Eine kurze Geschichte des religiösen und philosophischen Denkens in Indien - Kapitel I - Die Veden: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Die Veden und ihre Klassifizierung ===
=== Die Veden und ihre Klassifizierung ===


Für Historiker der Philosophie und Religion Indiens ist es üblich, ihre Studien mit dem Rig-Veda zu beginnen, der als der älteste heilige Text der alten indischen Kultur gilt. Das Studium der Veden bildet in der Regel den Anfang einer fortgeschrittenen Beschäftigung mit der  
Für Historiker der [[Philosophie]] und [[Religion]] Indiens ist es üblich, ihre Studien mit dem [[Rig Veda]] zu beginnen, der als der älteste heilige Text der alten indischen Kultur gilt. Das Studium der [[Veden]] bildet in der Regel den Anfang einer fortgeschrittenen Beschäftigung mit der philosophischen und religiösen Literatur Indiens. Der Rig Veda ist ein Buch mit metrischen Hymnen und ist in zehn Teile unterteilt, die Mandalas genannt werden. Eine weitere Unterteilung des Buches ist in acht Abschnitte, die Ashtakas genannt werden. Die Hymnen des Rig-Veda, [[Mantras]] genannt, sind kraftvoll konstruierte Gedichte mit einer erstaunlichen Kraft des Rhythmus, Spontaneität und Erhabenheit der Wirkung und aufgeladen mit seelenvoller Inspiration, gewöhnlich mit vier Füßen des Metrums, in das jedes Gedicht gegossen ist. Das Gedicht ist von großer Bedeutung und Kraft durchdrungen, die sich bei richtiger [[Rezitation]] für oder gegen ein beliebiges Ziel im Diesseits oder Jenseits richten kann. Die Hymne hat die Kraft, denjenigen zu beschützen (trayate), der über sie kontempliert (mananat), daher der Name Mantra. Die Mantras der Veden dienen dazu, die [[Gottheit]]en anzurufen, an die sie gerichtet sind, und die Kraft der Gottheiten für die Ausführung eines Ideals zu beschwören. Sie sind das Mittel zur Verbindung mit den Bewohnern der himmlischen Welt und den Gottheiten, die immanent über die verschiedenen Daseinsebenen wachen und dort verschiedene Funktionen ausüben. Es gibt auch Mantras zur Verherrlichung des Universellen Wesens oder des Absoluten.
philosophischen und religiösen Literatur Indiens. Der RigVeda ist ein Buch mit metrischen Hymnen und ist in zehn Teile unterteilt, die Mandalas genannt werden. Eine weitere Unterteilung des Buches ist in acht Abschnitte, die Ashtakas genannt werden. Die Hymnen des Rig-Veda, Mantras genannt, sind kraftvoll konstruierte Gedichte mit einer erstaunlichen Kraft des Rhythmus, Spontaneität und Erhabenheit der Wirkung und aufgeladen mit seelenvoller Inspiration, gewöhnlich mit vier Füßen des Metrums, in das jedes Gedicht gegossen ist. Das Gedicht ist von großer Bedeutung und Kraft durchdrungen, die sich bei richtiger Rezitation für oder gegen ein beliebiges Ziel im Diesseits oder Jenseits richten kann. Die Hymne hat die Kraft, denjenigen zu beschützen (trayate), der über sie kontempliert (mananat), daher der Name Mantra. Die Mantras der Veden dienen dazu, die Gottheiten anzurufen, an die sie gerichtet sind, und die Kraft der Gottheiten für die Ausführung eines Ideals zu beschwören. Sie sind das Mittel zur Verbindung mit den Bewohnern der himmlischen Welt und den Gottheiten, die immanent über die verschiedenen  


Daseinsebenen wachen und dort verschiedene Funktionen ausüben. Es gibt auch Mantras zur Verherrlichung des Universellen Wesens oder des Absoluten.  
Die Veden werden in vier Gruppen eingeteilt, die Rig, Yajus, Sama und Atharva genannt werden. Der Rig-Veda befasst sich in erster Linie mit Panegyrik an die Götter im Himmel und ist das Hauptbuch der Mantras. Der [[Yajur Veda]] wird in die Krishna- (schwarze) und die Sukla- (weiße) Überlieferung unterteilt. Der Yajur Veda enthält hauptsächlich Opferformeln in Prosa und Versen, die bei der Durchführung eines Opfers gesungen werden. Der [[Sama Veda]] besteht hauptsächlich aus Versen des Rig-Veda, die für den Gesang während des Opfers vertont wurden. Der [[Atharva Veda]] enthält hauptsächlich Zaubersprüche und Beschwörungsformeln in Versen, die für verschiedene niedrigere Zwecke als die rein [[spirituell]]en bestimmt sind.  


