Fakire und Fakirtum im alten und neuen Indien
Fakire und Fakirtum im alten und neuen Indien ist ein Titel eines 1908 erschienen Buchs von Richard Schmidt. Im Buch Fakire und Fakirtum im alten und neuen Indien beschreibt Richard Schmidt verschiedene Asanas und Pranayamas, welche viele Menschen in Deutschland, darunter auch Gustav Meyrink, zur Yoga Praxis anleiteten.
Fakire und Fakirtum im alten und neuen Indien prägte auf lange Zeit die Vorstellung mit, dass Yogi und Fakir das gleiche sei... (Dabei kommt der Ausdruck Fakir aus dem Islam und bezieht sich auf einen Anhänger des islamischen Sufismus, also einen Derwisch).
Informationen über das Werk Fakire und Fakirtum im alten und neuen Indien
Auf dem Einband des Buches stand 1908:
Fakire Und Fakirtum Im Alten Und Modernen Indien; Yoga-Lehre Und Yoga-Praxis Nach Den Indischen Originalquellen, Dargestellt Von Richard Schmidt
Mit 87 erstmalig veröffentlichten Reproduktionen indischer Original-Aquarelle in fünffarbigem Steindruck und 2 Abbildungen.
Halle-S., 4. September 1907. Richard Schmidt.
Barsdorf Verlag, Berlin 1908, 229 Seiten
Vorwort
Das Buch Fakire und Fakirtum im alten und neuen Indien enthält folgendes Vorwort:
Vorliegendes Buch ist in Wahrheit nichts weiter als die
Objektivation des Willens meines Verlegers. Ich persönlich
stehe dem Fakirtum in Indien und seinen Derivaten in Europa
und Amerika so ablehnend wie möglich gegenüber, und nur die
Überzeugung, hier ein besonders rares Kapitel menschlicher
Narrheit vor mir zu haben, ließ mich auf dies Gebiet mich begeben
, um wenigstens die größten Tollkirschen zu pflücken.
Liegt es an der Wunderlichkeit der Yogins, daß man sich so
wenig mit ihnen ernstlich beschäftigt hat? Soeben habe ich den
ersten Teil von Oltramares Werk über die indische Theosophie
zu Gesicht bekommen (Annales du Musee Guimet; Bibliotheque
d'Etudes, Tom. XXIII), die erste wissenschaftliche, zusammenfassende
Arbeit über unsern Gegenstand! Sehen wir von kurzen
Darstellungen in Form von Einleitungen zu indischen Textausgaben
oder zu Übersetzungen solcher ab, so bleiben nur die
Arbeiten Garbes und das recht interessante Werk von Oman,
The Mystics, Ascetics and Saints of India. A Study of Sadhuism,
with an Account, of the Yogis, Sanyasis, Bairagis, and other
stränge Hindu Sectarians . . . London 1903. Da ich gänzlich
darauf verzichten mußte, eigene genauere Untersuchungen über
den Stoff anzustellen, und nur ein für das den rebus Indicis
fernstehende Publikum berechnetes Buch schreiben sollte, habe
ich Omans Ausführungen oft wortgetreu übersetzt und bekenne
gern, ihm sehr viel zu verdanken; und da ich einmal von Verpflichtungen
rede, kann ich nicht umhin, auch öffentlich der
großen Liebenswürdigkeit zu gedenken, mit der mich Prof. Dr.
Garbe unterstützt hat. Nur so ist es möglich geworden, meinem
Buche die 74 Abbildungen (87 mit den Doppelbildern) beizufügen
, die nach den in seinem Besitz befindlichen, ein Unikum
darstellenden Originalillustrationen zur Gheranda Samhita, einem
Hauptwerke über die Yogins, reproduziert sind. In Benares 1886
von ihm erworben, sind diese von einem Yogin angefertigten
Aquarelle, die hier in getreuem Steindruck vorliegen, für das
Verständnis des Textes von großer Wichtigkeit; ihre Seltenheit
aber ist nur dazu angetan, ihren Wert noch zu erhöhen.
Außerdem verdanke ich Herrn Prof. Garbe auch noch die Benutzung
von Walters grundlegender Arbeit über den Hatha Yoga,
indem er mir sein Exemplar dieses gänzlich vergriffenen
Buches für längere Zeit zur Verfügung gestellt hat.
