Reise nach Indien
Eine Reise nach Indien kann herausfordernd sein. Eine Reise nach Indien kann dich in die indische Spiritualität hineinführen. Sie kann dir alle Illusionen nehmen und sie kann dich irgendwo innerlich erschüttern.
Indien ist ein Subkontinent mit über einer Milliarde Einwohnern, fast doppelt so viel wie ganz Europa. Indien hat genau so viele Sprachen wie ganz Europa aber mehr Dialekte. Indien ist ein Kontinent mit großartiger Kultur, und über Indien als Ganzes zu sprechen ist schon irgendwo schwer.
Trotzdem ein paar Dinge, die dich auf einer Reise nach Indien berühren könnten.
Insbesondere möchte ich über Reisen nach Indien mit Yoga Vidya sprechen. Wir haben die Reise in den Sivananda Ashram Rishikesh, meistens im Oktober, wir haben Reisen nach Süd- und Nordindien und verschiedene Tempelreisen.
Was erwartet dich auf einer Reise nach Indien?
Sei dir bewusst, dass Indien kunterbunt und intensiv ist.
Fahre nicht nach Indien um zur Ruhe zu kommen. Es mag Gegenden in Indien geben, die etwas ruhiger sind, aber typischer Weise ist Indien ein Angriff auf die Sinne. Die Straßen sind laut, das Hupen ist lauf, es gibt laute Musik, sehr viel mehr als in Deutschland, die Tempel und Moscheen blasen laute Musik überall hin. Es ist ein starker Geruch in der Luft, von Räucherstäbchen, über Kuhmist, über Urin, und Fäkalien, Parfums. Du siehst kunterbunte Farben, du siehst großartige Dinge, du siehst großes Elend. In der Luft, gerade in den Städten, ist Gestank und Smog. Das Essen schmeckt sehr intensiv, es gibt verschiedenste Gewürze, und die Geschmacksnerven werden auf unterschiedliche Weise gefordert. Also Indien fordert dich sehr. Eine Reise nach Indien heißt Bereitschaft, dafür offen zu sein.
Indien hat viel Elend, das offensichtlich ist
Wir sind es in Europa gewohnt, dass Elend nicht so sichtbar ist. Wenn du bestimmte Stadtviertel vermeidest, wirst du in Deutschland nicht offensichtliche Kriminalität und Drogen sehen. Die behinderten Menschen sind typischerweise in der Lebenshilfe und in anderen Institutionen. Menschen, die psychisch auffällig sind, sind in der Psychiatrie oder mit irgendwelchen Medikamenten ruhig gestellt. Die Reichen haben ihre Viertel, die Armen haben andere Viertel. In Indien ist das etwas anders. Dort sind die Menschen mit psychischen Auffälligkeiten nicht in der Psychiatrie weggesteckt, du findest sie auch auf der Straße. Du findest Menschen, denen Arme oder Beine fehlen oder die blind sind direkt auf der Straße. Du findest arme Bettler auch in den reichen Vierteln. Und du findest auch Reiche, die auf dem Markt einkaufen gehen, wo alle einkaufen. Du wirst also mit menschlichem Leid mehr konfrontiert, und du siehst die Unterschiede zwischen den Gesellschaftsschichten deutlicher.
Indien ist ein aufstrebendes Land, das zum Teil sehr offen ist für moderne Dinge
Die Inder haben Handys und Smartphones und Satellitenschüsseln usw. Vielleicht wirst du, wenn du durch die Gegend fährst, irgendwo eine kleine Hütte sehen, die nur aus einem einzigen Raum besteht. Und dann siehst du plötzlich eine zehn-köpfige Familie dort rausgehen. Und du siehst einen riesigen Fernseher darin und zwei oder drei schauen auf ihr Handy. Also gleichzeitig altertümlich und elend und modernste Zivilisation.
Indien ist ein spirituelles und gleichzeitig auch ein scheinheiliges Land
Du findest in Indien große Meister und Meisterinnen. Du findest Tempel mit großer spiritueller Schwingung, du findest Ashrams, wo du die authentischste Spiritualität siehst. Aber du siehst gleichzeitig jede Menge Menschen, die vorgeben, spirituell zu sein. Du wirst schnell Menschen treffen, die sich als Priester ausgeben und Geld für heilige Rituale von dir haben wollen. Du findest überall Menschen, die dein Führer sein wollen, um dir etwas zu zeigen. Du findest Menschen, die sich an deine Seite klammern und so weiter. Also gilt es, eine gewisse Unterscheidungskraft zu haben. Und meistens ist es gut, deine erste Reise, gerade wenn du sie spirituell gestalten willst, bei einem spirituellen Menschen oder einer spirituellen Institution aus Europa zu buchen, um dort auf gute Weise eingeführt zu werden, zum Beispiel bei Yoga Vidya.
Vermeide es, zu urteilen, und gib Indern keine Ratschläge
Die Inder wurden ein paar hundert Jahre von den Engländern kolonisiert, teilweise auch von den Franzosen, den Portugiesen und den Holländern. Ihnen wurde ständig gesagt, sie seien rückständig, und die Europäer haben ihnen permanent Ratschläge gegeben. Die Inder wollen das nicht. Die Inder sind selbst dabei, ihre Kultur zu entwickeln und voranzubringen. und Missstände abzustellen. Indien hat auch eine freie Presse, die Missstände sehr offensichtlich zeigt. Es gibt Wahlkämpfe darum und vieles andere. Die Inder brauchen keine Ratschläge von Europäern, die ihnen sagen, dass sie alles dumm machen und sie müssten dies und das nur etwas besser machen. Sei demütig, sei bescheiden, sei offen. Und gerade, wenn du als spiritueller Mensch eine Reise nach Indien unternimmst, dann sei bereit, selbst zu lernen, dich selbst einzustimmen und einzuschwingen.
Achte auf deine Hygiene
Wenn ich gesagt habe, dass du in Indien keine Ratschläge geben solltest, solltest du aber auf eines achten: auf deine eigene Hygiene. Es ist wichtig, dass du Grundhygienerichtlinien beachtest: wasche deine Hände mehrmals am Tag mit Seife, pass auf, welches Wasser du trinkst, pass auf, wo du isst. Und mein Tipp ist: iss nur in Restaurants, die vollständig vegetarisch sind. In nicht-vegetarischen Restaurants wird oft Hühnchen serviert, und die Hühner in Indien haben sehr häufig Salmonellen und andere Erkrankungen. Das Hühnchen selbst wird dann gekocht und enthält dann vielleicht keine Salmonellen mehr, aber vom Hühnchen ist dann vielleicht Saft runtergetropft auf den Salat, den Reis und das Gemüse. Die Menschen, denen ich nachdrücklich geraten habe nur in rein vegetarischen Restaurants zu essen - Pure Vegetarian Food – die hatten erheblich weniger unter Magen-Darm-Problemen zu leiden als andere. Hilfreich kann übrigens Handdesinfektionsmittel sein. Falls du an alles Mögliche drangreifst und dann versehentlich die Finger an Nase, Mund oder Augen hältst, könntest du dir dort prompt Viren, Bakterien und anderes einfangen. Also achte auf deine Hygiene.
Öffne dich besonders für Spiritualität und suche das spirituelle Indien auf
Es gibt Teile in Indien mit natürlich auch schöner Kultur wie das Taj Mahal, das Fort von Delhi, und so vieles andere, aber spirituelle Menschen werden typischerweise enttäuscht sein, wenn sie einfach nur an touristische Institutionen herangehen. Es ist gut, das religiöse, das spirituelle Indien zu suchen. Das können Pilgerorte sein, aber besser noch, du gehst in Ashrams.
Achte auf deine spirituelle Praxis
Indien ist sehr vielfältig und es hat ein umfangreiches Spektrum von spirituellen, materiellen, schönen und ekligen Dingen. Es gilt, deine eigene Schwingung hochzuhalten. Wenn du in Indien bist, meditiere jeden Tag. Übe deine spirituellen Praktiken jeden Tag, so hältst du dein Energielevel hoch, und so spürst du die spirituellen Teile von Indien. Wenn du nachlässig wirst in deinen spirituellen Praktiken, dann wird dein Energielevel sinken, und du wirst mehr die Teile von Indien sehen, die eher niedrig-energetisch sind. Dann wird die Reise nach Indien eher eine Quelle von Enttäuschung, Leid und Krankheit und das kann dich demotivieren. Halte also dein Energielevel hoch, aber entspanne auch ausreichen. Nimm dir Zeit loszulassen. Fülle den Tag nicht von morgens bis abends. In Indien läuft vieles nicht so flott und schnell und durchorganisiert wie im Westen. Eine gewisse Muse, Ruhe, Entspannung, spirituelle Neugierde und Öffnung ist auf jeder Reise nach Indien sehr hilfreich.
Wenn du jetzt interessiert bist an den Indienreisen, die wir bei Yoga Vidya organisieren, dann gehe auf yoga-vidya.de und gibt dort ein „Reise Indien“, so findest du die verschiedenen Möglichkeiten.
Video Reise nach Indien
Hier findest du ein Vortragsvideo zum Thema Reise nach Indien :
Autor/Sprecher: Sukadev Bretz, Seminarleiter zu den Themen Yoga und Meditation.
Reise nach Indien Audio Vortrag
Hier die Audiospur des oberen Videos zu Reise nach Indien :
Indienreise 2001 - Dieter Glombek
Der Trip begann für mich zwei Tage oder besser gesagt zwei Nächte vorher: Bevor ich den Nachtzug von Izehoe nach Frankfurt Airport besteigen konnte, baute ich in ca. 10 m Höhe neue Leuchtkörper ein, deren Licht sich leider als gelb erwies – das war die erste Nacht. Neue Leuchtkörper besorgen und montieren – das war die zweite Nacht. Die dritte Nacht verbrachte ich im Zug und die vierte schließlich im Flugzeug. Wir flogen der Sonne entgegen – ab Frankfurt mit Zwischenlandung in Kuwait und einem Umweg wegen der damals aktuellen Situation in Afghanistan, so dass wir doch mit einiger Verspätung in Delhi ankamen. Die armen Taxifahrer hatten geduldig die halbe Nacht auf uns gewartet...
Dann also rein ins Verkehrsgewühl: Neudelhi und Randbezirke unter einer Smog-Glocke – auch als Nichtraucher raucht man hier so seine acht Zigaretten am Tag... Auf den Straßen tummeln sich Kühe, Fußgänger, Radfahrer, Esel- und Ochsenkarren, dreirädrige Rikshas, Autos, Lastwagen, Busse, Traktoren. Die Verkehrsführung bleibt mir ein Rätsel, sie ist wohl nur von Eingeweihten zu durchschauen. Wer die lauteste Hupe hat, hat Vorfahrt. Der Zeitgewinn ist immerhin eine Sekunde oder so, denn trotz ungeheuerem Aufwand, Gerüttel und Gehupe ist die Durchschnittsgeschwindigkeit nicht höher als 30 km/Stunde. Da unsere fünf Taxis auch untereinander Wettrennen veranstalteten,landeten wir mit ganz geringen Zeitunterschieden im Sivananda Ashram in Rishikesh – wohlbehalten, wohlgemerkt! Mir wird allmählich klar – das ist ein anderer Kontinent, hier ist es nicht wie daheim.
Im Ashram (spirituelle Lebensgemeinschaft) genießt unsere Gruppe einen sagenhaft guten Service. Die meisten Zimmer in unserem Gästehaus haben eine Dusche – sogar mit warmem Wasser und ein WC. Das Essen bekommen wir serviert, in einem extra Speiseraum und mit extra mild gewürzten, auf westliche Mägen abgestimmtem Essen. Das war so eine Art Tischlein-Deck-Dich: Wir setzten uns an unsere beiden Tische, schlossen die Augen zum Mantrasingen und Tischgebet und wenn wir sie dann wieder öffneten, fanden wir allerlei leckere – natürlich vegetarische – appetitlich angerichtete Speisen auf unseren Tellern. Und zum Frühstück gab’s Toast, Butter und Marmelade – später auf Wunsch einiger Teilnehmer auch etwas „typisch Indisches“. Der Küchenchef gestattete uns auch einen Blick in die riesige Ashramküche, wo mittels einer Dampfvorrichtung unglaubliche Mengen von Reis, Dhal und Gemüse in großen Kesseln zubereitet wurden. Die Tage in Rishikesh verliefen äußerst abwechslungsreich und interessant. Eine Homa (Feuerzeremonie), eine Paduka Puja (Verehrungsritual mit den Sandalen von Swami Sivananda) und eine Shiva Puja (Verehrungsritual mit dem Shiva Lingam im Haupttempel) wurden extra für unsere Gruppe arrangiert. Alle konnten an den Handlungen teilnehmen und so die besondere Energie solcher traditioneller Rituale unmittelbar erfahren und erfühlen. Ansonsten begann der Tag um 5.00 Uhr mit Mantras und Meditation in der Samadhi-Halle, wo Swami Sivanandas sterbliche Hülle in einer Art Sarkophag ruht, um 6.00 Uhr schloß sich nebenan ihm Vishvanath-Tempel das einstündige Om-Namah-Shivaya-Singen und die Shiva-Puja an. Danach war gerade mal eine halbe Stunde Pause, um sich umzuziehen und zum Frühstück zu gehen. Anschließend hatten wir eine Vorlesung und eine Asana-Stunde. 11.30 Uhr Mittagessen, dann konnte man den Nachmittag frei nutzen bis zum Abendessen um 19.00 Uhr.
Die meisten hielten erst mal nach einer Badestelle am Ganges Ausschau und dann nichts wie rein ins kalte Naß. In der ersten Woche war nachmittags so heiß, dass ich nach dem täglichen Bad mit nasser Badehose loszog. Mit geeigneter Kleidung deckten wir uns vor Ort ein – ein einfacher Pandschabi oder Sari waren für umgerechnet 5 bis 10 Euro zu haben (damals noch 10 bis 20 DM; wobei 20 Rupien ungefähr einer Mark entsprachen). Auch schöne Schmucksachen waren günstig zu erwerben.
In Rishikesh und Muniki-reti, etwas Ganges aufwärts, wo die meisten Ashrams liegen, konnte man originelle Sadhus (Heilige, Wandermönche) treffen. Einer davon war ganz rot angemalt, hielt ein Zepter in der Hand, fauchte mich an, malte mir einen Punkt auf die Stirn und hielt dann die Hand auf. Zu Fuß erkundeten wir die nähere Umgebung.An drei Nachmittagen machten wir Ausflüge in Begleitung ehrwürdiger Swamis (Mönche). Einmal ging es auf etwa 1800 m Höhe zum Devi Kunjar-Tempel, ein anderes Mal zur Vasishta-Höhle am Ufer des Ganges, wo der Weise Vasishta gelebt und meditiert hatte, Die dritte Exkursion führte in die heilige Stadt Haridwar, wo wir abends die berühmte Lichtzeremonie (Arati) am Ganges miterlebten. Nur zu schnell verging die Zeit. Und schon war der Tag der Abreise da. Frühmorgens rein in den Bus, auf nach Delhi. Erst mal im Hotel die Koffer abladen. Wer sich auf eine reinigende heiße Dusche gefreut hatte, wurde enttäuscht: das heiße Wasser musste vom Hotelpersonal erst zubereitet werden und kommt in einer „Bütt“, aus der Wand kommt’s kalt. Da habe ich den Ganges in Rishikesh zum Baden vorgezogen....
Weiter ging’s zur Schule von Swami Nityananda in Delhi, dem Sivananda Vidya Bhawan, wo seit Jahrzehnten dank dieser Initiative von Swami Nityananda, einem Schüler von Swami Sivananda, Kindern aus den umliegenden Slums eine richtige Schulbildung ermöglicht wird, mit angeschlossenem Heim für Waisenkinder und einem geplanten Altersheim. Eine Tribüne war aufgestellt, Hunderte von Kindern davor – und nun wurde unsere Gruppe zu einer Asana-Vorführung aufgefordert! Anschließend waren die Kinder mit ihren verschiedenen Inszenierungen dran, die sie sehr schön vortrugen und liebevoll vorbereitet hatten. Nach einem erstklassigen Mittagessen besuchten wir noch einige Tempel in Delhi. Dieser ereignisreiche Tag fand seinen Abschluß in einem womöglich noch erstklassigeren Abendessen in einem Restaurant. Am nächsten Morgen kam ein Kundalini-Experte, um bei uns die Kundalini zu erwecken. Einige in der Gruppe spürten tatsächlich etwas. Durch mein dickes Fell kommt nichts an. Den Rest des Tages teilten wir uns in drei Gruppen auf und erkundeten unabhängig voneinander in drei großen Taxis die Sehenswürdigkeiten und Einkaufsparadiese von Delhi und Neudelhi. Wenn auch der Smog und der Lärm nach der Ruhe Rishikeshs etwas ungewohnt waren, so lohnte sich dieser Aufenthalt auf jeden Fall, ja, man könnte gut eine Woche dort verbringen, so viele interessante Sehenswürdigkeiten gibt es. Abends hatten wir unser Abschlussdinner auf der Dachterrasse des Hotels – umgeben von unzähligen lichtergeschmückten Tempel und öffentlichen Gebäuden und lautstarken Feuerwerken. Es war nämlich das Diwali-Fest, das Lichterfest, vom Feiern her so etwas wie Silvester bei uns. Da wir ohnehin früh aufstehen mussten, um unseren Flug zu erreichen, beschloss ich, die kurze Nacht ganz ausfallen zu lassen. Ich setzte mich mit einem Buch ins Foyer, aber unser Stadtführer, der unsere Gruppe tagsüber begleitet hatte, hatte Lust auf eine nächtliche Unterhaltung. Bald war es zwei Uhr nachts, der Bus wurde beladen und dann ging es zügig durch die – ausnahmsweise leeren, nicht vom Verkehr verstopften – Straßen Delhis zum Airport. Der altehrwürdige Swami Nityananda hatte es sich nicht nehmen lassen, trotz der frühen Stunde persönlich zum Flughafen zu kommen und uns zu verabschieden. Für jeden hatte er sogar noch eine Süßigkeit bereit. Das ist wahre indische Gastfreundschaft. So näherte sich die Reise nach Rishikesh ihrem Ende – für mich mit dem festen Vorsatz, sie dieses Jahr zu wiederholen.
Ein paar Tage später begann der Berufsalltag, der mich schnell einholte. Aber ein tiefer Eindruck eines insgesamt unbeschreiblichen unvergleichlichen Erlebnisses ist geblieben.
