Mother Sita Devi Yogendra
„Mother“ Sita Devi Yogendra – Pionierin des Yoga für Frauen wurde 1912 geboren. 1927 heiratet sie Sri Yogendraji, den späteren Gründer des Yoga Instituts. Sie verließ am 10. April 2008 im hohen Alter von 97 ihren Körper.
Biografie über Mother Sita Devi Yogendra
von Hella Naura
Ein junges Mädchen voller Mut
Die Frau, die später von indischen wie von ausländischen Schülern und Schülerinnen allseits „Mother“ genannt werden sollte, kam am 1. Juni 1912 in der südindischen Stadt Bangalore, jetzt als IT-Zentrum weltbekannt, in einer Brahmanenfamilie zur Welt und wuchs im Schoß einer 20köpfigen Großfamilie auf. Als die kleine Sita Devi – benannt nach einer sehr leidensfähigen und schönen Göttin, zu der Zeit weit verbreitetes indisches Ideal einer Ehefrau – 15 Jahre alt war, galt sie nach der herrschenden Tradition als heiratsfähig. Sie wollte nicht heiraten, gehorchte aber ihren Eltern, sich Bewerber wenigstens anzusehen. Es stellten sich an die 50 junge Männer vor. „Ich kam mir vor wie im Zirkus“, sind Sita Devis eigene Worte. „Sie gaben alle so an und trugen an jedem Finger einen goldenen Ring.“ Dann brachte ein Freund des Hauses einen dreißigjährigen Mann aus dem nördlichen Staat Gujarat in die Familie. Der hatte Vorträge über Yoga im Leben der Gesellschaft gehalten und Sita Devis Vater hatte ihn gehört und sehr bewundert. Der Freund griff ein, nachdem er sich erst erkundigt hatte, ob der Vortragende Sannyasin, d.h. unverheiratet und von allen gesellschaftlichen Konventionen und Pflichten befreit, bleiben wolle oder aber Heiratsabsichten hätte. Als er vorgestellt wurde, schmolz Sita Devis Widerstand dahin. „Ich fand ihn so schön“, erzählte sie, „und er wusste so viel.“ Zu seinem zweiten Besuch brachte der Fremde ihr einen Apfel mit. Er schien ihn poliert zu haben, so sehr glänzte er. „Das rührte mich so. Und sein Gesicht glänzte auch.“ Die Ehe wurde vereinbart. „Er wollte aber ganz genau wissen, ob ich nur meinen Eltern gehorchte, oder ob ich gerade ihn zum Mann haben wollte. Ich war sehr schüchtern und wusste nicht, was ich sagen sollte. Aber er brachte mich zum Sprechen. Und ich sagte ihm, dass ich ihn wollte, und keinen der jungen Männer, die ich mir vorher angesehen hatte.“
Die Heirat der beiden galt als „reformiert“, denn sie entsprach nicht der Tradition. Diese sieht vor, dass Partner möglichst aus der gleichen „community“ stammen, die Kaste, Religion, Geburtsort, Beruf, Bräuche und anderes beinhaltet. Die Zugehörigkeit zu einer der vier indischen Hauptkasten stimmte zwar überein, beide gehörten der Brahmanenkaste an, doch in der Zugehörigkeit zu einer der insgesamt über tausend Unterkasten unterschieden sie sich. Doch die Persönlichkeit dieses Mannes, wenn er auch über obskure Dinge sprach, überzeugten schnell auch die Mutter und alle übrigen Familienmitglieder, die mitzureden hatten. Einige Tage nach der Eheschließung fuhr der jetzt Angetraute erst einmal allein wieder nach Bulsar im nördlichen Staate Gujarat, das etwa zwei Tage Bahnreise entfernt war. Seine Arbeit und die Notwendigkeit, Geld zu verdienen, riefen ihn. Außerdem war es Brauch, dass die junge Frau nicht sofort mit ihrem Mann ging, sondern sich erst einmal ihrer Familie entwöhnte. Auch lernte Sita Devi in dieser Zeit mehr Englisch von ihrem Vater, denn sie und ihr künftiger Mann sprachen zwei verschiedene indische Sprachen. Nach einem Monat kam der Angetraute zurück, und dieses Mal fuhren sie zu zweit gen Norden.
