/ Yogaübungen]. Drinnen
hat er eine Kochnische und eine behindertengerechte
hat er eine Kochnische und eine behindertengerechte
Toilette – die stammt noch aus Kurklinikzeiten.
Toilette – die stammt noch aus Kurklinikzeiten.
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von Tausenden Kurgästen.
von Tausenden Kurgästen.
Dann kamen die Gesundheitsreformen und
Dann kamen die Gesundheitsreformen und
keine Gäste mehr. Vier von einst sechs Kliniken
keine Gäste mehr. Vier von einst sechs [[Klinik]]en
gingen pleite. Drei davon hat Bretz gekauft.
gingen pleite. Drei davon hat Bretz gekauft.
Auch weil der Bürgermeister des Städtchens
 
Auch weil der [[Bürgermeister]] des Städtchens
sich persönlich dafür eingesetzt hat. Der heißt
sich persönlich dafür eingesetzt hat. Der heißt
Eberhard Block und hat keine Zeit für Yoga, ist
[[Eberhard Block]] und hat keine Zeit für Yoga, ist
aber Vegetarier. 1000 Arbeitsplätze seien damals
aber [[Vegetarier]]. 1000 Arbeitsplätze seien damals
weggefallen, erzählt Block. Die kann
weggefallen, erzählt Block. Die kann
Bretz zwar nicht ersetzen, aber er bringt Menschen
Bretz zwar nicht ersetzen, aber er bringt Menschen
in die Stadt, die Geld ausgeben. Wer sich
in die Stadt, die Geld ausgeben. Wer sich
auf den „besonderen Bedarf“ der Yogis einstelle,
auf den „besonderen Bedarf“ der [[Yogi]]s einstelle,
sagt Block, könne gute Geschäfte machen.
sagt Block, könne gute Geschäfte machen.
Der Bioladen hat Anfang des Jahres seine Verkaufsfläche
Der Bioladen hat Anfang des Jahres seine Verkaufsfläche
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Sojaschnitzel.
Sojaschnitzel.
Trockenfrüchte. Die Buchhandlung
Trockenfrüchte. Die Buchhandlung
nebenan hat ihre Esoterikabteilung
nebenan hat ihre [[Esoterik]]abteilung
aufgestockt. Das Wollgeschäft
aufgestockt. Das Wollgeschäft
bietet Naturgarne an.
bietet [[Natur]]garne an.
 