Dieter Glombek
DEM HIMMEL SO NAH - Eine Reise zum Sivananda Kutir in den Himalaya
Ein Erfahrungsbericht aus dem Sivananda Zentrum München
Anreise
Um es gleich vorweg zu sagen, die ersten zwei Tage war ich nicht gerade vom Glück verfolgt. Nach einem sehr entspannenden Flug wartete ich nachts in Delhi am Flughafen vergeblich auf die Leute vom Delhi Sivananda Zentrum, die mich und Swami Mahedevananda, der Leiter des Ashrams in Kerala, abholen sollten (natürlich nur den Swami, ich war nur zufällig auf dem Flieger). Oder besser gesagt, wir sollten auf dem gleichen Flieger sein, was aber nicht der Fall war. Also packte ich meine Sachen und strebte gen Taxistand. Gleich darauf lieferte ich mir eine handfeste Feilscherei mit einem Taxifahrer, der einen lächerlich hohen Preis verlangte. Nachdem wir uns geeinigt hatten, ging es in die dunkle Nacht hinaus und nach einer Weile wurde mir doch etwas mulmig. Der Fahrer hielt x-mal an, um nach dem Weg zu fragen. Es war stockdunkel, kaum jemand auf der Straße und es war alles andere als vertrauenserweckend. Endlich kam ich gegen 2.00 Uhr morgens im Zentrum an, klingelte die Bewohner aus dem Bett...und erfuhr, daß ich bereits gestern erwartet worden war! Ein kleines Mißverständnis. Na ja, um 6.00 Uhr sollte es weiter gehen nach Haridwar per Zug, nur hatte man mir jetzt kein Ticket besorgt, da ich ja nicht erschienen war... Dennoch schloß ich mich nach 1 1/2 Stunden Schlaf den anderen (Swami und Begleitung) an, wir fuhren zum Bahnhof... um zu erfahren, daß der Zug zum Bersten voll war und ich keine Chance auf ein Ticket hatte. Also mußte ich zurück ins Zentrum, nicht gerade begeistert. Nach etwas Schlaf fuhr ich dann wieder zum Bahnhof, um mir ein Ticket für den anderen Tag zu organisieren... um zu erfahren, daß die nächsten Tage alle Züge wegen Ferien in Indien ausgebucht waren, die Busse streikten und überhaupt ganz Indien auf den Beinen war. Ich war bedient. Sollte es das schon gewesen sein? Ich überlegte ernsthaft, ob es nicht sinnvoller war, meinen Kram zu packen und wieder nach Hause zu fliegen. Vielleicht sollte es nicht sein. Aber ich wollte unbedingt nach Uttar Kashi, ins Sivanandazentrum am Fuße des Himalaya, da hatte ich mich so drauf gefreut. Also entschied ich spontan, meine Urlaubskasse zu plündern und für einen horrenden Preis ein Auto nebst Fahrer bis Haridwar zu mieten. Von dort sollte ich dann von Sundar, dem Leiter des Ashrams, der bei Swamis Begleitern dabei war, oder von einem Karmayogi abgeholt werden. Ich verbrachte also noch ein paar Stunden in Delhi (mehr brauche ich da auch nicht), genoß das leckere Essen im Zentrum, die Yogastunde und abends eine Puja! Das Zentrum in Delhi ist neu und sehr schön, mit einem großen Yogaraum und einer Dachterrasse. Abends legte ich mich auf meine Matratze in der Hoffnung, daß der nächste Tag etwas erfolgreicher als bisher verlaufen würde.
2. Tag
Morgens geht es los, das Taxi ist sogar fast pünktlich. Fünf Stunden völlig chaotischer Verkehr, ständiges Gehupe, Abgasgestank, Schlaglöcher, sengende Hitze. Rechts und links der Straße das typische Indienbild, buntes Treiben, Müllberge, viel Armut und Dreck, herumliegende Kühe, aber auch lachende, spielende Kinder, wunderschön gekleidete Frauen und geschmückte Hindutempel. Manchmal, wenn der Verkehr wieder besonders brenzlig wird und ein Laster in vollem Tempo frontal auf uns zukommt, schließe ich einfach die Augen und schicke ein OM NAMAH SHIVAYA zum Himmel, aber irgendwie gelingt es dem Fahrer tatsächlich, uns sicher nach Haridwar zu bringen. Dort habe ich ein ‚blind date‘. Jemand vom Ashram wird mich am Bahnhof abholen, und wir werden uns daran erkennen, daß wir beide Sivananda-T-Shirts tragen. Und siehe da, nach einigen Minuten Wartezeit kommen zwei strahlende junge Männer auf mich zu. Sie verladen meinen Rucksack und mich auf die Rückbank eines Jeeps und weiter geht’s. Von dort aus sollen es noch ca. zwei Stunden Fahrzeit sein, dachte ich jedenfalls. Als einer von beiden auf meine Frage, wann wir denn ankommen, strahlend „six o’clock“ sagt, dachte ich, er macht einen Scherz, es ist gerade 13 Uhr! Leider ist es keiner, es sollten noch 5,5 Stunden Jeepfahrt vor mir liegen! Wir fahren am heiligen Platz am Ganges in Haridwar vorbei, wo jeden Tag bei Sonnenauf und untergang ein Arati abgehalten und schwimmende Kerzen in den Fluß gesetzt werden. Rishikesh sehe ich nur kurz, dann geht es hinauf in die Berge. Der Jeep rast in einem halsbrecherischen Tempo die Serpentinen entlang, in jeder Kurve laut hupend. Der Straßenrand ist nicht befestigt, wenn ich rechts aus dem Auto schaue, geht es in die Tiefe. Unten fließt der junge Ganges und ich tröste mich mit dem Gedanken, daß ich wenigstens in einem heiligen Fluß lande, wenn ich schon kopfüber mit dem Jeep in die Schlucht stürze. Die Landschaft ist wunderschön, wilde Berglandschaft, einsame Bergdörfer, klare Luft. Wir halten zweimal zum Tee und Lunch, jedesmal werde ich von allen angestarrt, anscheinend ist man europäische Frauen nicht so gewohnt. Als wir endlich ankommen, ist es schon dunkel, und ich bin vollkommen erledigt. Ich werde freundlich begrüßt, bekomme noch etwas zu essen. Ich möchte warm duschen, aber heute geht das nicht mehr. Mein Bett ist total hart, das Zimmer scheint so eng. Ist es die Erschöpfung, daß ich den Tränen nahe bin oder was ist los. Swami Sivananda schaut von einem Bild auf mich herab und ich frage mich, ob das eine Prüfung ist oder so was. Bin ich so weit gereist, um das zu erleben? Irgendwann überkommt mich unruhiger Schlaf. ließt der junge Ganges und ich tröste mich mit dem Gedanken, daß ich wenigstens in einem heiligen Fluß lande, wenn ich schon kopfüber mit dem Jeep in die Schlucht stürze. Die Landschaft ist wunderschön, wilde Berglandschaft, einsame Bergdörfer, klare Luft. Wir halten zweimal zum Tee und Lunch, jedesmal werde ich von allen angestarrt, anscheinend ist man europäische Frauen nicht so gewohnt. Als wir endlich ankommen, ist es schon dunkel, und ich bin vollkommen erledigt. Ich werde freundlich begrüßt, bekomme noch etwas zu essen. Ich möchte warm duschen, aber heute geht das nicht mehr. Mein Bett ist total hart, das Zimmer scheint so eng. Ist es die Erschöpfung, daß ich den Tränen nahe bin oder was ist los. Swami Sivananda schaut von einem Bild auf mich herab und ich frage mich, ob das eine Prüfung ist oder so was. Bin ich so weit gereist, um das zu erleben? Irgendwann überkommt mich unruhiger Schlaf.
3. Tag
Um fünf Uhr morgens geht die Glocke. Ich schäle mich aus dem Bett und gehe zum Satsang. Bald ist es hell und endlich sehe ich den Ashram im Sonnenlicht! Es ist ein sehr kleines Gelände mitten im Tal, hübsch angelegt mit Blumenkästen und einer kleinen Wiese. Der Ganges fließt direkt vorbei, auf der anderen Seite bewaldete Berge. Eine Brücke aus Holz führt zur anderen Seite, auf der einige wenige Häuser zu sehen sind. Die Zimmer sind klein, aber o.k. Die Meditationshalle ist sehr klein, es wird gerade eine größere gebaut. Es gibt zwei Warmwasseranschlüsse, der Rest ist kalt. Geduscht wird nach indischer Methode mit Eimern, die mit heißem Wasser gefüllt werden, Toilettenpapier gibt's keins. Für mich mal wieder eine Premiere, nur die linke Hand zu benutzen, nach einigen Tagen völlig nebensächlich. Mit anderen Worten, alles sehr einfach und nichts für Luxusgewöhnte! Es gibt eine überdachte Terrasse, auf der die Yogastunden abgehalten werden, was mir gut gefällt, da man direkt auf den Ganges schauen kann. Meine Stimmung steigt von Stunde zu Stunde. Seltsamerweise bin ich trotz wenig Schlaf nicht sehr müde. Nach dem Satsang, der dem in Oberlahr ähnelt (zusätzlich gibt es noch ein sehr schönes Gangesarati), gibt es Chai, den köstlichen indischen Tee (mittlerweile mein Grundnahrungsmittel), dann die Asanastunde. Da heute Sonntag ist, fällt Karmayoga und die Yogastunde am Nachmittag aus. Sonntags kommen die Menschen aus den Bergdörfern in den Ashram und bekommen hier kostenlos Medizin. Die Asanastunde dauert zwei Stunden und gefällt mir gut. Es tut mir so gut, mich mal wieder zu bewegen und zu dehnen, Himalayaluft strömt durch meine Adern und gibt mir neue Kraft. Gelehrt wird die klassische Rishikeshreihe, jeweils zwei Stunden morgens und nachmittags, nach einer Woche steht mir der Sinn mal nach etwas Abwechslung, dennoch merke ich von Tag zu Tag meine Fortschritte. Anschließend wird gegessen. Wir sitzen auf der Terrasse in zwei Reihen gegenüber auf ausgerollten Teppichen, je einen großen Teller, eine Schüssel und einen Becher vor uns. Zwei Inder gehen mit Eimern herum und füllen Reis, Dhal und Gemüse auf Teller und Schüssel. Besteck gibt es keins, gegessen wird mit den Fingern der rechten Hand. Mal wieder eine Premiere und ziemlich ungewohnt. Das Essen incl. Chapatis ist köstlich. Wir sind ca. 10 Gäste und 10 Ashrambewohner, ein angenehm kleiner Kreis und total international. Amerikaner, Kanadier, Deutsche, Franzosen, alles dabei. Der Ashram hat Kapazität für ca. 15-20 Gäste, was ich sehr schön finde, da ich keine Freundin von yogischen Massenveranstaltungen bin. Man kommt schnell ins Gespräch, nach einigen Tagen ist es wie in einer Familie. Mit einigen habe ich bis heute Kontakt, was sehr für die Intensität und die Vertrautheit spricht, die dort herrscht. Nach dem Essen fahren wir die 8 km nach Uttar Kashi, d.h. wir halten einen alten Lastwagen an, der uns auf der Ladefläche mitnimmt. Wir sechs haben viel Spaß, die rasante Fahrweise und den Abgrund in die Schlucht übersehe ich geflissentlich. Danach schlendern wir durch die kleinen, typisch indischen Straßen, "shoppen" ein wenig und trinken Chai in den kleinen indischen Teeshops. Zurück im Ashram beschließen wir, ein kleines Bad im Ganges zu nehmen. Aber das Wasser ist so kalt, daß es nur für Füße und Gesicht reicht. Sunda, unser Ashram"chef", versichert mir aber, daß auch das schon zur Sündenreinigung reicht. Na also...
Das Wasser des Ganges ist klar und grün, wie ein Wildbach in den Schweizer Bergen mit ziemlich starker Strömung. Kaum zu glauben, daß das der gleiche Fluß ist, den ich sonst kenne, völlig dreckig und sehr breit. Ich lasse das Wasser über meine Füße laufen mit dem Wissen, daß es heiliges Wasser ist. Beim Gangesarati morgens und abends wenden wir uns dem Ganges zu und singen ein Mantra für Ganga, was ich sehr schön finde. Der Ganges hier wird natürlich wie überall in Indien sehr verehrt, immerhin ist die Quelle nicht weit und damit das Wasser besonders heilig. Es kann Einbildung sein, aber ich fühle mich danach wirklich etwas gereinigter, auch von innen, angefüllt mit neuer Kraft. Der Depri von gestern ist wie weggeblasen, ich fühle mich sehr wohl an diesem Ort mit Menschen, die das Gleiche wollen wie ich, einige Zeit diese spirituelle Umgebung auf sich wirken zu lassen und Yoga zu praktizieren. Und daß diese Gegend voller energetischer Schwingungen ist, merke selbst ich als geborene Skeptikerin, die erst mal alles hinterfragt, sofort. Welch ein Geschenk! Nach dem Abendessen ist eine Pause bis zur Meditation. Ich sitze auf meiner kleinen Terrasse vor meinem Zimmer und schaue auf den Ganges, der immer mehr in der Dunkelheit verschwindet. Fledermäuse fliegen haarscharf an meinem Kopf vorbei und auch über fehlende Insekten kann ich mich nicht beklagen, es kreucht und fleucht überall (ich schaue besser nicht genau hin...).
In meinem Zimmer bleibe ich weitgehend verschont, außer einer dicken Spinne, die in der Holzdecke wohnt und ab und zu direkt über meinem Bett Namaste sagt. Ich vereinbare mit ihr einen Sicherheitsabstand, an den sie sich auch strikt hält, also darf sie bleiben. Es gibt kaum Moskitos und was mich am meisten freut, keine Kakerlaken! Wahrscheinlich ist es ihnen dort oben zu kalt, denn besonders morgens ist ein dicker Pulli und Socken angesagt! Aber sobald die Sonne kommt, wird es wunderbar warm. Jetzt bin ich sehr froh, daß ich hier bin, und ich freue mich auf die nächsten Tage. Einige sind krank, besonders Erkältung und Magenprobleme, was aber nicht vom Essen kommt, denn das ist absolut o.k. Manche trinken das Wasser direkt aus der Leitung und das ist auch bei frischem Gangeswasser absolut schlecht für westliche Mägen! Ich verteile meine mitgebrachte Medizin und hoffe, daß ich verschont bleibe.
4. Tag
Der Tag verläuft friedlich. Der Zeitplan ist wie in Oberlahr, allerdings wird bereits um 5 Uhr aufgestanden, dann von 5.30-7.00 Uhr Satsang, 7.30 Uhr Yoga, 10 Uhr Lunch, 11 Uhr Karmayoga, 13.30 Uhr Tee, 16.00-17.45 Uhr Yoga, 18 Uhr Abendessen, 19.30 Uhr Satsang, 21.30 Uhr Licht aus. In den Pausen relaxe ich, genieße die Natur, sitze am Ganges, lese, erzähle mit den Mityogis. Fast vier Stunden Yoga am Tag ist mir ein bißchen viel, mal sehen, wie es mir die nächsten Tage damit ergehen wird. Am Mittag kommen Kinder aus den Nachbardörfern, um uns zu besuchen und zu begrüßen. Sie sind überhaupt nicht scheu, lachen und winken und rufen ununterbrochen das unvermeidliche "Namaste". Allerdings begehe ich den Fehler, ihnen ein paar Kekse zu geben und schon habe ich einen ganzen Schwung auf der Terrasse. Suksmita, Mitarbeiterin im Ashram, rät mir dringend davon ab, da ich sie dann nicht mehr loswerde für die nächsten zwei Wochen. Jennifer, eine Kanadierin, und Suksmita bearbeiten mich, ein Drei-Tages-Trekking zur Gangesquelle mitzumachen, aber ich scheue noch davor zurück. Meine Stimmung ist immer noch gut, außer ein paar Müdigkeitsaussetzer, aber das schiebe ich auf den Jetlag.
6. Tag
Heute morgen gibt es anstatt Satsang eine Gehmeditation. 1 1/4 Stunde am Ganges entlang in das kommende Tageslicht hinein und über einer Brücke zurück auf der anderen Seite, die Luft ist klar und frisch, der Tag beginnt. Schweine- und Kuh-hirten kreuzen unseren Weg, die einzelnen kleinen Berghäuser erwachen zum Leben. Unser Sunda wird von jedem begrüßt, hier kennt jeder jeden. Die Kinder falten die Hände vor der Brust, lachen und grüßen "Namaste", selbst die kleinsten. Es ist so friedlich hier, obwohl die Armut aus allen Ecken zu schreien scheint. Aber die Leute scheinen mit sich zufrieden. Die Kinder haben kein Spielzeug und laufen in völlig alten Sachen herum, aber ihre Augen strahlen und sie scheinen glücklich. Nach dem Yoga beschließe ich, in die "Stadt" nach Uttar Kashi zu fahren, um einige Besorgungen zu machen. Auf den 8 km dahin halten regelmäßig Jeeps, die man anhalten muß. Auf der Hinfahrt kein Problem. Ich sitze völlig zusammengequetscht mit 13! Indern in einem Jeep, in den normalerweise höchstens sechs oder sieben passen. Auf der Rückfahrt habe ich weniger Glück. Schwer bepackt muß ich fast den gan-zen Weg zu Fuß gehen. Die Landschaft ist wunderschön, aber es ist sehr heiß. Erschöpft komme ich im Ashram an, bekomme Chai und Apfelkompott zur Stärkung und auf gehts gleich zum Yoga! Obwohl ich heute viel gemacht habe und eigentlich normalerweise völlig fertig sein müßte, bin ich voller Energie. Dieser Platz ist so energetisch, die Luft scheint zu vibrieren. Ich lese Mother Ganga von Swami Sivananda und halte meine Füße in das heilige Wasser des Ganges. Welche Lektüre wäre wohl geeigneter? Ich bin dankbar, daß ich an diesem Platz sein darf, singe das Ganga Mantra und verneige mich.
7. Tag
Mittlerweile bin ich von meinen Ashramaufenthalten, Retreats und Workshops gewohnt, daß es auch Krisentage gibt, bei mir ca. nach einer Woche. Heute ist es soweit. Ich bin müde und gereizt, sehne mich nach meinem gewohnten Frühstück, fühle mich in der Yogastunde völlig steif. Nichts geht. Beim Wäschewaschen zerre ich mir die Schulter, kann mich kaum noch bewegen. Es reicht. Ich gehe zum Fluß und schaue in das klare, grüne Wasser, wie es vorbeirauscht. Ein Fisch springt heraus und taucht wieder unter. Das Rauschen des Wassers und die Schönheit der Natur stimmen mich ruhiger und friedlicher.
Ich habe beschlossen, mit auf das Trekking zu gehen. Schließlich kann ich mir nicht die Quelle des Ganges entgehen lassen! Die Meditation gestern abend war eine neue Erfahrung. Ich mag diese Abendmeditationen sehr. Die Luft ist voller Gezirpe der Grillen und Vogelstimmen, das Rauschen des Ganges, der ideale Meditationsrahmen. Ich sehe glasklare Bilder vor mir, einen See, einen Wald, einen Felsen. Illusion oder Vision? Egal, es ist eine sehr tiefe Erfahrung. Wir sind mittlerweile nur noch sieben Gäste. Zusammen mit den Ashrambewohnern ca. fünfzehn, eine große Familie. Und so geht es auch zu, sehr persönlich und familiär. Jeder hilft jedem irgendwie weiter und bei Suksmitas ansteckender Fröhlichkeit bleibt niemand lange traurig.
8. Tag
Heute morgen sind wir vor Sonnenaufgang zu dem Felsen gegangen, wo Swami Vishnus Körper im Ganges beigesetzt wurde (Novemver 1993). Er ist nur ein paar Meter vom Ashram entfernt. Welch ein spiritueller Platz zur Meditation und zum Satsang! Es wird langsam hell, das Leben um uns herum erwacht. Zwei junge Frauen kommen zu Fuß und baden im Ganges, der ca. 8 Grad kalt ist, während ich eingehüllt in Decke und Sweatshirt sitze! Ich komme mir ziemlich verweichlicht vor. Auf der anderen Uferseite erscheint eine ganze Affenfamilie und scheint uns beim Singen zu beobachten. Ich beschließe, so oft wie möglich an diesen Platz zu gehen, um zu meditieren. Die aufgehende Sonne spiegelt sich rötlich in den kleinen Kumuluswolken, die wie Wattebäusche am Himmel hängen. Auf der anderen Seite steht ein winziges Haus oder eher ein Verschlag, notdürftig mit Blech überdacht. Rinder stehen davor, ein kleiner Junge serviert ihnen ihr Heufrühstück. Ein kleines Feuer wird vor der Behausung angezündet, der Junge holt mit einem Blecheimer Wasser aus dem Ganges. Ich fühle mich um Jahrhunderte zurückversetzt.
