Sanskrit Kurs Lektion 59

Aus Yogawiki

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Der Partizip Präsens Passiv (2)

In Lektion 58 haben wir die Bildung und Verwendung des Partizip Präsens Passiv betrachtet. Der folgende Beispielvers enthält ein solches Partizip.

Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 83. Vers steht im Kontext der Meditation auf den inneren Ton (Nada).


अभ्यस्यमानो नादोऽयं बाह्यमावृणुते ध्वनिम् |
पक्षाद्विक्षेपमखिलं जित्वा योगी सुखी भवेत् || ४.८३ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
abhyasyamāno nādo’yaṃ bāhyam āvṛṇute dhvanim |
pakṣād vikṣepam akhilaṃ jitvā yogī sukhī bhavet || 4.83 ||


  • vereinfachte Transkription:
abhyasyamano nado'yam bahyam avrinute dhvanim |
pakshad vikshepam akhilam jitva yogi sukhi bhavet || 4.83 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
abhyasyamānaḥ : (wenn in der Meditation) gehört wird ("geübt werdend, sich wiederholend", abhi + as)
nādaḥ : (innere unangeschlagene) Klang (Nada, Nom. Sg. m.)
ayam : dieser (Ayam, Nom. Sg. m.)
bāhyam : die äußeren, Bahya, Akk. Sg. m.)
āvṛṇute : (dann) verdeckt er (ā + vṛ, Verb)
dhvanim : Geräusche, "den Ton", Dhvani, Akk. Sg. m.)
pakṣāt : nach 15 Tagen, einer Monatshälfte (Paksha, Abl. Sg. m.)
vikṣepam : Zerstreutheit (Vikshepa, Akk. Sg. m.)
akhilam : sämtliche (Akhila, Akk. Sg. m.)
jitvā : (auf diese Weise) überwunden ("besiegt") habend (ji, Verb)
yogī : der Yogin (Nom. Sg. m.)
sukhī : glücklich, glückselig (Sukhin, Nom. Sg. m.)
bhavet : wird (bhū, Verb)


  • Übersetzung:
Wenn dieser innere Klang (in der Meditation) geübt wird, dann verdeckt er die außeren Geräusche.
Nach 15 Tagen hat der Yogi (mit dieser Praxis) sämtliche Zerstreutheit überwunden und wird glückselig.


Erläuterungen

  • Das Partizip Präsens Passiv abhyasyamānaḥ bezieht sich auf das Substantiv nādaḥ und steht daher ebenfalls im Nominativ Singular Maskulinum. Dieses Partizip ist von der Verbalwurzel as "werfen" (4. bzw. Div Klasse) abgeleitet, die in Verbindung mit dem Verbalpräfix (Upasarga) abhi "wiederholen, üben" bedeutet.
  • Der Nominativ (Prathama) nādaḥ ist das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung āvṛṇute.
  • Das Demonstrativpronomen ayam bezieht sich ebenfalls auf das Substantiv nādaḥ und steht gleichfalls im Nominativ Singular Maskulinum.
  • Das Adjektiv bāhyam bezieht sich auf das Substantiv dhvanim und steht daher ebenfalls im Akkusativ Singular Maskulinum.
  • Die Verbform āvṛṇute ist die 3. Person Singular Indikativ (Präsens Medium bzw. Atmanepada) der Verbalwurzel vṛ "bedecken" (5. bzw. Su Klasse), die in Verbindung mit dem Verbalpräfix (Upasarga) ā "verdecken, verbergen, versperren" bedeutet.
  • Der Akkusativ (Dvitiya) dhvanim ist das logische Objekt der Verbalhandlung āvṛṇute.


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