Hypnose
Das Wort Hypnose leitet sich vom griechischen Wort "Hypnos" (Schlaf) ab und der Begriff "Neurypnology", später verkürzt zu Hypnose, wurde erstmalig im Jahr 1850 vom schottischen Arzt James Braid als Bezeichnung für einen Zustand der Trance benutzt, obwohl Trance nicht mit Schlaf gleichzusetzen ist. Wie bei der Meditation zeigt das EEG Alphawellen im Gehirn; die in Trance befindliche Person ist entspannt, aber wach. Durch diesen Zustand der Wachheit behält der Patient immer die Kontrolle über das Geschehen, ganz im Gegensatz zu dem, was die Showhypnose in den Medien auf unseriöse Weise oft vermittelt und glauben machen möchte.
Dirk Revenstorf/Reinhold Zeyer, die Autoren von "Hypnose lernen", definieren den Zustand der Trance als "alles, was wir nicht mit der bewussten Aufmerksamkeit lenken" (S. 21). Das heißt, man kann im hypnotischen Zustand sowohl aktiv (mechanisch Arbeiten ausführen oder Sport treiben) wie auch passiv sein , wenn die Aufmerksamkeit von einem spannenden Ereignis (z. B. einem Thriller) gefesselt ist.
Es gibt auch Trancezustände, die auf natürliche Weise eintreten; dies ist z.B. bei einem Schock nach einem schweren Unfall der Fall. Menschen, die sich verletzt haben, schleppen sich oft Kilometer weiter, um Hilfe zu bekommen, und können sich dann nicht mehr erinnern, wie sie überhaupt zur Hilfestelle gelangt sind.
Was kann man mit Hypnose bewirken?
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Hypnose Leistungen steigern und Stress abbauen kann und dass auf der psychosomatischen Ebene eine Umstellung stattfindet, und zwar dadurch, dass die Vorstellungen im Trancezustand sehr lebhaft sind und direkt auf das Unterbewusste einwirken. Die Entspannung fördert den Abbau von Stresshormonen, die das Immunsystem hemmen, so dass Hypnose (wie Entspannungstechniken wie Tiefenentspannung, Autogenes Training usw.) die Selbstheilungskräfte für eine Vielzahl von Krankheiten anregt; dies gilt auch für entzündliche Krankheiten. Oft heilen Wunden schneller ab, Warzen verschwinden und auch beim Zahnarzt kann man sich unter Hypnose behandeln lassen. Bei Burnout erwies sich Hypnose ebenfalls als hilfreich.
Zusätzlich unterstützen Suggestionen die Selbstheilung und der Patient kann oft bis zur Wurzel seiner Verhaltensmuster oder Krankheiten vordringen. Bei der Selbsthypnose ist der Trancezustand weniger tief als bei der Hypnose, doch auch hier lassen sich gute Erfolge erzielen.
Was geschieht bei Hypnose und Selbsthypnose?
In einem Vorgespräch mit dem behandelnden Arzt oder Psychologen erläutert der Patient seine Probleme und legt seine Ziele fest. Auch bei der Selbsthypnose ist es wichtig, dass der Patient sich bewusst wird (am besten eine schriftliche Liste anfertigen), wo seine Schwächen und Stärken liegen und was er erreichen möchte. Die Ziele sollen ausschließlich positiv und in der Gegenwart formuliert sein, da das Unterbewusste negative Formulierungen nicht begreift (also nicht: "Ich will kein Lampenfieber mehr haben", sondern "Ich bin mutig, ich genieße das Reden vor der Gruppe"). Der Patient sollte ferner feststellen, ob und worin seine Schwäche ihm bislang nützlich war (etwa, von anderen geschont oder getröstet zu werden), d.h. er sollte der Schwäche gewissermaßen Anerkennung zollen und sie nicht verdammen. Außerdem sollte er festhalten, wie sich die Stressbelastung jeweils äußert (Rückenschmerz, beschleunigter Herzschlag, feuchte Hände...). Oft werden Kopf- oder Rückenschmerzen durch privaten oder beruflichen Stress ausgelöst, der, objektiv gesehen, vielleicht nicht belastend sein müsste, der vom Patienten aber so empfunden wird, weil seine Sichtweise aufgrund belastender Erfahrungen beeinträchtigt ist. Schließlich sollte der Patient sich auch bewusst machen, wo seine Stärken liegen, die er ausbauen und durch die er Sicherheit gewinnen kann.