Längst gibt es eine Bürgerinitiative:
Längst gibt es eine Bürgerinitiative:
„Yogastadt Bad Meinberg“.
„[[Yogastadt Bad Meinberg]]“.
Vergangenes Jahr benannte der Stadtrat
Vergangenes Jahr benannte der Stadtrat
die Straße, an der Bretz’ Zentrale liegt, in „Yogaweg“
die Straße, an der Bretz’ Zentrale liegt, in „[[Yogaweg]]“
um.
um.
Aber Bretz wäre nicht Bretz, wenn ihm das
Aber Bretz wäre nicht Bretz, wenn ihm das
reichen würde. So zählt der „Aufbau von Yogabibliotheken
reichen würde. So zählt der „Aufbau von Yogabibliotheken
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den erklärten Vereinszielen. Zuletzt hat er die
den erklärten Vereinszielen. Zuletzt hat er die
ehemalige Parkklinik der Stadt gekauft. Bei Yoga
ehemalige Parkklinik der Stadt gekauft. Bei Yoga
Vidya heißt sie „Projekt Shanti“. Dort sollen
Vidya heißt sie „[https://www.yoga-vidya.de/seminarhaus-shanti/seminarhaus/ Projekt Shanti]“. Dort sollen
sich künftig auch andere Seminaranbieter einmieten.
sich künftig auch andere Seminaranbieter einmieten.
Bretz träumt von einer „Yoga-Universität“.
Bretz träumt von einer „Yoga-Universität“.
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aus dem Unternehmen seiner Brüder. Egal, bei
aus dem Unternehmen seiner Brüder. Egal, bei
Yoga Vidya ist man zuversichtlich: Schließlich
Yoga Vidya ist man zuversichtlich: Schließlich
sei sogar Thomas D schon mal im „Shanti“ gewesen.
sei sogar Thomas D schon mal im „[[Shanti]]“ gewesen.
Zuversicht zählt ohnehin zu den Dingen,
Zuversicht zählt ohnehin zu den Dingen,
die man von Bretz lernen kann. Andere
die man von Bretz lernen kann. Andere
nennen es Größenwahn, Chuzpe, Mut oder Unternehmergeist.
nennen es [[Größenwahn]], [[Chuzpe]], [[Mut]] oder [[Unternehmergeist]].
Diesen Monat eröffnet er ein Yogahaus im
Diesen Monat eröffnet er ein [https://www.yoga-vidya.de/center/allgaeu/start/ Yogahaus im
Allgäu. 1 Million Euro hat Bretz in die Sache
Allgäu]. 1 Million Euro hat Bretz in die Sache
gesteckt. Ein weiteres an der Ostsee? Warum
gesteckt. Ein weiteres an der [[Ostsee]]? Warum
nicht? Dann hätte man alle Himmelsrichtungen
nicht? Dann hätte man alle Himmelsrichtungen
abgedeckt. Außerdem gebe es noch in gut
abgedeckt. Außerdem gebe es noch in gut
50 deutschen Städten Platz für weitere Yoga-
50 deutschen Städten Platz für weitere Yoga-
Vidya-Schulen. Dann sei Deutschland voll.
Vidya-Schulen. Dann sei [[Deutschland]] voll.
Erste Studios in den Niederlanden und der
Erste Studios in den [[Niederlande]]n und der
Schweiz stehen. Das restliche Europa soll folgen.
Schweiz stehen. Das restliche [[Europa]] soll folgen.
„Groß denken“, sagt Bretz „das habe ich
„Groß denken“, sagt Bretz „das habe ich
von meinem Vater gelernt.“
von meinem [[Vater]] gelernt.“
 
Wahrscheinlich besser, als er es je vorhatte.
Wahrscheinlich besser, als er es je vorhatte.
So gut, dass der Vater sagt, sein Sohn tue nun
So gut, dass der Vater sagt, sein Sohn tue nun
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hin und wieder unruhig werden: dieses „immer
hin und wieder unruhig werden: dieses „immer
mehr, immer größer“. So gut, dass ihn sein yogischer
mehr, immer größer“. So gut, dass ihn sein yogischer
Vollkommenheitsanspruch manchmal
[[Vollkommenheitsanspruch]] manchmal
selbst stresst. Sonntags geht Bretz jetzt wieder
selbst stresst. Sonntags geht Bretz jetzt wieder
in die Kirche. Zur Entspannung.
in die [[Kirche]]. Zur [[Entspannung]].


==Yoga-Business==
==Yoga-Business==
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Yoga-Industrieller. Er selbst sieht das anders.
Yoga-Industrieller. Er selbst sieht das anders.
Unternehmer werden wollte er nie. Nur glücklich.
Unternehmer werden wollte er nie. Nur glücklich.
==Quelle==
* [http://www.yoga-vidya.de/de/service/blog/wp-content/uploads/2013/08/impulse_epaper_08_2013.pdf Impulse Wirtschaftsmagazin, August 2013]
==Siehe auch==
* [[Sukadev Volker Bretz]]
* [[Yoga Vidya]]
* [[Sukadev Interview Yoga Zeit]]
* [[Sukadev Interview Zeitschrift Eve]]
==Weblinks==
* [https://www.yoga-vidya.de/ Offizielle Homepage von Yoga Vidya]
[[Kategorie:Yoga]]
[[Kategorie:Yoga Meister]]
[[Kategorie:Ashram]]
[[Kategorie:Biographie]]
[[Kategorie:Autor]]
[[Kategorie:Presse]]
[[Kategorie:Artikel über Sukadev]]

Version vom 11. August 2013, 15:37 Uhr

Artikel aus der Wirtschaftszeitschrift "Impulse" vom August 2013 über Sukadev Volker Bretz. Publiziert aus Anlass des 50. Geburtstags von Sukadev.

Alles ist erleuchtet

YOGA

Volker Bretz hätte die Sofafabrik seines Vaters übernehmen können. Doch er wollte nicht Unternehmer werden, sondern den Sinn des Lebens finden. Heute führt er die größte Yogakette Europas.

