Reise nach Indien

Aus Yogawiki


Eine Reise nach Indien kann herausfordernd sein. Eine Reise nach Indien kann dich in die indische Spiritualität hineinführen. Sie kann dir alle Illusionen nehmen und sie kann dich irgendwo innerlich erschüttern. Indien ist ein Subkontinent mit über einer Milliarde Einwohnern, fast doppelt so viel wie ganz Europa. Indien hat genau so viele Sprachen wie ganz Europa aber mehr Dialekte. Indien ist ein Kontinent mit großartiger Kultur, und über Indien als Ganzes zu sprechen ist schon irgendwo schwer. Trotzdem ein paar Dinge, die dich auf einer Reise nach Indien berühren könnten. Insbesondere möchte ich über Reisen nach Indien mit Yoga Vidya sprechen. Wir haben die Reise in den Sivananda Ashram Rishikesh, meistens im Oktober, wir haben Reisen nach Süd- und Nordindien und verschiedene Tempelreisen.

Indien bereisen und authentisch Yoga und Meditation erleben zusammen mit Yoga Vidya

Was erwartet dich auf einer Reise nach Indien?

Sei dir bewusst, dass Indien kunterbunt und intensiv ist.

Fahre nicht nach Indien um zur Ruhe zu kommen. Es mag Gegenden in Indien geben, die etwas ruhiger sind, aber typischer Weise ist Indien ein Angriff auf die Sinne. Die Straßen sind laut, das Hupen ist lauf, es gibt laute Musik, sehr viel mehr als in Deutschland, die Tempel und Moscheen blasen laute Musik überall hin. Es ist ein starker Geruch in der Luft, von Räucherstäbchen, über Kuhmist, über Urin, und Fäkalien, Parfums. Du siehst kunterbunte Farben, du siehst großartige Dinge, du siehst großes Elend. In der Luft, gerade in den Städten, ist Gestank und Smog. Das Essen schmeckt sehr intensiv, es gibt verschiedenste Gewürze, und die Geschmacksnerven werden auf unterschiedliche Weise gefordert. Also Indien fordert dich sehr. Eine Reise nach Indien heißt Bereitschaft, dafür offen zu sein.

Indien hat viel Elend, das offensichtlich ist

Wir sind es in Europa gewohnt, dass Elend nicht so sichtbar ist. Wenn du bestimmte Stadtviertel vermeidest, wirst du in Deutschland nicht offensichtliche Kriminalität und Drogen sehen. Die behinderten Menschen sind typischerweise in der Lebenshilfe und in anderen Institutionen. Menschen, die psychisch auffällig sind, sind in der Psychiatrie oder mit irgendwelchen Medikamenten ruhig gestellt. Die Reichen haben ihre Viertel, die Armen haben andere Viertel. In Indien ist das etwas anders. Dort sind die Menschen mit psychischen Auffälligkeiten nicht in der Psychiatrie weggesteckt, du findest sie auch auf der Straße. Du findest Menschen, denen Arme oder Beine fehlen oder die blind sind direkt auf der Straße. Du findest arme Bettler auch in den reichen Vierteln. Und du findest auch Reiche, die auf dem Markt einkaufen gehen, wo alle einkaufen. Du wirst also mit menschlichem Leid mehr konfrontiert, und du siehst die Unterschiede zwischen den Gesellschaftsschichten deutlicher.

Indien ist ein aufstrebendes Land, das zum Teil sehr offen ist für moderne Dinge

Die Inder haben Handys und Smartphones und Satellitenschüsseln usw. Vielleicht wirst du, wenn du durch die Gegend fährst, irgendwo eine kleine Hütte sehen, die nur aus einem einzigen Raum besteht. Und dann siehst du plötzlich eine zehn-köpfige Familie dort rausgehen. Und du siehst einen riesigen Fernseher darin und zwei oder drei schauen auf ihr Handy. Also gleichzeitig altertümlich und elend und modernste Zivilisation.

Indien ist ein spirituelles und gleichzeitig auch ein scheinheiliges Land

Du findest in Indien große Meister und Meisterinnen. Du findest Tempel mit großer spiritueller Schwingung, du findest Ashrams, wo du die authentischste Spiritualität siehst. Aber du siehst gleichzeitig jede Menge Menschen, die vorgeben, spirituell zu sein. Du wirst schnell Menschen treffen, die sich als Priester ausgeben und Geld für heilige Rituale von dir haben wollen. Du findest überall Menschen, die dein Führer sein wollen, um dir etwas zu zeigen. Du findest Menschen, die sich an deine Seite klammern und so weiter. Also gilt es, eine gewisse Unterscheidungskraft zu haben. Und meistens ist es gut, deine erste Reise, gerade wenn du sie spirituell gestalten willst, bei einem spirituellen Menschen oder einer spirituellen Institution aus Europa zu buchen, um dort auf gute Weise eingeführt zu werden, zum Beispiel bei Yoga Vidya. Vaishya Indien Kastensystem.jpg