Nach dem Essen fahren wir nach Uttar Kashi, um ein paar Sachen für den Trek zu besorgen, Schals und Mützen. Es soll sehr kalt sein da oben, immerhin 4000 Meter hoch. Wir trinken Chai und probieren in einer Bäckerei sämtliche Leckereien, daß mir abends hundeübel ist...
Abends findet eine Puja statt. Es ist das Fest der Navatrari, welches acht Tage dauert und am Abend mit einer Puja beendet wird. Ich weiß nicht, wie oft ich OM PRAHA SHAKTI NAMAHA singe und dabei Reis ins Feuer werfe, aber insgesamt sind es fast 1,5 Stunden.
9. Tag
Die Süßigkeiten liegen mir immer noch im Magen, doch die Homa, die um sechs Uhr morgens draußen stattfindet, hat anscheinend soviel heilende Energie, daß es mir bald wieder gut geht. Heute ist es sehr heiß, die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sind schon gewaltig. Morgens bei der Meditation sitze ich hier mit Decke und Sweatshirt, mittags ist es in der Sonne nicht auszuhalten. Ich bin gespannt auf unser Trekking, übermorgen geht's los.
11. Tag
Heute morgen sind wir um 11 Uhr nach dem Lunch gestartet. Erst geht es nach Gangotri, wo wir in Swami Vishnus Höhle übernachten wollen. Wir sind alle mächtig gespannt und auch ein bißchen aufgeregt. Immerhin soll es auf über 4000 m Höhe gehen! Gangotri liegt ca. 3000 m hoch, das ist auch ein Grund, warum wir dort übernachten werden, um uns an die Höhe zu gewöhnen. Es geht vier Stunden per Jeep, die Serpentinen hoch und runter, durch die tiefe Schlucht des Ganges. Die Szenerie ist fantastisch und trotz der Enge (wir sind zu zwölft in einem Jeep!) sind wir alle gut drauf. Um 16.30 Uhr erreichen wir Gangotri, ein kleines Dorf, malerisch in der Gangesschlucht liegend. Zu Swamis Höhle sind es ca. 15 Minuten zu Fuß durch die "Hauptstraße", wo rechts und links kleine Stände alles mögliche anbieten. Es ist deutlich kälter hier und die Luft merklich dünner. In Swamis Höhle erwartet uns Panditji, der seit Jahren hier lebt und Swami Vishnu bis zu seinem Tod gedient hat. Der winzige Ashram besteht aus einem Vorraum, ein Raum im ersten Stock und der eigentlichen Höhle, wo Swami Vishnu lange Zeit gelebt und Sadhana praktiziert hat. Sie liegt dicht am rauschenden Ganges und ist ein wirklich heiliger, spiritueller Platz. Es gibt kein warmes Wasser und keinen Strom, gekocht wird draußen auf einer kleinen Feuerstelle. Wir müssen uns mit dem Essen beeilen, da es sonst stockdunkel wird. Manu und B.J., unsere indischen Begleiter zaubern schnell ein köstliches Kichari herbei. Es wird nicht ganz dunkel, wir haben fast Vollmond und die Schlucht ist in helles Mondlicht getaucht. Die Luft ist klirrend und klar. Unser Abendsatsang findet natürlich in Vishnus Höhle statt. Sie ist nicht sehr groß, wir elf passen gerade hinein. Vor dem kleinen, in den Felsen gehauenen Altar steht sein Bett, das er benutzt hat. Die Meditation ist sehr intensiv, man spürt diese spirituelle Energie in der Luft, die Swami Vishnu hinterlassen hat, alles scheint zu vibrieren. Die Atmosphäre ist schwierig mit Worten zu beschreiben, es ist eines meiner spirituellsten Erlebnisse bisher.
Wir gehen früh zu Bett, die nächsten Tage werden trotz aller Energie anstrengend. Mein Magen ist nicht ganz fit, Ken hat Höhenprobleme. Wir hoffen auf Besserung.
12. Tag
Der Tag beginnt wie üblich mit Satsang, wieder in Swamis Höhle. Nach einem kräftigen Frühstück geht's dann los. Wir nehmen nur das Nötigste mit, immerhin wollen wir die nächsten zwei Tage 36 km bis 4000m Höhe bewältigen. Heute gehen wir bis zu einem Ashram bis 4 km vor Gomuk, der Quelle des Ganges, um dann morgen sehr früh direkt bis zur Quelle und den ganzen Weg wieder zurück zu wandern, ca. 22 km. Ich bin noch nie so weit gewandert in zwei Tagen und frage mich ernsthaft, ob ich das schaffe. Aber es geht leichter, als ich dachte. Das Wetter ist gut, der Wind bläst kräftig, die Berglandschaft ist wunderschön und wir halten regelmäßig zum Chai und Keksen. Wir überqueren kleine Bäche, die von den Felsen herunterstürzen, wandern an steil abfallenden Wänden entlang (auch für nicht ganz Schwindelfreie wie mich machbar) und halten immer wieder kurz an, um die Berge und die wilde Landschaft um uns herum zu betrachten. Nach sieben Stunden erreichen wir unser Ziel. Da der Ashram fast komplett belegt ist, erhalten wir mit Mühe und Not noch einen Verschlag, in dem wir wie die Ölsardinen nebeneinander liegen. Da es sehr kalt ist (-5 Grad), haben wir alles an, was wir mithaben. Trotz der Kälte und aller Einfachheit ist die Stimmung gut. Wir singen Schlaflieder in unterschiedlichen Sprachen und versuchen, zumindest etwas Schlaf zu bekommen. Es ist uns nicht gelungen. Kaum einer hat ein Auge zugetan, entweder aufgrund der Kälte oder der Höhe (ich hatte die ganze Nacht Herzklopfen). Vor Sonnenaufgang machen wir uns auf in den eiskalten Morgen Richtung Gomuk. Nach vier recht beschwerlichen Kilometern über Stock und Stein haben wir es geschafft. Aus meterhohen Felsen, die sich bei näherem Hinschauen als reines Eis entpuppen, kommt sie herausgeströmt, die Quelle des Ganges. Ehrfürchtig stehen wir davor und betrachten schweigend das sprudelnde Wasser. Wieviele Menschen in Indien würden alles darum geben, jetzt hier zu stehen. Der Höhepunkt steht uns natürlich noch bevor, ein Bad im Gangeswasser, um uns von allen Sünden zu befreien! Jedoch zögern wir, immerhin ist es höchstens 5 Grad in der Luft, das Wasser um den Gefrierpunkt. Aber da hilft nichts, Sachen runter, kurz mit einem Schrei ins Wasser, geschafft! Vorsichtshalber lasse ich es fotographisch festhalten, das glaubt mir zu Hause sonst kein Mensch! Zähneklappernd hüpfen wir herum, um uns wieder aufzuwärmen, selbst die Aussicht auf einen eventuellen Schnupfen kann uns dieses Erlebnis nicht verderben. Wir bedanken uns bei Mutter Ganga und machen uns auf den langen Rückweg. 18 km hoch und runter liegen noch vor uns. Die letzten sind dann wirklich anstrengend. Wir sind alle froh, als wir wieder in Swamis Höhle in Gangotri sind. Nach dem Essen gehen ein paar von uns noch zur Puja in den Tempel von Gangotri. Was für ein Abschluß eines unbeschreiblichen Tages!
13. Tag
Wieder schlecht geschlafen trotz der körperlichen Anstrengung. Um 5.30 Uhr geht's zurück nach Sivananda Kurtir. Die Wackelei auf dem Jeep nervt mich heute etwas, ich bin totmüde und möchte endlich mal wieder heiß duschen. Auch die Szenerie im aufkommenden Tageslicht kann mich heute nicht beeindrucken. Glücklicherweise halten wir in Gangagni an heißen Quellen, in die ich mich nur zu gerne fallen lasse. Danach gibt's meinen geliebten Chai und ein paar Snacks. Jetzt bin ich gestärkt und kann den Tag wieder mit alter Frische beginnen. Um 11 Uhr sind wir wieder zu "Hause", werden mit einem Lunch erwartet und fallen alle totmüde in die Betten. Am Nachmittag lasse ich alles noch einmal in Gedanken an mir vorüberziehen. Die Eindrücke der letzten Tage waren fast zuviel. Ich muß alles erst noch verarbeiten. Sunda lobt uns am Abend, daß wir wirklich eine tolle Gruppe waren, die sich gegenseitig unterstützt und viel Energie gegeben hat. Ich habe soviel Glück gehabt, daß ich mit dabei sein durfte, denn dieses Trekking findet nur einmal im Jahr statt! Ich kann immer noch nicht glauben, daß ich tatsächlich in der Quelle des Ganges gebadet habe. Beim Satsang abends danke ich allen Göttern für diese Zeit hier.
14.-16. Tag
Ausruhen ist angesagt, Asanastunden, Satsang, mit Leuten reden, alleine sein. Heute habe ich zum ersten Mal Lust auf ein Vollkornbrot und frischen Salat, komisch. Einige Leute verabschieden sich, es tut mir leid, wir waren eine richtige kleine Familie. Ich freue mich auf Rishikesh, bin gespannt, wie die letzten Tage meiner Reise sich gestalten werden.
19.-21. Tag
Sehr früh stehen wir auf, um den 5.30 Uhr Bus nach Rishikesh zu bekommen. Ich verabschiede mich von allen (außer vier Frauen, die mit mir kommen). Manu, unser Fahrer, und B.J., der junge Inder, der immer überall mithilft, fahren uns zur Bushaltestelle und winken zum Abschied. Ich bin ein bißchen traurig. Die Fahrt über lasse ich die Landschaft noch einmal auf mich wirken, die Schluchten, die Berge, der blaue Himmel. Anita und Mandala fahren weiter nach Dharamsalam, Kim wird mich nach Rishikesh begleiten. In Rishikesh besorge ich mir erst mal ein Zugticket nach Delhi, diesmal ohne Probleme. Die kommen dann bei der Zimmersuche. Nix zu machen, alles voll, außer die letzten Löcher. Kim weiß Gott sei Dank eine Ecke etwas außerhalb namens Laxman Jula, wo wir dann endlich etwas finden. Wir sind total kaputt, Chai muntert uns etwas auf. Wir laufen etwas durch die Gegend und finden ein kleines Cafè, das frisches braunes Brot hat! Wir essen soviel davon, bis uns fast schlecht wird. Ich finde den Sivananda Ashram und beschließe, am nächsten Tag mir richtig Zeit dafür zu nehmen. Aber wie immer kommt es anders. Rishikesh gefällt mir recht gut, jedenfalls der Teil mit den Ashrams rechts und links vom Ganges, der Rest ist mir zu laut und zu schmutzig. Ich bin an die Ruhe und den Frieden der Berge gewohnt, der Lärm und die Hektik nerven. Abends essen wir in der Nähe unserer Bleibe in einem kleinen Restaurant, wo man zusehen kann, wie alles frisch zubereitet wird. Das Essen ist köstlich, wir essen und essen, sehr unyogisch. Aber es ist einfach zu gut! Dann bummeln wir noch etwas durch die kleinen Straßen, die Atmosphäre hier etwas abseits vom Rummel ist sehr viel angenehmer als in Rishikesh selbst. Am anderen Tag schauen wir uns Rishikesh etwas genauer an, konsultieren einen ayurvedischen Arzt für unsere Wehwehchen, bummeln durch die Straßen und mein Rucksack füllt sich bedenklich mit Souvenirs... Für den Ashram ist es zu spät geworden, also werde ich den nächsten Tag nutzen, um dort eine Weile zu sein. Kim wird früh wieder nach Uttar Kashi zurückfahren, mein Zug nach Delhi geht erst abends.
Der Tag beginnt wie üblich mit Satsang, wieder in Swamis Höhle. Nach einem kräftigen Frühstück geht's dann los. Wir nehmen nur das Nötigste mit, immerhin wollen wir die nächsten zwei Tage 36 km bis 4000m Höhe bewältigen. Heute gehen wir bis zu einem Ashram bis 4 km vor Gomuk, der Quelle des Ganges, um dann morgen sehr früh direkt bis zur Quelle und den ganzen Weg wieder zurück zu wandern, ca. 22 km. Ich bin noch nie so weit gewandert in zwei Tagen und frage mich ernsthaft, ob ich das schaffe.
Aber es geht leichter, als ich dachte. Das Wetter ist gut, der Wind bläst kräftig, die Berglandschaft ist wunderschön und wir halten regelmäßig zum Chai und Keksen. Wir überqueren kleine Bäche, die von den Felsen herunterstürzen, wandern an steil abfallenden Wänden entlang (auch für nicht ganz Schwindelfreie wie mich machbar) und halten immer wieder kurz an, um die Berge und die wilde Landschaft um uns herum zu betrachten. Nach sieben Stunden erreichen wir unser Ziel. Da der Ashram fast komplett belegt ist, erhalten wir mit Mühe und Not noch einen Verschlag, in dem wir wie die Ölsardinen nebeneinander liegen. Da es sehr kalt ist (-5 Grad), haben wir alles an, was wir mithaben. Trotz der Kälte und aller Einfachheit ist die Stimmung gut. Wir singen Schlaflieder in unterschiedlichen Sprachen und versuchen, zumindest etwas Schlaf zu bekommen.
Es ist uns nicht gelungen. Kaum einer hat ein Auge zugetan, entweder aufgrund der Kälte oder der Höhe (ich hatte die ganze Nacht Herzklopfen). Vor Sonnenaufgang machen wir uns auf in den eiskalten Morgen Richtung Gomuk. Nach vier recht beschwerlichen Kilometern über Stock und Stein haben wir es geschafft. Aus meterhohen Felsen, die sich bei näherem Hinschauen als reines Eis entpuppen, kommt sie herausgeströmt, die Quelle des Ganges. Ehrfürchtig stehen wir davor und betrachten schweigend das sprudelnde Wasser. Wieviele Menschen in Indien würden alles darum geben, jetzt hier zu stehen. Der Höhepunkt steht uns natürlich noch bevor, ein Bad im Gangeswasser, um uns von allen Sünden zu befreien! Jedoch zögern wir, immerhin ist es höchstens 5 Grad in der Luft, das Wasser um den Gefrierpunkt. Aber da hilft nichts, Sachen runter, kurz mit einem Schrei ins Wasser, geschafft! Vorsichtshalber lasse ich es fotographisch festhalten, das glaubt mir zu Hause sonst kein Mensch! Zähneklappernd hüpfen wir herum, um uns wieder aufzuwärmen, selbst die Aussicht auf einen eventuellen Schnupfen kann uns dieses Erlebnis nicht verderben. Wir bedanken uns bei Mutter Ganga und machen uns auf den langen Rückweg. 18 km hoch und runter liegen noch vor uns. Die letzten sind dann wirklich anstrengend. Wir sind alle froh, als wir wieder in Swamis Höhle in Gangotri sind.
Nach dem Essen gehen ein paar von uns noch zur Puja in den Tempel von Gangotri. Was für ein Abschluß eines unbeschreiblichen Tages!
Jetzt sitze ich hier und versuche, die ganzen Eindrücke und Bilder der letzten Wochen an mir nochmal vorbeiziehen zu lassen. Ich werde wohl einige Zeit brauchen, um alles zu verarbeiten, ich habe soviel erlebt. Ich bin an den Orten gewesen, wo Swami Sivananda und Swami Vishnu Devananda gelebt und meditiert haben, ich habe Asanas, Pranayama und Satsang praktiziert, die Schönheit des Himalaya erlebt, viele nette Menschen kennengelernt und im Ashram gelebt. Diese Fülle mit allen Höhen und Tiefen läßt sich kaum in diesen Zeilen wiedergeben, es kann nur ein flüchtiger Eindruck entstehen, aber es war die aufregendste und spirituellste Reise meines Lebens.
OM NAMAH SHIVAJA
Sivananda Yoga München
Eindrücke und Gedanken einer spirituellen Indien-Reise - von Anni und Siegfried Attner
Das Abenteuer beginnt ...
Am Morgen des 20. November 2000 traf sich unsere Gruppe von 24 Teilnehmern vor dem Abfertigungsschalter der Kuwait Airlines in Frankfurt, um gemeinsam eine vom Haus Yoga Vidya e.V. veranstaltete spirituelle Reise nach Rishikesh – dem „Ort der Rishis (Seher)“ – zu unternehmen. Nach der Gepäckabfertigung, den Sicherheits- und Paßkontrollen waren unsere Begleiter Sukadev, Shivakami, Suguna und Keshawa und auch wir selbst sichtlich erleichtert, als wir alle im Flugzeug unsere Plätze eingenommen hatten und um 12.00 Uhr starteten.
Nach 5 ½ Stunden Flugzeit landeten wir in Kuwait, wo wir vier Stunden Aufenthalt hatten. Nach weiteren 4 ½ Flugstunden mit Kuwait Air landeten wir schließlich um 5 Uhr morgens Ortszeit am 21. November in New Delhi. Der Zeitunterschied betrug ebenfalls 4 ½ Stunden. Wir waren alle sehr froh, endlich dazusein.
Verglichen mit europäischen Flughäfen machte die Ankunftshalle von New Delhi einen eher ärmlichen und verwahrlosten Eindruck. Trotzdem klappte die Gepäckausgabe und auch unseren Bus, der uns nach Rishikesh bringen sollte, fanden wir schließlich. Nach dem Verladen des Gepäcks im Businneren kletterten wir über Koffer und Taschen, um schließlich recht und schlecht einen Sitzplatz für die vor uns liegende sechsstündige Busfahrt zu finden. Dann fuhren wir los über holprige Straßen und mit lautem Hupen. Das Hupen ist hier üblich und soll unter anderem die Überholabsicht signalisieren. Unsere Ohren mußten sich an diese Praxis erst einmal gewöhnen. Aber es ist durchaus eine sinnvolle Maßnahme, um Unfälle zu vermeiden!
Von Delhi nach Rishikesh
Trotz der morgendlichen Dunkelheit konnte ich entlang der Straße die ärmlichen Behausungen sehen, die nicht gerade einen einladenden Eindruck machten. Da dies meine erste Indienreise war, war ich über diesen Anblick schon ziemlich schockiert. Meilenweit, wohin ich auch schaute, das gleiche Bild: windschiefe, ärmlich anmutende Bretterbuden mit Rolläden, die zu dieser frühen Tageszeit noch heruntergelassen waren. Später konnte ich feststellen, daß es sich um Ladenfronten oder auch Werkstätten für Autoreparaturen, Schreinereien oder andere Handwerksbetriebe handelte. Daneben oder auch dahinter lagen wohl auch Wohnstätten der Ladenbesitzer. Zwischen den Ladenzeilen gab es dann auch zeltartige Gebilde aus Strohmatten oder Wellblechhütten, die ebenfalls als Unterkünfte dienten. Dazwischen liefen Kühe, Ochsen und Schweine herum. Mir bot sich ein Bild, wie es vielleicht bis vor einigen hundert Jahren auch bei uns üblich gewesen sein mag. Fließendes Wasser war – wohl kostenlos für jedermann – an Zapfstellen entlang der Straße zu haben. Hier im Freien wird die morgendliche Toilette bewerkstelligt, bevor der Arbeitsalltag beginnt. Dazwischen gibt es Brachland oder Zuckerrohrfelder. WCs in den Wohnungen scheinen aber nicht üblich zu sein, so daß dazu nur die freie Natur verbleibt. In Indien spielt sich überhaupt das Leben weitgehend auf der Straße ab.
Nach der halben Fahrzeit gab es für uns eine kurze Pause in einem Rasthaus mit wunderschön gepflegten Gärten, wohl für die etwas wohlhabenderen Schichten. Hier bekamen wir auch unser erstes indisches Frühstück.