 
Jeder Veda hat vier Abteilungen, die Samhita, Brahmana, Aranyaka und Upanishad genannt werden. Der Samhita-Teil der Veden enthält, wie bereits erwähnt, die Hymnen oder [[Gebet]]e, die den Gottheiten dargebracht werden. Die Brahmanas sind der rituelle Teil der Veden, in dem die Einzelheiten der Durchführung von Opfern beschrieben werden. Die berühmtesten und kostspieligsten dieser Opfer sind das Rajasuya, Asvamedha, Agnishtoma und Soma Yaga, die entweder für irdische Souveränität oder für himmlische Freude dargebracht werden. Es gibt viele kleinere Opfer, für deren Durchführung in den Brahmanas Anweisungen gegeben werden. Die Mantras der Samhitas sollen vor allem bei den Opfern rezitiert werden. Sie können jedoch auch als reine spirituelle Übungen in Gebet und [https://www.yoga-vidya.de/meditation/ Meditation] verwendet werden, ein Aspekt, der in einer Entwicklung betont wurde, die zur philosophischen Mystik der Upanishaden führte, wie wir später sehen werden.  
Die Veden werden in vier Gruppen eingeteilt, die Rik, Yajus, Saman und Atharva genannt werden. Der Rig-Veda befasst sich in erster Linie mit Panegyrik an die Götter im Himmel und ist das Hauptbuch der Mantras. Der YajurVeda wird in die Krishna- (schwarze) und die Sukla- (weiße) Überlieferung unterteilt. Der Yajur Veda enthält hauptsächlich Opferformeln in Prosa und Versen, die bei der Durchführung eines Opfers gesungen werden. Der Sama Veda besteht hauptsächlich aus Versen des Rig-Veda, die für den Gesang während des Opfers vertont wurden. Der Atharva Veda enthält hauptsächlich Zaubersprüche und Beschwörungsformeln in Versen, die für verschiedene niedrigere Zwecke als die rein spirituellen bestimmt sind.
 
 
Jeder Veda hat vier Abteilungen, die Samhita, Brahmana, Aranyaka und Upanishad genannt werden. Der Samhita-Teil der Veden enthält, wie bereits erwähnt, die Hymnen oder Gebete, die den Gottheiten dargebracht werden. Die Brahmanas sind der rituelle Teil der Veden, in dem die Einzelheiten der Durchführung von Opfern beschrieben werden. Die berühmtesten und kostspieligsten dieser Opfer sind das Rajasuya, Asvamedha, Agnishtoma und Soma Yaga, die entweder für irdische Souveränität oder für himmlische Freude dargebracht werden. Es gibt viele kleinere Opfer, für deren Durchführung in den Brahmanas Anweisungen gegeben werden. Die Mantras der Samhitas sollen vor allem bei den Opfern rezitiert werden. Sie können jedoch auch als reine spirituelle Übungen in Gebet und Meditation verwendet werden, ein Aspekt, der in einer Entwicklung betont wurde, die zur philosophischen Mystik der Upanishaden führte, wie wir später sehen werden.  


