Boris Sacharow
Boris Sacharow, 1899-1959, war einer der der Pioniere des Yoga in Deutschland. Er war Autor von mehreren Yoga Büchern, in denen er sowohl Yoga Übungen anleitete als auch die Philosophie des Yoga vermittelte. Boris Sacharow gründete in Berlin eine [Yogaschule], welche von seinem Schüler Sigmund Feuerabendt als „Erste Deutsche Yogaschule“ bezeichnet wird.
Boris Sacharow bezieht sich in seinem Büchern immer wieder auf Swami Sivananda aus Rishikesh, dessen Bücher er gründlich studierte und mit dem er im lebendigen Briefverkehr stand. Nach dem zweiten Weltkrieg ließ sich Boris Sacharow in Bayreuth nieder, wo er in einer eigenen Yogaschule sowie in Volkshochschulen Yoga unterrichtete.
Leben von Boris Sacharow
Kindheit und Jugend
Boris Sacharow wurde am 12. Dezember 1899 in Zhemerinka (Ukraine, damals Russland) geboren. Er war Sohn des Medizinprofessors Dr. Leo Sacharow. 1917 absolvierte er das Abitur in St. Petersburg. Nach Ausbruch der Revolution zog er nach Odessa und studierte dort Elektrotechnik. Gleichzeitig begann er mit dem Studium indischer Philosophie und Sanskrit, das er recht gut beherrschen lernte. Damals begann er auch mit der Übung von Yoga. 1919 wurden seine Eltern ermordet und die Familie zwangsenteignet.
Boris Sacharow in Berlin
Nach mehreren erfolglosen Versuchen gelang es Boris Sacharow 1926 nach Berlin zu entkommen. An der TU Berlin studierte er Elektrotechnik. Er verdiente seinen Lebensunterhalt als Sprachlehrer für Russisch, Französisch und Englisch sowie als Taxifahrer. Er lernte weitere indischen Sprachen und studierte Astrologie. Schon 1926 gab Boris Sacharow Yogastunden in Berlin. 1926 soll der Komponist Siegfried Wagner zwei Wochen zu Boris Sacharow nach Berlin gekommen sein, um dort Yoga zu üben. Da seine Ehefrau Winfried Wagner dies jedoch missbilligte, hörte Siegfried Wagner nach einer Weile wieder mit seiner Yoga Übung auf.
Boris Sacharow in Bulgarien
In den 1930er Jahren reiste Boris Sacharow auch nach Bulgarien und verbreitete dort Yoga. Er wurde dort unter den Namen Boris Arov bzw. Sakharow bekannt.
Boris Sacharow als Schüler von Swami Sivananda
Boris Sacharow stand in Kontakt zu Swami Sivananda aus Rishikesh. Er studierte Swami Sivanandas Bücher ebenso wie die klassischen indischen Hatha Yoga Schriften wie die Gherandha Samhita. Boris Sacharow korrespondierte mit Swami Sivananda per Brief. Sigmund Feuerabendt behauptet gar, dass Boris Sacharow Swami Sivananda persönlich in Europa (Brüssel oder Amsterdam) getroffen habe - dies ist jedoch unwahrscheinlich, da eine Europareise von Swami Sivananda nicht bekannt ist.
Erste Yogaschule in Berlin 1937
1937 gründete Boris Sacharow in Berlin-Schöneberg sein Yogazentrum, das er später „Yogaschule für Indische Körperertüchtigung“ nannte. Dies war die erste Yogaschule in Deutschland, die auch eine gewisse Dauer hatte. In dieser Yogaschule hatte Boris Sacharow etwa 100 Schüler, die zwischen 40-70 Jahre alt waren. Boris Sacharow unterrichtete aber nicht nur in dieser Yogaschule sondern auch in verschiedenen Einrichtungen der Stadt. In dieser Zeit nahm auch Sigmund Feuerabendt an Yogaunterricht in Boris Sacharows Yogaschule, die in seine Privatwohnung integriert war.
Yoga Lehrtätigkeit in ganz Deutschland 1940-1945
Boris Sacharow verschickte auch Lehrbriefe und gab zahlreichen Schülern Fernunterricht. 1940-1945 lehrte er in 50 verschiedenen Städten.
1943 wurde die Wohnung von Boris Sacharow ausgebombt. Auch eine neu angemietete Wohnung wurde später wieder ausgebombt.
Boris Sacharow und die Nationalsozialisten
Boris Sacharow war kein Nazi, kein NSDAP Mitglied, und es gibt auch keine rassistischen oder antisemitischen Teile in seinen Büchern. Vermutlich fiel ihm das als Exilrusse nicht schwer... Im Gegensatz zu anderen durch die Nazis verfolgten Yogalehrenden wie Max Moecke gelang es ihm aber, auch im Dritten Reich den Lehrbetrieb der Yogaschule sowie seine Vortragstätigkeit in öffentlichen Institutionen wie z.B. die Lessinghochschule aufrecht zu erhalten. Er schrieb später dazu: „Irgendwie konnte ich die Autoritäten vom wissenschaftlichen Charakter (der Übungen) überzeugen“.