Wir fuhren weiter, immer bergauf, passierten Haridwar und den Ort Rishikesh und auch hier immer das gleiche Bild: ein buntes Treiben, Geschäftigkeit, Chaos, Schmutz, Armut und trotzdem lächelnde, froh gestimmte Menschen, die das Leben so anzunehmen scheinen, wie es eben ist. Zu unserem Ziel, dem Wallfahrtsort Muni-ki-reti bei Rishikesh am Fuß des Himalaya war es jetzt nicht mehr weit. Es ging nochmals steil bergauf und dann waren wir endlich gegen Mittag im Sivananda Ashram angekommen.
Im Sivananda Ashram am Fuß des Himalaya
Nach einer herzlichen Begrüßung durch Shri Karthikeyan, der für unsere Gruppe alles vorbildlich organisiert hatte, und nach dem Abladen unseres Gepäcks bekamen wir unsere Zimmer zugewiesen, die alle im gleichen Haus, dem Ishwari Bhawan, lagen. Der Eingang des vierstöckigen Flachbaus war mit einem Scherengitter gegen die auf dem Ashramgelände lebenden Affenfamilien gesichert und seine Fenster mit Fliegengittern versehen. Unser geräumiges Zimmer war mit zwei Betten, zwei Stühlen, einem Tisch und einem in die Wand eingebauten Regal ausgestattet. Ein Vorraum mit Spülbecken, der wohl als Küche dienen könnte, gehörte ebenso zu unserer Unterkunft wie ein Bad mit Waschbecken, Toilette und zwei großen Eimern und zwei Plastikbechern. Letztere waren die Utensilien, die aus Wasserspargründen als Dusche dienten. Nach ein bißchen Üben gewöhnten wir uns daran. Für die nächsten zwei Wochen waren wir hier gut untergebracht. Nun mußten noch einige Formalitäten bei der Ashram-Rezeption erledigt werden.
De Sivananda Ashram, einer der größten in Indien, ist auf hügeligem Gelände oberhalb der heiligen Ganga angelegt und umfaßt zahlreiche Tempel, Yoga- und Meditationshallen sowie Nebengebäude, die Yoga Vedanta Forest Academy, eine eigene Druckerei, eine Bibliothek, ein Krankenhaus und Unterkünfte für die Swamis (Mönche), Mitarbeiter und Gäste. Unter den 120 Swamis, die hier leben, befinden sich auch noch einstige Schüler Sivanandas, die eine hohe Bewußtseinsebene erreicht haben.
Von der Anhöhe bietet sich ein malerischer Blick auf den Ganges, die Hängebrücke und die auf dem gegenüberliegenden Ufer gelegenen zahlreichen anderen Ashrams.
Das ganze Gelände ist gepflastert bzw. asphaltiert und macht einen sehr sauberen und gepflegten Eindruck. Die Atmosphäre hier ist sehr friedlich und getragen und die positive Energie ist überall zu spüren. Die Swamis in orangefarbene Tücher gehüllt, die Brahmacharis in weiß und alle anderen Menschen, denen man hier begegnet, strahlen viel Ruhe und Gelassenheit aus. Der hier übliche Gruß „Hari Om“ wird von den meisten mit einem freundlichen Lächeln erwidert.
An unserem Ankunftstag bekamen wir dann noch ein Abendessen in einem speziell für uns zur Verfügung gestellten Speisesaal, mit Tischen und Stühlen ausgestattet. Alle anderen Bewohner und Gäste bekamen ihre Mahlzeiten in einem großen Eßsaal auf dem Boden sitzend serviert. Das Essen für uns war einfach aber sehr schmackhaft, nur mild gewürzt und sehr bekömmlich. Es wurde von liebenswürdigen jungen Brahmacharis und Helfern gekocht und serviert. Unser erster Tag klang dann mit dem Abendsatsang aus und nach 36 Stunden ohne Schlaf fielen wir todmüde ins Bett.
Intensives Sadhana (spirituelle Praxis)
Da es sich, wie uns schon vorher bekannt gewesen war, um eine spirituelle „Pilgerreise“ handelte und wir hier waren, um intensives Sadhana (spirituelle Praxis) zu üben, uns von der starken Schwingung im Sivananda Ashram inspirieren zu lassen, die Wirkungsstätte von Swami Sivananda kennenzulernen, Swami Sivanandas Gegenwart und Nähe zu erfahren und schließlich am Fuß des Himalaya, an den Ufern des heiligen Ganges zum eigenen Selbst zu kommen, gestaltete sich unser Tagesablauf wie folgt:
5.00-6.00 Uhr einleitende Mantras mit anschließender 30minütiger stiller Meditation und kurzem Vortrag in englischer Sprache im Samadhi Shrine 6.00-7.00 Uhr Kirtan, Shiva Puja, Arati im Vishvanath-Tempel 7.30h Uhr Frühstück 8.30 Uhr Asanas 10.00-11.30h Vortrag verschiedener Swamis, speziell für unsere Gruppe Yoga Vedanta Forest AcademyNachmittag zur freien Verfügung alternativ: 14.30 Uhr Tee bei Swami Hamsananda neben Post Office anschließend Sanskrit-Unterricht bei Swami Hamsananda 17.30-18.15h Bhajan, Kirtan und Ganga Arati im Sivananda Kutir 18.40h Abendessen 19.30-ca. 22.00Abend-Satsang mit Kirtan, Rezitation der Bhagavad Gita und Vortrag im Samadhi Shrine Wer noch mehr Spiritualität praktizieren wollte, war auch jederzeit beim Maha Mantra Kirtan (Singen von „Hare Rama Hare Krishna“) willkommen, das Tag und Nacht in der Bhajan Hall rezitiert wurde. Daneben gab es die Bibliothek mit einem Nachmittags-Satsang nur für Frauen sowie die Möglichkeit, für sich selbst im Haus von Swami Sivananda zu meditieren.
Wie man sieht, war unser Tag mit spirituellen Praktiken und Ritualen ausgefüllt, wie sie uns ja auch schon vom Haus Yoga Vidya her bekannt sind. Dies alles am Wirkungsort von Sivananda zu zelebrieren war für uns alle ein einmaliges Erlebnis, obwohl vieles auch eher befremdend wirkte, zum Beispiel die ohrenbetäubende mechanische Trommel während des Arati am Ende der Shiva Puja.
Bei vielen Ritualen konnte ich immer wieder Parallelen zu unseren christlichen Riten feststellen und ich lese auch immer wieder in allen Büchern der indischen Meister – und auch Swami Sivananda bringt es immer wieder zum Ausdruck -, daß wir unsere eigene Religion pflegen sollten.
Hier noch einige Anmerkungen zu den einzelnen Tempeln:
Beim Samadhi Shrine handelt es sich um eine riesige Halle, in der sich an einem Ende das Grabmal Sivanandas befindet und es sind auch viele überlebensgroße Bilder von Sivananda aufgestellt. Seine Energie ist allgegenwärtig und spürbar.
Auch der Vishvanath-Tempel ist ein monumentales Bauwerk mit einem offenen Innentempel, in dem täglich mehrmals eine Shiva Puja zur Verehrung des Lingam als Symbol Shivas, durchgeführt wird – ein sehr erhebendes Ritual. Einmal durfte unsere Gruppe an diesem Ritual mitwirken, was eine große Ehre für uns war. Das ununterbrochene Rezitieren durch den Priester von Mantras während der Zeremonie hat uns die göttliche Energie spüren lassen.
Im Samadhi Shrine wurde an einem Donnerstag abend speziell für uns von Shri Karthikeyan eine Paduka Puja arrangiert, die an diesem heiligen Ort ganz besonders erhebend auf uns wirkte. Auch der abendliche Kirtan im Samadhi Shrine, angeleitet von einer Gruppe junger Brahmacharis, wohl der Musikergruppe des Ashrams, die mit viel Rhythmus und Begeisterung musizierten, war ein Erlebnis und eine erfreuliche Erfahrung für uns. An zwei Abenden durfte unsere Gruppe ebenfalls den Satsang musikalisch gestalten, was einen Begeisterungssturm auslöste. Im Verlauf des Abend-Satsangs gab es auch immer interessante Vorträge, die von Sukadev übersetzt oder später erklärt wurden.
Im Sivananda Kutir am Ufer des Ganges, wo Sivananda viel seiner Zeit in Zurückgezogenheit und Gebet zugebracht und auch seinen Körper verlassen hat, war viel Energie und Kraft zu spüren. Dort verneigen sich seine Verehrer und knien andächtig vor seinem Bett nieder, um Kraft zu schöpfen. Das abendliche Arati zur Verehrung der heiligen Ganga (Ganges) war eine feierliche Handlung, die mich tief beeindruckt hat. Blüten, Licht und Prasad wurden symbolisch dem lebensspendenden Fluß geopfert.
Am Nachmittag bot sich Gelegenheit, Swami Hamsananda, einen überaus liebenswerten direkten Schüler von Swami Krishnananda, der schon seit den 1960er-Jahren im Ashram lebt, zum Tee zu besuchen. Dabei konnte man ihm alle möglichen Fragen stellen und auch Sanskrit bei ihm lernen, wovon einige aus unserer Gruppe Gebrauch machten.
Obwohl die Vedanta Forest Academy, die Yoga-Universität des Ashrams, während der Wintermonate geschlossen ist, wurden speziell für unsere Gruppe Vorträge arrangiert, die alle sehr interessant waren. Ganz besonders aber haben die Vorträge von Swami Padmanabhananda, einem ehemaligen Ingenieur aus der gehobenen indischen Bevölkerungsschicht, einen unvergeßlichen Eindruck auf uns alle gemacht, was wohl auch an seiner liebevollen und überzeugenden Persönlichkeit und Ausstrahlung lag. Es war erhebend und belebend, ihm zuzuhören, wenn er aus der Bhagavatam (indische Schrift) zitierte. Auch alle anderen Referenten gaben uns tiefe Einblicke in die Yoga- und Vedanta-Lehre.
Ein Havan (Feuerzeremonie), die speziell für unsere Gruppe zelebriert wurde, wird für alle ein unvergeßliches Erlebnis bleiben.
Dieser Ashram ist wahrlich ein sehr spiritueller Ort und wir sind sehr dankbar, daß wir die spirituelle Schwingung erleben durften.
Haridwar, die heilige Stadt
Auf unserem Programm standen auch einige Ausflüge. So fuhren wir an einem Nachmittag nach Haridwar, einem der heiligsten Pilgerorte Indiens, wo sich alle sieben Jahre Millionen Pilger zu spirituellen Feiern und Gottesverehrung treffen. Zuerst besuchten wir einige Tempel, unter anderem auch den Samadhi-Schrein von Anandamayi Ma, von dem eine wunderbare Energie ausstrahlte. Am Ufer des Ganges angekommen, ließen wir erst unser Blumenschiffchen mit Kerze den Fluß hinuntergleiten und setzten uns ans Flußufer, denn es schien, daß jetzt nach Einbruch der Dunkelheit die Zeremonie bald beginnen würde. Einige der Pilger waren noch dabei, ihr rituelles Bad in der eisigen Ganga zu nehmen. Ehe es uns bewußt wurde, machte uns ein junges Mädchen einen roten Punkt aufs Ajna Chakra (Energiepunkt zwischen den Augenbrauen bis Mitte der Stirn bzw. Mitte des Kopfes) – gegen Bezahlung versteht sich. Dann begann das Schwenken der Lichter für das Arati (Lichtzeremonie) am gegenüberliegenden Flußufer. Über dieses Ritual war man in unserer Gruppe geteilter Meinung, wohl auch wegen der eher kommerziellen Seite des Geschehens. Die noch verbleibende Zeit nutzten wir im nahegelegenen Basar, um uns umzuschauen oder Einkäufe zu tätigen. Es war schwierig, sich der zahlreichen Bettler zu erwehren. Bald waren wir wieder alle vereint und waren froh, die Rückfahrt nach Rishikesh antreten zu können.
Swami Hamsananda begleitete uns an einem anderen Nachmittag, um den Kunjar Puri Devi-Tempel zu besuchen, der hoch oben in den Himalaya-Ausläufern liegt. Auf der Fahrt dorthin konnten wir die atemberaubende Schönheit dieser Landschaft bewundern. Aber auch hier die armseligen Hütten der Mittellosen. Der Aufstieg zum Tempel über viele Stufen lohnte sich und wir wurden mit einer grandiosen Aussicht belohnt. Ein roter Punkt auf das dritte Auge und eine Meditation auf einer Plattform mit Bick auf die großartige Bergkulisse schlossen unseren Besuch ab.
Ein weiterer Ausflug führte uns in die Vashishta-Höhle, in der der Weise Vashishta vor vielen, vielen Jahren gelebt und meditiert hat. Die Höhle liegt am Ufer des Ganges in einer ebenfalls sehr schönen Umgebung.
Langsam ging unsere Zeit im Sivananda Ashram zu Ende. Sie wird uns unvergeßlich bleiben. Unser Dank gilt allen, die uns mit so viel Liebe während dieser Zeit ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben.
Zurück nach Delhi
Die letzte Etappe unserer Reise, drei Tage in der 16-Millionen-Stadt Delhi, stand uns noch bevor. Nach unserem letzten Frühstück im Ashram und dem Verladen des Gepäcks – dieses mal auf das Dach des Busses – fuhren wir am 3. Dezember los. Wieder lag eine sechsstündige Busreise vor uns, die durch einen kurzen Aufenthalt an dem uns schon bekannten Rastplatz unterbrochen wurde. Am späten Nachmittag erreichten wir endlich unsere Bleibe für die nächsten Tage, das White Castle Hotel.
Der Sivananda Vidya Bhawan – eine großartige Einrichtung
Swami Nityananda wartete schon im Hotel auf uns und begrüßte uns mit Blumengirlanden und einer herzlichen Umarmung. Nachdem wir unsere Zimmer bezogen und uns auf die Gegebenheiten des Hotels eingestellt hatten, gab es Abendessen und das weitere Programm wurde besprochen.
Gleich am nächsten Morgen begrüßte Swamiji jeden von uns, indem er uns eine rote Rose überreichte. Der Besuch der von ihm gegründeten und auf Spendenbasis geführten Schule, Sivananda Vidya Bhawan genannt, für über tausend Kinder aus armen Familien stand auf dem Programm. Auf dem Weg dorthin besuchten wir die Gandhi-Gedenkstätte, an der sehr viel Energie zu spüren war. Wir besuchten auch eine Moschee, in der gerade ein Gottesdienst stattfand. Desweiteren wurde uns ein Einblick gewährt, wie die Menschen in einem Armenviertel leben. Für uns, an Wohlstand gewöhnt, ist es schwer vorstellbar, daß man so leben kann.
Als wir in der Schule von Swamiji ankamen, wurden wir mit einer Homa (Feuerzeremonie) begrüßt, die sehr feierlich auf mich wirkte. Danach wurden wir von den Schülern in ihren Uniformen begrüßt. Zu unserer Erbauung führten acht junge Mädchen ein buntes Programm von Volksliedern und traditionellen Tänzen auf. Es war schön, den anmutigen Bewegungen zuzuschauen. Als Dank verteilten einige aus unserem Teilnehmerkreis Bonbons an die zahlreichen Schüler. Sie freuten sich sichtlich, mit strahlendem Lächeln, über unseren Besuch. Anschließend wurden wir dann von Swamiji noch fürstlich bewirtet.
Das Taj Mahal – eines der „Weltwunder“
Am nächsten Tag stand Agra mit der Besichtigung des Taj Mahal auf unserem Plan, dem Grabmal, das der Mogulherrscher Shah Jahan für seine geliebte Gattin erbauen ließ, die bei der Geburt ihres 14. Kindes gestorben war. Nach einigen Komplikationen wegen des Eintrittsgeldes, das teils in US-Dollar und teils in Rupien zu entrichten war und umgerechnet schließlich rund 45,-- DM betrug und nach zweimaliger Sicherheitskontrolle durften wir das tor passieren. Es eröffnete sich uns ein Anblick unbeschreiblicher Schönheit. 18 Jahre soll an diesem „Traum aus Marmor“ gebaut worden sein und es markiert den Höhepunkt der Mogul-Architektur. Ich war schon dankbar, daß ich dieses Kleinod der Baukunst bewundern durfte, aber ob es die lange Fahrzeit dorthin von sechs Stunden rechtfertigt, wurde später innerhalb der Gruppe und für zukünftige Reisen verneint.
Auf der Rückfahrt machten wir noch einen Abstecher nach Madhura, einem wichtigen Wallfahrtsort der Hindus, der als Geburtsort Krishnas gilt. Wir kamen gerade rechtzeitig zum Beginn des Arati, bei dem das Licht unter ohrenbetäubenden Gongschlägen geschwenkt wurde. Einige der anwesenden Inder gerieten wegen dieses Lärms in Panik und drängten zum Ausgang. Wir ertrugen es, ohne zu verstehen, wofür dieser Lärm gut sein sollte. Sollte er uns vielleicht aus unserem bequemen Schlaf der Trägheit wachrütteln und uns für die Stimme Gottes empfänglich machen? Auf dem Weg zurück zum bus klammerte sich ein etwa zehnjähriges schmutziges und zerlumptes Mädchen mit einem nackten Säugling auf dem Arm an mich. Dieses Ereignis wird mich lange nicht loslassen. Wir sollten uns bewußt werden, wie gut es uns in unserer Wohlstandsgesellschaft doch geht.
In Vrindavan (auch Brindavan) sollte ein weiterer Krishna-Tempel besichtigt werden. Da es aber schon spät war und wir noch eine mehrstündige Busfahrt vor uns hatten, verzichteten wir mehrheitlich darauf. Nach einem späten Abendessen sanken wir todmüde ins Bett.
Letzte Einkäufe
Am letzten Tag war Einkaufen angesagt. Nachdem der Geldumtausch am Connaught Place mit seinen großen und kleinen Geschäften, Hotels und Restaurants bewerkstelligt war und Sami Nityananda den draußen wartenden Teilnehmern ein Eis spendiert hatte, brachte uns der Bus zuerst zu einem Geschäft, wo Harmonien zu kaufen waren und anschließend zu den Geschäften mit Marmorstatuen. Diejenigen, die nichts kaufen wollten, führten sich inzwischen das bunte Treiben und vor allem den lärmenden Verkehr zu Gemüte. Das also ist Indien: faszinierend, aber doch sehr fremd. Man muß es erlebt haben, um es sich vorstellen zu können – einfach eine andere Welt. Jetzt bleiben noch zwei Stunden für die restlichen Einkäufe in einem Stadtbasar. Verglichen mit unseren Preisen ist ein günstiger Einkauf schon möglich und in den meisten Geschäften konnte man auch handeln, aber die Qualität und Verarbeitung lassen oft sehr zu wünschen übrig.
Am 7. Dezember, glich nach dem Frühstück und Verladen unseres Gepäcks fuhren wir Richtung Flugplatz. Swami Nityananda ließ es sich nicht nehmen, uns zu begleiten.
Das Einchecken funktionierte reibungslos, das Übergepäck wurde sogar ohne Aufpreis akzeptiert und auch die Harmonien gingen als Handgepäck durch ... Wir flogen wieder über Kuwait, wo wir dieses Mal nur einen kurzen Aufenthalt hatten, der zum Rückblick und zur Meinungsbildung genutzt wurde.
Die Teilnehmer äußerten sich ausnahmslos positiv über die Reise und betonten, daß sie ihnen noch lange in Erinnerung bleiben werde, besonders der Aufenthalt im Sivananda Ashram. Auch mir wird diese Reise unvergeßlich bleiben, einerseits wegen der strahlenden Menschen, der Gelassenheit gegenüber den Zuständen, der Religiosität, die wohl der Grund für diese Zufriedenheit und Geduld sein könnte, und andererseits wegen der unvorstellbaren Armut, die zu Herzen ging. Was ist der Grund hierfür? Unwissenheit, ein falsch verstandener Karmagedanke, das vielleicht trotz offizieller Abschaffung doch noch bestehende Kastensystem, die Mentalität? Ich habe keine Antwort gefunden.