Vermeide es, zu urteilen, und gib Indern keine Ratschläge

Die Inder wurden ein paar hundert Jahre von den Engländern kolonisiert, teilweise auch von den Franzosen, den Portugiesen und den Holländern. Ihnen wurde ständig gesagt, sie seien rückständig, und die Europäer haben ihnen permanent Ratschläge gegeben. Die Inder wollen das nicht. Die Inder sind selbst dabei, ihre Kultur zu entwickeln und voranzubringen. und Missstände abzustellen. Indien hat auch eine freie Presse, die Missstände sehr offensichtlich zeigt. Es gibt Wahlkämpfe darum und vieles andere. Die Inder brauchen keine Ratschläge von Europäern, die ihnen sagen, dass sie alles dumm machen und sie müssten dies und das nur etwas besser machen. Sei demütig, sei bescheiden, sei offen. Und gerade, wenn du als spiritueller Mensch eine Reise nach Indien unternimmst, dann sei bereit, selbst zu lernen, dich selbst einzustimmen und einzuschwingen.

Achte auf deine Hygiene

Wenn ich gesagt habe, dass du in Indien keine Ratschläge geben solltest, solltest du aber auf eines achten: auf deine eigene Hygiene. Es ist wichtig, dass du Grundhygienerichtlinien beachtest: wasche deine Hände mehrmals am Tag mit Seife, pass auf, welches Wasser du trinkst, pass auf, wo du isst. Und mein Tipp ist: iss nur in Restaurants, die vollständig vegetarisch sind. In nicht-vegetarischen Restaurants wird oft Hühnchen serviert, und die Hühner in Indien haben sehr häufig Salmonellen und andere Erkrankungen. Das Hühnchen selbst wird dann gekocht und enthält dann vielleicht keine Salmonellen mehr, aber vom Hühnchen ist dann vielleicht Saft runtergetropft auf den Salat, den Reis und das Gemüse. Die Menschen, denen ich nachdrücklich geraten habe nur in rein vegetarischen Restaurants zu essen - Pure Vegetarian Food – die hatten erheblich weniger unter Magen-Darm-Problemen zu leiden als andere. Hilfreich kann übrigens Handdesinfektionsmittel sein. Falls du an alles Mögliche drangreifst und dann versehentlich die Finger an Nase, Mund oder Augen hältst, könntest du dir dort prompt Viren, Bakterien und anderes einfangen. Also achte auf deine Hygiene.

Öffne dich besonders für Spiritualität und suche das spirituelle Indien auf

Es gibt Teile in Indien mit natürlich auch schöner Kultur wie das Taj Mahal, das Fort von Delhi, und so vieles andere, aber spirituelle Menschen werden typischerweise enttäuscht sein, wenn sie einfach nur an touristische Institutionen herangehen. Es ist gut, das religiöse, das spirituelle Indien zu suchen. Das können Pilgerorte sein, aber besser noch, du gehst in Ashrams.

Achte auf deine spirituelle Praxis

Indien ist sehr vielfältig und es hat ein umfangreiches Spektrum von spirituellen, materiellen, schönen und ekligen Dingen. Es gilt, deine eigene Schwingung hochzuhalten. Wenn du in Indien bist, meditiere jeden Tag. Übe deine spirituellen Praktiken jeden Tag, so hältst du dein Energielevel hoch, und so spürst du die spirituellen Teile von Indien. Wenn du nachlässig wirst in deinen spirituellen Praktiken, dann wird dein Energielevel sinken, und du wirst mehr die Teile von Indien sehen, die eher niedrig-energetisch sind. Dann wird die Reise nach Indien eher eine Quelle von Enttäuschung, Leid und Krankheit und das kann dich demotivieren. Halte also dein Energielevel hoch, aber entspanne auch ausreichen. Nimm dir Zeit loszulassen. Fülle den Tag nicht von morgens bis abends. In Indien läuft vieles nicht so flott und schnell und durchorganisiert wie im Westen. Eine gewisse Muse, Ruhe, Entspannung, spirituelle Neugierde und Öffnung ist auf jeder Reise nach Indien sehr hilfreich.

Wenn du jetzt interessiert bist an den Indienreisen, die wir bei Yoga Vidya organisieren, dann gehe auf yoga-vidya.de und gibt dort ein „Reise Indien“, so findest du die verschiedenen Möglichkeiten.