Der Erwählte
Wer war nun dieser hoch gewachsene Mann mit der besonderen Ausstrahlung, den Sita Devi vor allen anderen wollte, obgleich er gut fünfzehn Jahre älter war als sie? Sein Geburtsname war Manibhai Haribhai Desai, später wurde er als „Founder“, d.h. „Gründer“ angesprochen. Er kam am 18.11.1897 als Sohn eines Dorfschullehrers in Gujarat auf die Welt. Als er zwei Jahre alt war, starb seine Mutter an der Pest. Es war für alle ein hartes Leben in ziemlicher Armut mit einfachen kleinen Freuden. Mani wurde sehr früh selbständig und lernte ebenso viel vom Leben, der Natur und dem Vorbild seines Vaters wie in der Schule. Mit 11 Jahren kam er auf eine englischsprachige Schule, mit 14 Jahren erkrankte er an Typhus und kränkelte fortan. Doch ein Lehrer, dem der intelligente, sorgfältige und wissensdurstige Junge aufgefallen war, verschrieb ihm ein Ringer-Trainingsprogramm und verhalf ihm zu reichlicherer Nahrung. Als Ergebnis wurde Mani stark wie ein Stier. Mit 17 Jahren bestand er die Aufnahmeprüfung für ein Bombayer College. Doch im zweiten College-Jahr verlor er alles Interesse am Studium und wurde melancholisch. In dieser Verfassung wurde er am 26. August 1916 zu einer Versammlung mitgenommen, die einem der Heiligen Indiens galt. Es handelte sich um einen großen Yogi namens Paramahamsa Madhavadasaji, der zu jener Zeit schon etwa 117 Jahre alt war. Der Yogi hielt ausgerechnet den jungen Mani lange mit seinem Blick gefangen. Als Mani am nächsten Tag wieder kam, führte ihn der Yogi von der Menge weg, legte ihm die Hand auf den Kopf und versetzte ihn in einen glückselig-ekstatischen Zustand, der Mani eine neue, bis dahin nicht einmal erahnte Bewusstseinsebene eröffnete. Innerhalb einiger Tage entschloss sich der Jugendliche, sein Studium aufzugeben und dem Meister in den Ashram zu folgen.
Der herbei gerufene Vater war bestürzt, denn er hatte für seinen Sohn eine Karriere im Staatsdienst vorgesehen. Doch letzten Endes wollte er ihm nicht im Wege stehen, was ihm dadurch erleichtert wurde, dass sein Sohn seinem zukünftigen Guru in aller Demut gesagt hatte: „Ich möchte von Ihnen lernen und bin bereit, dafür alles zu tun. Ich glaube, dass nur ein spirituelles Leben ein erfülltes Leben sein kann. Aber ich kann mein Interesse an der Gesellschaft nicht aufgeben und möchte später heiraten.“ Dies wich sehr von Paramahamsa Madhavadasajis eigener Tradition ab, doch er willigte ein. Nach zwei Lehrjahren im Ashram gründete Sita Devis zukünftiger Ehemann im Dezember 1918 sein The Yoga Institute bei Bombay. Doch es kamen bei weitem mehr Kranke als Lernwillige und schon nach einem Jahr landete er in New York, begleitet von einem älteren angesehenen Landsmann, dessen Neffen er geheilt hatte. Das Ziel des erst 22jährigen war es, Yoga innerhalb der Gesellschaft zu verbreiten. Der Westen mit seinen technischen Großtaten war tonangebend, und seine heilige Kuh war „Wissenschaft“. Also wollte der junge Yogi die Wissenschaftlichkeit des Yoga beweisen und seine eigenen Landsleute – die dem Yoga wegen seiner angeblichen Gesellschaftsfeindlichkeit nicht gesonnen waren – vom großen, auch praktischen und gesundheitlichen Wert des Yoga überzeugen. Ein junger unbekannter Mann, der bei seiner Ankunft im winterlichen New York nicht mehr als zwar eine Wollmütze, aber über seiner dünnen weißen Baumwollkleidung nur einen langen Bademantel trug, wollte also die amerikanische Ärzteschaft erobern und die Amerikaner lehren. Und tatsächlich wurde ihm nach einigen Rückschlägen ein Haus vor New York zur Verfügung gestellt, wo er unter der Beobachtung von Ärzten sein The Yoga Institute fortsetzen konnte: er lehrte und behandelte nach Yoga - und naturheilkundlichen Methoden. Doch 1922 rief in sein Vater zurück nach Indien. Um sein Leben und seine Arbeit finanzieren zu können, verfiel er auf den Gedanken, ein Mittel zu entwickeln, das Bücher vor Motten und Insektenfraß schützte. Vertreter fanden sich bald und so konnte er Gelderwerb mit dem Aufsuchen abgelegener Yoga-Klöster verbinden, wo er sich mit Yogis austauschte und alte Manuskripte aufspürte.