Das mit der Vision, so viel wird schnell klar, meint Volker Bretz ein wenig wörtlicher als andere. Bretz, schütteres Haar, pfälzischer Akzent, sitzt in seinem Büro und sichtet Excel- Tabellen: Übernachtungen pro Monat. Mitarbeiter pro Gast. Auslastung in Prozent. Jeden Tag prüft er die Zahlen, erstellt daraus Prognosen. Statistik habe er schon immer gemocht, sagt Bretz – und wenig später einen denkwürdigen Satz: „Ich habe den Meister gesehen.“

Der Meister, das ist Swami Sivananda, ein indischer Arzt, der einst eine nach ihm benannte Yogarichtung begründet hatte. Sivananda starb 1963. Bretz begegnete ihm 1992.

Man könne das nicht in Worte fassen, sagt Bretz. Es sei, nun ja – Bretz atmet schnappend ein, massiert seinen großen Zeh –, ein erweitertes Bewusstsein gewesen. In diesem hätte ihm der Meister, Bretz würde das jetzt anders formulieren, einen Businessplan diktiert. Erster Schritt: Yogaschule in Frankfurt eröffnen. Nach spätestens fünf Jahren: erstes Yogahaus. Später mehr davon. Außerdem: Yogastudios in jeder Stadt und Region Deutschlands. Die Sache musste groß werden.

Volker Bretz betreibt Europas größte Yogakette

Heute kontrolliert Bretz von seiner Zentrale aus, umgeben von Gummibäumen und Elefantengöttern, einen beachtlichen Teil des deutschen Yoga-Business: Knapp 100 Schulen unterrichten nach seinem Prinzip. Er hat die ehemalige Kurklinik des Städtchens Bad Meinberg zu einem Yogahotel umgebaut. Ashram nennt Bretz es. Morgens und abends besteigt er eine Bühne im Schwimmbad des Hauses, trommelt, singt und erzählt von Shiva oder Vishnu.

Deutschlandweit hat Bretz vier solcher Yogahäuser errichtet. Allein für das Hauptquartier in Bad Meinberg zählte er vergangenes Jahr 85 000 Übernachtungen. Mehr als 1000 Menschen gleichzeitig können hier Selbstfindungsseminare, Ayurvedakuren, Yogawochenenden und -ferien buchen – oder gleich für immer in eines der Plattenbau-Apartments ziehen. Ein Wochenende „Kantha Yoga für eine schöne Stimme“ ist inklusive Vollpension für 200 Euro zu haben, für die „Ayurvedische Verjüngungskur“ werden 800 Euro berechnet.

Volker Bretz hat es geschafft, aus einer indischen Philosophie ein deutsches Unternehmen zu machen. Yoga Vidya heißt sein Imperium. 2012 machte es knapp 10 Millionen Euro Umsatz – Tendenz steigend. Es ist das größte Yoga- Franchise in Europa und die Marke, unter der Bretz nicht nur seine Studios und Seminarhäuser betreibt, sondern auch von ihm verfasste Bücher, CDs und eine Kosmetikserie verkauft. Jedes Jahr bildet Bretz mehr als 1000 Yogafans zu Yogalehrern aus. Manche behaupten, er betreibe eine Yogalehrerfabrik.

Marke. Franchise. Fabrik! Bretz mag es nicht, wenn diese Begriffe im Zusammenhang mit Yoga Vidya fallen. Und überhaupt: Der Papst bezeichne sich doch auch nicht als Unternehmer, sagt Bretz. „Yoga, das ist was Spirituelles.“

In den USA hat sich jedoch längst ein eigener Industriezweig entwickelt: Der Yogahosenhersteller Lululemon ist ein börsennotierter Konzern mit Milliardenumsatz. Die Lifestyle-Firma Gaiam wächst mit DVDs und Online-Yoga zweistellig. 2012 gaben die Amerikaner fast 7 Milliarden Dollar für Yoga aus.