Boris Sacharow in der BRD 1945-1959
1945 floh Boris Sacharow nach Karlsbad, dann nach Bayreuth, wohin er ja durch den Kontakt mit Siegfried Wagner schon eine Verbindung hatte. Er arbeitete als Übersetzer für die amerikanischen Streitkräfte sowie als Gerichtsdolmetscher. Boris Sacharow gründete eine Yogaschule in Nürnberg und gab Yogakurse in verschiedenen Volkshochschulen. In den 1950er Jahren erschienen auch die verschiedenen Bücher von Boris Sacharow, die großen Einfluss hatten auf den Yoga der Nachkriegszeit. Boris Sacharow stand in Austausch, wenn auch kritischem Austausch, mit anderen Yogalehrern der Nachkriegszeit wie Hans-Ulrich Rieker und Otto Albert Isbert.
Am 6. Oktober 1959 kam Boris Sacharow auf einem Autounfall ums Leben, seine Frau wurde schwer verletzt, überlebte aber.
Werke von Boris Sacharow
Boris Sacharow schrieb in der Nachkriegszeit einige Yogabücher, deren Stil und Tonfall bestimmend werden sollten für den nach dem Krieg sich neu entwickelnden Yoga. Waren in der Weimarer Republik die meisten Yogalehrer wie Peryt Shou oder Max Moecke gleichzeitig auch verbunden mit der Neugeistbewegung oder mit Okkultismus, und wurde Yoga meist unterrichtet im Kontext dieser Richtungen, formierte sich Yoga nach dem zweiten Weltkrieg neu. Diejenigen, die Yoga mit Okkultismus verbunden hatten, waren entweder diskreditiert, weil sie mit den Nazis mindestens sympathisiert hatten oder von den Nazi verfolgt (wie Karl-Otto Schmidt) und umgebracht worden waren (wie Max Moecke) - oder beides.
Boris Sacharow lehrte den Yoga aus den indischen Urtexten bzw. in Anlehnung an die indischen Yoga Meister und versuchte den Yoga in eine Sprache zu bringen, die auch einem wissenschaftlich orientierten Westler verstehbar erschienen. Vielleicht fiel ihm das schon deshalb leicht, weil er das auch schon unter den Nazis so gehalten hatte.
Die wichtigsten Veröffentlichngen von Boris Sacharow:
- Indische Körperertüchtigung – in zwölf Lehrbriefen war die Buchform von Lehrbriefen, die Sacharow in den 1940er Jahren seinen Yogaschülern geschickt hatte
- Das Große Geheimnis, eine Übersetzung und Kommentar der Gheranda Samhita, eines Tantra Textes über Hatha Yoga
- Das Öffnen des Dritten Auges
- Yoga aus dem Urquell
- Kriya Yoga
Weiter geplante Veröffentlichung wie „Der kommende Prometheus“, „Yoga für Blinde“ und „Der Christliche Yoga“ konnten wegen dem Unfalltod von Boris Sacharow nicht erscheinen.
Bedeutung von Boris Sacharow
Boris Sacharow begründete die erste deutsche Yogaschule. Er begründete damit das Konzept, Yoga in einer Yogaschule in regelmäßig stattfindenden Yogakursen weiterzugeben. Einige Schüler von Boris Sacharow, z.B. Sigmund Feuerabendt, setzten das Werk später fort oder begründeten eigene Yogaschulen.
Boris Sacharow begründete einen neuen Stil des Yoga Unterrichts. Waren bis zum 2. Weltkrieg der Yoga Unterricht eng verbunden mit Okkultismus und Neugeistbewegung und meist verbunden mit Seminaren/Unterricht dieser Disziplinen, lehrte Boris Sacharow Yoga aus sich heraus. In seinen Werken ist deshalb auch eine weniger blumige Sprache. Dabei war Boris Sacharow nicht nur an den gesundheitlichen Wirkungen interessiert. Er interpretierte den Hatha Yoga auch auf der Basis von Tantra und Kundalini Yoga und lehrte Yoga nicht nur für Gesundheit und Körperbeherrschung sondern auch für mehr Energie im Alltag sowie spirituelle Entwicklung.
Auch der Gründer von Yoga Vidya, Sukadev Volker Bretz, erhielt entscheidende Impulse aus den Werken von Boris Sacharow, die er 1980-1982 mit großem Eifer studierte. Das Sacharowsche Verständnis des Hatha Yoga prägte das Verständnis von Sukadev entscheidend mit, auch weil Sacharow neben André van Lysebeth Anfang der 1980er Jahre der einzige westliche Schüler von Swami Sivananda war, dessen Werke auf Deutsch erhältlich waren.
Leider gelang es Boris Sacharow nicht, mit anderen Yogalehrenden der Nachkriegszeit konstruktive Kontakte herzustellen. So steht Boris Sacharow auch dafür, dass diverse eigenständige Richtungen sich in Deutschland entwickelten.
Zitat von Boris Sacharow
- "„Von Tag zu Tag schießen neue Yogapilze aus dem durch üppige Phantasie übersättigten Boden der Orientalistik, und es werden neue Namen zutage gefördert wie Sattva Yoga, Buddhi Yoga, Purna Yoga usw. – als ob die klassischen Yoga Arten, wie man die ersten fünf zu nennen pflegt (nämlich Karma, Bhakti, Hatha, Raja und Jnana), nicht vollauf genügt hätten.“
Quellen
- [1]
- Mathias Tietke: Yoga im ..., Kiel 2011
- Mündliche Gespräche mit Sigmund Feuerabendt