Sita Devi betritt den Weg des Yoga
Dies war der Stand der Dinge, als sein Vater ihn zur Ehe drängte. Das war ganz nach seinem eigenen Wunsch, nur fürchtete er, mit der falschen Frau sein Leben zu verkomplizieren. Als er der jungen Sita Devi vorgestellt wurde, fand er sie ruhig, unverstellt und ohne schlechte Gedanken. Das würde die Richtige sein. Beide hatten sich nicht in einander getäuscht, denn es würden lange Jahre einer glücklichen Ehe und engen Arbeitsgemeinschaft vor ihnen liegen und zwei starke Persönlichkeiten würden es schaffen, sich gegenseitig aufs Harmonischste zu ergänzen, statt sich aneinander zu reiben. Sita Devis Ehezeit begann in einem umgebauten Kuhstall zusammen mit dem Schwiegervater, der sich liebevoll um sie und die bald geborenen beiden Söhne kümmerte. Vergnügungen und Zerstreuungen waren ihrem Mann fremd und sie bekam bald Einsicht in sein sehr arbeitsreiches Leben. Er war zu sehr Pädagoge und zudem voller Respekt für das Eigenwesen eines jeden Menschen, um sie zu irgendetwas zu drängen. Doch schon bald wollte sie Yoga-Übungen von ihm lernen und las alles, was er schrieb. Die Freundschaft mit einem US-amerikanischen Missionsarzt bereicherte alle, außerdem besuchte sie den Unterricht, den der Arzt Krankenschwestern erteilte. Neben ihren Hausfrauenpflichten, bei denen der Schwiegervater ihr beistand, übernahm sie bald auch Sekretariatsaufgaben. Etwa vier Jahre nach der Eheschließung fühlte Sita Devi sich bereit, selbst zu unterrichten. „Founder inspirierte mich sehr und half mir zu verstehen, worum es ging. Er war über jeden Fortschritt, den ich machte, begeistert“, erzählte sie später. Es war bekannt, dass es in der Vergangenheit auch immer wieder Meisterinnen gegeben hatte, aber dass eine Hausfrau – die Sita Devi ja auch war – andere Hausfrauen in Yoga unterrichten wollte, galt als höchst revolutionär. Es war auch vielen ein Dorn im Auge. Lernwillige Frauen kamen anfangs deshalb kaum. Die meisten kamen als Patientinnen, und einige blieben, weil ihr Interesse geweckt worden war und ihre Familien keinen Widerstand leisteten. Sita Devi erfuhr am eigenen Leibe, dass Pioniersleistungen wohl immer mit Schwierigkeiten verbunden sind.