Sicherlich hat dieser nur kleine Einblick in eine andere Kultur bei jedem von uns wohl andere Eindrücke hinterlassen. Vielleicht hat uns diese Reise zu einem gewissen Teil auch verwandelt, dankbarer gemacht unserem Schicksal und unserer Welt gegenüber.
Zum Schluß gilt unser Dank unseren Reisebegleitern, besonders Sukadev und Suguna, die sich viel Mühe gemacht haben, um die Reise zu ermöglichen. Gedankt sei allen Mitreisenden für das liebevolle Miteinander und disziplinierte Verhalten. Vielleicht treffen wir uns ja einmal wieder in Indien!
Ergänzungen von Maria Lüdke, Bispingen
Auf den Spuren von Sivananda
Nach langem Beten und Überlegen entschloß ich mich, die Reise nach Indien mitzumachen.
Diese Reise begann für mich bereits am 19.11. am späten Abend. Ich fuhr mit dem Zug in die Nacht: Lüneburg – Hamburg – Köln – Frankfurt. Es war eine gute Anreise, mit freundlichen, hilfsbereiten Mitmenschen.
Frankfurt am Morgen. Menschen wie Ameisen. Eine davon bin ich. Nun suche ich unseren vereinbarten Treffpunkt auf - welch ein Glück, eine Sitzgelegenheit ist in der Nähe! – und harre der Dinge, die da kommen. Und beobachte das Leben dieses internationalen Flughafens: verschiedenste Sprachen, verschiedene Hautfarben. Die Zeit verflog und schon sah ich Leute mit Yogamatten und Rucksäcken. Unsere Gruppe fand sich allmählich ein und das Einchecken begann.
Alles lief wie geplant. Viele Menschen, viele Handgriffe, bis wir endlich im Flieger saßen. Ich fand mich inmitten lauter indischer Passagiere wieder; trotzdem kam eine Kommunikation zustande. Mit ein wenig Englisch, mit Händen und Füßen sowie gebrochenem Deutsch verging die Zeit im wahrsten Sinn des Wortes wie im Flug. Am nächsten Tag (21.11.) landeten wir morgens um etwa 4.30 Uhr in Delhi.
Delhi – Begegnung mit einer anderen Welt
Bettelnde Augen, greifende Hände, ein Stimmenwirrwarr. Für mich ein Augenblick des Sortierens und Mich-Sammelns. Gott sei gedankt, alles war organisiert!
Ein Bus wartete auf uns. Koffer auf dem Dach, zwischen den Sitzen und im Kofferraum – es sah aus wie auf einer Flucht! Die Sitze waren bis auf den letzten Platz belegt. Im Halbdunkeln spürte man die Gedanken und Fragen: „Wie geht es jetzt weiter?“. Schon bei der Anfahrt konnte man es ahnen: Es war wie beim Sandbahnrennen. Büsche, Äste, Schlaglöcher – alles mußte umfahren, durchfahren und erfahren werden. Die Fenster öffneten sich automatisch. Der Morgenwind brachte Frische und Klarheit in den Bus. Plötzlich zwei Hörner und zwei Kuhaugen vor dem Bus. Die Kuh stand wie angewurzelt, da nutzte kein Hupen und kein Anfahren. Der Bus mußte ausweichen.
Mit einem tiefen „Om“ begann eine fröhliche, erwartungsvolle Weiterfahrt, begleitet von Mantragesängen. Die Sonne begleitete uns, rundherum lief alles gelassen und zuversichtlich. Endlich am Nachmittag das Schild: „Rishikesh“. Wir waren hochbeglückt – nun ist es nicht mehr weit. Dann, ein paar Kilometer weiter, eine Ansammlung von Häusern am Fuße des Himalaya: der Sivananda-Ashram.
In der Energie Sivanandas
Die Zimmerbelegung verlief reibungslos, überhaupt war alles harmonisch und rücksichtsvoll.
Der Tagesablauf wurde festgelegt und so kam auch bald ein fester Rhythmus ins Tagesgeschehen.
Große Erlebnisse bei den verschiedenen Ritualen (Arati in verschiedensten Ausführungen, Pujas, Feuerzeremonie), kam doch die Energie aller Anwesenden gemeinsam zum Tragen. Die Schwingung dieser Gemeinsamkeit begleitete uns bei allen Erlebnissen und Unternehmungen.
Die Meditation in den Räumen von Sivananda, mitten unter der Fröhlichkeit der Blumen, reflektierte die Lebendigkeit seines Lebens und seiner Anwesenheit. Die Musik und das Mantrasingen brachte für die Gruppe ein erlösendes und befreiendes Erleben.
Die Yogastunden rundeten diese Erfahrung ab. Durch das Üben wurden Körper und Seele von Blockaden befreit und das eine und andere zurechtgerückt. Wir machten unsere Asanas auf dem Flachdach unseres Wohnblocks. Der Wind, die Sonne, die umgebende Bergkulisse und der Blick auf den Ganges ließen uns an die Realität glauben: Wir sind tatsächlich in Indien.
Die letzten Tage in Delhi waren ein pures Erwachen. Die Geborgenheit des Ashrams war nicht mehr präsent. Delhi war reiner indischer Alltag, Not, Elend, Lärm, eine geballte Ladung Leben. Dankbarkeit empfand ich im Inneren meines Herzens für das Geordnete in meiner Welt.
Swami Nityananda – ein anderes Delhi
Nun aber das Unvorstellbare – der Besuch bei Swami Nityananda in seiner Schule für Kinder aus den Slums. Ein wunderbarer Empfang mit einem Feuerritual und anschließendem wunderbarem Essen. Alle waren dazu eingeladen. Der Gesang der Kinder und ihre Tänze aus verschiedenen Regionen Indiens, die bunten Trachten sowie die Blumenkränze um unseren Hals ließen uns das vorher Gesehene vergessen. Die vielen Schulkinder in den Reihen strahlten wie die Sonne am Himmel. Und so war der innere Frieden bei mir. Es waren die Kinder, die eine große Hoffnung in mein Herz legten, daß es für Indien eine neue Bewegung, eine neue Zukunft gibt.
Maria Lüdke
Ergänzungen von Susanne Bednarz, Mönchengladbach
Endlich ist es soweit, Sukadev reist mit einer Gruppe nach Rishikesh. Mein Wunsch wird erfüllt, den ich seit der Yogalehrerin-Ausbildung habe. Ich verspreche mir viel von dieser Reise.
Das Ankommen in Indien ist immer wieder gewöhnungsbedürftig, abstoßend und anziehend zugleich. Doch es bleibt keine Zeit zum Nachsinnen, ich bin mittendrin.
Rishikesh ist leuchtend orange, verwaschen rosa, türkisgrün, himmelblau, sattgrün, sand und grau. Jeder Tag ist ereignisreich und anstrengend. Es gibt liebgewonnene Plätze und großartige Erlebnisse: vor Sivanandas Bett meditieren, in der Mittagssonne am Ganges sitzen und „Om tryambakam“ singend in den Ganges eintauchen, ganz untertauchen. Das Arati mit Pauke, Gong, Glocke, Muschelhorn geht mir unter die Haut, rüttelt jede Zelle wach. Da fließen schon mal Tränen, bei mir, bei anderen.
Beim Satsang erlebe ich den Enthusiasmus der Brahmacharis, er ist ansteckend, für Momente ist nur Freude da. Täglich können wir den Swamis zuhören, ihren Weisheiten Glauben schenken, ihre Ausstrahlung, Klarheit, Fröhlichkeit und Besonnenheit genießen. Vielleicht färbt etwas ab, schon jetzt oder ein wenig später. Eins steht fest, die Reise wirkt nach, etwas so Intensives kann nicht spurlos verloren gehen.
Hari Om.
Susanne Bednarz
Reisebericht Sivananda Ashram Nordindien - von Monika Möller
5.-23. Oktober 2003
Auch wenn man Indien schon erlebt hat, ist man wie gebannt von der fremdartigen Welt, betritt man den indischen Boden in Delhi. Die Sonne geht gerade auf, als unsere Gruppe (Keshava, Heidi, Prisca, Manuela, Christiane, Werner, Susanne F., Cornelia D., Sabine, Cornelia S., Rebecca, Otto, Saraswati, Anna, Susanne P. und Monika) – müde nach durchwachter Nacht und Zeitverschiebung – per Bus Richtung Himalaya im Norden startet. Für etwa 240 km brauchen wir mehr als 8 Stunden, denn in Indien sind auf dem „Highway“ außer Motorfahrzeugen auch Ochsenkarren, Fahrräder, Kühe und vor allem zahlreiche Fußgänger unterwegs. Viele Fahrzeuge sind mehr als voll beladen, manchmal sitzen hoch oben auf den Lasten noch Menschen.
Vorbei an der großen Siva-Statue in Haridwar am Ganges geht es nach Rishikesh zum Sivananda-Ashram. Wir beziehen unsere Zimmer und sind zufrieden mit der Ausstattung: fließendes Wasser, saubere Toiletten, harte Betten und Gitter vor den Fenstern, dass die überall herumturnenden Affen nicht in unsere Zimmer kommen können, der Gecko an der Wand stört uns weniger.
Unser „watchman“ heißt uns mit Tee und Imbiss willkommen, dann machen wir Erkundungsgänge, finden den Weg zum Fluss hinunter und haben einen ersten Überblick über das große Ashramgelände mit vielen Gebäuden. Weitere Mitglieder unserer Gruppe sind bereits hier: Michael, unser Übersetzer, Andreas, Gabriele und Albert, Brigitte kommt zwei Tage später nach. Alle Tage, die wir hier verbringen werden, beginnen früh: 5 Uhr ist Meditation. Das Aufstehen fällt hier – in der spirituell interessierten Gruppe – leichter als erwartet. Frühmorgens weht ein kühler Wind von den Bergen des Himalaya, im Laufe des Tages wird es dann immer sommerlich heiß. Jeden Tag ist der Himmel strahlend blau und die Nacht klar mit Mond, Sternen und in diesem Sommer und Herbst mit gut sichtbarem Mars.
Nach unserer Morgenmeditation ist jeden Tag eine Puja, zu der wir jeweils zu zweit eingeladen sind. Besonders eindrucksvoll ist der große Leuchter mit 108 Lichtern, wenn er umhergetragen wird, dazu das intensive Glockengeläute am Ende der Zeremonie. An einem Tag ist für unsere Gruppe eine feierliche Homa. Die Mahlzeiten bekommen wir dreimal am Tag, werden – an Tischen sitzend – sehr freundlich bedient. Das Essen ist schmackhaft und bekömmlich und besteht meist aus Reis, Gemüse und Obst.
Am Vormittag sind wir in der Vedanta Forest Academy auf dem Ashramgelände, und können dem Vortrag eines der Swamis zuhören und haben anschließend Yogastunde. Alle Vorträge sind überaus gehaltvoll und bedeuten für uns Denkimpulse. Unsere Fragen werden beantwortet. Im Vordergrund hier im Ashram steht das Bhakti Yoga.
Am Nachmittag ist für unsere Gruppe in der Regel kein Programm, aber es gibt vielfältige Möglichkeiten der Beschäftigung: Wir können am Ganges laufen, z. B. bis Lakshman Thula, wo eine „German bakery“ ist, Tee trinken, Kuchen essen und den Blick über Fluss und Berge genießen. Eine weitere Möglichkeit ist ein Bad im Fluss, es gibt sogar Sandstrand. Wir gehen mit unseren Kleidern ins Wasser, wie das bei den indischen Frauen üblich ist. Händler bieten viele attraktive Dinge an: Malas, Statuen, Schmuck, Steine, Saris, Tücher, Decken, Bücher, CD’ s und vieles mehr, da sind wir natürlich alle immer wieder in Versuchung etwas zu kaufen. Wir können auch andere Ashrams besuchen, Ayurveda-Institute, Massagepraxen und Yogaschulen.
Am und im Sivananda-Haus können wir meditieren, ebenso auf der anderen Seite des Ganges. Der jetzige Leiter Swami Jivanmuktananda bietet nachmittags eine Meditationsstunde in seinem Zimmer an. Auch die Teilnahme am Sanskrit-Unterricht ist möglich, und nachmittags gibt es eine Yogastunde in der Yoga Hall am Fluss.
Abends ist Satsang: Junge Mönche rezitieren Slokas, es wird gesungen, Swamis sprechen, manchmal auch in Hindi, da können wir Geduld praktizieren.
Mit unserer Gruppe machen wir einige Ausflüge. Einmal zur Vashishta-Höhle den Ganges aufwärts. Als wir nach der Meditation vor der Höhle zusammen sitzen, kommen „heilige“ Rinder und fressen die Blumen aus den Vasen. Der „watchman“ schläft tief. Ein anderer Ausflug geht zu einem Devi Tempel hoch in den Bergen, wo wir eine phantastische Aussicht auf die Bergwelt des Himalaya genießen können. An einem anderen Tag fahren wir mit Taxen hoch in die Berge und machen eine Wanderung zu einer weiteren Höhle. In Haridwar besuchen wir Tempel, u. a. den der Anandamayi Ma und nehmen am großen Arati teil.
Auf der Rückfahrt erwartet uns in Delhi noch ein besonderes Highlight: Wir besuchen Swami Nityananda in seinem Ashram, einer Schule, in der viele Kinder aus den Slums unterrichtet werden. Obwohl eine Voranmeldung nicht zustande kommt, werden wir herzlich empfangen und können außerdem ein paar Stunden ausruhen. Der Swami begleitet uns zum Flughafen und umarmt jeden von uns liebevoll zum Abschied. Es war eine lohnenswerte Reise mit vielen Eindrücken, die nachhaltige Wirkung auf uns haben werden.
Reisebericht von Monika Möller, 53819 Neunkirchen-Seelscheid
Shakti-Shiva Pilgerreise durch Südindien
- von Manamohini Simone Hug 22.01.-09.02.2004
Angekommen am Flughafen in Madras (tamilischer Name Chennai), begrüssten uns die beiden Swamis Saradananda und Siva Sankari, eine indische Yogalehrerin, mit einer Blumengirlande und einer Süßigkeit. Wir stiegen in einen Reisebus, der uns ab jetzt überallhin bringen sollte und fuhren durch Chennai. Unterwegs tat sich eine neue Welt, Indien, auf: vierspuriger Linksverkehr, lautes Gehupe, freilaufende Kühe auf den Strassen und Ochsengespanne mit schweren Lasten, Frauen zu Fuß in bunten Saris, mit Säcken beladene Fahrräder, LKWs mit Lakshmi- oder Krishna-Aufdruck, Kinoposter mit Shivabildern, Häuser mit aus Stroh geflochtenen Dächern, Schulen bewacht von Götterstatuen am Eingang. Dazu eine trockene Hitze.
Palmenblattteller, Devi Homa und die Hindernisse auf Pilgerreise
Angekommen im Kshetropasna Ashram, der sowohl eine ayurvedische Klinik als auch ein Altenheim betreibt, wurden wir mit südindischem Essen empfangen. In einem Speiseraum bedienten uns Frauen und Männer, legten vor alle ein Palmenblatt und nachdem das Blatt mit Wasser besprenkelt und abgewischt war, wurde darauf eine Portion Reis, scharfe Soße, Gemüse und Chapatis gelegt. Die rechten Hand als Eßwerkzeug benutzend, aßen und tranken wir das scharfe, aber köstliche Mahl und die danach gereichte Gemüsebrühe und die Buttermilch. Diese Art des Essens sollte uns während unseres Aufenthaltes ständig begleiten.
Am Nachmittag wurde im Ashram eine Devi Homa durchgeführt, ein schöner Anfang unserer Shakti-Pilgerreise: 108 Frauen führten ein Feuerritual für die Göttin aus, junge und alte Frauen, alle in rotorangenen Saris gekleidet saßen in Reihen. Mit einem großen Abendessen für die Frauen, ihre Familien und uns endete das Ritual.
Zum Satsang trafen wir uns als Gruppe, rezitierten die Durgamantren, und Swami Saradananda begrüßte uns alle mit einem Vortrag über Pilgerreisen und die Hindernisse, die dabei auftreten können. Mit einer Pilgerreise, so Saradananda, verpflanzen wir uns von einem Ort zu einem anderen, und durch diese veränderten Lebensumstände können Unreinheiten hochkommen, die sich sonst hinter dem normalen Alltagsleben verstecken. Durch das Verrücken von Deutschland nach Indien kommt innerer Schmutz an die Oberfläche. Wie jemand, der immer nur halbherzig seine Zimmer putzt und dann bei einem Großputz erschrocken über den Dreck ist, der sich unter den Möbeln angesammelt hat, so reagieren viele Pilgerreisende auf dieses „Verrücken“ mit geistigen Unreinheiten wie Angst, Sorgen und Wut, da der menschliche Geist es schwer findet, mit den Hindernissen, die Indien mit sich bringt, umzugehen. Dies zeigte sich beim weiteren Verlauf der Reise, wir hatten wohl alle mit dem „inneren Hausputz“ emotional gut zu tun. Chandika-Homa und Seidenweberei
Für den folgenden Tag wurde nach dem Satsang und der Yogastunde eine Chandika Homa mit fünf Brahmanenpriestern durchgeführt. Dies ist eine sehr mächtige Feuerzeremonie für die Göttin Durga (sie nimmt alle Negativität hinweg), die in einer Freilufthalle zelebriert wurde. Die Ritualgaben an Durga waren all das, was Frauen mögen: Kokosnüsse, Blumen, Spielzeug, Granatäpfel, Bananen, gekochter süßer Reis und Saristoffe wurden um eine Feuerstelle herum aufgebaut, eine Pyramide aus Blumen stand neben der Feuerstelle und die Zeremonie, die wir die ganze Zeit verfolgten, begann. Ein Ehepaar war Teil der Zeremonie (Symbol für Gott und Göttin) und die Frau gab als erste offene Kokosnüsse ins Feuer. Danach begannen die Priester mit der Rezitation der 13 Verse, wobei alle unterschiedliche Aufgaben übernahmen. Die Nahrungsmittel und alles andere sind Geschenke an die Göttin, die durch das Verbrennen im Feuer für die Göttin zugänglich werden. Am Ende der Zeremonie wurden ein Sari geopfert, und dazugekommene Ehepaare, auch die spirituelle Führerin und Ashramleiterin, Professorin Prema Panduranji kam, um diesem Abschlussritual beizuwohnen. Nancy, eine ältere Amerikanerin und Pilgerreisemitglied unserer Gruppe und Savita, unsere Reiseführerin für die anstehenden zwei Tage kamen während des Rituals dazu. Es war ein sehr starkes eindrucksvolles Ritual und versorgte uns als Pilgerreisende mit der mächtigen Kraft der Göttin.
Am Nachmittag fuhren wir nach Kanchipuram, die Stadt in der die besten Seidenstoffe der Welt hergestellt werden. Hier besuchten wir eine der vielen kleinen Webereien, in denen Seidensaris von Hand an Webstühlen gewebt werden und ein Mitarbeiter erläuterte die einzelnen, sehr komplexen Handgriffe. Danach ermöglichte uns Savita in einem Geschäft Saris aus Seide zu kaufen und uns auch von einem anwesenden Schneider mit den gekauften Seidenstoffen Sarioberteile oder Punjabis auf den Leib schneidern lassen, was auch viele von uns gerne nutzten. Die geschneiderten Teile erreichten uns am nächsten Morgen, die angemessene Kleidung für unseren Aufenthalt in den Tempeln, in denen wir nur bekleidet mit Sari oder Punjabi zum Hauptschrein vorgelassen wurden. Nach den Einkauf besuchten wir noch den Shivatempel in Kanchipuram, an dessen Eingang uns ein Tempelelefant begrüßte und ließen den Abend im Ashram mit klassischer indischer Musik, „karnatische Musik“ genannt, die von Seeta Narayan mit Erklärungen erläutert wurde, ausklingen.