Hierzulande ist das Geschäft mit der Seelengymnastik weniger ausgereift: Auf der einen Seite stehen die Fitnessketten. Sie haben Geld und das betriebswirtschaftliche Know-how, aber außer ein paar Stunden im Kursprogramm kein Interesse an Yoga. Auf der anderen Seite gibt es diejenigen, die zwar Interesse haben, eine biegsame Wirbelsäule und ein gütiges Lächeln, aber sie haben...nun ja, eben nur das. Und es gibt Volker Bretz. Sohn des Sofafabrikanten Karl-Fritz Bretz aus dem rheinlandpfälzischen Gensingen.

Bretz, geboren am 3. Februar 1963, ist ein Junge mit wenigen Freunden und vielen Büchern. Er liest über Cäsar und Alexander den Großen. Dass sie mächtig, aber nie glücklich waren. Bretz ist weder das eine noch das andere. Statt mit den Brüdern im elterlichen Partykeller Mädchen zu beeindrucken, überspringt er eine Klasse, wird im Abitur Jahrgangsbester. Schnitt: 1,1. Leistungskurs: Mathematik. Weil der Vater sich ihn als Nachfolger wünscht, macht Bretz ein Praktikum in der elterlichen Sofafabrik. Er fühlt sich weit entfernt vom Glück.

Weil man es immer gebrauchen kann, studiert Bretz in München Betriebswirtschaft. Aber eigentlich interessieren ihn andere Dinge: An der Uni belegt er Psychologievorlesungen, besucht abends ein Astrologie-Institut und schließlich – eine Yogaschule. „Tiefes Berührtsein“ notiert er dazu in seinem Lebenslauf. Im Jahr darauf, 1981, zieht Bretz in der Yogaschule ein, schläft auf einer Isomatte im Übungsraum. Der Vater telefoniert nun regelmäßig mit dem Sektenbeauftragten der Kirche, fordert vom Bruder: „Du musst den Volker da loseisen!“

Wenig später wird Bretz zum Leiter des Münchener Yogazentrums ernannt. Man braucht einen, der was von Zahlen versteht. Im Jahr darauf schickt man ihn nach Wien. Dann Genf. Los Angeles, Paris, London, New York, Toronto. Volker Bretz, der etwas eigenbrötlerische Diplomkaufmann aus Deutschland, macht sich auf der ganzen Welt einen Namen, weil er die kurz vor der Pleite stehenden Yogaschulen auf Vordermann bringt. Bretz sagt: „Ich war so was wie die Feuerwehr.“

Knapp zehn Jahre geht das so. Bis zu jenem Tag im März 1992: „Vision Swami Sivanandas mit Berufung, Yogazentren in Deutschland zu eröffnen“, steht im Internet, wo Bretz – damit es jeder nachlesen kann – seine gesammelten Lebensdaten veröffentlicht hat. Derzeit baut er ein Yoga-Wikipedia auf. Vier seiner Angestellten arbeiten Vollzeit daran. Es solle „nicht so yogakritisch“ sein wie das richtige Wikipedia. Dort nämlich wurde vor einiger Zeit der Artikel über ihn gelöscht. Bretz habe ein „Selbstdarstellungsproblem“ und sei „als Yoga-Eintrag irrelevant“, heißt es in der dazugehörigen Diskussion. In Bretz’ eigenem Wiki finden sich unter seinem Namen nun 18 gedruckte Seiten. Er habe nichts zu verbergen, sagt Bretz. Aber etwas später muss er es doch loswerden: „Ich bin sicherlich der relevanteste Mensch in der Yogaszene in Deutschland.“

Der lohnende Teil des Yoga

Bretz’ Hochrechnungen zufolge üben mittlerweile eine halbe Million Deutsche nach seinem System. Das ist viel in einer Branche, die so verästelt ist, dass sich keiner traut, belastbare Zahlen zu erheben, und oft schon innerhalb eines Stadtviertels bis zu zehn verschiedene Stile unterrichtet werden. Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Yogatreibenden in den letzten Jahren deutschlandweit auf rund fünf Millionen verdoppelt hat. Bretz sagt: „Ich behaupte, dass die jetzige Yogawelle in Deutschland durch Yoga Vidya angestoßen wurde – und damit durch mich.“