Video Reise nach Indien

Hier findest du ein Vortragsvideo zum Thema Reise nach Indien :

Autor/Sprecher: Sukadev Bretz, Seminarleiter zu den Themen Yoga und Meditation.

Reise nach Indien Audio Vortrag

Hier die Audiospur des oberen Videos zu Reise nach Indien :

Indienreise 2001 - Dieter Glombek

Der Trip begann für mich zwei Tage oder besser gesagt zwei Nächte vorher: Bevor ich den Nachtzug von Izehoe nach Frankfurt Airport besteigen konnte, baute ich in ca. 10 m Höhe neue Leuchtkörper ein, deren Licht sich leider als gelb erwies – das war die erste Nacht. Neue Leuchtkörper besorgen und montieren – das war die zweite Nacht. Die dritte Nacht verbrachte ich im Zug und die vierte schließlich im Flugzeug. Wir flogen der Sonne entgegen – ab Frankfurt mit Zwischenlandung in Kuwait und einem Umweg wegen der damals aktuellen Situation in Afghanistan, so dass wir doch mit einiger Verspätung in Delhi ankamen. Die armen Taxifahrer hatten geduldig die halbe Nacht auf uns gewartet...

Rishikesh

Dann also rein ins Verkehrsgewühl: Neudelhi und Randbezirke unter einer Smog-Glocke – auch als Nichtraucher raucht man hier so seine acht Zigaretten am Tag... Auf den Straßen tummeln sich Kühe, Fußgänger, Radfahrer, Esel- und Ochsenkarren, dreirädrige Rikshas, Autos, Lastwagen, Busse, Traktoren. Die Verkehrsführung bleibt mir ein Rätsel, sie ist wohl nur von Eingeweihten zu durchschauen. Wer die lauteste Hupe hat, hat Vorfahrt. Der Zeitgewinn ist immerhin eine Sekunde oder so, denn trotz ungeheuerem Aufwand, Gerüttel und Gehupe ist die Durchschnittsgeschwindigkeit nicht höher als 30 km/Stunde. Da unsere fünf Taxis auch untereinander Wettrennen veranstalteten,landeten wir mit ganz geringen Zeitunterschieden im Sivananda Ashram in Rishikesh – wohlbehalten, wohlgemerkt! Mir wird allmählich klar – das ist ein anderer Kontinent, hier ist es nicht wie daheim. 

Im Ashram (spirituelle Lebensgemeinschaft) genießt unsere Gruppe einen sagenhaft guten Service. Die meisten Zimmer in unserem Gästehaus haben eine Dusche – sogar mit warmem Wasser und ein WC. Das Essen bekommen wir serviert, in einem extra Speiseraum und mit extra mild gewürzten, auf westliche Mägen abgestimmtem Essen. Das war so eine Art Tischlein-Deck-Dich: Wir setzten uns an unsere beiden Tische, schlossen die Augen zum Mantrasingen und Tischgebet und wenn wir sie dann wieder öffneten, fanden wir allerlei leckere – natürlich vegetarische – appetitlich angerichtete Speisen auf unseren Tellern. Und zum Frühstück gab’s Toast, Butter und Marmelade – später auf Wunsch einiger Teilnehmer auch etwas „typisch Indisches“. Der Küchenchef gestattete uns auch einen Blick in die riesige Ashramküche, wo mittels einer Dampfvorrichtung unglaubliche Mengen von Reis, Dhal und Gemüse in großen Kesseln zubereitet wurden.  Die Tage in Rishikesh verliefen äußerst abwechslungsreich und interessant. Eine Homa (Feuerzeremonie), eine Paduka Puja (Verehrungsritual mit den Sandalen von Swami Sivananda) und eine Shiva Puja (Verehrungsritual mit dem Shiva Lingam im Haupttempel) wurden extra für unsere Gruppe arrangiert. Alle konnten an den Handlungen teilnehmen und so die besondere Energie solcher traditioneller Rituale unmittelbar erfahren und erfühlen. Ansonsten begann der Tag um 5.00 Uhr mit Mantras und Meditation in der Samadhi-Halle, wo Swami Sivanandas sterbliche Hülle in einer Art Sarkophag ruht, um 6.00 Uhr schloß sich nebenan ihm Vishvanath-Tempel das einstündige Om-Namah-Shivaya-Singen und die Shiva-Puja an. Danach war gerade mal eine halbe Stunde Pause, um sich umzuziehen und zum Frühstück zu gehen. Anschließend hatten wir eine Vorlesung und eine Asana-Stunde. 11.30 Uhr Mittagessen, dann konnte man den Nachmittag frei nutzen bis zum Abendessen um 19.00 Uhr.