Sind die Ziele (am besten immer nur eines bis zur Besserung) klar, dann wird der Patient in einen Zustand der Ruhe und Entspannung geführt; diese Phase wird auch als Tranceinduktion bezeichnet. Man unterscheidet direkte und indirekte Methoden der Tranceinduktion. Die direkte Induktion kann über Fixierung eines Objekts mit den Augen, über Anweisungen des Hypnotisierenden, monotone Musik und andere Sinne erfolgen. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit des Patienten auf eine Sache zu lenken. Der Pateint kann dabei liegen oder sitzen, die Körperstellung ist unerheblich. Bei der indirekten Induktion handelt es sich um die Anwendung bewusst ungenauer Sprachmuster (nach Milton Erickson).
Dem Therapeuten stehen nun unterschiedliche Techniken zur Verfügung; er kann z.B. versuchen, den Patienten an die Ursache unterbewusster Muster heranzuführen (dies geschieht häufig, indem dem Patienten gesagt wird, er solle sich vorstellen, eine Treppe Schritt für Schritt hinunterzugehen oder mit der Rolltreppe nach unten zu fahren, die Trance wird dadurch vertieft) und den Patienten auffordern, sich an Situationen zu erinnern, in denen das auftrat, wovon der Patient befreit werden möchte. Nicht selten fällt dem Patienten dabei etwas ein, was er ohne die Trance gar nicht mit dem Ereignis in Verbindung gebracht hätte. So berichten die Autoren Revenstorf/Zeyer (ebenda), eine Patientin, die sich durch Hypnose das Rauchen abgewöhnen wollte, habe sich unter Hypnose erinnert, dass sie mit dem Rauchen anfing, als ihr Mann plötzlich verstarb.
Doch auch wenn der Patient zunächst keine besonderen Schlüsselerlebnisse hat, kann der Therapeut dem Patienten in jedem Fall positive Affirmationen mitgeben, die durch die vergrößerte Vorstellungskraft im Trancezustand direkt im Unterbewussten wirken. Der Therapeut kann dem Patienten sogar einen posthypnotischen Auftrag erteilen, für dessen Aktivierung ein Auslöser festgelegt wird.
Wichtig ist, dass die Kritikfähigkeit des Bewusstseins des Patienten eingeschränkt wird; je tiefer die Trance, desto eingeschränkter die Kritikfähigkeit. Hierdurch wird der Patient nicht von eingefahrenen Denkmustern wie etwa "Ich bin nicht gut genug", "Ich bin unfähig" beeinflusst, der inneren Stimme, die ständig kritisiert und widerspricht.
Die Trance wird im Allgemeinen durch Gegensuggestionen wieder aufgelöst (häufig verbunden mit Zählen).
Ein prominentes Beispiel
Wechseln zu: Navigation, Suche In seinem Buch "Das Geheimnis der Heilung" berichtet der Filmemacher und Bestsellerautor Joachim Faulstich vom Psychologen Martin Busch, der dem bekannten polnischen Cellisten Dominik Polonski helfen konnte. Bei Polonksi war (wiederholt) ein Hirntumor diagnostiziert worden; in mehreren Operationen wurde ein Viertel seines Gehirns entfernt, zusätzlich bekam er Chemotherapie. Nach den ersten Operationen konnte er noch Konzerte geben, dann traten Lähmungserscheinungen und Gefühllosigkeit auf. Die Ärzte setzten ihn in einen Rollstuhl und gaben ihn auf. Polonski weinte stundenlang und hörte anschließend eine Nacht lang Musik. Am Morgen, als die Ärzte ihn aufforderten, sein gelähmtes Bein zu heben, tat er es - ohne nachzudenken. Trotzdem machte er bei weiteren Übungen keine Fortschritte.