=== Das Thema der Veden ===
=== Das Thema der Veden ===


Die Veda-Mantras sind, wie bereits erwähnt, Lobpreisungen an die Gottheiten oder Devas, die als fähig angesehen werden, den Menschen jeglichen Segen zu gewähren. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Dichter der Samhitas die Existenz des Höchsten Wesens nicht kannten und dass die Götter der Veden nur kindische Personifikationen der Naturvorgänge sind, wie viele westliche Orientalisten zu glauben geneigt sind. Die VedaMantras sind nicht das unwissende Geschwätz unreifer Viehzüchter, die Hirtengesänge primitiver Gemüter, wie manche Historiker meinen. Bei der historischen Bewertung sollte die logische Grundlage des Prozesses, sei es des Denkens oder der Gesellschaft, nicht außer Acht gelassen werden. Die Tendenz, das Vielfältige als Ausdruck des Einen und das Eine als Offenbarung des Vielen zu betrachten, ist in den Hymnen des Rig-Veda unmissverständlich zu erkennen. Es stimmt, dass die Hauptgötter der Veden Indra, Varuna, Agni, Surya (Aditya oder Savitr), Soma, Yama, Vayu, Asvins, Brihaspati und Brahmanaspati sind; und ein korrektes Singen der Mantras, das die Macht der Gottheiten anruft, kann übernatürliche Ergebnisse und sogar ihre tatsächliche Materialisierung hier bewirken. Aber es ist leicht, in der Rig-Veda gleichzeitig die  
Die Veda-Mantras sind, wie bereits erwähnt, Lobpreisungen an die Gottheiten oder [[Deva]]s, die als fähig angesehen werden, den Menschen jeglichen [[Segen]] zu gewähren. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Dichter der Samhitas die Existenz des Höchsten Wesens nicht kannten und dass die Götter der Veden nur kindische Personifikationen der Naturvorgänge sind, wie viele westliche Orientalisten zu glauben geneigt sind. Die VedaMantras sind nicht das unwissende Geschwätz unreifer Viehzüchter, die Hirtengesänge primitiver Gemüter, wie manche Historiker meinen. Bei der historischen Bewertung sollte die logische Grundlage des Prozesses, sei es des Denkens oder der Gesellschaft, nicht außer Acht gelassen werden. Die Tendenz, das Vielfältige als Ausdruck des Einen und das Eine als Offenbarung des Vielen zu betrachten, ist in den Hymnen des Rig-Veda unmissverständlich zu erkennen. Es stimmt, dass die Hauptgötter der Veden Indra, Varuna, Agni, Surya (Aditya oder Savitr), Soma, Yama, Vayu, Asvins, Brihaspati und Brahmanaspati sind; und ein korrektes Singen der Mantras, das die Macht der Gottheiten anruft, kann übernatürliche Ergebnisse und sogar ihre tatsächliche Materialisierung hier bewirken. Aber es ist leicht, in der Rig-Veda gleichzeitig die  
Keimquellen der Konzepte von Vishnu, Rudra und Prajapati oder Hiranyagarbha als universelle göttliche Präsenzen und als die höchsten Götter des Kosmos zu entdecken. Wir müssen uns die Behandlung eines anderen, größeren Konzepts vorbehalten, nämlich des höchsten  
Keimquellen der Konzepte von Vishnu, Rudra und Prajapati oder Hiranyagarbha als universelle göttliche Präsenzen und als die höchsten Götter des Kosmos zu entdecken. Wir müssen uns die Behandlung eines anderen, größeren Konzepts vorbehalten, nämlich des höchsten  


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Die Nasadiya Sukta des Rig-Veda gibt zum ersten Mal einen Hinweis darauf, wie der Seher die Tiefen des Seins auslotet. Die verblüffende Vision des Transzendenten durch den Relativen ist das offensichtliche Thema dieser berühmten Hymne.
Die Nasadiya Sukta des Rig-Veda gibt zum ersten Mal einen Hinweis darauf, wie der Seher die Tiefen des Seins auslotet. Die verblüffende Vision des Transzendenten durch den Relativen ist das offensichtliche Thema dieser berühmten Hymne. Obwohl das Absolute das Sein über allem Sein ist, die Existenz jenseits aller möglichen Konzepte, wird es zu einem faszinierenden Etwas, über das nichts Bestimmtes gesagt werden kann und für das es keine Definition gibt, wenn es vom Individuum ins Auge gefasst wird. Die Wirklichkeit wird hier so dargestellt, dass sie weder als Existenz noch als Nichtexistenz bezeichnet werden kann, denn damals, vor der Manifestation des Himmels und der Erde, gab es keine Möglichkeit, sie wahrzunehmen. Es gab
 