Die meisten hielten erst mal nach einer Badestelle am Ganges Ausschau und dann nichts wie rein ins kalte Naß. In der ersten Woche war nachmittags so heiß, dass ich nach dem täglichen Bad mit nasser Badehose loszog. Mit geeigneter Kleidung deckten wir uns vor Ort ein – ein einfacher Pandschabi oder Sari waren für umgerechnet 5 bis 10 Euro zu haben (damals noch 10 bis 20 DM; wobei 20 Rupien ungefähr einer Mark entsprachen). Auch schöne Schmucksachen waren günstig zu erwerben. 

In Rishikesh und Muniki-reti, etwas Ganges aufwärts, wo die meisten Ashrams liegen, konnte man originelle Sadhus (Heilige, Wandermönche) treffen. Einer davon war ganz rot angemalt, hielt ein Zepter in der Hand, fauchte mich an, malte mir einen Punkt auf die Stirn und hielt dann die Hand auf.  Zu Fuß erkundeten wir die nähere Umgebung.An drei Nachmittagen machten wir Ausflüge in Begleitung ehrwürdiger Swamis (Mönche). Einmal ging es auf etwa 1800 m Höhe zum Devi Kunjar-Tempel, ein anderes Mal zur Vasishta-Höhle am Ufer des Ganges, wo der Weise Vasishta gelebt und meditiert hatte, Die dritte Exkursion führte in die heilige Stadt Haridwar, wo wir abends die berühmte Lichtzeremonie (Arati) am Ganges miterlebten. Nur zu schnell verging die Zeit. Und schon war der Tag der Abreise da. Frühmorgens rein in den Bus, auf nach Delhi. Erst mal im Hotel die Koffer abladen. Wer sich auf eine reinigende heiße Dusche gefreut hatte, wurde enttäuscht: das heiße Wasser musste vom Hotelpersonal erst zubereitet werden und kommt in einer „Bütt“, aus der Wand kommt’s kalt. Da habe ich den Ganges in Rishikesh zum Baden vorgezogen....

Weiter ging’s zur Schule von Swami Nityananda in Delhi, dem Sivananda Vidya Bhawan, wo seit Jahrzehnten dank dieser Initiative von Swami Nityananda, einem Schüler von Swami Sivananda, Kindern aus den umliegenden Slums eine richtige Schulbildung ermöglicht wird, mit angeschlossenem Heim für Waisenkinder und einem geplanten Altersheim. Eine Tribüne war aufgestellt, Hunderte von Kindern davor – und nun wurde unsere Gruppe zu einer Asana-Vorführung aufgefordert! Anschließend waren die Kinder mit ihren verschiedenen Inszenierungen dran, die sie sehr schön vortrugen und liebevoll vorbereitet hatten. Nach einem erstklassigen Mittagessen besuchten wir noch einige Tempel in Delhi. Dieser ereignisreiche Tag fand seinen Abschluß in einem womöglich noch erstklassigeren Abendessen in einem Restaurant. Am nächsten Morgen kam ein Kundalini-Experte, um bei uns die Kundalini zu erwecken. Einige in der Gruppe spürten tatsächlich etwas. Durch mein dickes Fell kommt nichts an. Den Rest des Tages teilten wir uns in drei Gruppen auf und erkundeten unabhängig voneinander in drei großen Taxis die Sehenswürdigkeiten und Einkaufsparadiese von Delhi und Neudelhi. Wenn auch der Smog und der Lärm nach der Ruhe Rishikeshs etwas ungewohnt waren, so lohnte sich dieser Aufenthalt auf jeden Fall, ja, man könnte gut eine Woche dort verbringen, so viele interessante Sehenswürdigkeiten gibt es.  Abends hatten wir unser Abschlussdinner auf der Dachterrasse des Hotels – umgeben von unzähligen lichtergeschmückten Tempel und öffentlichen Gebäuden und lautstarken Feuerwerken. Es war nämlich das Diwali-Fest, das Lichterfest, vom Feiern her so etwas wie Silvester bei uns.  Da wir ohnehin früh aufstehen mussten, um unseren Flug zu erreichen, beschloss ich, die kurze Nacht ganz ausfallen zu lassen. Ich setzte mich mit einem Buch ins Foyer, aber unser Stadtführer, der unsere Gruppe tagsüber begleitet hatte, hatte Lust auf eine nächtliche Unterhaltung. Bald war es zwei Uhr nachts, der Bus wurde beladen und dann ging es zügig durch die – ausnahmsweise leeren, nicht vom Verkehr verstopften – Straßen Delhis zum Airport. Der altehrwürdige Swami Nityananda hatte es sich nicht nehmen lassen, trotz der frühen Stunde persönlich zum Flughafen zu kommen und uns zu verabschieden. Für jeden hatte er sogar noch eine Süßigkeit bereit. Das ist wahre indische Gastfreundschaft. So näherte sich die Reise nach Rishikesh ihrem Ende – für mich mit dem festen Vorsatz, sie dieses Jahr zu wiederholen. 