Durch eine "zufällige" Begegnung im Park des Krankenhauses erfuhr er von Martin Busch, dem Psychologen, ausgebildet in Feldenkrais, der sich auch mit Milton Erickson (Hypnotherapie) befasst hatte.
Martin Busch machte deutlich, dass sich das Bild der Krankheit, das der Patient im Kopf hat, immer weiter verfestigt, wenn Ärzte ihm keine gute Zukunft bescheinigen, die Familie den Patienten bemitleidet, usw. Die Krankheit erscheint schließlich, so Faulstich, wie eine "unüberwindliche Hürde" und es gehen immer mehr Fähigkeiten des Erkrankten verloren.
Martin Busch versetzte den Patienten bei seinem ersten Besuch in Trance und erteilte ihm - beiläufig - kleine Bewegungsbefehle, bis Polonski - auf die entsprechende Aufforderung hin - aus dem Zimmer ging und zurückkam - und erst dann merkte, dass er vergessen hatte, seine vierbeinige Gehhilfe mitzunehmen.
Im Lauf der Begegnungen stellte Busch ein enges Vertrauensverhältnis zu Polonski her, das letztlich ausschlaggebend für Polonskis weitere Entwicklung war. So konnte Busch seinem Patienten nicht nur Glaube und Hoffnung zurückgeben, sondern auch dem Gehirn seines Patienten Anregungen für neue Wege aufzeigen. Polonski machte ständige Fortschritte, doch sein linker Arm, den er für das Cello brauchte, blieb eingeschränkt. Doch auch hier ging er neue Wege und erhielt Hilfe von außen: Eine ihn bewundernde Komponistin schrieb für ihn das "Cellokonzert für eine Hand". Im Januar 2009 wurde die Uraufführung live im polnischen Kultursender übertragen und Polonski erntete stehende Ovationen.
Kernpunkt seiner Fortschritte war die Visualisierung, bei der durch die Trance die Kritikfähigkeit ("das kann ich ja doch nicht") reduziert war. Faulstich berichtet, dass bei einem Experiment in den USA überprüft werden sollte, ob sich ein Muskel allein durch die Vorstellung trainieren ließ. Die Sportler, die tatsächlich körperlich trainierten, erreichten einen Kraftzuwachs von 33 % - und diejenigen, die sich auf die bloße Vorstellung beschränkten ohne physisch zu trainieren, erreichten ebenfalls einen Zuwachs von 22 %!
Bekannt ist auch, dass bei Sängern, die an einen Ton nur denken - ohne den Ton zu singen -, die Stimmbänder schwingen, obwohl gar keine Luft hindurchstreicht.
Bei der Erforschung der Fähigkeiten des Gehirns steht man daher noch am Anfang; es ist zu erwarten, dass sich die Heilverfahren im Licht der neuen Erkenntnisse von Grund auf ändern werden.
Kontraindikationen
Bei schwereren Erkrankungen wie Neurosen und Psychosen sollte keine Selbsthypnose angewandt werden; hier sollte man sich an einen Psychiater wenden.
Quellen
- Dirk Revenstorf/Reinhold Zeyer, Hypnose lernen, Verlag Carl-Auer, 7. Auflage 2006
- Leslie M. LeCron, Selbsthypnose - Ihre Technik und Anwendung im täglichen Leben, Mosaik Goldmann, 9. Aufl. 2000
Siehe auch
Literatur
- Dirk Revenstorf/Reinhold Zeyer, Hypnose lernen, Verlag Carl-Auer, 7. Auflage 2006
- Leslie M. LeCron, Selbsthypnose - Ihre Technik und Anwendung im täglichen Leben, Mosaik Goldmann, 9. Aufl. 2000
- Dagmar Arendt, Heilkraft der Selbsthypnose - Hypnocoaching für Entspannung und Motivation (mit Übungs-CD), Verlag Südwest, 2006