gleichsam nur eine unbeschreibliche Stille, die tief in ihrem Inhalt war und sich jeder Annäherung durch irgendjemanden widersetzte. Es gab weder Tod noch Unsterblichkeit, denn es gab keine Differenziertheit
 
was auch immer. Natürlich gab es weder Tag noch Nacht. Es gab nur diese eine Gegenwart, die in aller Pracht und Herrlichkeit pulsierte, aber dem Auge, das sie erblicken möchte, als Dunkelheit erschien. Es gab nichts Zweites neben ihr; sie allein war es. Aus ihr ist diese Schöpfung entstanden. Aber wie das alles geschah, kann niemand sagen, denn alle kamen nach der Schöpfung. Dies ist der zentrale Punkt der Nasadiya-Hymne, deren Entwicklung zu den verschiedenen Verzweigungen des philosophischen und religiösen Denkens in den Upanishaden und der späteren klassischen etablierten Form der Religion führt. In einem berühmten Mantra erklärt der Rig-Veda, dass "die Existenz (oder Wirklichkeit) eine einzige ist, auch wenn die Weisen sie mit verschiedenen Beinamen wie Indra, Mitra, Varuna, Agni, Yama, Vayu bezeichnen", womit alle Götter in einem einzigen Wesen vereint werden.
 
 
Es gibt noch andere Suktas im Rig-Veda, die auf unterschiedliche Weise von großer Bedeutung sind. Die Asyavamasya Sukta hat eine sehr komplizierte Bedeutungsstruktur und weist auf bestimmte lebenswichtige Fragen der Schöpfung und des Aufbaus des Universums hin. Die Hiranyagarbha Sukta besingt die Entstehung des Universums aus dem kosmischen
Hiranyagarbha oder Prajapati (der später mit Brahma, dem Schöpfer, identifiziert wird). Die Aghamarshana Sukta bezieht sich auf den Zyklus der Schöpfung, ausgehend vom kosmischen Gleichgewicht am Anfang, in einer sich wiederholenden Weise, so dass sich die wesentlichen Merkmale der Schöpfung in jedem Zyklus wiederholen. Die
 
Vamadeva Sukta erwähnt die spirituelle Verwirklichung des Weisen Vamadeva, noch während er im Schoß seiner Mutter war, und seine Freudenrufe, als er die Freiheit von den Fesseln erlangte, die ihn an die Individualität banden. Der abschließende Teil des Rig- Veda ist ein ermutigender
Aufruf zur Einheit in Gedanken, Worten und
 
eine Botschaft, die für die heutige Menschheit von so großer Bedeutung ist.
 
 
Das Rudra Adhyaya oder das Satarudriya, eine Hymne des Yajur Veda, ist eine mitreißende Anrufung des Höchsten Wesens als Rudra-Siva, in der Er in allen sichtbaren und denkbaren Formen angesprochen wird. Der allmächtige Herr ist das Große und das Kleine, das Grobe und das Feinstoffliche, das Niedrige und das Hohe, das Ferne und das Nahe, das Sichtbare und das Unsichtbare, das, was ist und was nicht ist. Dies ist eine Anrede an Siva als das allumfassende Wesen, das bereit ist, Segnungen auf die Verehrer zu regnen, die sich nach seiner Gnade sehnen. Die Purusha Sukta und die Rudra Adhyaya werden auch heute noch während der Anbetung in den Tempeln Indiens gesungen, als Anrufungs- und Reinigungsprozess, um Weltsolidarität und Gemeinwohl zu erreichen. Der vedische, allmächtige Gott vereint in sich ästhetische Schönheit und Pracht, ethische Güte und Gesetz und spirituelle Realität und Vollkommenheit, alles in einem.
 
 
Das Gayatri-Mantra sucht in den Veden seinesgleichen, und es wird als ihr Saatwort betrachtet, das zusammen mit den drei Vyahritis (Bhuh, Bhuvah, Svah) laut Manu das "offene Sesam" für die universelle Manifestation zu Beginn der Zeit gewesen sein soll.
 