Ein paar Tage später begann der Berufsalltag, der mich schnell einholte. Aber ein tiefer Eindruck eines insgesamt unbeschreiblichen unvergleichlichen Erlebnisses ist geblieben.

Dieter Glombek

DEM HIMMEL SO NAH - Eine Reise zum Sivananda Kutir in den Himalaya

Ein Erfahrungsbericht

Anreise

Um es gleich vorweg zu sagen, die ersten zwei Tage war ich nicht gerade vom Glück verfolgt. Nach einem sehr entspannenden Flug wartete ich nachts in Delhi am Flughafen vergeblich auf die Leute vom Delhi Sivananda Zentrum, die mich und Swami Mahedevananda, der Leiter des Ashrams in Kerala, abholen sollten (natürlich nur den Swami, ich war nur zufällig auf dem Flieger). Oder besser gesagt, wir sollten auf dem gleichen Flieger sein, was aber nicht der Fall war. Also packte ich meine Sachen und strebte gen Taxistand. Gleich darauf lieferte ich mir eine handfeste Feilscherei mit einem Taxifahrer, der einen lächerlich hohen Preis verlangte. Nachdem wir uns geeinigt hatten, ging es in die dunkle Nacht hinaus und nach einer Weile wurde mir doch etwas mulmig. Der Fahrer hielt x-mal an, um nach dem Weg zu fragen. Es war stockdunkel, kaum jemand auf der Straße und es war alles andere als vertrauenserweckend. Endlich kam ich gegen 2.00 Uhr morgens im Zentrum an, klingelte die Bewohner aus dem Bett...und erfuhr, daß ich bereits gestern erwartet worden war! Ein kleines Mißverständnis. Na ja, um 6.00 Uhr sollte es weiter gehen nach Haridwar per Zug, nur hatte man mir jetzt kein Ticket besorgt, da ich ja nicht erschienen war... Dennoch schloß ich mich nach 1 1/2 Stunden Schlaf den anderen (Swami und Begleitung) an, wir fuhren zum Bahnhof... um zu erfahren, daß der Zug zum Bersten voll war und ich keine Chance auf ein Ticket hatte. Also mußte ich zurück ins Zentrum, nicht gerade begeistert. Nach etwas Schlaf fuhr ich dann wieder zum Bahnhof, um mir ein Ticket für den anderen Tag zu organisieren... um zu erfahren, daß die nächsten Tage alle Züge wegen Ferien in Indien ausgebucht waren, die Busse streikten und überhaupt ganz Indien auf den Beinen war. Ich war bedient. Sollte es das schon gewesen sein? Ich überlegte ernsthaft, ob es nicht sinnvoller war, meinen Kram zu packen und wieder nach Hause zu fliegen. Vielleicht sollte es nicht sein. Aber ich wollte unbedingt nach Uttar Kashi, ins Sivanandazentrum am Fuße des Himalaya, da hatte ich mich so drauf gefreut. Also entschied ich spontan, meine Urlaubskasse zu plündern und für einen horrenden Preis ein Auto nebst Fahrer bis Haridwar zu mieten. Von dort sollte ich dann von Sundar, dem Leiter des Ashrams, der bei Swamis Begleitern dabei war, oder von einem Karmayogi abgeholt werden. Ich verbrachte also noch ein paar Stunden in Delhi (mehr brauche ich da auch nicht), genoß das leckere Essen im Zentrum, die Yogastunde und abends eine Puja! Das Zentrum in Delhi ist neu und sehr schön, mit einem großen Yogaraum und einer Dachterrasse. Abends legte ich mich auf meine Matratze in der Hoffnung, daß der nächste Tag etwas erfolgreicher als bisher verlaufen würde.