Tatsache ist, dass Bretz einen recht effizienten Mechanismus entwickelt hat, um seine Anhängerschaft zu vergrößern: Bis heute hat Yoga Vidya über 10 000 Yogalehrer „zertifiziert“. Was für den Einzelnen nicht viel heißt, weil sich in Deutschland ohnehin jeder Yogalehrer nennen darf. Für Bretz aber bedeutet es, dass viele seiner Absolventen sich selbstständig machen und noch mehr Yoga-Vidya-Studios eröffnen. Bretz bekommt eine Umsatzbeteiligung, die Studiobetreiber einen Businessplan, eine Homepage und einen garantierten Abstand von mindestens 15 Kilometern zum nächsten Yoga Vidya Cooperations Center, wie Bretz seine Franchisenehmer nennt. Die meisten steigen später selbst in das Geschäft mit der Lehrerausbildung ein. Teile des Programms müssen in der Bad Meinberger Zentrale absolviert werden, was dort für steigende Übernachtungszahlen sorgt.

Dass dies der lohnende Teil des Yoga-Business ist, entdeckte Bretz Anfang der 90er-Jahre: Sein erstes Frankfurter „[[Yoga Center am Zoo]]“ lief schleppend. Bretz klebte Plakate, verteilte Handzettel, nichts half. In jener Zeit wollten die Deutschen an die Börse, nicht ins Yogastudio. Sein Erbteil aus der Sofafabrik war fast aufgebraucht, als Bretz feststellte, dass es Schüler gab, die lieber Lehrer sein wollten – und die richtigen Schlüsse zog. Wenige Monate später schrieb seine Yogaschule Gewinne. Eine gewöhnliche Yogastunde kostet zwischen 10 und 15 Euro. Eine Yogalehrerausbildung bei Yoga Vidya – je nach Dauer – zwischen 3000 und 7000 Euro. Vier Wochen dauert der kürzeste von Bretz entwickelte Kurs. Schon deshalb produziert Yoga Vidya wesentlich mehr Yogalehrer als andere Schulen, deren Ausbildungen oft über vier Jahre gehen. Was vor allem den alteingesessenen [[Bund Deutscher Yogalehrer]] ärgert. Eine Vierwochen-Ausbildung sei Schmalspur, findet dessen Chefin Angelika Beßler. „Die Leute haben dann ein Zertifikat und werden aufs Volk losgelassen.“ Bretz sagt: „Ich habe mein BWL-Grundstudium auch in nur einem Semester gemacht. Das hat mir nicht geschadet.“

So oder so. Der Verband weigert sich, mit Bretz zusammenzuarbeiten, weshalb der einfach seine eigene Interessenvertretung aufgemacht hat: den Berufsverband der Yoga Vidya Lehrer. Später gründete Bretz einen Verband der Yoga Vidya Gesundheitsberater, einen Verband der Yoga- und Ayurvedatherapeuten sowie zwei Über- und sechs Unterverbände dieser Verbände.

Das Prinzip „Viel hilft viel“ hat Bretz auch in eine effektive Onlinestrategie verwandelt: Unter seinem gelben Yogakittel trägt er stets ein winziges MP3-Aufnahmegerät samt Mikrofon. Wenn er ein Seminar oder einen Workshop gibt, und das ist mehrmals täglich, schneidet er seine Worte mit oder lässt sich per Video aufzeichnen. Dann stellt er alles ins Netz.

Insgesamt bespielt Yoga Vidya zehn Youtube- Kanäle und zwölf weitere bei ähnlichen Portalen. Hinzu kommen 15 Blogs, 26 Podcasts und ungefähr 70 Kanäle bei Twitter. Es gibt Sendungen zum richtigen Atmen, einen Videokochkurs für Veganer oder den Burn-out-Podcast. Bretz sagt: „Wir müssen keine Angst vor irgendwelchen Google-Algorithmen haben.“ Angst haben die anderen. Nicht vor Google, sondern vor Bretz. „Die Allgegenwart von Yoga Vidya“ erzeuge in ihm Unbehagen, schreibt der Kölner Yogalehrer Bernd Franzen in seinem Blog. Eine Nutzerin sagt: „Ich finde es beängstigend, wie Yoga Vidya sich ausbreitet.“ Die Leute dort verdrängten „mit ausgefeilten Marketingkonzepten und Dumpingangeboten alle anderen Yogalehrer vom Markt“.

