Schlechte Umgangsformen
Schlechte Umgangsformen, was ist das? Wann sind Umgangsformen schlechte Umgangsformen? Wann sind Umgangsformen gute Umgangsformen? Das ist nicht immer einfach zu sagen. Hier bekommst du auch einige Tipps für gute Umgangsformen in Yogaschulen und indischen Yoga Ashrams und Tempeln.
Gute Umgangsformen, schlechte Umgangsformen in verschiedenen Kulturen
In Indien gilt es als gute Umgangsformen, wenn man mit den Händen ist. Europa gilt es als schlechte Umgangsformen, wenn man mit den Händen ist. In manchen traditionellen Familien in Indien gilt es als schlechte Umgangsformen, wenn man mit Metall ist. Die Vorstellung Metall in den Mund zu nehmen, gilt als ausgesprochen eklig. Und was man als eklig empfindet, das nennt man natürlich schlechte Umgangsformen.
In Europa gilt es als gute Umgangsformen, sich die Hand zu geben. Für einen traditionellen Inder, ist die Vorstellung, anderen, wildfremden, die Hand zu geben etwas sehr eigenartiges. Ein traditioneller Inder der empfindet das an Händeschütteln, das Berühren mit eventuell ungewaschenen Händen, als ausgesprochen schlechte Umgangsformen.
Natürlich ist das heute in Indien schon etwas anders. Inder haben verstanden dass Europäer andere Umgangsformen haben als sie. Trotzdem zeigt das, wie unterschiedlich Umgangsformen sein können.
Ein weiteres Beispiel für unterschiedliche Umgangsformen:
In indischen Tempeln ist es üblich dass man die Schuhe auszieht. Es ist ein absolutes Vergehen gegen gute Umgangsformen, wenn Menschen Schuhe anlassen würden. Wenn man in eine europäische Kirche geht und dabei barfuß ist, dann kann es sein dass man darauf angesprochen wird. Schuhe sind in Kirchen nun mal üblich. Dagegen ist barfuß in Kirchen ausgesprochen schlechte Umgangsformen.
In Synagogen ist es ein Zeichen schlechter Umgangsformen, wenn man einen Kopf unbedeckt hält. In Kirchen in Europa ist es ein Zeichen schlechter Umgangsformen, wenn man eine Mütze auf dem Kopf hat.
Gute Umgangsformen, schlechte Umgangsformen, das ist also sehr kontextabhängig.
Umgangsformen lernen oder gegen Umgangsformen protestieren?
Wenn Umgangsformen so kontextabhängige sind, sollte man überhaupt Umgangsformen lernen und anwenden? Oder sollte man gegen Umgangsformen protestieren? Wäre es nicht klüger, dass man auf solche äußeren Dinge verzichtet? Sollte man stattdessen nicht viel mehr auf Herzlichkeit achten? Ist nicht Liebe, Freundlichkeit, Mitgefühl besser als äußere Umgangsformen?
Ja, tatsächlich ist Liebe, Freundlichkeit, Mitgefühl sehr viel besser als nur äußere Umgangsformen zu beachten. Man sollte sich nicht zu sehr beschweren, falls Menschen aus anderen Kulturen oder anderen sozialen Schichten andere Umgangsformen haben als man selbst. Aber auch aus Mitgefühl, Freundlichkeit, sollte man selbst auf Umgangsformen achten.
Man selbst sollte sich bemühen, schon aus Rücksicht auf andere, die Umgangsformen anderer zu beachten, ja zu achten, zu respektieren. Menschen sind es nun mal gewohnt dass man im Umgang miteinander bestimmte Umgangsformen beachten. Mach es gilt als Zeichen von Respekt, von Mitgefühl, dass man sich bemüht Umgangsformen, Benimmregeln, Regeln des guten Betragens, Höflichkeit, beachtet und damit seinen Respekt für andere zum Ausdruck bringt.
Wer in einen indischen Tempel geht und die Schuhe an lässt, der wird die Gefühle anderer verletzen. Wer in einer katholische Kirche geht, und eine Mütze aufhält insbesondere als Mann, der wird die Gefühle der Gläubigen dort verletzen. Wenn man die Gefühle anderer nicht verletzen will, und wenn einem inhalt wichtiger ist als Forum, dann ist es am klügsten Fisch an die Grundlagen der geltenden Umgangsformen zu halten.
So sollte man, wenn man in andere Länder fährt, sich erkundigen, was die dortigen Umgangsformen sind.
Auch wenn du mit Menschen aus anderen sozialen Schichten zu tun hast, oder aus anderen Altersstufen, dann überlege, das sind dort Gute, was sind dort schlechte Umgangsformen.
Wenn du dich so an die geltenden Umgangsformen hältst, dann fällt es leichter, mehr auf den Inhalt der Gespräche zu achten, anstatt dich mit irgendwie spürbarer, aber nicht ausgedrückter, Ablehnung anderer beschäftigen zu müssen.