2. Tag

Morgens geht es los, das Taxi ist sogar fast pünktlich. Fünf Stunden völlig chaotischer Verkehr, ständiges Gehupe, Abgasgestank, Schlaglöcher, sengende Hitze. Rechts und links der Straße das typische Indienbild, buntes Treiben, Müllberge, viel Armut und Dreck, herumliegende Kühe, aber auch lachende, spielende Kinder, wunderschön gekleidete Frauen und geschmückte Hindutempel. Manchmal, wenn der Verkehr wieder besonders brenzlig wird und ein Laster in vollem Tempo frontal auf uns zukommt, schließe ich einfach die Augen und schicke ein OM NAMAH SHIVAYA zum Himmel, aber irgendwie gelingt es dem Fahrer tatsächlich, uns sicher nach Haridwar zu bringen. Dort habe ich ein ‚blind date‘. Jemand vom Ashram wird mich am Bahnhof abholen, und wir werden uns daran erkennen, daß wir beide Sivananda-T-Shirts tragen. Und siehe da, nach einigen Minuten Wartezeit kommen zwei strahlende junge Männer auf mich zu. Sie verladen meinen Rucksack und mich auf die Rückbank eines Jeeps und weiter geht’s. Von dort aus sollen es noch ca. zwei Stunden Fahrzeit sein, dachte ich jedenfalls. Als einer von beiden auf meine Frage, wann wir denn ankommen, strahlend „six o’clock“ sagt, dachte ich, er macht einen Scherz, es ist gerade 13 Uhr! Leider ist es keiner, es sollten noch 5,5 Stunden Jeepfahrt vor mir liegen!  Wir fahren am heiligen Platz am Ganges in Haridwar vorbei, wo jeden Tag bei Sonnenauf und untergang ein Arati abgehalten und schwimmende Kerzen in den Fluß gesetzt werden. Rishikesh sehe ich nur kurz, dann geht es hinauf in die Berge. Der Jeep rast in einem halsbrecherischen Tempo die Serpentinen entlang, in jeder Kurve laut hupend. Der Straßenrand ist nicht befestigt, wenn ich rechts aus dem Auto schaue, geht es in die Tiefe. Unten fließt der junge Ganges und ich tröste mich mit dem Gedanken, daß ich wenigstens in einem heiligen Fluß lande, wenn ich schon kopfüber mit dem Jeep in die Schlucht stürze. Die Landschaft ist wunderschön, wilde Berglandschaft, einsame Bergdörfer, klare Luft. Wir halten zweimal zum Tee und Lunch, jedesmal werde ich von allen angestarrt, anscheinend ist man europäische Frauen nicht so gewohnt. Als wir endlich ankommen, ist es schon dunkel, und ich bin vollkommen erledigt. Ich werde freundlich begrüßt, bekomme noch etwas zu essen. Ich möchte warm duschen, aber heute geht das nicht mehr. Mein Bett ist total hart, das Zimmer scheint so eng. Ist es die Erschöpfung, daß ich den Tränen nahe bin oder was ist los. Swami Sivananda schaut von einem Bild auf mich herab und ich frage mich, ob das eine Prüfung ist oder so was. Bin ich so weit gereist, um das zu erleben? Irgendwann überkommt mich unruhiger Schlaf. ließt der junge Ganges und ich tröste mich mit dem Gedanken, daß ich wenigstens in einem heiligen Fluß lande, wenn ich schon kopfüber mit dem Jeep in die Schlucht stürze. Die Landschaft ist wunderschön, wilde Berglandschaft, einsame Bergdörfer, klare Luft. Wir halten zweimal zum Tee und Lunch, jedesmal werde ich von allen angestarrt, anscheinend ist man europäische Frauen nicht so gewohnt. Als wir endlich ankommen, ist es schon dunkel, und ich bin vollkommen erledigt. Ich werde freundlich begrüßt, bekomme noch etwas zu essen. Ich möchte warm duschen, aber heute geht das nicht mehr. Mein Bett ist total hart, das Zimmer scheint so eng. Ist es die Erschöpfung, daß ich den Tränen nahe bin oder was ist los. Swami Sivananda schaut von einem Bild auf mich herab und ich frage mich, ob das eine Prüfung ist oder so was. Bin ich so weit gereist, um das zu erleben? Irgendwann überkommt mich unruhiger Schlaf.