Tatsächlich unterbietet Bretz die gängigen Preise. Er beschäftigt rund 200 fest angestellte Mitarbeiter. Die meisten leben und arbeiten in seinen Yogazentren. Sechs Tage die Woche. 42 Stunden. Dafür bekommen sie rund 300 Euro im Monat, zweimal täglich Essen, einen Schlafplatz. Für Teamleiter legt Bretz noch 30 Euro drauf. Ausbeutung, sagen Arbeitsrechtler. Beträgt ein Gehalt weniger als zwei Drittel des üblichen Tariflohns, spricht das Bundesarbeitsgericht von Sittenwidrigkeit und Lohnwucher. Nur: Was ist der übliche Tariflohn eines Yogis? Bretz sagt, dass wer in seinen Zentren lebe, zwar wenig Geld bekäme. „Aber jede Menge anderer Dinge.“ Persönliche Betreuung zum Beispiel. Wer mehr als drei Jahre angestellt ist, für den zahlt Bretz zusätzlich knapp 1500 Euro jährlich in eine Art betriebliche Altersvorsorge. Das Gros der Mitarbeiter bleibt ein halbes Jahr kürzer. Wer geht, bekommt ein Arbeitszeugnis. Es gehe nicht darum, reich zu werden, sagt Bretz. Nur groß.

Dass es ihm nicht ums Geld geht, sondern darum, die Welt mit Yoga zu beglücken, glauben selbst seine Kritiker: „Bretz ist ein sehr cleverer Geschäftsmann“, sagt die bekannte Yoga-Autorin Anna Trökes.

Trotzdem sei er, wie sie es ausdrückt, dem Yogagedanken tief verbunden. Deshalb hat Bretz Yoga Vidya auch als gemeinnützigen Verein organisiert. Laut Satzung muss er alle Gewinne wieder in die „Verbreitung des Yoga“ investieren – sein System ist zum Wachstum verdammt.

Und weil Bretz findet, dass Yoga für jeden gut ist, hat er sich für eine breite Zielgruppe entschieden. Durchtrainierte Großstädter sieht man bei Yoga Vidya kaum. Dafür Hausfrauen aus Diepholz und Menschen mit Vorliebe für bunte Stoffhosen und Wollsocken.

Ansonsten – und das Problem haben viele, die ihn kennen – sucht man vergeblich die Schublade, in die sich Bretz stecken lässt. Er ist zu erfolgreich für einen esoterischen Spinner. Zu ausgeglichen für einen Getriebenen. Er mag ein Selbstdarsteller sein – und bringt beim persönlichen Small Talk kaum ein Wort heraus. Er kontrolliert täglich die Unternehmenszahlen – und glaubt doch fest, dass man ohnehin nichts unter Kontrolle hat. Er ist der Tiere wegen Veganer – und zu Gast auf dem Bad Meinberger Schützenfest.

Yoga- statt Kurbetrieb

Seit Jahren lebt Bretz selbst in seinem Yogahochhaus. Verfügt über wenige Quadratmeter im siebten Stock, das vereinsübliche Gehalt und schlechten Handyempfang. Morgens um halb sechs sitzt er auf dem schmalen Betonbalkon, macht Atem- und Yogaübungen. Drinnen hat er eine Kochnische und eine behindertengerechte Toilette – die stammt noch aus Kurklinikzeiten. Schließlich lebte Bad Meinberg bis zur Jahrtausendwende von Tausenden Kurgästen. Dann kamen die Gesundheitsreformen und keine Gäste mehr. Vier von einst sechs Kliniken gingen pleite. Drei davon hat Bretz gekauft.