 





Version vom 15. August 2023, 15:41 Uhr

Swami Krishnanandas Füße - Puja zum 60. Geburtstag

Eine kurze Geschichte des religiösen und philosophischen Denkens in Indien - Kapitel I - Die Veden


Swami Krishnananda - Die Gesellschaft des Göttlichen Lebens, Sivananda Ashram, Rishikesh, Indien - Webseite: www.swami-krishnananda.org

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Die Veden

Die Veden und ihre Klassifizierung

Für Historiker der Philosophie und Religion Indiens ist es üblich, ihre Studien mit dem Rig Veda zu beginnen, der als der älteste heilige Text der alten indischen Kultur gilt. Das Studium der Veden bildet in der Regel den Anfang einer fortgeschrittenen Beschäftigung mit der philosophischen und religiösen Literatur Indiens. Der Rig Veda ist ein Buch mit metrischen Hymnen und ist in zehn Teile unterteilt, die Mandalas genannt werden. Eine weitere Unterteilung des Buches ist in acht Abschnitte, die Ashtakas genannt werden. Die Hymnen des Rig-Veda, Mantras genannt, sind kraftvoll konstruierte Gedichte mit einer erstaunlichen Kraft des Rhythmus, Spontaneität und Erhabenheit der Wirkung und aufgeladen mit seelenvoller Inspiration, gewöhnlich mit vier Füßen des Metrums, in das jedes Gedicht gegossen ist. Das Gedicht ist von großer Bedeutung und Kraft durchdrungen, die sich bei richtiger Rezitation für oder gegen ein beliebiges Ziel im Diesseits oder Jenseits richten kann. Die Hymne hat die Kraft, denjenigen zu beschützen (trayate), der über sie kontempliert (mananat), daher der Name Mantra. Die Mantras der Veden dienen dazu, die Gottheiten anzurufen, an die sie gerichtet sind, und die Kraft der Gottheiten für die Ausführung eines Ideals zu beschwören. Sie sind das Mittel zur Verbindung mit den Bewohnern der himmlischen Welt und den Gottheiten, die immanent über die verschiedenen Daseinsebenen wachen und dort verschiedene Funktionen ausüben. Es gibt auch Mantras zur Verherrlichung des Universellen Wesens oder des Absoluten.

Die Veden werden in vier Gruppen eingeteilt, die Rig, Yajus, Sama und Atharva genannt werden. Der Rig-Veda befasst sich in erster Linie mit Panegyrik an die Götter im Himmel und ist das Hauptbuch der Mantras. Der Yajur Veda wird in die Krishna- (schwarze) und die Sukla- (weiße) Überlieferung unterteilt. Der Yajur Veda enthält hauptsächlich Opferformeln in Prosa und Versen, die bei der Durchführung eines Opfers gesungen werden. Der Sama Veda besteht hauptsächlich aus Versen des Rig-Veda, die für den Gesang während des Opfers vertont wurden. Der Atharva Veda enthält hauptsächlich Zaubersprüche und Beschwörungsformeln in Versen, die für verschiedene niedrigere Zwecke als die rein spirituellen bestimmt sind.

Jeder Veda hat vier Abteilungen, die Samhita, Brahmana, Aranyaka und Upanishad genannt werden. Der Samhita-Teil der Veden enthält, wie bereits erwähnt, die Hymnen oder Gebete, die den Gottheiten dargebracht werden. Die Brahmanas sind der rituelle Teil der Veden, in dem die Einzelheiten der Durchführung von Opfern beschrieben werden. Die berühmtesten und kostspieligsten dieser Opfer sind das Rajasuya, Asvamedha, Agnishtoma und Soma Yaga, die entweder für irdische Souveränität oder für himmlische Freude dargebracht werden. Es gibt viele kleinere Opfer, für deren Durchführung in den Brahmanas Anweisungen gegeben werden. Die Mantras der Samhitas sollen vor allem bei den Opfern rezitiert werden. Sie können jedoch auch als reine spirituelle Übungen in Gebet und Meditation verwendet werden, ein Aspekt, der in einer Entwicklung betont wurde, die zur philosophischen Mystik der Upanishaden führte, wie wir später sehen werden.