Gute und schlechte Umgangsformen als unsichtbare gläserne Decke für Menschen aus niedrigen sozialen Schichten
Gar nicht mal so selten und meist unreflektiert sind Fragen der Umgangsformen eine Art gläserne Decke, weshalb Menschen aus niederen sozialen Schichten sozial nicht aufsteigen können, keine höheren Posten in Wirtschaft und Universität bekommen. Das scheint in Deutschland noch mehr zu gelten als in anderen Ländern. Es ist vermutlich nicht so, dass Angehörige höherer Schichten bewusst die Angehörigen niedrigerer Schichten daran hindern wollen, in höhere Positionen in Firmen, Politik, in Vereinen aufzusteigen. Allerdings erwarten Menschen aus höheren Schichten, dass Menschen in Führungspositionen bestimmte Umgangsformen beherrschen. Weil das gar nicht thematisiert wird, wissen Menschen die zum Beispiel aus Arbeiterfamilien oder Immigrantenfamilien kommen, gar nicht, dass das ein wichtiges Kriterium sein kann oder sein könnte. In Frankreich und Amerika ist so etwas bekannter. Daher werden dort Menschen, die sozial aufsteigen wollen, sich bewusst darum bemühen, Umgangsformen zu lernen. In deutschen Sprachraum ist so etwas viel unreflektierter unthematisierter und deshalb problematischer.
Wenn du also sozial aufsteigen willst, oder viel bewirken willst, dann versuche zu überlegen, welche Umgangsformen angemessen sind. Es gibt ja inzwischen genügend Benimm-Ratgeber, es gibt genügend Schulungen, Seminare, und weitere Möglichkeiten gute Umgangsformen zu laden. Du magst es mögen, du magst es nicht mögen. Aber gute Umgangsformen sind in vielen Kontexten wichtig, wenn du etwas bewirken willst.
Die 1968er Bewegung hat nicht alles erreicht, was man denkt. Manches ist sehr viel informeller geworden als vorher. Aber vieles wird heute nicht mehr ausgesprochen. Früher wurde einem tatsächlich zum Vorwurf gemacht: die Umgangsformen sind nicht akzeptabel. Du benimmst dich unmöglich. Gutes Benehmen, bestimmte Umgangsformen, wurde z.T. in Stellenanzeigen als Voraussetzung genannt. In Tanzkursen etc. wurden sie gerlernt Heutzutage wird einem dieser Vorwurf schlechter Umgangsformen selten gemacht. Schlechte Umgangsformen werden als unangenehmes Gefühl irgendwie unausgesprochen im Raum stehen, ein unsichtbares Hindernis sein.
Schlechte Umgangsformen im Kontext des Yoga
Auch in Yoga Kreisen gibt es bestimmte Umgangsformen. Allerdings sind Yogastudios da ganz unterschiedlich:
- In den meisten, aber nicht allen, Yoga Zentren ist es üblich, die Schuhe am Eingang auszuziehen
- In manchen Yogaschulen ist barfuß tabu, man sollte saubere Strümpfe anziehen
- Es gibt Schulen, bei denen ist Nacktyoga üblich - allerdings ist das die Ausnahme
- In manchen Yogaschulen ist das Ausstrecken der Beine Richtung Yogalehrer oder Altar tabu (wie in Indien) - in den meisten Yogaschulen ist das kein Thema
- In indischen Yogaschulen bzw. im Umgang mit indischen Meistern sollte man wissen, dass die linke Hand unrein ist. Das hat z.B. Auswirkung im rituellen Kontext: Man sollte kein Prassad mit der linken Hand nehmen. Man sollte auch keine Opfergaben mit der linken Hand geben oder in Empfang nehmen.
- In vielen Yoga Zentren wird ein starkes Parfüm als aufdringlich erlebt
- Rauchen und Alkohol ist in Yoga Kreisen weniger verbreitet als außerhalb. Der Geruch von Zigarette und Alkohol wird als nicht sehr angenehm empfunden - weshalb es für Raucher gut ist, vorher den Mund auszuspülen, nicht direkt vor dem Yoga Zentrum die letzte Zigarette auszumachen - wenn irgend möglich.
- Da beim Yoga alle Sinne gestärkt werden, sollte man schauen, dass man reinlich in eine Yogastunde geht...
Insgesamt gilt in den meisten Yogaschulen im Westen ein etwas legerer Umgang. In Indien ist das stark kontextabhängig. Wenn du in einen indischen Ashram gehst, gilt noch:
- Kleidungsregeln: Frauen sollten langärmelige Hemden tragen und nicht zu viel Bein zeigen. Indische Kleidung wird in Ashrams lieber gesehen als westliche. Westlich-leger-sportliche Kleidung wirkt teilweise genauso unangemessen wie in einem christlichen Kloster. Aber je nach Ashram ist anderes üblich
- Grußregeln: In Indien ist der Gruß mit vor der Brust zusammen gelegten Händen üblich. In unterschiedlichen Ashrams gibt es unterschiedliche Grußformeln. In einem Vaishnava Ashram ist "Om Namah Shivaya" nicht so gern gesehen. In einem Shaiva Ashram ist "Hare Krishna" nicht üblich. Vor Altären ist es üblich, sich niederzuknien - wird aber nicht von westlichen Aspiranten erwartet