1934 schrieb sie als erste Frau das erste Buch über Yoga für Frauen, Easy Postures for Women, das sie nach wenigen Jahren erweiterte. Zweck dieser klassischen, seither oft wieder aufgelegten Darlegung war es, Frauen zu mehr Gesundheit durch eine systematische Körpererziehung und Yoga-Hygiene zu verhelfen. Die praktischen Übungen werden unter einer wissenschaftlichen Perspektive behandelt und entsprechen den Anforderungen von normalen Frauen unter den Bedingungen eines sich schon damals modernisierenden Lebens. Es geht also um Anfängliches in dem Buch, denn das höhere Training kann nicht nach einem Buch, sondern nur unter einem persönlichen Lehrer bzw. einer Lehrerein erfolgen. Schon mit 22 Jahren erlebte Sita Devi am eigenen Leibe, was ihr Mann sich vorgenommen hatte, zu verbreiten. Sie war voller Selbstvertrauen, Selbstverantwortung, Vitalität, Kraft und Arbeitslust. Und sie war auf allen Ebenen gesund, körperlich, emotional und geistig. Jung wie sie war, erfüllte sie begeistert viele Aufgaben: die einer Mutter, einer Partnerin und Mitarbeiterin eines höchst ungewöhnlichen Mannes und die einer Lehrerin für ihre langsam an Zahl zunehmenden Schülerinnen. Ihr ausgezeichnetes Konzentrationsvermögen zeigte sich auch darin, dass sie nicht nur schnell Englisch lernte, sondern auch Gujaratisch, die Sprache ihres Mannes. Später kam noch Hindi hinzu, das nach der Unabhängigkeit Indiens vom britischen Empire zur Nationalsprache erklärt worden war. Sita Devi war dabei, sich selbst zu entdecken und freute sich, was alles in ihr steckte.
1935 starb der Schwiegervater und die vierköpfige Familie hielt nichts mehr in der Kleinstadt Bulsar. Sie zog nach Bombay und die Einnahmen der beiden wuchsen, allerdings immer noch mehr durch Kranke als durch Lernwillige. Doch schon sieben Jahre später waren sie wieder auf dem Lande. Der 2. Weltkrieg im fernen Europa führte dazu, dass Bombay zum Durchgangsort für bewaffnete Truppen wurde. Es lief das Gerücht, dass der Feind England treffen wolle, indem er Bombay als wichtige Handels- und Hafenstadt zerstöre. Wer es sich leisten konnte, verließ Bombay. Das führte dazu, dass die Einnahmen des Yoga-Paares zu sehr sanken. War The Yoga Institute am Ende? Vater und Kinder wären gern in dem Dorf Kachholi im heimatlichen Gujarat, in das die Familie nun umzog, geblieben. Besucher fanden zwar nur selten ihren Weg zu diesem abgelegenen Flecken, doch die kleine Zeitschrift, die beide heraus gaben, konnte auch von hier aus in alle Welt geschickt werden, wenn auch der Weg zum nächsten Postamt beschwerlich war. Doch Sita Devis Kreuzfahrergeist drängte darauf, die Mission ihres Mannes, die auch zu ihrer eigenen geworden war, erfüllt zu sehen. Yoga sollte tief in die Gesellschaft getragen werden. Und das war nur von der Großstadt Bombay aus möglich.
Wiedereröffnung des The Yoga Institute
Dass sie beide, mittellos wie sie waren, 1947 mit der Hilfe von Freunden ein Grundstück am Rande von Bombay – heute in der Nähe des Flughafens – kaufen konnten, bezeichnete Sita Devi als „höchst merkwürdig“. Ein günstiger Kredit fiel gleichsam vom Himmel für die beiden und nach zahllosen Behördengängen und Schwierigkeiten und nach viel persönlicher Überwachung der Bauarbeiten zog die Familie in das erst halb fertige Haus ein und feierte am 25.12.1948 Eröffnung, knapp anderthalb Jahre, nachdem Indien unabhängig geworden war. „Mother“, wie immer mehr Menschen sie ansprachen, war inzwischen 36 Jahre alt und praktisch schon frei von Mutterpflichten. Um so mehr konnte sie sich dem Unterrichten hingeben. Mit Beginn der 50er Jahre kamen auch mehr Frauen, doch immer noch mehr als Kranke denn als Schülerinnen. Heilerfolge sprachen sich leichter herum als Lehrinhalte. Aber auch Gerüchte sprachen sich schnell herum. Mother erzählte mir später einmal, dass jahrelang behauptet wurde, im Institut würde heimlich ein Bordell betrieben. Ich überlegte im Stillen, ob sie vielleicht selbst mit dazu beigetragen haben könnte. Denn die alte Ausgabe ihres Buches enthielt Fotos von ihr, die sie bei der Ausübung von Asanas mit bis zum halben Oberschenkel nackten Beinen zeigten. Das war für indische Verhältnisse sensationell. Auch andere Misshelligkeiten boten reichlich Gelegenheit, Yoga-Tugenden zu üben, wie Geduld, Ausdauer, Akzeptanz, inneren Abstand, Verzeihen und Selbstbeherrschung in allen möglichen Situationen.