Das Thema der Veden

Die Veda-Mantras sind, wie bereits erwähnt, Lobpreisungen an die Gottheiten oder Devas, die als fähig angesehen werden, den Menschen jeglichen Segen zu gewähren. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Dichter der Samhitas die Existenz des Höchsten Wesens nicht kannten und dass die Götter der Veden nur kindische Personifikationen der Naturvorgänge sind, wie viele westliche Orientalisten zu glauben geneigt sind. Die VedaMantras sind nicht das unwissende Geschwätz unreifer Viehzüchter, die Hirtengesänge primitiver Gemüter, wie manche Historiker meinen. Bei der historischen Bewertung sollte die logische Grundlage des Prozesses, sei es des Denkens oder der Gesellschaft, nicht außer Acht gelassen werden. Die Tendenz, das Vielfältige als Ausdruck des Einen und das Eine als Offenbarung des Vielen zu betrachten, ist in den Hymnen des Rig-Veda unmissverständlich zu erkennen. Es stimmt, dass die Hauptgötter der Veden Indra, Varuna, Agni, Surya (Aditya oder Savitr), Soma, Yama, Vayu, Asvins, Brihaspati und Brahmanaspati sind; und ein korrektes Singen der Mantras, das die Macht der Gottheiten anruft, kann übernatürliche Ergebnisse und sogar ihre tatsächliche Materialisierung hier bewirken. Aber es ist leicht, in der Rig-Veda gleichzeitig die Keimquellen der Konzepte von Vishnu, Rudra und Prajapati oder Hiranyagarbha als universelle göttliche Präsenzen und als die höchsten Götter des Kosmos zu entdecken. Wir müssen uns die Behandlung eines anderen, größeren Konzepts vorbehalten, nämlich des höchsten

Wesens, das in der Purusha Sukta und der Nasadiya Sukta zum Ausdruck kommt.


In der Purusha Sukta oder der Hymne der kosmischen Person finden wir die großartigste Beschreibung der

geistige Einheit des Kosmos. Hier wird vielleicht die früheste vollständige Darstellung der Natur der Wirklichkeit als sowohl immanent als auch transzendent gegeben. Der allumfassende Purusha, der alle Köpfe, alle Augen und alle Schenkel ist, umhüllt und durchdringt die Schöpfung von allen Seiten und steht als der glorreiche Unsterbliche über ihr. Der Purusha ist alles, was war, ist und sein wird. Das ganze Universum ist sozusagen ein kleiner Teil von Ihm, denn Er steht in Seiner unendlichen Herrlichkeit darüber. So ist der majestätische Purusha, der Gott aller Götter. Von Ihm geht der ursprüngliche schöpferische Wille aus (später mit Brahma, Hiranyagarbha oder Prajapati identifiziert), durch den dieses riesige Universum in Raum und Zeit projiziert wurde. Die Purusha Sukta verkündet ein für alle Mal die organische Untrennbarkeit der Bestandteile der Gesellschaft. Der vedische Seher liebte die Menschheit und die Schöpfung ebenso sehr wie Gott.


Die Nasadiya Sukta des Rig-Veda gibt zum ersten Mal einen Hinweis darauf, wie der Seher die Tiefen des Seins auslotet. Die verblüffende Vision des Transzendenten durch den Relativen ist das offensichtliche Thema dieser berühmten Hymne. Obwohl das Absolute das Sein über allem Sein ist, die Existenz jenseits aller möglichen Konzepte, wird es zu einem faszinierenden Etwas, über das nichts Bestimmtes gesagt werden kann und für das es keine Definition gibt, wenn es vom Individuum ins Auge gefasst wird. Die Wirklichkeit wird hier so dargestellt, dass sie weder als Existenz noch als Nichtexistenz bezeichnet werden kann, denn damals, vor der Manifestation des Himmels und der Erde, gab es keine Möglichkeit, sie wahrzunehmen. Es gab

gleichsam nur eine unbeschreibliche Stille, die tief in ihrem Inhalt war und sich jeder Annäherung durch irgendjemanden widersetzte. Es gab weder Tod noch Unsterblichkeit, denn es gab keine Differenziertheit