Tempeltag in Mylapore, Chennai und eine Einführung in den Bharata Natyam Tanz
Frühmorgens fuhren wir mit Savita in die Altstadt von Chennai, namens Mylapore, und besuchten zuerst mit der kundigen Führung eines Historikers eine christliche Kirche, „Kirche des Lichts“ genannt, die portugiesische Seefahrer aus Dank für das Überleben nach einem Schiffbruch vor der Küste dort gebaut hatten. Dann ging es weiter mit Fahrradrikschas zum Shivatempel, in dem Shiva als bettelnder Mönch mit einer Bettelschale aus einem Schädel (deshalb Kapalheshwaratempel genannt) dargestellt ist. Im Hauptaltar wird Shiva in Form eines großen Shivalingam verehrt und Parvati als Pfauenhenne, in die Shiva sie verwandelt hatte, weil sie, statt ihm ihre Aufmerksamkeit zu schenken, einen tanzenden Pfau bewundert hatte. Nach intensivem Sadhana in Mylapore wurde sie zurückverwandelt. Wir umrundeten den Haupttempel dreimal (Parikrama) aufrecht und langsam und konnten dann im Haupttempel dem Arati beiwohnen.
Der Priester gab uns die heiligen Aschen Shivas, womit wir uns drei Streifen auf die Stirn und an die Kehle machten und das Kumkumpulver der Devi, welches wir als Punkt auf das dritte Auge auftrugen. Durch das Menschengewimmel von Mylapore ging die Reise weiter zum Vishnutempel, ein V aus Asche auf der Stirn mit einer roten Flamme darin war das Zeichen der dortigen Priester und der Vishnuanhänger.
Anschließend frühstückten wir in einem idyllischen Hinterhof, sahen eine typische Wohnung im Madrasstil, die für Filmzwecke oft vermietet wurde und besuchten einen Parvatitempel, in dem nicht wie sonst üblich Brahmanenpriestern die Rituale ausführten, sondern anderen Kastenangehörigen, die für ihre Rituale auch Tamil und nicht Sanskrit benutzten, dies erinnerte mich an die Reformationsbewegung mit Luther, der auch die Bibel auf Deutsch übersetzte, um sie dem Volk zugänglich zu machen. Parvati wurde hier vor allem verehrt, um Krankheiten zu heilen und die Fruchtbarkeit der Frauen zu fördern.
Dazu gaben die Menschen als Opfer Eier und Milch auf einen Baum, in dem die Schlange als Symbol der Göttin wohnen sollte. Bei der großen St. Thomas Kathedrale, unter der die Gebeine des Apostels Thomas liegen sollen, der nach Indien gereist war, um die Lehre Christis dort zu verbreiten, endete die Rikshaführung durch den alten Stadtkern von Chennai. Der Math (Ashram) von Ramakrishna war unser nächstes Ziel. Der Hauptpriester des Tempels stellte sich zur Verfügung, um uns Fragen über Ramakrishna, seiner Frau Saradadevi und seinem Schüler Vivekananda zu beantworten. Für eine kurze Zeit meditierten wir im Tempel und machten uns dann auf mit Savita Souvenirs und indische Kleidung zu kaufen. Ein Essen besonderer Art erwartete uns danach in einem luxuriösen Restaurant, das ein Schüler von Swami Sivananda zu karitativen Zwecken führt und in dem alle Bediensteten Karma Yogis sind. Die Einrichtung war sehr geschmackvoll, und das Essen mit mehreren Gängen nährte und entspannte uns auf allen Ebenen. Wieder unterwegs, hielten wir bei einer Priesterin, die in ihrem kleinen Tempel lebte und jeder von uns eine Weissagung machte.
Erfüllt von diesem Erlebnis kamen wir an dem küstennah gelegenen Tempel an und besuchten dort die Tempel der acht Aspekte der Lakshmi: der Göttin des Wohlstandes, die der Menschheit dient, Nahrung schafft, Kraft und Stärke erzeugt, die Tochter des Ozeans ist, die für gesunde Kinder sorgt, die sich für den Sieg im Inneren und Äußeren einsetzt , die wohltätig ist, die Erziehung und Bildung schafft. Letztendlich ist es die eine Kraft Adishakti, die unveränderliche, immer bestehende ewige Wahrheit, die wir in verschiedenen Formen verehrten. Weiter gings in die Tanzschule der Bharatanatyam- und Kuchipudi-Tänzerin Sailaya, die uns mit ihrer Schülerin den klassischen indische Tanz zeigten. Der in Südindien beheimatete Bharatanatyam mit seinen unzähligen Hand- und Fußgesten ist, so Sailaya, der Ursprung aller anderen Tanzformen Indiens. Er ist ein Ausdruck tiefen Gefühls, eine Medium der Gottverehrung und dient der Erhebung der Seele. Jede Geste, jede Bewegung , jede Blickbewegung der Tänzerin hat eine Bedeutung und so erzählt der Tanz eine Geschichte. Tiruvanamalai, Arunanchala und Ramana Maharishi
Nach Tiruvanamalai gings dann am nächsten Morgen. In diesem heiligen Ort lebte und meditierte Yogi Ramana Maharishi sowohl im Tempel als auch in Höhlen auf dem Arunanchala, hier erreichte er die Erleuchtung. Wir besuchten seinen Ashram, wo wir bei einem Chant das von ihm überlieferte Lied Arunanchala Shiva hören und auch einer Lesung aus der Bhagavadgita beiwohnen konnten. Der Berg Arunachala, der hoch über den Dächern von Tiruvanamalai ragt, wird als eine Form des Shiva verehrt. So wie der Berg, symbolisiert auch der Shivalingam durch seine Form die Formlosigkeit Shivas.
Früh am Morgen trafen wir uns mit einem indischen Sivananda-Yogalehrer auf einem Flachdach, praktizierten dort begleitet vom Sonnenaufgang Yoga und gingen dann schweigend in einer Gehmeditation um den Arunanchala. Der Besuch des großen Shivatempelkomplexes mit hohen Gopurams (Tempeltore zu jeder Himmelsrichtung zeigend) am Abend ließ uns den Linga von Shiva in Form des Feuerelements verehren; der Ort, an dem Ramana Maharishi eine Zeit land meditierte, wurde zu unserem Meditationsort. Den Morgen darauf bestiegen wir den Arunanchala, massierten die Form Gott Shivas mit unseren Füßen, und meditierten in den Höhlen, die Ramana Maharishi bewohnt hatte. Beim Abstieg wurde ein diebischer Affe von Natalja gerade noch davon abgehalten unsere Obstvorräte zu vertilgen, er hatte ihr die Obsttüte entrissen und trollte sich nach etwas Hin- und Hergezerre, mit einer Papaya auf einen Baum.
Nataraja Tempel in Chidambaram und Tanjore
Der Sabhanayaka-Nataraja-Tempel, in dem Shiva als der tanzende Nataraja verehrt wird, war unser nächstes Reiseziel, hier kamen wir abends an. In Chidambaram (Chid = menschliches Bewusstsein und Denken und ambaram = Weite des Himmels, das sich ausdehnende Bewusstsein) wird sowohl die Darstellung des tanzenden Shivas (ein Bein in der Luft und vier Arme) und der Shivalingam des Äthers als Zeichen des Shivas verehrt, wie uns ein Natarajaverehrer, ein Architekt aus Australien erklärte, der jedes Jahr nach Chidambaram fuhr, um sein Sadhana zu absolvieren. Während des Aratis wurden von den Priestern, die einen Haarknoten auf den Vorderkopf tragen und Dikshitars genannt werden, und den Umstehenden, mit Zimbeln und Trommeln das Ritual begleitet. Es war ein beeindruckendes Erlebnis.
Ein Dikshitar lud unsere Gruppe ein, dem Geburtstagsfest seines Vaters, eines Vedenlehrers, der 60 wurde, beizuwohnen. Viele seiner ehemaligen Schüler saßen in vier verschiedenen Gruppen zusammen und rezitierten verschiedene Teile der Veden. Wir verfolgten diese ungewöhnliche Art einer Geburtstagsfeier eine Zeit lang und wurden schließlich in einen Raum über dem Wohnzimmer geführt, wo wir ein gutes Abendessen, namens Pongal, serviert bekamen. Am nächsten Morgen fuhren wir nach Tanjore, eine sehr alte Stadt, die Hauptstadt der Choladynastie war und vom 9. bis zum 13. Jahrhundert einen Großteil Südindiens und Sri Lankas kontrollierte. Am Nachmittag besuchten wir die Kunstschule der Tanjore-Malerei , deren Kunstform schon sehr alt ist und deren Hauptmotive hinduistische Göttinnen und Götter sind. Wir konnten zusehen, wie die Bilder hergestellt wurden. Eine sehr meditative Art und Weise, mit Pflanzenfarben die Motive zu gestalten und dann mit Halbedelsteinen und Blattgold zu verzieren. Nach einer Yogastunde im Hotel besuchten wir am Abend den über 1000 Jahre alten Brihadeeswara-Tempel, dessen Turm über dem Altar sehr viel höher ist als die Gopurams an den Eingängen, da der darin verehrte Mahalinga 3,5m hoch und damit der höchste Tempel in Südindien ist. Auch steht hier der zweitgrößte Nandi (Reitbulle des Shiva, der aus einem Stein gehauen 25 Tonnen wiegt. Ein Abendessen in einem indischen Restaurant beschloss den Abend. Der nächste Morgen begann mit einem Satsang, darauf folgte eine Yogastunde mit Swami Siva Shankari und danach ein Besuch im Palast von Tanjore, der jetzt als Museum genutzt wird. Ein freier Nachmittag ließ Zeit, einzukaufen oder sich auszuruhen. In einem wunderschönen Restaurant, begleitet von einem Sitarkonzert, ließen wir den Abend mit einem köstlichen indischen Büffet, einer großen Auswahl südindischer Gerichte, ausklingen. Rameshwaram: die Reinigung von allen Sünden Zu einem der vier heiligsten Orte Indiens führte uns die Reise am nächsten Tag: Rameshwaram, der Ort, an dem Rama Buße dafür tat, dass er den Dämon Ravana bei der Befreiung seiner Frau Sita aus Sri Lanka getötet hatte. Nach unserer Ankunft in einem idyllischen Hotel direkt am Meer praktizierten wir Yoga, aßen zu Abend und meditierten dann am Strand. Frühmorgens, kurz vor Sonnenaufgang, kehrten wir an den Strand zurück, alle in Saris und Punjabis gekleidet und bereiteten uns bei einem von einem Brahmanen geleiteten Ritual am Strand auf die heiligen Waschungen vor, die im Tempel auf uns warteten. Das Meer ist hier ein heiliger Badeort, von dem geglaubt wird, er wasche alle Sünden hinweg. Wir tauchten während des Rituals entweder unsere Hände ins Wasser und gaben Wasser auf unseren Kopf oder aber manche von uns stiegen auch vollständig bekleidet ins Meer, wie uns dies die indischen Pilger vormachten. Der Priester sagte, wir sollten innerlich beschließen, all unsere Sünden abzugeben.
Dann wanderten wir zum Ramanathaswami-Tempel, der umgeben war von einem Korridor aus Brunnen und Becken, vor denen wir uns jeweils mit anderen indischen PilgerInnen in Schlangen aufstellten und uns jeweils mit einem Eimer Wasser aus den 22 Quellen, mit salzigem und süßem, kaltem und warmem Wasser übergießen ließen. Die Brunnen hatten Namen wie: Mahalakshmi, Savitri, Gayatri, Saraswati etc.. Nachdem wir uns etwas getrocknet hatten, betraten wir den Haupttempel und sahen die beiden Shivalingas, den einen den Sita aus Sand gebaut hatte, um Rama bei der Buße zu helfen und der Linga, den Hanuman vom Kailash hierher geholt hatte. Wir frühstückten so gereinigt von allen Sünden und nachdem wir uns umgezogen und gepackt hatten, fuhren wir mit Ponywagen zum Gandhamadhana Parvatham, einem Tempel der auf einem kleinen Hügel liegt und der nach der Überlieferung der Ausgangspunkt war, von dem aus Rama seinen Feldzug gegen Ravana geplant hat und Hanuman den Sprung nach Sri Lanka tat.
Madurai: Besuch bei der „Fischäugigen“
Am Nachmittag fuhren wir zurück ins Landesinnere nach Madurai, der zweitgrößten Stadt Tamil Nadus. In einem schönen Hotel in der Stadt wohnten wir und aßen in einem schönen Dachlokal zu Abend. Hier trafen wir Ruth, eine fröhliche Frau, die eine ehemalige Mithelferin aus dem Haus Yoga Vidya im Westerwald war und die in Madurai lebt. Abends gingen wir zum wunderschönen Tempel der Göttin Meenakshi, der Fischäugigen. Sie wird so genannt, weil sie wie die Fischmutter nur auf ihren Laich sehen muss, um ihn zu beleben und nur ihre Augen auf ihre VerehrerInnen zu werfen braucht, um ihr spirituelles Leben lebendig zu machen. Meenakshi, die einen Papagei und einen Blumenstrauß in Händen hält, ist die Schwester von Vishnu und die Braut von Lord Sundeswara, der eine Inkarnation Shivas ist. Im Tempel befindet sich ein großer Seerosenteich, eine Halle mit ca. 1000 Säulen und die große Hochzeitshalle, in der jährlich die Hochzeit von Meenakshi und Lord Sundeswara gefeiert wird. Am anschließenden freien Nachmittag konnten wir die wunderbaren Einkaufsmöglichkeiten um den Tempel herum nutzen: Dort kann man sowohl Seidenstoffe als auch andere Handarbeitsläden finden, um dort Souvenirs zu erstehen. Am Abend konnten wir unter der Führung einer indischen Architektin den Tempel von Subramanya, dem Sohn von Shiva und Parvati und Bruder von Ganesha besuchen, anschließend wurden wir noch auf einen Chai von der indischen Führerin nach Hause eingeladen, wo sie uns ihre Familie vorstellte. Ein Essen in einem Straßenlokal beendete das Tagesprogramm.
Am frühen Morgen spazierten wir zum Ramana Maharshi Geburtshaus und meditierten dort. Außerhalb Madurais besuchten wir dann die Sivananda Hatha-Yogaschule von Yogi Rama Linga, der gerade seine siebentägige Meditation für den Weltfrieden abgeschlossen hatte, und uns voller Lebensfreude empfing. Während seine Kinder uns fortgeschrittenen Asanas vorführten, sprach er über die Wichtigkeit von Asanas und Meditation und die Freude, die dadurch entsteht. Nach einem Satsang ging unsere Fahrt weiter. Srivilliputur: Andal und Uma
Mittags erreichten wir Srivilliputur, eine ruhige Stadt mit bunt angestrichenen Häusern: grün, rosa, blau und gelb. Am Hotel angekommen wurden wir gleich von Uma, einer strahlenden jungen Frau empfangen, die uns am Abend ein Konzert mit den Liedern von Andal singen sollte. Vorher aber lud sie uns zu sich nach Hause zum Essen ein, dort setzten wir uns in Reihen an die Wand und bekamen sehr gut und reichlich zu essen. Danach setzten wir uns mit Uma in einen kleinen Straßentempel, den die Nachbarschaft gebaut hatte und in der alle Wände mit Götter- und Göttinnenbildern geschmückt waren. Wir chanteten einige Bhajans mit Uma, was uns freute und die Nachbarn von Uma erstaunte. Nach dem Essen ruhten wir uns im Hotel aus und machten uns dann auf den Weg zum Sri Andal Tempel, der neben dem großen Vatapatrasayee Temple, einem Vishnutempel, liegt. Wir betraten den Sri Andal Tempel und trafen dort eine Bekannte von Uma, die uns durch den Tempel führte. Andal war wie ihr Vater Vishnuchittar eine heilige Poetin der tamilischen Tradition. Ihre Liebe zu Krishna ließ sie 15 Lieder komponieren, und schließlich wurde sie mit Krishna eins. Andal wird auch Godadevi genannt und als Inkarnation von Lakshmi, der Göttin des Glücks und des Wohlstandes betrachtet, sie wird auch als Bhoodevi, die Göttin der Erde angesehen. Der Gopuram von Sri Andals Tempel ist 60 Meter hoch, sehr bunt bemalt und der zweithöchste in Tamil Nadu.
Nach dem Tempelbesuch gingen wir in eine Halle vor dem Tempel, in der uns Uma mit ihren Musikern bereits erwartete. Ein stimmungsvoller Abend begann, indem sie für uns und andere Besucher Andals Lieder sang. Am Ende lud uns Uma noch einmal zu sich nach Hause ein, wo wir ein zweites Mal an diesem Tag wunderbares Essen serviert bekamen und uns noch lange mit den Kindern und Frauen aus der Nachbarschaft unterhielten. Am Morgen darauf besuchten einige nochmals die Morgenzeremonie im Andaltempel und im Vishnutempel, dessen Statue so groß ist, dass man sie nur von drei Türen aus vollständig betrachten kann. Kanya Kumari Zum südlichsten Teil von Indien, Kanya Kumari, setzten wir unsere Fahrt fort. Er wird als heiliger Badeort betrachtet. Am Vivekananda Ashram kamen wir am Nachmittag an und fuhren weiter an den Strand, wo wir mit einer Fähre zum Vivekananda Memorial übersetzten, das auf einer Insel vor Kanya Kumari liegt. Hier erreichte Swami Vivekananda 1892 seine Erleuchtung. Vorher war er als Vorbereitung auf seinen Auftritt beim Weltparlament der Religionen 1893 durch das von Haien belagerte Wasser zu dieser Insel geschwommen, bevor er dann mit den ungewöhnlichen Worten: „Meine lieben Brüder und Schwestern ...“ als hinduistischer Vertreter in dieser Versammlung für Begeisterung sorgte. Hier sind auch die die Fußabdrücke von Kanya Devi zu sehen, die als Inkarnation von Parvati hier Buße leistete um Shiva als ihren Ehemann zurück zu bekommen. Wieder zurück an Land betraten wir den Tempel der Göttin Kanya, deren Nasenring die Seeleute so ablenkt, dass eine bestimmte Tempeltür, die zum Meer hinaus öffnet, immer verschlossen gehalten wird, da ein Sonnenstrahl reflektiert von dem Nasenring viele Seeleute zum Kentern bringen würde.