Es war noch die Zeit vor dem Massentourismus, trotzdem fanden schon viele Ausländer ihren Weg ans Institut, als Forschende, Berichtende und nun in wachsender Zahl als Lernende. Wissenschaftler und Delegierte aus den USA, Russland, China und verschiedenen europäischen wie Ostblock-Ländern kamen. Auch die UNESCO schickte eine Vertreterin. Mit größter Flexibilität passte Sita Devi sich dem Umgang mit Ausländern an. Vorurteile waren ihr fremd; nichts schien sie schockieren zu können. Das Fremde und Ungewohnte nahm sie als interessante Vielfalt und Buntheit des Lebens hin. Auch noch in den 70er Jahren war es durchaus keine Selbstverständlichkeit, dass es jeder jungen Frau möglich war, Yoga zu lernen, wenn sie es wünschte. „Mother war Vignaharta für uns“, erzählte ihre langjährige Schülerin Minati Shah. „Das heißt, sie entfernte viele Hindernisse für uns in einer Zeit, in der es die Ansichten der Gesellschaft weiblichen Lernenden oft schwer machten. Wir waren oft verunsichert. Aber Mother half.“ Oft besuchte sie Eltern oder Schwiegereltern von Schülerinnen, um deren Vorbehalte langsam aber sicher aus dem Weg zu räumen. „Mothers Alter, ihr aufrechter Gang, ihre strahlenden Augen, ihre Einfachheit, ihr Lächeln, ihre Begeisterung, Freundlichkeit, Fürsorge und liebevolle Natur, ihre direkte und wahrhafte Rede und ihr Bemühen, Yoga für die Leute akzeptabel zu machen – all das spornte uns sehr an und stärkte unser aller Vertrauen, mit Yoga fortzufahren“.
1973 bekam Mother eine Schwiegertochter, Hansaji, eine Schülerin des Instituts, die dieselben Ziele anstrebte wie ihr Mann, Dr. Jayadeva Yogendra. Das Institut entwickelte immer neue Aktivitäten und Projekte, so dass immer mehr Schichten der Gesellschaft angesprochen wurden. An Tagen der offenen Tür fanden kostenlose medizinische Untersuchungen für die Armen statt. Kurse speziell für College-Schüler und Medizinstudenten, für Paare und Senioren, für Textilarbeiter, für bestimmte Krankheitsbilder und zur Herzvorsorge wurden konzipiert und finden noch heute statt. „Besser-leben-Kurse“, die für eine Stunde täglich über drei Wochen liefen, wurden übernommen vom Film-Institut in Poona, von der Universität in Mumbai, sowie von verschiedenen Einrichtungen in mehreren indischen Städten. Schullehrer aus ganz Indien durchliefen kurze Kurse, um ein Anfangswissen und einfache Yoga-Techniken an Schulkinder weitergeben zu können. Für alle diese Kurse galt, dass Yoga nicht so sehr als Therapie denn als Erziehung zu einem besseren, gesünderen, bewussteren Leben begriffen und praktiziert werden sollte. Mehr körperliches, seelisches und geistiges Gleichgewicht wird vom Institut als beste Voraussetzung für eine ganzheitliche Gesundheit vermittelt. Lässt sich Krankheit trotz allem nicht vermeiden, so hilft Yoga, das Unabänderliche besser zu akzeptieren.