Auch weil der Bürgermeister des Städtchens sich persönlich dafür eingesetzt hat. Der heißt Eberhard Block und hat keine Zeit für Yoga, ist aber Vegetarier. 1000 Arbeitsplätze seien damals weggefallen, erzählt Block. Die kann Bretz zwar nicht ersetzen, aber er bringt Menschen in die Stadt, die Geld ausgeben. Wer sich auf den „besonderen Bedarf“ der Yogis einstelle, sagt Block, könne gute Geschäfte machen. Der Bioladen hat Anfang des Jahres seine Verkaufsfläche von 40 auf 120 Quadratmeter ausgedehnt. Sie habe sich spezialisiert, sagt die Inhaberin. Rohkostriegel. Sojaschnitzel. Trockenfrüchte. Die Buchhandlung nebenan hat ihre Esoterikabteilung aufgestockt. Das Wollgeschäft bietet Naturgarne an.

Längst gibt es eine Bürgerinitiative: „Yogastadt Bad Meinberg“. Vergangenes Jahr benannte der Stadtrat die Straße, an der Bretz’ Zentrale liegt, in „Yogaweg“ um.

Aber Bretz wäre nicht Bretz, wenn ihm das reichen würde. So zählt der „Aufbau von Yogabibliotheken sowie eines Yogamuseums“ zu den erklärten Vereinszielen. Zuletzt hat er die ehemalige Parkklinik der Stadt gekauft. Bei Yoga Vidya heißt sie „Projekt Shanti“. Dort sollen sich künftig auch andere Seminaranbieter einmieten. Bretz träumt von einer „Yoga-Universität“. Zurzeit stehen in den Räumen hauptsächlich einige sehr bunte, wenig benutzte Sofas aus dem Unternehmen seiner Brüder. Egal, bei Yoga Vidya ist man zuversichtlich: Schließlich sei sogar Thomas D schon mal im „Shanti“ gewesen. Zuversicht zählt ohnehin zu den Dingen, die man von Bretz lernen kann. Andere nennen es Größenwahn, Chuzpe, Mut oder Unternehmergeist. Diesen Monat eröffnet er ein [https://www.yoga-vidya.de/center/allgaeu/start/ Yogahaus im Allgäu]. 1 Million Euro hat Bretz in die Sache gesteckt. Ein weiteres an der Ostsee? Warum nicht? Dann hätte man alle Himmelsrichtungen abgedeckt. Außerdem gebe es noch in gut 50 deutschen Städten Platz für weitere Yoga- Vidya-Schulen. Dann sei Deutschland voll. Erste Studios in den Niederlanden und der Schweiz stehen. Das restliche Europa soll folgen. „Groß denken“, sagt Bretz „das habe ich von meinem Vater gelernt.“

Wahrscheinlich besser, als er es je vorhatte. So gut, dass der Vater sagt, sein Sohn tue nun genau das, was er nie gewollt habe: ein Unternehmen führen. So gut, dass seine Mitarbeiter hin und wieder unruhig werden: dieses „immer mehr, immer größer“. So gut, dass ihn sein yogischer Vollkommenheitsanspruch manchmal selbst stresst. Sonntags geht Bretz jetzt wieder in die Kirche. Zur Entspannung.

Yoga-Business

In Deutschland ist Yoga noch eine sehr mittelständische Branche – über die es kaum verlässliche Zahlen gibt. Schätzungen zufolge üben fünf Millionen Deutsche regelmäßig Yoga. Geld verdient wird hauptsächlich mit Zubehör wie Matten, Kleidung, DVDs oder auch dem bekannten Yogi-Tee. Studioketten etablieren sich erst allmählich. Mit seinen knapp 100 Yoga-Vidya-Filialen hat Volker Bretz sich jedenfalls einen komfortablen Vorsprung verschafft.

Satzung des Yoga Vidya e.V.

Die Mitglieder fühlen sich verpflichtet, den Menschen durch die Verbreitung des Yoga zu dienen

Yoga-City

Täglich leitet Volker Bretz einen Yogagottesdienst (o.). Samstags sitzen bis zu 400 Menschen auf dem zubetonierten Schwimmbecken der einstigen

Kurklinik (u. r.), in der striktes Alkoholverbot
herrscht. Getrunken wird heißes
Wasser, „Ayurvedawasser“ (u. l. ).


UNTERM STRICH

Volker Bretz ist mit knapp 10 Millionen Euro Umsatz Deutschlands größter Yoga-Industrieller. Er selbst sieht das anders. Unternehmer werden wollte er nie. Nur glücklich.

Quelle

Siehe auch

Weblinks