Das Gandhi-Memorial liegt wie der Tempel am Strand von Kanya Kumari, hier wurde ein Teil der Asche von Mahatma Gandhi im Meer versenkt. Am Abend meditierten wir zum Sonnenuntergang am Strand und konnten gleichzeitig den den Mondaufgang beobachten, ein sehr beeindruckendes Schauspiel. Auch morgens konnten wir bei der Strandmeditation den Sonnenaufgang miterleben und übten dann mit Narayan, einem Sivananda Yogalehrer und Schüler Swami Vishnu Devanandas am Strand Hatha Yoga. Nach dem Frühstück in der Kantine des Ashrams besuchten wir eine Brahmanenschule, in der ein alter grauhaariger Brahmane viele Jungen im Alter von ca. 12 Jahren unterrichtete. Es wurde deutlich, wie vielfältig diese Jungen ihre Erinnerungsfähigkeit ausbauten, da sie alles auswendig rezitierten und der Lehrer nur bei Lücken weiterhalf. Den Suchindram Tempel (Suci heißt gereinigt und indram bedeutet Indra, der Ort also an dem Indra gereinigt wurde) besuchten wir als nächstes. Im Inneren des Tempels soll Indra jede Nacht seine Buße ableisten, weil er sich der Frau von Gautama Muni gegenüber als ihr Gatte ausgegeben hatte und mit ihr schlief. Als der Weise dies herausfand, verfluchte er Indra, der nun ab Einsetzen der Nacht bis zum nächsten Morgen für seine Tat büßen musste. Am Eingang des Tempels steht ein ca. 2000 Jahre alter Lorbeerbaum , dessen Stamm ausgehöhlt ist. Darin befindet sich ein Lingam, der Sthanmalaya Swami heißt und der die Trinität Brahma, Vishnu und Shiva repräsentiert, das Trimurti. Auch erzählen viele Säulen des Tempels Geschichten aus der Ramayana und der Mahabharata. Andere Säulen klingen, wie ein Priester uns demonstrierte, wie Musik-, oder andere Instrumente. Eine riesige, 5,5 Meter hohe Hanumanstatue, wird ebenfalls im Tempel verehrt. Aufenthalt im Paradies: Kovalam Beach
Am Nachmittag erreichten wir Kovalam, einen Strandort, an dem wir ausruhen und uns auf den Aufenthalt in Amirtapuri vorbereiten konnten. Ein wunderschöner weißer Sandstrand lud zum Sonnenbaden und zum Wasserplanschen ein. Mit noch zwei weiteren Sivananda Yogalehrern meditierten wir am Strand und machten dort Satsang. Am nächsten Morgen meditierten wir in einer Yogaschule der Sivananda-Traditon und bekamen eine Hatha Yogastunde von Swami Saradananda. Bis Abends hatten wir dann frei, manche gingen zur Ayurveda-Massage, manche an den Strand, wieder andere kurierten ihre Erkrankung aus. Abends ging es dann nach Trivandrum zu einer Vollmondpuja in den Pazchanchira Devi Tempel. Dann fuhren wir weiter zur Einweihung von Sashis Reisebüro, wo wir reichlich und gut essen konnten. Der nächste Tag begann mit einem Satsang in der Yogaschule und danach fuhren wir weiter nach Amritapuri. Backwaterüberfahrt nach Amritapuri
Zu einem Bootsanleger wurden wir mit dem Bus gebracht und stiegen dann um in ein Boot, um durch die Backwaters zu Ammas Ashram zu reisen. Die Backwaters ist ein Gewässer, das wie ein großer See oder Fluss parallel zum Meer verläuft. Hier leben viele Fischer, auch wachsen am Ufer Cashewnußbäume und Kokospalmen in Hülle und Fülle. Es war eine sehr ruhige Fahrt durch saftiggrüne Palmenhaine, wie sich das gehört in Kerala, dem Land der Kokosnusspalmen. Im Ashram angekommen brachten wir unsere Sachen ins Zimmer und konnten dann direkt zum Darshan, einer liebevollen Umarmung, von Amma Amritananda Mayi, die als eine Heilige und Inkarnation der Göttin verehrt wird. Sie hat zahlreiche karitative Projekte von Waisenhäusern über Altenheime bis hin zu hochmodernen Krankenhäusern gegründet, in denen die Armen umsonst mit allem versorgt werden, was sie für ihr Überleben benötigen. Da sie viel durch die Welt reist, begeistert sie auch andere Menschen außerhalb Indiens, deswegen sind ein großer Teil von Ammas Anhänger/innen junge und ältere Europäer/innen oder Amerikaner/innen.
In der großen Halle wurden nach dem Darshan gesungen, dann aßen wir etwas und gingen ins Bett. Am nächsten Morgen wurden im Tempel die 108 Namen der Mutter gesungen, ein schönes Ritual, bei dem nur Frauen im Tempel waren. Danach trafen wir uns bei Sonnenaufgang mit der Pilgerreisegruppe auf dem Dach unserer Wohnräume, um dort zu meditieren und die Abschlussrunde zu machen. Das Feedback war durchweg positiv, sowohl die Reiseleiterinnen wie auch die Teilnehmerinnen waren sehr bewegt und zufrieden mit dem Verlauf, der innere Hausputz hatte nicht zu großen emotionalen Streitereien geführt, die eine oder andere Meinungsverschiedenheit hatte sich aufgrund der gelungenen Reise in Luft aufgelöst. An diesem Tag konnten wir noch einmal indische Andenken kaufen, und manche von uns hatten das Glück noch einen Darshan bei Amma bekommen zu können. Am Nachmittag meditierten wir am Strand, aßen etwas und gingen früh zu Bett, da wir sehr früh mit dem Bus zum Flughafen fahren mussten. Um vier Uhr morgens verließen wir deshalb den Ashram, kauften unterwegs noch Süßigkeiten und beendeten unsere Reise mit unserer Ankunft am Flughafen Cochin.
Reisebericht Indien Rishikesh – Sivananda Ashram vom 28.10.2001 bis 15.11.2001
von Pamavati Christine Bressel
Die Anreise
Am Sonntag, dem 28.10.2001 traf sich die Gruppe mittags auf dem Flughafen Frankfurt Main. Unsere Gruppe bestand aus 16 Personen. Mit ca. 20 Minuten Verspätung starteten wir um 14.40 mit Kuwait Airlines über Kuwait nach Delhi. Am Montag, dem 29.10.01 um 5.40 Uhr Ortszeit kamen wir planmäßig in Delhi an. Die reine Flugzeit betrug 9 Stunden. Die Zeitverschiebung bis Delhi beträgt + 4 Stunden und 30 Minuten.
Der erste Eindruck
Dunst, Gestank, unbeschreibliche Armut und Bettler umgaben uns sofort. Das war der mein erster Eindruck von Delhi und ich war ein wenig entsetzt. So schlimm hatte ich mir das Leben dort nicht vorgestellt. Von Delhi aus fuhren wir mit Taxis nach Rishikesh. Für eine Entfernung von knapp 300 Kilometern benötigten die Taxis eine Zeit von etwa 6 Stunden. Im Schneckentempo von ca. 30 bis 40 km/h ging es vorwärts. In Indien gilt Linksverkehr, aber jeder fährt dort, wie es ihm gerade passt. Die Straßen waren vollgestopft mit Fuhrwerken, Autos, Bussen, Rikshas, Fahrradfahrern, Fußgängern und frei laufenden Tieren. Ständiges Hupen ist an der Tagesordnung.
Entlang der Straßen sahen wir wiederum viel Elend, Staub, Schmutz und verfallene Hütten. Bauern bearbeiteten Reisfelder und Zuckerrohrplantagen. Überall standen qualmende Brennöfen, in denen Lehmziegel für den Bau der Hütten gebrannt wurden, aber auch viele Stände mit frischem Obst, Wasser und Gemüse waren zu sehen. Nach der Hälfte der Strecke gab es einen ersten Aufenthalt an einem versteckten kleinen Ort mit viel Wachpersonal und einem gut aussehenden Restaurant. Der Ort war eine beschauliche Oase mit gutem Essen in einer parkähnlichen Anlage. Das Essen war sehr billig. Eine Mahlzeit kostete zwischen 60 und 100 Rupien, das sind etwa 4,- bis 5,- DM und schmeckte köstlich, aber viele der einheimischen Menschen können sich so ein Essen kaum einmal leisten.
Der Sivananda Ashram in Rishikesh
Nach abenteuerlichen 6 Stunden Fahrt erreichten wir den Sivananda Ashram in Rishikesh am Ufer des Ganges und am Fuße des Himalaya. Von den Bergen war bis dahin überhaupt nichts zu sehen, weil es um diese Jahreszeit sehr dunstig ist. Plötzlich erhoben sich die Berge direkt vor uns. Der Ashram – unser Heim für die nächsten 2 Wochen – besteht aus vielen Gebäuden, beinahe wie ein kleines Dorf. Hier gab es auch mehrstöckige Gebäude. Wir wohnten in einem ordentlich aussehenden zweigeschossigem Gebäude, Ishwara Bhawan genannt. Die Zimmer waren sehr einfach und ohne Komfort. Die Einrichtung bestand aus einem Bett bzw. zwei oder drei Betten in den Doppel- und Dreibettzimmern, einem Schrank oder Regal, einem Tisch und zwei bzw. drei Stühlen, einem WC und Dusche. Es gab auch warmes Wasser aus Elektrospeichern. Dass so etwas für Indien ein gewaltiger Luxus ist, sollten wir erst später in Delhi schätzen lernen.
Am ersten Abend zeigte uns unsere Reiseleiterin Suguna noch die wichtigsten Gebäude im Ashram und wir erledigten die Anmeldeformalitäten. Im Anschluss gingen wir in die kleine Geschäftsstraße am Ufer des Ganges, um dort in einem Telefonoffice nach Hause zu telefonieren. Irgendwie hatte ich den Eindruck, dass die Zeit dort stehen geblieben ist. Bis auf die Autos auf den Straßen und die Computer in manchen „vornehmeren“ Geschäften, die irgendwie seltsam wirkten in dieser Gegend, fühlte ich mich wie auf einem Basar im Mittelalter. Wir verzichteten an diesem Tag auf die abendliche Meditation und den Satsang (gemeinsames Singen von Mantras, Hymnen und Gebeten) und gingen nach dem Essen in unsere Betten, um uns von den Strapazen der Anreise zu erholen. Das Essen bestand aus Gemüse, Kartoffelbrei und Chapatti, Wasser und Tee mit Milch. Es schmeckte allen sehr gut und der Tee war köstlich. Dann fielen wir todmüde in unsere Betten und schliefen vor Erschöpfung ein. Am nächsten Morgen, dem 30.10.2001 standen wir bereits um 4.30 Uhr auf. Um 5.00 Uhr begann die Meditation und ein Vortrag im Samadhi-Schrein, der Hauptmeditationshalle des Sivananda-Ashrams. Um 6.00 Uhr gingen wir dann zum Mantra singen (Om nama Shivaya) in den Vishwanath Mandir, den Haupttempel der Anlage.
Der Samadhi-Schrein ist die große Meditationshalle, in der der Sarg von Swami Sivananda, dem Begründer dieses Ashrams, steht. Samadhi kommt aus dem Sanskrit und bedeutet Übergang in das Göttliche, den Körper verlassen. Bei uns ist es ganz einfach der Tod. Im Sanskrit gibt es generell liebevolle Bezeichnungen und Namen für viele Dinge, die wir sehr viel nüchterner betrachten. Sanskrit ist eine sehr alte heilige und auch eine sehr schöne Sprache. Das Schreiben ist für mich jedoch sehr kompliziert.
Der Vishvanath Mandir ist ein Shiva-Tempel in der Gestalt von Vishvanath, dem Herrn des Universums. Dieser Tempel wurde auf Wunsch von Swami Sivanada von seinen Anhängern und Freunden erbaut. Noch zu Lebzeiten Sivananda´s wurde der Tempel seiner Bestimmung übergeben. Für Swami Sivananda war das eine große Überraschung und Freude.
In den Tempeln sitzen Männer und Frauen im Allgemeinen getrennt. Das Singen des Mantras Om Namah Shivaya dauerte etwa eine Stunde. Während dieser Zeit wurde in einem zentralen Raum in der Mitte des Tempels eine Puja abgehalten, die jemand bestellt hatte. Solch eine Puja kann von jedem, der es wünscht, zu besonderen Anlässen wie Festtage, Familienfeiern, Geburten usw. bestellt werden. Die Puja wurde dann auch von dieser Familie finanziert.
Eine Puja ist eine Zeremonie zur Verehrung der Götter in ihren Abbildungen (Götterstatuen oder heilige Symbole). In diesem Fall stand dort ein Shivalingam in dem Tempel. Ein Sivalingam ist ein ovaler Stein, der in heiligen Flüssen gefunden und auf einer Yoni platziert wird. Diese Darstellung symbolisiert die Einheit des männlichen und weiblichen Prinzips und die sich daraus entwickelnde Shakti-Energie oder auch Kundalinikraft. Diese wird meist in Form einer Kobra dargestellt, welche sich um das Symbol windet und den Kopf über den Shivalingam erhebt. Während einer Puja wird das göttliche Symbol mit Wasser gewaschen, in Milch und Honig gebadet und mit Früchten, Blumen und Bael-Blättern geschmückt. Bael (ich fand in einem meiner botanischen Bücher die Bezeichnung Holzapfel) ist ein heiliger Baum in Indien, dessen Blätter als Wohnsitz der Götter (besonders von Shiva) betrachtet werden. Viele Sagen und Geschichten sind mit diesen Zeremonien verbunden. Es gibt großartige uralte heilige Schriften wie das Ramayana, das Mahabharata und die Bhagavad Gita. Einen kurzen und sehr aussagefähigen Überblick über die hauptsächlichen Zeremonien und Festtage gibt das kleine Büchlein „Hindu Fasts and Festivals“ von Swami Sivananda, welches demnächst in deutscher Sprache im Yoga Vidya Verlag erscheint und sehr interessant zu lesen ist.
Shank Prakshalama zur Einstimmung
Nach dem Satsang verzichteten wir auf das Frühstück, um einige Reinigungsübungen (Shank Prakshalam) und sanfte Yogaübungen durchzuführen. Das sanfte, abgemilderte Shank Prakshalam führt man folgendermaßen durch:
Es werden zwei große Tassen sehr warmen leicht gesalzenen Wassers getrunken. Dann übt man nacheinander fünf verschiedene Yogaübungen je sieben mal, um das Wasser durch den Verdauungskanal zu leiten. Anschließend werden wieder zwei Tassen von dem Wasser getrunken und die Übungen wiederholt. Das wird so oft wiederholt, bis der Körper nur noch klares Wasser ausscheidet. Diese Kur ist zwar etwas anstrengend, aber sehr wirkungsvoll, um den Körper innerlich zu reinigen. Man kann sich von vielem alten Ballast befreien und fühlt sich anschließend rein und wohl. Verschiedene Probleme wie Blinddarmreizungen und Verstopfung lassen sich dadurch auf natürliche Weise und ohne Abführmittel beheben. Allerdings sollte man diese Techniken zuerst nur unter Anleitung und Aufsicht eines erfahrenen Lehrers oder Therapeuten durchführen. Wir führten diese Übungen auf der Dachterrasse unseres Bhawans durch. Anschließend ruhten wir für etwa zwei Stunden und gingen dann in den Speisesaal zum Mittagessen.
Das Essen bestand zu jeder Mahlzeit aus verschiedenem gekochtem Gemüse, Reis (ebenfalls auf verschiedene Weise und mit unterschiedlichen Gewürzen zubereitet), Kartoffeln, Dal - Suppen aus Hülsenfrüchten, Chapatti – Fladen aus Dinkel bzw. Hirsemehl und Salz über einer Flamme oder auf heißem Stein gebacken. Es schmeckte allen sehr gut. Zum Nachtisch gab es Obst - Äpfel, Bananen, Mandarinen und den köstlichen Tee mit Milch und Rohrzucker.
Am Nachmittag gab es eine Narayana Puja. Diese Puja wird zu Ehren des Gottes Vishnu in Gestalt des Narayana am letzten Vollmond des Hindukalenders durchgeführt. Das ist dort zugleich der Winteranfang. Narayana ist ein anderer Name für Vishnu - dem Erhaltenden – einer der drei Götter der hinduistischen Trinität - Shiva der zerstörende und transformierende Aspekt, Brahma, der erschaffende und Vishnu der erhaltende Aspekt.
Im Anschluss wurden die Armen gespeist.
Nach einer Zeremonie (Puja = Verehrungsritual oder Homa = Feuerzeremonie) oder nach dem Satsang ist es üblich, Opfergaben (Prasad genannt) - meist Früchte und Süßigkeiten - unter den Anwesenden zu verteilen. Diese Gaben sind heilige Speisen, denn sie wurden während der oft sehr aufwendigen Zeremonien von den Göttern gesegnet.
Morgens und abends wird Arati durchgeführt. Es werden über verschiedene gesungene Mantren die Götter angerufen. Im Anschluss daran spricht jeder für sich ein Gebet und ein Mönch schwenkt über dem Altar, in diesem Fall über dem Schrein einen Leuchter mit brennenden Öllichtern. Mit diesem Leuchter geht er anschließend durch die in zwei Reihen stehenden Teilnehmer. Auch hier stehen wieder Männer und Frauen getrennt. Jeder begrüßt das Licht und streift sich symbolisch mit den Händen das Licht über den Körper. Das Licht soll Schutz und Glück für den Tag bzw. die Nacht bringen.
Diese Zeremonien fanden jeden Morgen und Abend zur selben Zeit statt. Morgens begann der Tag um 5.00 Uhr mit der Meditation und endete mit dem abendlichen Satsang von 20.00 Uhr bis gegen 21.30 Uhr. Nach dem Satsang bis früh zur Meditation waren wir es gewohnt zu schweigen, um die abendlichen Mantras nachklingen zu lassen und zum anderen die Stille der Nacht mit in die morgendliche Meditation zu nehmen.
Ein abwechslungsreicher Tagesablauf mit vielen spirituellen Praktiken
Der Tagesablauf war im Allgemeinen folgendermaßen: Nach der Meditation und dem morgendlichen Mantrasingen gab es Frühstück, das zum Teil europäisch aus Toast, Butter, Früchten, Marmelade und Tee aber auch aus verschieden zubereitetem Reis oder indischen Süßspeisen bestand. Im Anschluss daran gingen wir in die Yoga Vedanta Forest Akademie. (Waldakademie). Hier gab es bereits zu Sivananda´s Lebzeiten Unterricht in Vedanta und Yoga. Wir hörten dort von verschiedenen Mönchen und bedeutenden Persönlichkeiten Vorträge zum Thema Yoga, hinduistische Philosophie und zu den Heiligen Schriften, aber auch zu modernen Themen wie Medizin, Krieg in Afghanistan, was ja nicht sehr weit entfernt war und über die verschiedenen Religionen der Welt. Die Vorträge waren sehr einfühlsam gestaltet, sehr interessant und ich gewann einen tiefen Einblick in und Verständnis für die Lebensweise der Menschen in Indien und ihre Religion. Im Anschluss an diese Vorträge gab es eine Asanastunde (Körperübungen). In der Gruppe waren fünf Yogalehrer und wir unterrichteten abwechselnd. Es war sehr schön für mich, auch mal wieder fortgeschrittene Yogis unterrichten zu können. Nach dem Unterricht gab es Mittagessen und anschließend konnten wir bis 19.00 Uhr den Nachmittag selbst gestalten. Lediglich an einigen Nachmittagen gab es organisierte Ausflüge, die wir gemeinsam unternahmen.
In der Gruppe verstanden wir uns alle recht gut und unternahmen oft etwas zusammen. Am zweiten Tag besuchten wir das Haus Sivanandas am Ufer des Ganges, in dem er bis zu seinem Tode lebte. Daneben ist ein Museum eingerichtet worden, wo Szenen aus seinem Leben in Schaukästen mit Wachsfiguren nachgestaltet wurden. In einem kleinen Raum mit Blick auf den Ganges haben wir manches mal einige Zeit in Meditation zugebracht. Eine starke energetische Schwingung war dort zu spüren. Anschließend bummelten wir am terrassenförmig gestalteten Ufer des Ganges und badeten unsere Füße im Wasser.