Meine Hauptarbeit und, wenn man will, mein Verdienst
besteht in der Übersetzung der Gheranda Samhita in allen ihren
wichtigen Stücken. Nachdem der eben genannte Walter die
HathayogafraM-pikä in seiner Dissertation übertragen hatte,
schien es mir förderlich zu sein, dem des Sanskrit unkundigen
Leser auch einen neuen Text zu bieten, der gewiß geeignet ist,
unsere Kenntnis vom Wesen des Yoga zu vertiefen. Ich denke
sicherlich sehr nüchtern über all jene Fakirkünste, die imstande
sein sollen, dem Adepten übernatürliche Kräfte zu verleihen,
und ich sehe in den allermeisten Yogins Tagediebe und Schwindler
- aber ich verkenne auch durchaus nicht, daß die Yoga -Lehre
und Yoga-Praxis die Aufmerksamkeit auch noch anderer Forscher als bloß der Sanskritisten verdient. In so bizarrer Form auch immer jene Weisheit geboten wird, und mit wie lächerlicher Prätension ihre Bekenner sich gehaben mögen: es steckt doch ein Kern darin, um dessentwillen der Erforscher der Geschichte des Menschlichen und Allzumenschlichen willig die harte Nuß der Verschrobenheit knacken wird. Für die Geschichte der Hypnose z. B., der Autosuggestion und ähnlicher moderner Praktiken ist die Kenntnis des Yoga unentbehrlich; und wer erkennt nicht in so manchen Satzungen der Yogins solche, die unseren Hygienikern wieder geläufig sind? So vermag selbst eine so abstruse Lehre wie die des Yoga die interessantesten Streiflichter auf unsere Zeit zu werfen; ein Nutzen, den ich ganz besonders betonen möchte. Wollen moderne Schwarmgeister ihre Blöße mit altindischen Lumpen decken, so mag ihnen dies Vergnügen gegönnt sein. Sie beweisen aber damit, daß die indische Gans doch noch klüger ist als sie, die es bekanntlich versteht, aus einem Gemisch von Milch und Wasser die Milch herauszufinden!
Als neueste Arbeit über die Fakire möchte ich in diesem Zusammenhange noch die beiden Artikel von Gustav Meyrink im „März", I, 8 und 16 nennen, weil ihr Verfasser in erfreulicher Weise gegen den Unfug des dermaligen Okkultismus Front macht. Man vergleiche dazu seine Bemerkung p. 270, es sei „ein Kubikkilometer faules Manna in Form theosophischer Litteratur vom Himmel gefallen"; oder die von p. 271: „Alle Augenblicke taucht inner- oder außerhalb der theosophischen, „talmi-rosenkreuzerischen" und anderen okkulten Brüderschaften ein neuer Fatzke auf und gibt sich für einen Initiierten aus, der im „Astralreich " lesen kann und Übungen zum Erwecken magischer Fähigkeiten zu vergeben hat. Der wahre Guru, der gemeint ist, kann nun aber kein gewöhnlicher Mensch, der ißt, trinkt und verdaut und einen Beruf hat, sein, etwa der Herr Emil Kulike aus Kyritz an der Knatter oder sonstwer, — es ist darunter vielmehr ein ganz anderer zu verstehen ..." Ohne mich nun näher auf Meyrinks Ausführungen einzulassen, möchte ich doch ein paar Einzelheiten zur Sprache bringen. Die auch in effigie vorgeführten Inder unserer Zeit, Bhaskarananda und Ramakrishna Paramahamsa sind gar keine Yogins, sondern gehören dem vierten Lebensstadium, dem Stande der Sannyasins an; Meyrink betont selbst, daß der erstere den Vedanta studiert habe, aber nicht den Yoga. Ob M. Sanskrit versteht, weiß ich nicht — die schlecht transkribierten Textstellenx) Adicete Veikountam Haris und Dioyavapour gatwä (statt adhisete Vaikuntham Haris und Yogavapur gatvä) sprechen nicht dafür — jedenfalls hätte er sich aus den Übersetzungen der einschlägigen Sanskritliteratur leicht überzeugen können, daß die verschiedenen Posituren, Mudräs usw. keineswegs Wirkungen sind, wie er p. 271 meint, sondern Bestandteile eines für die höheren Stufen unerläßlichen Training. Auch die Berufung auf Jacolliot ist ein Mißgriff: dieser Mann ist längst als „notorischer Schwindler" anerkannt. Aber wie gesagt: mir gefällt Meyrinks Zorn über die modernen Auswüchse der Theosophie und des Okkultismus. Ignorabimus!
Siehe auch
Weblinks
- Das ganze Buch findest du auf den Seiten der Uni Heidelberg als PDF Datei