Shloka

Aus Yogawiki

Shloka (Sanskrit: श्लोक śloka m.) Vers; Name eines Metrums (Chhandas). Der Shloka (auch Anushtubh genannt) ist das beliebteste altindische Versmaß (Metrum). Große Teile der epischen Literatur (Ramayana und Mahabharata), aber auch der wissenschaftlichen Literatur (Shastra) sind im Versmaß des Shloka verfasst. Der Shloka hat seine Ursprünge in den vedischen Hymnen (Samhita), wobei er in seiner Form noch freier war. In späterer Zeit wurden die Möglichkeiten der Variation beschränkt.

Aufbau und Definition

Ein Shloka besteht aus 32 Silben (Akshara), die in vier Versviertel (Pada) zu je acht Silben aufgeteilt sind. Je zwei Versviertel ergeben einen Halbvers (durch einfachen und doppelten Danda gekennzeichnet: | und || am Ende eines Halbverses). Neben der Anzahl der Silben bestehen einige Einschränkungen bezüglich ihrer prosodischen Kürze bzw. Länge: man spricht von einer leichten (Laghu) bzw. kurzen (Hrasva) Silbe und von einer schweren (Guru) bzw. langen (Dirgha) Silbe.

Der folgende Merkvers (Karika), der selbst ein Shloka ist, definiert den Shloka hinsichtlich der Kürze und Länge der fünften, sechsten und siebenten Silbe eines Versviertels (Pada):


श्लोके षष्ठं गुरु ज्ञेयं सर्वत्र लघु पञ्चमम् |

द्विचतुष्पादयोर्ह्रस्वं सप्तमं दीर्घमन्ययोः ||


śloke ṣaṣṭhaṃ guru jñeyaṃ sarvatra laghu pañcamam |

dvi-catuṣ-pādayor hrasvaṃ saptamaṃ dīrgham anyayoḥ ||


Man muss wissen, dass im Shloka in allen Versvierteln (Pada) die sechste Silbe schwer (Guru) und die fünfte Silbe leicht (Laghu) ist. Im zweiten und vierten Versviertel ist die siebente Silbe kurz (Hrasva), in den beiden anderen (d.h. dem ersten und dritten Versviertel) ist sie lang (Dirgha).


Diese Definition betrifft die häufigste, auch als Pathya bekannte Form des Shloka. Darüber hinaus sind noch einige als Vipula bekannte Varianten in Gebrauch, die sich auf die prosodische Kürze bzw. Länge der fünften, sechsten und siebenten Silbe des ersten und dritten Versviertels beziehen.


Prosodische Kürze und Länge der Silben

Die richtige Unterteilung der Wörter in Silben (Akshara) ist Grundvoraussetzung für das Beherrschen der Metrik (Chhandas), welche auf einer genauen Unterscheidung von kurzer bzw. leichter und langer bzw. schwerer Silbe beruht. Hierzu ist es hilfreich, eine indische Schrift, etwa die Devanagari, lesen und schreiben zu können, da hier die gleichen Grundsätze der Silbentrennung bzw. -schreibung gelten.

Für die Bestimmung der Silbenlänge betrachtet man alle Silben innerhalb eines Versviertels (Pada) über die Grenzen der einzelnen Wörter hinaus, beim Shloka also als eine kontinuierliche Folge von acht Silben (x-x-x-x-x-x-x-x). Eine Silbe besteht:


  • aus einem einzelnen Vokal (nur am Anfang eines Versviertels möglich: V-, z.B. a- in a-tra)
  • aus einem Konsonant (oder mehreren Konsonanten), auf den/die ein Vokal folgt (sogenannte "offene Silbe": K-V oder K-K-V, z.B. ke oder ślo in ślo-ke)
  • aus einem Konsonant (oder mehreren Konsonanten), auf den/die ein Vokal und wiederum ein auslautender Konsonant folgt (sogenannte "geschlossene Silbe", nur am Ende eines Versviertels möglich: K-V-K oder K-K-V-K, bzw. wenn Anusvara oder Visarga folgt, z.B. -yaṃ in jñe-yaṃ oder -ntraḥ in ma-ntraḥ).


Das erste Versviertels des obigen Merkverses wird demnach wie folgt in Silben aufgeteilt, wobei alle außer die letzte Silbe auf einen Vokal enden:

ślo-ke ṣa-ṣṭhaṃ gu-ru jñe-yaṃ

Nun müssen diese acht Silben noch hinsichtlich ihrer Kürze bzw. Länge betrachtet werden:


  • Eine Silbe gilt als prosodisch kurz (Hrasva) bzw. leicht (Laghu = la bzw. υ), wenn sie auf einen kurzen Vokal (a, i, u, ṛ oder ḷ) endet und nicht von einer mit mehreren Konsonanten beginnenden Silbe (z.B. ṣṭh-, jñ-, pt-) gefolgt wird.
  • Eine Silbe gilt als prosodisch lang (Dirgha) bzw. schwer (Guru = ga bzw. –), wenn sie auf einen langen Vokal bzw. Diphthong (ā, ī, ū, ṝ, e, ai, o oder au) endet oder von einer mit mehreren Konsonanten beginnenden Silbe (z.B. ṣṭh-, jñ-, pt-) gefolgt wird . Außerdem ist jede geschlossene, d.h auf einen Konsonanten bzw. Anusvara oder Visarga endende Silbe am Ende eines Versviertels (Pada) lang (z.B. -mam in pa-ñca-mam).

Im Beispiel-Pada (ślo-ke ṣa-ṣṭhaṃ gu-ru jñe-yaṃ) gibt es daher nur eine kurze bzw. leichte (Laghu) Silbe, die Silbe gu-, alle übrigen Silben sind prosodisch lang bzw. schwer (Guru).


1 2 3 4 5 6 7 8
ślo ke ṣa ṣṭhaṃ gu ru jñe yaṃ
υ


1 2 3 4 5 6 7 8
sa rva tra la ghu pa ñca mam
υ υ υ υ


1 2 3 4 5 6 7 8
dvi ca tu ṣpā da yo rhra svaṃ
υ υ υ


1 2 3 4 5 6 7 8
sa pta maṃ rgha ma nya yoḥ
υ υ υ


Da im Shloka bis auf die Einschränkungen der Silbenlänge der fünften, sechsten und siebenten Silbe eine große Variationsbandbreite besteht, wird er nicht mit Hilfe der sogenannten Ganas definiert.