....mit schönen zwischenmenschlichen Kontakten
Oft gingen wir in einen kleinen Schmuck- und Bücherladen am anderen Ufer des Ganges. Die Besitzer des Ladens waren sehr freundlich. Wir kauften dort Souvenirs, Statuen und Schmuck - sehr schöne und preiswerte Handarbeiten aus Edelsteinen. Oft erzählten wir von Deutschland und tranken Masalatee – ein köstlicher Gewürztee mit Milch und Rohrzucker. Der Ladenbesitzer, ein Vater mit drei Söhnen, die auch im Laden arbeiteten, hatte Bekannte in Deutschland und wir sahen uns oft Bilder an. Ein anderes Mal gingen wir die Straße am anderen Ufer des Ganges entlang bis an deren Ende. Dort gab es ein kleines Gartenrestaurant mit Namen „Schweizergarten“. Auch dort konnte man gemütlich einen Tee trinken oder eine Kleinigkeit essen. An anderen Tagen besuchten wir den wunderbaren Maharishi-Ashram, in dem die Beatles oft Zuflucht nahmen, um dem Medienrummel entfliehen zu können. Manchmal gingen wir auch in Richtung des kleinen Dorfes Lakshmanjula, um etwas einzukaufen oder einfach nur an den Ganges, um zu baden und die Sonne zu genießen. Einmal fuhren wir mit der Autoriksha nach Rishikesh-Stadt zum Bummeln. Dort gab es massive Häuser und oft viel größere und schönere Geschäfte als im Ashramgelände. Es gab dort auch kaum Bettler. Manchmal gingen wir auch in die ehemalige alte Poststube zu Swami Hamsananda, um zu plaudern, Tee zu trinken und ein wenig Sanskritunterricht zu nehmen. Swami Hamsananda konnte sehr gut Geschichten aus dem Leben von Swami Sivananda und dem Ashram erzählen. Es gab immer Süßigkeiten und Gebäck während dieser Plauderstündchen.
Die Temperaturen in diesem nördlichen Teil Indiens lagen am Tag um 30 ° C. Die Nächte waren anfangs noch sehr mild, später dann aber schon sehr kalt um die 8 bis 9 ° C. Abends nach 21. 00 Uhr begann ein heftiger kalter Wind von den Bergen herunter zu wehen und wir mussten alle Fensterläden und Türen gut verriegeln, sonst hätte es gekracht und geklappert, was bei der leichten Bauweise gleich im ganzen Haus zu hören war. Vormittags gegen 9.00 Uhr hörte der Wind so plötzlich auf, wie er abends begonnen hatte. Dann wurde es gleich wieder sehr warm.
In den ersten drei Tagen nach unserer Ankunft wäre ich am liebsten mit dem nächsten Flugzeug wieder nach Hause geflogen. Aber als wir dann doch den Kontakt zu den Menschen fanden und deren Herzlichkeit und Unkompliziertheit kennen lernten, fühlte ich mich recht schnell wohl. Diese Menschen sind oft sehr arm und besitzen sehr wenig. Aber von diesem Wenigen teilen sie noch mit anderen und sind, bis auf Ausnahmen, sehr gastfreundlich.
Das Erbe des großen Meisters Swami Sivananda
Der Ashram hatte auch ein eigenes Krankenhaus. Dieses hatte Swami Sivananda, der ja Brahmane aus vornehmer Familie und ein sehr guter Arzt war, gestiftet, um den armen Menschen, die wenig oder kein Geld haben, zu helfen. Vor diesem Hospital standen jeden Tag Schlangen von Menschen - Arme, Alte, Gebrechliche, Mütter mit Kindern und viele mehr. Wenn das Krankenhaus abends geschlossen hatte, übernachteten viele dieser Menschen, die an diesem Tag nicht mehr hatten, behandelt werden können, auf Decken vor dem Eingang, um dann gleich am nächsten Tag an die Reihe zu kommen. Sivananda hat sein ganzes Leben dem Dienst an diesen armen und kranken und Menschen gewidmet. Sein ganzes Vermögen, das er als Arzt in Malaysia erworben hatte, gab er den Armen und kam als Bettelmönch hierher nach Rishikesh, um das Göttliche in sich selbst zu verwirklichen. Aber er hatte keine Gelegenheit, diesem Ziel nachzugehen. Obwohl er aus dem Süden kam und zunächst überhaupt kein Hindi verstand, erreichten ihn die Menschen auch dort, wollten seine Schüler werden und verehrten ihn als Meister. Gemeinsam aus den Mitteln der Anhänger, aus Spenden und Stiftungen wurde nach und nach der Ashram und alles Gebäude dort am Ganges und am Hügel nach oben. Einst als er dort ankam, gab es nur Dschungel. Heute ist von diesem Dschungel nicht viel übrig geblieben, bis auf Parks und Anlagen weiter oben in den Bergen.
Spirituelle Exkursionen in der Umgebung
Die Ausflüge brachten uns zum Devi-Tempel in die Vorberge des Himalaya, in die Vasishta-Höhle am Ufer des Ganges in den höheren Bergen und in die heilige Stadt Haridwar etwas weiter Ganges abwärts.
Der Devi-Tempel ist ein Tempel zu Ehren von Durga als Devi - der göttlichen Mutter, welche die Dämonen besiegt hatte. Wir meditierten im Tempel und lauschten anschließend auf einer Terrasse in der Sonne den Erzählungen von Swami Hamsananda, der unseren Ausflug begleitete.
Später waren wir noch einmal zu zweit dort, um diese Schwingung in aller Stille aufnehmen zu können.
In der Vasishta-Höhle lebte einst längere Zeit ein Mönch und erreichte dort die Gottesverwirklichung oder auch Samadhi – den überbewussten Zustand der Seele. Auch in dieser Höhle meditierten wir eine längere Zeit und ein Mönch aus dem Ashram beantwortete geduldig unsere vielen Fragen. Wir bekamen Tee und Gebäck und badeten dann wieder unsere Füße am Ganges. Der Ganges ist dort oben in den Bergen noch sehr klar und sauber.
Ein weiterer Ausflug brachte uns in die heilige Stadt Haridwar. Haridwar liegt weiter südlich am Ganges. Der Ganges gabelt sich dort in sieben Arme und an jeden dieser Arme soll einst ein Weiser, einer der sieben alten Rishis, in einem Tempel gelebt haben. Zu Ehren dieser sieben Weisen hat man „Den Tempel der sieben Weisen“ errichtet. Diese Tempelanlage besichtigten wir zuerst. Im Anschluss daran fuhren wir zum Schrein von Ananda Maya Ma (glückliche Mutter) – eine Heilige seit ihrem 14. Lebensjahr, die ihr Leben kranken Menschen und vor allem den Waisenkindern widmete. Ananda Maya Ma starb 1943 und ist dort in diesem Haus in einem Marmorschrein beerdigt.
Am Abend nahmen wir am großen Arati am Ufer des Ganges teil. Tausende Menschen aus allen Teilen Indiens und aus aller Welt versammeln sich dort bei Einbruch der Dunkelheit. Es werden Hymnen und Mantren gesungen und Fackeln geschwenkt. Zum Abschluss dieser Zeremonie pflegt man einen wunderbaren Brauch. Papierschiffchen mit Blumen und Kerzen werden auf das Wasser gesetzt und mit einem Wunsch auf die Reise geschickt. Haridwar ist eine Pilgerstadt, aber auch eine Garnisonsstadt. Auf den Straßen sahen wir viele bewaffnete Soldaten. Gegen Ende unseres Aufenthaltes in Rishikesh zogen auch dort täglich Kolonnen von Soldaten durch den Ort in Richtung Norden an die Grenze zu China und nach Kashmir, an die pakistanische Grenze. Beide, die Grenze zu China und der Unionsstaat Kashmir, sind von Rishikesh nur etwa 200 km entfernt.
So verging unser Aufenthalt in Rishikesh und bald hatten wir uns an die Menschen, die frei laufenden Tiere (Pferde, Hunde, Kühe und Schweine) sowie die diebischen Affen und auch an den Krach und das ständige Hupen auf Straßen und Wegen gewöhnt.
Eine Kleinigkeit möchte ich an dieser Stelle noch erwähnen. Für Swami Sivananda war es ein ungeschriebenes Gesetz, nichts zu töten. In seiner Biografie gibt es einige interessante und auch lustige Beispiele über diese Einstellung zu lesen. So wurde auch in diesem Ashram nichts getötet, auch kein Ungeziefer. Es wurden alle Fenster und Türen mit Gaze versehen. Vor den Fenstern waren Gitter angebracht, damit die Affen nicht herein kommen konnten. Es waren Wächter angestellt, die rund um die Uhr die Wohnhäuser bewachten und mit Stöcken die Affen, Kühen und Schweine verjagten, welche eventuell zu neugierig werden wollten. Für eine kleine Gabe Essen, Früchte oder gar Süßigkeiten waren diese Tiere nämlich jedem Spender dankbar und anschließend oft sehr anhänglich - in der Annahme, es gibt noch mehr.
Die Zeit des Abschieds kam dann doch recht schnell.
Am letzten Abend gab es für uns ein Festessen und während des Satsangs einen Vortrag von unserem Küchenchef. Der Abschied war sehr herzlich.
Rückreise nach Delhi
In der Nacht hieß es sehr zeitig, um 4.00 Uhr früh aufstehen und die restlichen Sachen in den bereits übervollen Koffern verstauen. Unser Bus, der uns nach Delhi bringen sollte, kam schon um 5,30 Uhr und pünktlich um 6.00 Uhr begann der abenteuerliche Rückweg nach Delhi.
Unterwegs hielten wir wieder an der schon zu Beginn des Berichtes beschriebenen hübschen Raststätte und stärkten uns bei einem guten Essen. Es gelang mir, einen der hübschen winzig kleinen tiefdunkelblauen Nektarvögel zu sehen. Er hatte ein liebliches Gezwitscher und labte sich am Nektar von großen weißen Blüten. Wir beobachteten auch noch andere Vögel - amselartige Vögel mit roten Bäckchen, neugierige Elstern, die gern ein wenig von unserem Essen gehabt hätten, Tauben die uns beim Essen mit den Samenkapseln von Ficussträuchern bewarfen usw.
Gegen 15.00 Uhr kamen wir im Hotel Krishna Residenz in Delhi an.
Das Hotel war von der Ausstattung sehr schön, befand sich aber in einem Haus, welches von außen recht armselig aussah. Wir waren angenehm überrascht, als wir das Haus betraten. Hier gab es aber kein warmes Wasser. Dieses mussten wir bestellen oder uns das Wasser in Töpfen mit einem Tauchsieder erwärmen. Aber irgendwie kamen wir auch damit klar. Stromausfall gab es hier, wie auch in Rishikesh, beinahe täglich. Wir hatten schon immer vorsorglich die Taschenlampen dabei. Pech hatte nur jemand, der sich vielleicht gerade die Haare mit dem Föhn trocknen wollte. Das Hotel hatte, mit einer Ausnahme, kein Zimmer mit Fenster nach draußen. Die Fenster gingen nur zu einem Gang bzw. in einen Be- und Entlüftungsschacht. Aber für eine und eine halbe Nacht war auch das erträglich.
Die Schule von Swami Nityananda in den Slums von Delhi – ein beeindruckendes Beispiel tätiger Nächstenliebe
Am ersten Tag besuchten wir die Armenschule von Swami Nityananda. Swami Nityananda, ein Mönch im Alter von fast 80 Jahren, ist ebenfalls ein ehemaliger Schüler von Swami Sivananda. Von ihm erhielt er in jungen Jahren den Auftrag, nach Delhi zu gehen und sich für die Kinder einzusetzen. Das sollte sein weiteres Leben bestimmen. Diese Schule hatte er nach langen Mühen und nur aus Spenden aufgebaut. Das Objekt ist ein beschauliche saubere kleine Oase inmitten des Getümmels und des Schmutzes von Delhi. Delhi gehört zu den schmutzigsten Städten der Welt und es gibt keine ordentliche Müllabfuhr. Es herrscht, wie überall in den größeren Städten Indiens, das Chaos und trotzdem ist es irgendwie reizvoll und faszinierend, wie das Leben dort funktioniert. Die Menschen sind nicht so materiell bezogen wie hier bei uns in Europa. Sie sind einfach und bescheiden und freuen sich schon über Kleinigkeiten.
Swami Nityananda gründete diese Schule als Stiftung im Jahre 1975. Inzwischen hat er die Leitung der Schule seiner Nichte Lucky übergeben. Lucky ist 24 Jahre und hat bis vor kurzem Pädagogik studiert. Sie ist bei den Kindern in der Schule groß geworden und ihr innigster Wunsch seit ihrer Kindheit war es, dieses Lebenswerk ihres Onkels fortzusetzen. Aber nicht dass sich Swami Nityananda zur Ruhe gesetzt hätte. Er arbeitet inzwischen an einem ähnlichen Projekt für die Versorgung der älteren und sozial schwachen Menschen und hat auch dafür eine Stiftung gegründet.
Die Schule war nicht immer so. Sie war ursprünglich in einem kleinen Gebäude in einem anderen Stadtteil von Delhi untergebracht. Dieser Stadtteil war damals noch nicht richtig bebaut. Die Menschen, die heute in dieser Gegend leben sind sehr, sehr arm und unterprivilegiert. Die Kinder haben oft nichts zu essen, müssen für das Überleben der Familie schuften und von medizinischer Betreuung konnte überhaupt keine Rede sein. Die hygienischen Verhältnisse in den meisten Gebäuden waren eine Katastrophe. Krankheiten, die wir uns heute überhaupt nicht mehr vorstellen können, waren und sind oft heute noch die Folge. Vor allem TBC ist dort an der Tagesordnung.
In der Schule werden heute etwa 500 Kinder im Alter von 6 bis 16 Jahren betreut. Sie erhalten Unterricht (Klassen 6 bis 10), Essen, Kleidung und kostenlose, regelmäßige, medizinische Betreuung. Auch eine Art Vorschulerziehung gibt es. Jeden Tag werden Früchte und Medikamente ausgegeben. Angesichts der riesigen Armut rund herum ist diese Einrichtung wirklich wie eine Oase inmitten einer unendlichen Wüste. Inzwischen hat Swami Nityananda einige Behördenvertreter und Regierungsbeamte zur Unterstützung seines Projektes gewinnen können. Fast alle Präsidenten, die seit der Eröffnung dieser Schule regierten, waren dort zu Gast und halfen mit ganzer Kraft. An den Wänden sieht man Gemälde der indischen Geschichte und Ausblicke auf die Zukunft. Eines dieser Gemälde zeigt die Erschaffung des Universums, ein Wandbild mit starker Aussagekraft über die Einheit und das Auseinanderbrechen der Weltreligionen. Swami Nityananda erzieht seine Schüler im Sinne des humanitären Miteinanders. Er achtet jeden Menschen, gleich welcher Religion er angehört. Er setzt sich mit ganzer Kraft für ein Miteinander der Weltreligionen ein und ist gegen einen „Krieg im Namen Gottes“. Gott ist niemals für einen Krieg verantwortlich. Das führten uns die Kinder auch in Tänzen und Spielen während eines herzlichen Empfangs vor. Auch wir gaben eine kurze Vorstellung in Asanas. Die Kinder waren begeistert, vor allem über den Kopfstand.
Im Anschluss an die Begrüßungszeremonie wurden wir auf das köstlichste gespeist. Es gab sogar köstlichen Kaffee auf Kashmirart zubereitet, denn Lucky stammt aus Kashmir, Eis und andere Leckereien.
Im Anschluss besichtigten wir noch einige Tempel der verschiedenen Glaubensrichtungen in Delhi. Es gab viel Prunk aus Gold und Silber, aber fotografieren durften wir nicht. Es gelang mir trotzdem ein Foto, welches diesen Reichtum wiedergab. Der Zugang zu den Tempeln kostete oft 10 Rupien (etwa 0,50 DM) für einen roten Punkt auf der Stirn. Ein Zeichen des Segens. Aber die Armen vor den Türen hatten diese 10 Rupien nicht und konnten somit nicht einmal mit einem Gebet zu ihrem Gott in den Tempel gehen. Für 10 Rupien hatte ein Bettler etwa für vier Tage etwas zum Überleben.
Dieser Tag war sehr anstrengend und einigen ging es nicht gut. Durch den Wetterumschwung hatten sich einige der Gruppe eine Erkältung zugezogen. Auch mich hatte es erwischt. Abends nach einem schmackhaften Abendessen in einem sehr guten Restaurant am Krishnatempel und einem überaus herzlichen Abschied fielen wir todmüde im Hotel ins Bett und schliefen wieder einmal vor Erschöpfung ein.
Der nächste Tag stand zum Bummeln zur Verfügung. Zuvor gab es jedoch ein paar Energieübungen und ein gemeinsames Frühstück mit Swami Nityananda auf der Dachterrasse des Hotels. Die Gruppe teilte sich und einige besuchten das Rote Fort, während andere in den Zoo fahren, Bummeln gehen oder ein Musikgeschäft besuchen wollten. Ich blieb mit leichtem Fieber und einer satten Bronchitis im Bett und ließ mir Bilder vom roten Fort mitbringen.
Am Abend ging es mir wieder sehr gut. Ich hatte gut geschlafen und mich rasch erholt. Swami Nityananda kam wieder zu uns und es gab ein Abendessen auf der Dachterrasse.
Dipavali in Delhi – der krönende Abschluss
Es war Dipavali, das Lichterfest. Es war der letzte Neumond in dem Jahr und die Menschen begrüßen das nun wiederkehrende Mondlicht, welches auch die Regenzeit einleitet. Ein Zeit neuen Wachstums beginnt. Es ist wie bei uns Silvester. Überall wird Feuerwerk in die Luft geschossen. Die Tempel und Häuser waren mit Lichterketten geschmückt. Es war ein herrliches Bild, über Delhi zu schauen und das Feuerwerk und die auf den Dächern tanzenden Menschen zu sehen.
Wir verabschiedeten uns sehr herzlich von Swami Nityananda. Er gab jedem von uns einen weisen Spruch mit auf den Weg. „Erkenne Dich selbst. Finde den Gott in Dir selbst und Du wirst Gott in allem anderen erkennen. Das ist der ewige Frieden und die immerwährende Glückseligkeit der Seele. Gib das den anderen Menschen weiter, denen Du helfen wirst und die Deine Freunde sind“. Das waren die Worte, welche er mir auf den Weg gab. Ziele, die ich für mich selbst schon fest in meinem Bewusstsein verankert hatte.
Ich habe mir ganz fest vorgenommen, Swami Nityanada irgendwann noch einmal zu besuchen.
Am nächsten Morgen standen wir wieder sehr zeitig um 3.00 Uhr auf. Der Bus brachte uns zum Flughafen. Wir verabschiedeten uns von Suguna, die noch eine Weile in Indien blieb und nach Rishikesh zurückfuhr, und von Swami Nityananda noch einmal ganz herzlich.
Das Flugzeug brachte uns nach 9 Stunden ruhigen und sehr guten Fluges mit Zwischenstopp in Kuwait am 15. November 2001 wieder sicher nach Frankfurt. Nachdem wir unsere kostbare materielle Fracht sicher durch den Zoll gebracht hatten, verabschiedeten wir uns mit dem Vorsatz, vielleicht noch einmal eine solche Reise gemeinsam zu machen und jeder trat seinen Heimweg in eine andere Richtung Deutschlands an.
Die „geistige Fracht“, die ich für mich mitgebracht habe, ist so groß, dass ich lange daraus Kraft schöpfen kann. Für diese Reise, die für mich trotz unsagbarer Widerstände zustande kam, bin ich allen Helfern, die dazu beitrugen (besonders meiner Mutter, meinem Mann, meinem behandelnden Arzt und natürlich Suguna, unserer überaus geduldigen Reiseleiterin, wie es kaum eine bessere geben kann), sehr, sehr dankbar.
Pamavati - Christine Bressel
Forst, den 12.03.2002
Siehe auch
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