1977 kam Mother auf Einladung eines deutschen Schülers das erste und einzige Mal nach Deutschland. Ehefrau Brigitte Unger erinnert sich: „Ihre immer währende Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit, ihre Unkompliziertheit und Bescheidenheit, ihre einfache ungekünstelte Lebensphilosophie beeindruckten mich sehr. Ihre Toleranz und Akzeptanz, ihre positive Lebenseinstellung und Haltung führten mich damals aus einer überkritisch-pessimistischen, in Wort und Gedanken nicht immer gewaltfreien Haltung heraus und öffneten mir neue Tore.“ Eine andere deutsche Schülerin, Margareta Heuser, berichtet: „Eine schöne Frau um die 60 begrüßte mich mit lebendigen strahlenden Augen. Ich fühlte, dass ich willkommen war. Das war Balsam für mein schüchternes, verklemmtes Wesen... Sie war ziemlich streng, aber auf eine liebevolle Art… Immer wieder durfte ich erfahren, mit welcher Präzision, Geduld, Güte und Freude sie ihr Wissen und ihre Erfahrungen großzügig teilte.“
Mother war um die 70, als ein Schüler einmal staunend bemerkte: „So wie sie ihren Mann manchmal ansieht, glaube ich wirklich, dass sie immer noch in ihn verliebt ist.“ Die beiden schienen das Wunder zu vollbringen, sich zu gegenseitiger Freude zu ergänzen. Was sie auf privater Ebene selber lebten und vorlebten, galt ihnen auch als Lösung für Probleme auf gesellschaftlicher und letztlich nationaler Ebene. So schrieb Mother in einem Artikel über Yoga als möglichen Wegbereiter für einen Weltfrieden: „….Eine Reformierung der Massen hält Yoga auf Grund zu unterschiedlicher Neigungen und Qualifikationen für nahezu unmöglich. Auf das Wunder zu warten, dass sich die Menschheit von selbst bessert, könnte selbstmörderisch sein. Das Gewicht liegt daher auf der Selbstentwicklung des Einzelnen als kleinstem Baustein der Gesellschaft. Jeder Fortschritt in der ethischen Entwicklung eines Einzelnen führt zu anhebenden Reaktionen in seiner Umgebung und damit zu einer Verbesserung der ganzen Welt, wie klein auch immer sie sein mag. Die biologischen Instinkte der Selbsterhaltung, Fortpflanzung, Selbstbehauptung und Selbstverherrlichung trennen die Menschen voneinander und stören damit unaufhörlich den Frieden und die Einheit der Welt. Der Mensch müsste sich deshalb ein bestimmtes Maß an physischer und mentaler Zurückhaltung zur Gewohnheit machen. Darin besteht die erste Stufe des klassischen Yoga, die so genannten „Vermeidungen“, die „Yamas“. Diese umfassen den Verzicht auf den Wunsch, Gewalt auszuüben; zu lügen; zu stehlen; auf sexuelle Unmäßigkeit und auf Habgier…. Einem Individuum, das sich derart kultiviert, wird es möglich, sich über sein eigenes Ego zu erheben. Damit wird es ihm leicht, in Gedanke und Tat auf selbstsüchtige Regungen zu verzichten und in Harmonie mit dem Gemeinwohl zu geraten. Damit wäre der Weg zum Weltfrieden und zur Welteinheit geebnet.“
Mother wird Witwe
1989 wurde Mother 77-jährig Witwe. Ein enges 62 Jahre währendes Zusammenleben nahm ein Ende. Doch Mother brach nicht zusammen. Sie klagte nicht, sondern hielt sich aufrecht wie immer in ihrem Leben. Über ihren ersten Geburtstag ohne ihren Mann schrieb sie: „Ohne Founder war es natürlich ganz anders. Wir vermissen ihn alle sehr. Bei ganz kleinen Dingen steigen mir manchmal Tränen in die Augen, weil sie Erinnerungen an gemeinsame glückliche oder auch schwierige Zeiten in mir wecken. Aber es war eine wunderbar freudige Erfahrung für mich, sein reiches Leben so lange zu teilen.