3. Tag

Um fünf Uhr morgens geht die Glocke. Ich schäle mich aus dem Bett und gehe zum Satsang. Bald ist es hell und endlich sehe ich den Ashram im Sonnenlicht! Es ist ein sehr kleines Gelände mitten im Tal, hübsch angelegt mit Blumenkästen und einer kleinen Wiese. Der Ganges fließt direkt vorbei, auf der anderen Seite bewaldete Berge. Eine Brücke aus Holz führt zur anderen Seite, auf der einige wenige Häuser zu sehen sind. Die Zimmer sind klein, aber o.k. Die Meditationshalle ist sehr klein, es wird gerade eine größere gebaut. Es gibt zwei Warmwasseranschlüsse, der Rest ist kalt. Geduscht wird nach indischer Methode mit Eimern, die mit heißem Wasser gefüllt werden, Toilettenpapier gibt's keins. Für mich mal wieder eine Premiere, nur die linke Hand zu benutzen, nach einigen Tagen völlig nebensächlich. Mit anderen Worten, alles sehr einfach und nichts für Luxusgewöhnte!  Es gibt eine überdachte Terrasse, auf der die Yogastunden abgehalten werden, was mir gut gefällt, da man direkt auf den Ganges schauen kann. Meine Stimmung steigt von Stunde zu Stunde. Seltsamerweise bin ich trotz wenig Schlaf nicht sehr müde. Nach dem Satsang, der dem in Oberlahr ähnelt (zusätzlich gibt es noch ein sehr schönes Gangesarati), gibt es Chai, den köstlichen indischen Tee (mittlerweile mein Grundnahrungsmittel), dann die Asanastunde. Da heute Sonntag ist, fällt Karmayoga und die Yogastunde am Nachmittag aus. Sonntags kommen die Menschen aus den Bergdörfern in den Ashram und bekommen hier kostenlos Medizin. Die Asanastunde dauert zwei Stunden und gefällt mir gut. Es tut mir so gut, mich mal wieder zu bewegen und zu dehnen, Himalayaluft strömt durch meine Adern und gibt mir neue Kraft. Gelehrt wird die klassische Rishikeshreihe, jeweils zwei Stunden morgens und nachmittags, nach einer Woche steht mir der Sinn mal nach etwas Abwechslung, dennoch merke ich von Tag zu Tag meine Fortschritte.  Anschließend wird gegessen. Wir sitzen auf der Terrasse in zwei Reihen gegenüber auf ausgerollten Teppichen, je einen großen Teller, eine Schüssel und einen Becher vor uns. Zwei Inder gehen mit Eimern herum und füllen Reis, Dhal und Gemüse auf Teller und Schüssel. Besteck gibt es keins, gegessen wird mit den Fingern der rechten Hand. Mal wieder eine Premiere und ziemlich ungewohnt. Das Essen incl. Chapatis ist köstlich. Wir sind ca. 10 Gäste und 10 Ashrambewohner, ein angenehm kleiner Kreis und total international. Amerikaner, Kanadier, Deutsche, Franzosen, alles dabei. Der Ashram hat Kapazität für ca. 15-20 Gäste, was ich sehr schön finde, da ich keine Freundin von yogischen Massenveranstaltungen bin. Man kommt schnell ins Gespräch, nach einigen Tagen ist es wie in einer Familie. Mit einigen habe ich bis heute Kontakt, was sehr für die Intensität und die Vertrautheit spricht, die dort herrscht. Nach dem Essen fahren wir die 8 km nach Uttar Kashi, d.h. wir halten einen alten Lastwagen an, der uns auf der Ladefläche mitnimmt. Wir sechs haben viel Spaß, die rasante Fahrweise und den Abgrund in die Schlucht übersehe ich geflissentlich. Danach schlendern wir durch die kleinen, typisch indischen Straßen, "shoppen" ein wenig und trinken Chai in den kleinen indischen Teeshops. Zurück im Ashram beschließen wir, ein kleines Bad im Ganges zu nehmen. Aber das Wasser ist so kalt, daß es nur für Füße und Gesicht reicht. Sunda, unser Ashram"chef", versichert mir aber, daß auch das schon zur Sündenreinigung reicht. Na also...

Das Wasser des Ganges ist klar und grün, wie ein Wildbach in den Schweizer Bergen mit ziemlich starker Strömung. Kaum zu glauben, daß das der gleiche Fluß ist, den ich sonst kenne, völlig dreckig und sehr breit. Ich lasse das Wasser über meine Füße laufen mit dem Wissen, daß es heiliges Wasser ist. Beim Gangesarati morgens und abends wenden wir uns dem Ganges zu und singen ein Mantra für Ganga, was ich sehr schön finde. Der Ganges hier wird natürlich wie überall in Indien sehr verehrt, immerhin ist die Quelle nicht weit und damit das Wasser besonders heilig. Es kann Einbildung sein, aber ich fühle mich danach wirklich etwas gereinigter, auch von innen, angefüllt mit neuer Kraft. Der Depri von gestern ist wie weggeblasen, ich fühle mich sehr wohl an diesem Ort mit Menschen, die das Gleiche wollen wie ich, einige Zeit diese spirituelle Umgebung auf sich wirken zu lassen und Yoga zu praktizieren. Und daß diese Gegend voller energetischer Schwingungen ist, merke selbst ich als geborene Skeptikerin, die erst mal alles hinterfragt, sofort. Welch ein Geschenk!  Nach dem Abendessen ist eine Pause bis zur Meditation. Ich sitze auf meiner kleinen Terrasse vor meinem Zimmer und schaue auf den Ganges, der immer mehr in der Dunkelheit verschwindet. Fledermäuse fliegen haarscharf an meinem Kopf vorbei und auch über fehlende Insekten kann ich mich nicht beklagen, es kreucht und fleucht überall (ich schaue besser nicht genau hin...).

