Patanjali
Patanjali (skt. पतञ्जलि Patañjali m.) war ein indischer Weiser, der schätzungsweise zwischen dem 2. und 4. Jh.n.Chr. gelebt hatte. Er war der Verfasser des Yogasutra und gilt als Vater des Yoga. Daneben werden ihm noch eine Grammatik und eine ayurvedische Schrift zugeschrieben. Westliche Wissenschaft und indische Tradition widersprechen sich allerdings in mehrern Punkten.
Leben und Legenden
Wie so oft bei indischen Weisen sind die genauen Lebensumstände auch bei Patanjali unbekannt. Dafür ranken sich mehrere Legenden um ihn. Eine Sage sagt, dass seine Mutter die Asketin Gonika (skt. Goṇikā) war, die als Einsiedlerin hauste. Da sie keine Schüler fand, um ihr Wissen weiterzugeben, betete sie zum Sonnengott Surya. Wie sie die Hände ins Wasser tauchte und danach nach oben streckte, fiel vom Himmel eine kleine Schlange in ihre Hände. Diese wurde dann zu einem Knaben, der sich vor Gonika verneigte und sie bat, ihn als ihr Schüler anzunehmen. Sie willigte ein und gab ihm den Namen Patañjali (skt. pat- “fliegen, fallen”; añjali- “Hände i Gruss- und Bethaltung; Anjali”). Eine andere Legende besagt, dass Patanjali der Sohn des altindischen Grammatikers Panini war.
Patanjali gilt als Inkarnation der Weltschlange Shesha (skt. Śeṣa). In der indischen Kunst wird er als Mischwesen dargestellt. Sein Unterleib ist eine zusammengeringelte Schlange, der Oberkörper der eines Mannes, der seine Hände in Anjalimudra (skt. añjalimudrā) zusammengefaltet hat. Über seinem Kopf breitet sich eine vielköpfige SChlange wie ein Schirm aus.
Die verschiedenen Legenden wurden vom Yogameister B.K.S. Iyengar neu zu einer einzigen zusammengefasst. Danach schrieb Patañjali eine Grammatik, um die Menschen die Reinheit der Sprache, ein Buch über Ayurveda, um die Reinheit des Körpers und das Yogasutra, um die Reinheit des Geistes zu lehren.
Werk
Patanjali ist der Autor vom Yogasutra (skt. Yogasūtram n. »Yogaleitfaden«), das schon im 5.Jhd.n.Chr. von Vyasa im Yogasutrabhasya kommentiert wurde. Shankara (788-820), einer der grössten indischen Philosophen, gab dazu den Kommentar Patanjalayogasutrabhasyavivarana heraus. Im 10. Jhd. übersetzte der islamische Universalgelehrte al-Biruni (973-1048) das Yogasutra ins Arabische (Kitab Batanjali). Auch später wurden immer neue Kommentare des Yogasutra herausgegeben. Mit der Verbreitung des Yogas ausserhalb Indiens wurde es in mehrere Sprachen übersetzt; auf Deutsch gibt es mittlerweilen gut 20 verschiedene Ausgaben!
Neben dem Yogasutra wird dem Patanjali auch der Mahabashya (skt. Mahābhāṣya »Grosser Kommentar«) zugeschrieben, ein Kommentar über die Grammatikabhandlung Astadhyayi vom Panini. Danach müsste Patanjali aber im 2. Jh.v.Chr. gelebt haben. Vermutlich handelt es sich um zwei verschiedene Autoren gleichen Namens.
Ein drittes Werk, das angeblich aus der Feder Patanjalis stammt, ist das Carakapratisamskrita, ein Kommentar zur Carakasamhita, die wiederum eine der ältesten Abhandlungen über Ayurveda ist. Die Legende besagt, dass Patanjali dieses Buch nach einem Tanzkurs verfasst habe, den er besucht hatte, um die Funktion des Körpers besser kennen zu lernen.
Bücher
- Patañjali: Das Yogasutra; aus dem Sanskrit von R. Sriram, Stuttgart 2006. ISBN 3-7831-9525-5
- Patañjali: Die Wurzeln des Yoga; aus dem Englischen von B. Bäumer; 2007. ISBN 3-502-61116-5
- Sukadev Volker Bretz: Die Yogaweisheit des Patanjali für Menschen von heute; Petersberg 2005. ISBN 3-928632-81-7