“ Auf eine Frage, wie sie die Kämpfe des Lebens überstanden habe, sagte sie einmal: „Durch Vertrauen in Founder. Ich bin seinen Lehren immer gefolgt und habe ihn als von Gott geschickt empfunden. Ich habe ihm vollkommen vertraut. Es war so viel Zufriedenheit in ihm. Das mochte ich sehr. Mein Leben mit ihm war höher als ein durchschnittliches Leben. Es gab keine Selbstsucht. Ich sah es als die Mission meines Lebens an, Menschen dabei zu helfen, ihr Potential als bessere Menschen zu verwirklichen. Jeder hat das Potential. Viel liegt in unseren eigenen Händen. Um die Gesellschaft zu erreichen, müssen wir mehr Liebe und Fürsorge entwickeln. Es gibt nichts Besseres. Aber ‚Liebe’ muss recht verstanden werden. Ich meine damit eine universale Liebe, eine, durch die man Gewahrsein und einen starken Geist entwickelt.“ Auch mit dem Tod ihres Mannes verlor Mother nicht die Verbindung zu ihm. So schrieb sie noch Jahre später: „Ich liebe Founder immer noch zärtlich und ich bete sein wertvolles Wissen an. Körperlich ist er nicht mehr, doch spirituell ist er bei mir und gibt mir Rat und Stärke.“ Sie hatte sich ihr Leben lang darin geübt, ihr Glück nicht abhängig von äußeren Umständen zu machen. Deshalb konnte sie mir schreiben: „Glücklichsein hängt davon ab, was man zu geben hat, und nicht, was man bekommen kann. Wenn jemand trotz Mängeln und Fehlern fühlt, dass es etwas Dauerhaftes in ihm gibt, etwas, das sein Allereigenstes ist und das ihm niemand nehmen kann, dann schöpft er frische Hoffnung.“
In demselben Geist sind zwei Gebete, die sie mir einmal schickte:
„O Herr, Sieg und Niederlage, Hochgefühle und Depression, Glück und Pech, - all dieses kommt und geht. Doch Du bist auf immer unveränderlich. Hilf mir, nie mit diesen Wellen der Umstände zu steigen und zu fallen, sondern stark und standfest zu werden, indem ich mit unerschütterlichem Vertrauen an Dir fest halte.“
„Du Höchster, öffne mein Herz für Deine Segnungen, pflanze in es den Samen spiritueller Reife. Nimm von ihm allen Stolz und Ehrgeiz und halte es einfach und frei von Eitelkeit. Fördere in mir höhere Wünsche. Möge ich die Nähe Deiner Gegenwart spüren, während ich meine täglichen Aufgaben erfülle.“
Der Spirituelle Name Sita Devi
Sita Devi, Sanskrit सीतादेवी sītādevī f, ist ein Spiritueller Name und bedeutet Göttin Sita; diejenige, deren Göttin Sita ist; diejenige die wie die Göttin Sita ist. Sita Devi kann Aspirantinnen gegeben werden mit Rama Mantra, Hanuman Mantra.
Sita ist Lakshmi, die sich inkarniert hat, sie hatte eben keine normale Mutter, sondern sie hat sich manifestiert aus der Erde heraus, und sie ist dann auch Ende ihres Lebens zurückgekehrt zur Erde und verschmolzen zur Erde. So Sita Devi ist eben auch die Naturgöttin. Sita Devi ist diejenige, die auch in der Schönheit der Natur die göttliche Mutter sieht und sie ist auch diejenige, die immer treu ist und voller Liebe ist, voller Hingabe ist, voller Vertrauen an Rama.
Sitā hat auch was zu tun mit Sita – sita kurz ist weiß, hell und rein. Und so kann man auch interpretieren, Sita diejenige, die voller Reinheit, voller Helligkeit, voller Weisheit ist, diejenige, die auf reiner Weise die göttliche Liebe verkörpert. Auf dieser Weise, wenn du Sita heißt, dann willst du zum einen in der Natur die Göttin sehen, zum anderen willst in der Erde die Göttin sehen. Zum anderen willst du Rama dienen, du willst auch mit großer Reinheit und mit großer herzlicher Liebe die göttliche Wirklichkeit erkennen und verwirklichen.
Weblinks
- Yoga und ganzheitliche Gesundheit - Hella Naura
- Offizielle Homepage von Yoga Vidya
- The Yoga Institute - Mother Sita Devi Yogendra