In meinem Zimmer bleibe ich weitgehend verschont, außer einer dicken Spinne, die in der Holzdecke wohnt und ab und zu direkt über meinem Bett Namaste sagt. Ich vereinbare mit ihr einen Sicherheitsabstand, an den sie sich auch strikt hält, also darf sie bleiben. Es gibt kaum Moskitos und was mich am meisten freut, keine Kakerlaken! Wahrscheinlich ist es ihnen dort oben zu kalt, denn besonders morgens ist ein dicker Pulli und Socken angesagt! Aber sobald die Sonne kommt, wird es wunderbar warm. Jetzt bin ich sehr froh, daß ich hier bin, und ich freue mich auf die nächsten Tage. Einige sind krank, besonders Erkältung und Magenprobleme, was aber nicht vom Essen kommt, denn das ist absolut o.k. Manche trinken das Wasser direkt aus der Leitung und das ist auch bei frischem Gangeswasser absolut schlecht für westliche Mägen! Ich verteile meine mitgebrachte Medizin und hoffe, daß ich verschont bleibe.

4. Tag

Der Tag verläuft friedlich. Der Zeitplan ist wie in Oberlahr, allerdings wird bereits um 5 Uhr aufgestanden, dann von 5.30-7.00 Uhr Satsang, 7.30 Uhr Yoga, 10 Uhr Lunch, 11 Uhr Karmayoga, 13.30 Uhr Tee, 16.00-17.45 Uhr Yoga, 18 Uhr Abendessen, 19.30 Uhr Satsang, 21.30 Uhr Licht aus. In den Pausen relaxe ich, genieße die Natur, sitze am Ganges, lese, erzähle mit den Mityogis. Fast vier Stunden Yoga am Tag ist mir ein bißchen viel, mal sehen, wie es mir die nächsten Tage damit ergehen wird.  Am Mittag kommen Kinder aus den Nachbardörfern, um uns zu besuchen und zu begrüßen. Sie sind überhaupt nicht scheu, lachen und winken und rufen ununterbrochen das unvermeidliche "Namaste". Allerdings begehe ich den Fehler, ihnen ein paar Kekse zu geben und schon habe ich einen ganzen Schwung auf der Terrasse. Suksmita, Mitarbeiterin im Ashram, rät mir dringend davon ab, da ich sie dann nicht mehr loswerde für die nächsten zwei Wochen.  Jennifer, eine Kanadierin, und Suksmita bearbeiten mich, ein Drei-Tages-Trekking zur Gangesquelle mitzumachen, aber ich scheue noch davor zurück. Meine Stimmung ist immer noch gut, außer ein paar Müdigkeitsaussetzer, aber das schiebe ich auf den Jetlag.

6. Tag

Heute morgen gibt es anstatt Satsang eine Gehmeditation. 1 1/4 Stunde am Gan-ges entlang in das kommende Tageslicht hinein und über einer Brücke zurück auf der anderen Seite, die Luft ist klar und frisch, der Tag beginnt. Schweine- und Kuh-hirten kreuzen unseren Weg, die einzelnen kleinen Berghäuser erwachen zum Leben. Unser Sunda wird von jedem begrüßt, hier kennt jeder jeden. Die Kinder falten die Hände vor der Brust, lachen und grüßen "Namaste", selbst die kleinsten. Es ist so friedlich hier, obwohl die Armut aus allen Ecken zu schreien scheint. Aber die Leute scheinen mit sich zufrieden. Die Kinder haben kein Spielzeug und laufen in völlig alten Sachen herum, aber ihre Augen strahlen und sie scheinen glücklich. Nach dem Yoga beschließe ich, in die "Stadt" nach Uttar Kashi zu fahren, um einige Besorgungen zu machen. Auf den 8 km dahin halten regelmäßig Jeeps, die man anhalten muß. Auf der Hinfahrt kein Problem. Ich sitze völlig zusammengequetscht mit 13! Indern in einem Jeep, in den normalerweise höchstens sechs oder sieben passen. Auf der Rückfahrt habe ich weniger Glück. Schwer bepackt muß ich fast den gan-zen Weg zu Fuß gehen. Die Landschaft ist wunderschön, aber es ist sehr heiß. Erschöpft komme ich im Ashram an, bekomme Chai und Apfelkompott zur Stärkung und auf gehts gleich zum Yoga! Obwohl ich heute viel gemacht habe und eigentlich normalerweise völlig fertig sein müßte, bin ich voller Energie. Dieser Platz ist so energetisch, die Luft scheint zu vibrieren. Ich lese Mother Ganga von Swami Sivananda und halte meine Füße in das heilige Wasser des Ganges. Welche Lektüre wäre wohl geeigneter? Ich bin dankbar, daß ich an diesem Platz sein darf, singe das Ganga Mantra und verneige mich.

Siehe auch

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