Sanskrit Kurs Lektion 57

Aus Yogawiki

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Der Superlativ (2)

In Lektion 56 haben wir die Bildung und Verwendung des Superlativs betrachtet. Der folgende Beispielvers enthält einen Superlativ.


Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß (Chhandas) der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein im Versmaß Upajati abgefasster Vers aus dem vierten Kapitel (Upadesha), das der Praxis der Meditation und Versenkung (Samadhi) gewidmet ist. Der 66. Vers steht im Kontext der Meditation auf den inneren Ton (Nada).


श्रीआदिनाथेन सपादकोटिलयप्रकाराः कथिता जयन्ति |
नादानुसन्धानकमेकमेव मन्यामहे मुख्यतमं लयानाम् || ४.६६ ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
śrīādināthena sapādakoṭilayaprakārāḥ kathitā jayanti |
nādānusandhānakam ekam eva manyāmahe mukhyatamaṃ layānām || 4.66 ||


  • vereinfachte Transkription:
shriadinathena sapadakotilayaprakarah kathita jayanti |
nadanusandhanakam ekam eva manyamahe mukhyatamam layayanam || 4.66 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
śrī-ādi-nāthena : vom ehrwürdigen (Shri) Shiva, dem uranfänglichen Meister (Adinatha, Instr. Sg. m.)
sa-pāda-koṭi-laya-prakārāḥ : 12 500 000 ("eineinviertel 10 Millionen", SapadaKoti) Arten (Prakara, Nom. Pl. m.) (der) Auflösung (des Geistes, Laya)
kathitāḥ : die gelehrt wurden (Kathita, Nom. Pl. m.)
jayanti : sind erfolgreich ("siegen", ji, Verb)
nādānusandhānakam : die Konzentration (Anusandhanaka, Akk. Sg. n.) auf den inneren Klang (Nada)
ekam : allein, einzig (Eka, Akk. Sg. n.)
eva : nur, gewiss, wahrlich (Eva, Partikel)
manyāmahe : halten wir (man, Verb)
mukhya-tamam : für die allerbeste, vorzüglichste ("erste", Mukhyatama)
layānām : (aller Methoden zur) Auflösung (des Geistes, Laya, Gen. Pl. m.)


  • Übersetzung:
Der ehrwürdige uranfänglichen Meister hat 12 500 000 siegreiche Arten der Meditation (bzw. der "Auflösung des Geistes", Laya), gelehrt.
Wir halten nur eine, die Konzentration auf den inneren Klang (Nada), für die vorzüglichste aller Meditationspraktiken.


Erläuterungen

  • Der Instrumental (Tritiya) śrī-ādi-nāthena ist ein Kompositum (Samasa) vom Typ Tatpurusha und das logische Subjekt (Agens, Kartri) der Verbalhandlung kathitāḥ, die als PPP erscheint.
  • Der Nominativ (Prathama) sa-pāda-koṭi-laya-prakārāḥ ist ebenfalls ein Kompositum vom Typ Tatpurusha und das logische Objekt (Karman) der Verbalhandlung kathitāḥ innerhalb der passiven Konstruktion (Karmani Prayoga). Gleichzeitig ist es das logische Subjekt der Verbalhandlung jayanti. Das Zahlwort 12 500 000 wird im Sanskrit als "10 Millionen (Koti) mit einem (zusätzlichen) Viertel (davon, Sapada)" ausgedrückt.
  • Der Akkusativ (Dvitiya) nādānusandhānakam ist ein Kompositum vom Typ Tatpurusha und erstes logisches Objekt der Verbalhandlung manyāmahe.
  • Das Adjektiv ekam bezieht sich auf nādānusandhānakam und steht daher ebenfalls im Akkusativ Singular Neutrum.
  • Die Verbform manyāmahe ("wir meinen, halten für") ist die 1. Person Plural Indikativ (Atmanepada) der Gegenwart der Verbalwurzel (Dhatu) man "meinen, denken". In der Bedeutung "etwas für etwas halten" regiert sie zwei logische Objekte (nādānusandhānakam und mukhyatamam).
  • Der Superlativ mukhyatamam bezieht sich als Adjektiv auf nādānusandhānakam und steht daher ebenfalls im Akkusativ Singular Neutrum. Er ist zweites logisches Objekt der Verbalhandlung manyāmahe.
  • Der Genitiv (Shashthi) layānām bezieht sich syntaktisch auf den Superlativ mukhyatamam.
  • Sandhi: Im Kompositum śrī-ādināthena werden ausnahmsweise die beiden aufeinanderstoßenden Vokale ī und ā ohne Beachtung der Regeln des Sandhi unverändert aneinandergeschrieben. Normalerweise würde ī vor ā als der entsprechende Halbvokal (Antahstha) y geschrieben. Visarge entfällt vor folgendem stimmhaften Vokal: kathitāḥ wird vor j zu kathitā. Das auslautende bzw. anlautende kurze a von nāda und anusandhānakam verschmilzt zu einem langen ā im Kompositum nādānusandhānakam. Die Endung m von mukhyatamam geht vor folgendem Konsonanten (Vyanjana) in Anusvara () über, welcher wie m ausgesprochen wird.


Weblink

Hatha Yoga Pradipika 4.66

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