was auch immer. Natürlich gab es weder Tag noch Nacht. Es gab nur diese eine Gegenwart, die in aller Pracht und Herrlichkeit pulsierte, aber dem Auge, das sie erblicken möchte, als Dunkelheit erschien. Es gab nichts Zweites neben ihr; sie allein war es. Aus ihr ist diese Schöpfung entstanden. Aber wie das alles geschah, kann niemand sagen, denn alle kamen nach der Schöpfung. Dies ist der zentrale Punkt der Nasadiya-Hymne, deren Entwicklung zu den verschiedenen Verzweigungen des philosophischen und religiösen Denkens in den Upanishaden und der späteren klassischen etablierten Form der Religion führt. In einem berühmten Mantra erklärt der Rig-Veda, dass "die Existenz (oder Wirklichkeit) eine einzige ist, auch wenn die Weisen sie mit verschiedenen Beinamen wie Indra, Mitra, Varuna, Agni, Yama, Vayu bezeichnen", womit alle Götter in einem einzigen Wesen vereint werden.


Es gibt noch andere Suktas im Rig-Veda, die auf unterschiedliche Weise von großer Bedeutung sind. Die Asyavamasya Sukta hat eine sehr komplizierte Bedeutungsstruktur und weist auf bestimmte lebenswichtige Fragen der Schöpfung und des Aufbaus des Universums hin. Die Hiranyagarbha Sukta besingt die Entstehung des Universums aus dem kosmischen Hiranyagarbha oder Prajapati (der später mit Brahma, dem Schöpfer, identifiziert wird). Die Aghamarshana Sukta bezieht sich auf den Zyklus der Schöpfung, ausgehend vom kosmischen Gleichgewicht am Anfang, in einer sich wiederholenden Weise, so dass sich die wesentlichen Merkmale der Schöpfung in jedem Zyklus wiederholen. Die

Vamadeva Sukta erwähnt die spirituelle Verwirklichung des Weisen Vamadeva, noch während er im Schoß seiner Mutter war, und seine Freudenrufe, als er die Freiheit von den Fesseln erlangte, die ihn an die Individualität banden. Der abschließende Teil des Rig- Veda ist ein ermutigender Aufruf zur Einheit in Gedanken, Worten und

eine Botschaft, die für die heutige Menschheit von so großer Bedeutung ist.


Das Rudra Adhyaya oder das Satarudriya, eine Hymne des Yajur Veda, ist eine mitreißende Anrufung des Höchsten Wesens als Rudra-Siva, in der Er in allen sichtbaren und denkbaren Formen angesprochen wird. Der allmächtige Herr ist das Große und das Kleine, das Grobe und das Feinstoffliche, das Niedrige und das Hohe, das Ferne und das Nahe, das Sichtbare und das Unsichtbare, das, was ist und was nicht ist. Dies ist eine Anrede an Siva als das allumfassende Wesen, das bereit ist, Segnungen auf die Verehrer zu regnen, die sich nach seiner Gnade sehnen. Die Purusha Sukta und die Rudra Adhyaya werden auch heute noch während der Anbetung in den Tempeln Indiens gesungen, als Anrufungs- und Reinigungsprozess, um Weltsolidarität und Gemeinwohl zu erreichen. Der vedische, allmächtige Gott vereint in sich ästhetische Schönheit und Pracht, ethische Güte und Gesetz und spirituelle Realität und Vollkommenheit, alles in einem.


Das Gayatri-Mantra sucht in den Veden seinesgleichen, und es wird als ihr Saatwort betrachtet, das zusammen mit den drei Vyahritis (Bhuh, Bhuvah, Svah) laut Manu das "offene Sesam" für die universelle Manifestation zu Beginn der Zeit gewesen sein soll.



© Divine Life Society

Siehe auch


Literatur


Seminare

Spiritualität

30.06.2024 - 07.07.2024 Die Einzelberatung in der Psychologischen Yogatherapie
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14.07.2024 - 21.07.2024 Shivalaya Stille Retreat
Stille – Schweigen – Sein. In der Abgeschiedenheit des Shivalaya Retreatzentrums fühlst du dich dem Himmel ganz nah. Mit intensiver Meditations- und Yogapraxis findest du zu Ruhe, Entspannung und tie…
Swami Nirgunananda, Rukmini Keilbar