Schatten

Aus Yogawiki

Schatten sind u.a. Eigenschaften des Selbst, die man ungern an sich wahrnimmt, sondern auf andere projiziert, d.h. verschiebt...

Schattenspiel, von Ferdinand du Puigaudeau

Umgang mit dem Schatten – Aufgabe für einen spirituellen Aspiranten

Aus einem Artikel von Sukadev Bretz im Yoga Vidya Journal Frühjahr 2010

Es ist eine Aufgabe eines spirituellen Aspiranten, sich mit seinen Schwächen und seinen eigenen Marotten zu beschäftigen und sie anzunehmen, vielleicht auch mit seinen Schattenseiten. Beim Konzept des Schattens von C.G. Jung geht es darum, wie wichtig es ist, den Schatten zu integrieren. Er nannte zwei Arten von Schattenseiten, zumindest in seinen späteren Schriften.

Das Konzept des Schattens nach C. G. Jung

Es ist eine Aufgabe von Vicharana, sich mit seinen Schwächen und seinen eigenen Marotten zu beschäftigen und sie anzunehmen, vielleicht auch mit seinen Schattenseiten. Beim Konzept des Schattens von C.G. Jung geht es darum, wie wichtig es ist, den Schatten zu integrieren. Er hat zwei Arten von Schattenseiten unterschieden, zumindest in seinen späteren Schriften.

Zum einen gibt es Schattenseiten in uns, die wir nicht leben, aber eigentlich leben könnten und wo es gut wäre, wenn wir sie leben würden. Wir leben sie aber nicht, weil wir Angst davor haben. Etwas konkreter: Angenommen, ihr seid ein sehr ordentlicher Mensch und euch nervt es furchtbar, wenn eure Arbeitskollegen auf deren Schreibtisch Chaos haben. Das kann auf eine Schattenseite hinweisen. Vielleicht würdet ihr eigentlich auch gern ein bisschen Chaos zulassen und leben, aber da ist die Angst, falls ihr es zulasst, im Chaos unterzugehen, die Kontrolle darüber zu verlieren. Oft kommen einem die Schattenseiten auch über die eigenen Kinder entgegen. Sie leben häufig die Schattenseiten, die man nicht leben will. Dort würde man raten, dass das etwas wäre, was man leben sollte.

Man braucht keine Angst davor zu haben. Ich kann mich noch an eine Seminarteilnehmerin erinnern, die ihr Leid klagte, dass ihre Kinder ihr Zimmer nicht aufräumen. So viel Energie würde dort verloren gehen. Morgens könne sie zwar ihre spirituellen Praktiken machen und dann zur Arbeit gehen, und das sei auch alles ok, aber mit den Kindern... Dann habe ich kurz mit ihr gesprochen. Bei ihrem Arbeitsplatz war sie die Vorgesetzte. Dort konnte sie ihre Vorstellung von Ordnung auch durchsetzen. Aber bei den Kindern hat das nicht funktioniert. Die unbewusste Angst die Kontrolle zu verlieren, und loszulassen, ist so weit verbreitet und deshalb fast schon normal. Sich dessen bewusst zu sein, löst viele dieser Ängste, und ermöglicht die Chance zum Verständis, für andere und auch für sich selbst.

Ich habe ihr geraten, sie solle mal zu Hause, in ihrem Schlafzimmer alle Schubladen ausräumen, gleichmäßig um ihr Bett verteilen, und außerdem sollte sie bei ihrer Yogapraxis einmal pro Woche eine Asana bewusst falsch machen. Natürlich nicht so, dass es schädlich ist. Man kann z. B. im Schulterstand die Beine ein bisschen auseinander haben oder in der Entspannung den Kopf leicht schief und den einen Arm so und den anderen so… Natürlich nicht in der Vorwärtsbeuge einen Rundrücken machen, nichts, was schädlich ist. Und sie hat das auch gemacht. Viele Menschen setzen die Ratschläge, die man gibt, nicht um. Aber sie hat es ausprobiert. Beim nächsten Weiterbildungsseminar hat sie mir erzählt, dass der Ratschlag Wunder gewirkt habe. Zum einen bei den Kindern: Als diese gesehen haben, dass Mamas Schlafzimmer so unaufgeräumt ist – haben sie sofort ihr eigenes Zimmer aufgeräumt. Es hat Wunder für sie selbst bewirkt: Sie hat eine kreative Ader in sich entwickelt. Und es hat Wunder bei ihrem Job bewirkt: Sie hat die lange fällige Beförderung bekommen. Sie dachte, ihre ganz disziplinierte Art würde am Arbeitsplatz gut ankommen, aber irgendjemand mag sie nicht und deshalb wird sie nicht befördert. Aber die Chefs zwei Ebenen höher hatten gesagt, dass das zwar nett ist, aber dass man Menschen so einen Kontrollierfreak eigentlich nicht zumuten kann. Und nachdem sie dort auch ein wenig entspannter war, hat sie sofort ihre Beförderung bekommen – von ihrer fachlichen Kompetenz war sie gut –, aber man hatte vorher gedacht, wenn andere Teamleiter unter ihr arbeiten sollen, würde das nicht gut gehen, denn die wollen auch ihre Freiheiten haben. Das als Beispiel für einen unterdrückten Schatten.

Übrigens, wenn ihr ordentliche Menschen seid und es euch nicht stört, wenn euer Nachbar oder Arbeitskollege alles unordentlich hat, und es euch nicht behindert –, dann habt ihr dort keine Schattenseite. Aber wenn jemand etwas tut – vorausgesetzt natürlich, es ist nicht unethisch -, was euch sehr stört, habt ihr vielleicht eine Schattenseite, mit der ihr euch eventuell einmal beschäftigen sollt. Umgekehrt, wenn ihr ein Chaotiker seid und ein Arbeitskollege euch nervt, weil er alles so Etepetete hat – könnt ihr vielleicht etwas Ordnung schaffen, statt den Kollegen bekämpfen. Oder eben, mal reinspüren, wo ist in mir dieser Etepetete-Mensch, den ich nicht leiden kann.So oder so, ist es ein Prozess sich seiner selbst immer mehr bewusst zu werden. Und aus bewusst sein wird Verständnis und Mitgefühl.

Schattenseiten, mit denen man leben lernen kann

Dann gibt es aber auch Schattenseiten, die man nicht so einfach leben und loswerden kann. Die meisten Menschen haben Schattenseiten, vor denen man Angst haben kann, z.B. Selbstmordgedanken, aggressive Gedanken, Mordgedanken gegenüber anderen etc. Ich habe jetzt bewusst welche genommen, die extrem sind. Manchmal vergehen solche Schattenseiten von selbst, wenn man Yoga macht, manchmal vergehen sie nicht. Man muss lernen, sich damit zu arrangieren. Man sollte diese nicht leben im Sinne von sie ausleben. Man sollte lernen, dass diese Schattenseiten in einem sind, dass diese Fantasien öfters kommen, aber man wird sie nicht leben. Deshalb ist man kein schlechter Mensch.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Seminare